Hinweispflicht, Spontanberatung durch den Rentenversicherungsträger

Gericht

BSG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

09. 12. 1997


Aktenzeichen

8 RKn 1/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Ein „konkreter Anlaß„ für eine sogenannte Spontanberatung kann sich im Verlauf weitgehend automatisierter Verwaltungsverfahren (Rentenumwertung, Rentenanpassung) i.d.R. nicht ergeben.

  2. Nach § 155 VI SGB VI besteht eine Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, auf die Antragstellung hinzuweisen, sobald es ihm möglich ist zu erkennen, daß bei typischen Sachverhalten die Angehörigen einer abgrenzbaren Gruppe von Versicherten durch die Rentenantragstellung in der Regel höhere Leistungen in nicht unerheblichem Umfange erhalten (Abgrenzung zu BSGE 79, 168 = SozR 3-2600 § 115 Nr. 1).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der am 13. 11. 1928 geborene Kl. begehrt die Regelaltersrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab dem Beginn des Folgemonats nach Vollendung des 65. Lebensjahres (1. 12. 1993). Auf seinen Antrag vom 26. 1. 1995 bewilligte die Bekl. die Regelaltersrente ab Beginn des Antragsmonats, lehnte jedoch unter Hinweis auf die verspätete Rentenantragstellung einen früheren Zahlbeginn ab.

Der Kl. hatte seit 1. 10. 1989 Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit (§ 48 II RKG) bezogen, das zum 1. 1. 1992 nach § 307 SGB VI umgewertet sowie zum 1. 7. 1992 und 1. 7. 1993 angepaßt wurde. Hierüber hatte der Kl. Mitteilungen erhalten. Der letzte monatliche Zahlbetrag des Knappschaftsruhegeldes betrug 3062,58 DM; der von der Bekl. nach Maßgabe der Rechtslage am 1. 1. 1995 festgestellte monatliche Zahlbetrag der Regelaltersrente belief sich auf 3167,34 DM.

Das SG hat die Bekl. verpflichtet, dem Kl. ab 1. 12. 1993 die Regelaltersrente zu gewähren. Die Berufung der Bekl. gegen dieses Urteil hat das LSG zurückgewiesen. Die Revision war i.S. der Zurückverweisung erfolgreich.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Bekl. hat aufgrund der Grundlage des § 99 I 2 SGB VI den Beginn der am 26. 1. 1995 erstmals beantragten und festzustellenden Regelaltersrente des Kl. zutreffend auf den Beginn des Antragsmonats, den 1. 1. 1995, gelegt (1). Ob der Kl. im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen ist, als hätte er die Regelaltersrente innerhalb der Frist des § 99 I 1 SGB VI beantragt, kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entschieden werden. Soweit das LSG zur Begründung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs die Meinung vertreten hat, die Bekl. habe ihre (spontane) Beratungspflicht gegenüber dem Kl. nach § 14 SGB I verletzt, fehlen ausreichende Feststellungen darüber, ob die Bekl. die Rentenakte des Kl. aus Anlaß der Rentenumwertung zum 1. 1. 1992 sowie der beiden Rentenanpassungen zum 1. 7. 1992 und 1. 7. 1993 nicht nur maschinell bearbeitet hat (2). Abgesehen davon fehlen auch der zweiten Begründung des LSG für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch wegen Verletzung der Hinweispflicht nach § 115 VI SGB VI ausreichende Feststellungen dafür, ob die Umwandlungsfälle eines umgewerteten (vorgezogenen) Knappschaftsruhegeldes in die Regelaltersrente nach dem SGB VI „geeignet„ sind, einen Rentenantrag anzuregen (3a). Das LSG wird aufzuklären haben, ob im Rentenbestand der Bekl. eine ins Gewicht fallende Erhöhung des Zahlbetrags der Rente typischerweise bei einer umschriebenen Gruppe von Versicherten auftritt und von welchem Zeitpunkt ab es der Bekl. möglich war, dies zu erkennen (3b).

Zu 1)

Das vom Kl. ab 1. 10. 1989 bezogene Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit (§ 48 II RKG) war mit dem Inkrafttreten des SGB VI am 1. 1. 1992 nach § 300 IV 1 SGB VI in unveränderter Höhe weiterzuzahlen, nunmehr (vgl. § 300 IV 2 SGB VI) unter dem neuen Begriff der Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, § 33 II Nr. 4, § 38 SGB VI . Entgegen der Grundnorm des § 300 I SGB VI war allerdings eine Neufeststellung der Rente unter Anwendung des neuen Rechts nicht vorzunehmen (vgl. § 300 II , § 300 V , § 306 I SGB VI). Es mußte lediglich eine sog. Umwertung der Rente nach § 307 I SGB VI vorgenommen werden, indem (für die folgenden Rentenanpassungen) auf der Grundlage des Rentenbescheides nach dem RKG persönliche Entgeltpunkte ermittelt wurden. So ist die Bekl. auch vorgegangen. Die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit wurde zum 1. 7. 1992 und 1. 7. 1993 lediglich auf der Basis der durch Umwertung ermittelten persönlichen Entgeltpunkte des Kl. angepaßt.

Eine Neufeststellung der Rente nach den Berechnungsvorschriften des SGB VI mit einer neuen Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte nach der Rechtslage, die zur Zeit der Rentenantragstellung vorgelegen hatte, war erst nach dem Antrag des Kl. auf die Regelaltersrente, gestellt am 26. 1. 1995, zulässig. Dies ergibt sich aus § 300 I , § 300 III SGB VI i.V. mit § 88 I 1 SGB VI. Die Renten wegen Alters (vgl. § 33 II SGB VI ) sind nach dem Aufbau des § 88 I 1 SGB VI eigenständige Renten (i.S. der besitzgeschützten „bisherigen Rente„ und der neu festzustellenden „späteren Rente„), so daß bei aufeinanderfolgenden Altersrenten ungeachtet der Regelung des § 306 I SGB VI die persönlichen Entgeltpunkte neu zu ermitteln sind, allerdings immer auf der Basis des Rechts, das zur Zeit des Rentenbeginns (der wiederum vom Rentenantrag abhängt) und nicht des Versicherungsfalles galt. Denn mit der Einführung des SGB VI wurde das sog. Versicherungsfallprinzip durch das sog. „Rentenbeginnprinzip„ ersetzt. Es hat den Vorteil, daß nicht ständig zu prüfen ist, ob altes Recht noch weiter anzuwenden ist (vgl. BT-Drucks 11/4124 S. 206 zu § 291 des SGB VI -Entwurfs = § 300 SGB VI). Die Ausnahmevorschrift des § 302 I SGB VI, wonach Versicherten, die zur Zeit des Inkrafttretens des SGB VI das 65. Lebensjahr vollendet hatten, die Rente (gleich welcher Art) stets als Regelaltersrente zu leisten war, bestätigt die Regel, daß die noch nicht 65-jährigen die Vorteile der abgestuften Rentenfälle nach dem neuen Recht (auf Antrag) in Anspruch nehmen können.

Der Beginn der Regelaltersrente des Kl. ist nach § 99 I SGB VI von der Antragstellung (§ 115 I SGB VI) abhängig. Auch wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente bereits mit Vollendung des 65. Lebensjahres des Kl. vorgelegen hatten (13. 11. 1993) und damit das sog. Stammrecht entstanden ist, kann im Falle des Kl. nach § 99 I 2 SGB VI die Neufeststellung der Rente (auf der Basis des im Januar 1995 geltenden Rechts) mit dem Beginn der laufenden Einzelleistungsansprüche erst von dem Kalendermonat an erfolgen, in dem die Rente beantragt wird (also ab 1. 1. 1995). Ein früherer Rentenbeginn nach § 99 I 1 SGB VI ab dem Monat, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Regelaltersrente erfüllt sind, hier also ab 1. 12. 1993, scheidet aus, weil der Antrag nicht innerhalb der Frist von drei Monaten, die am 28. 2. 1994 endete, gestellt worden ist. Davon sind die Bekl. und das LSG zutreffend ausgegangen. Diese gesetzliche Regelung hatte im Falle des Kl. zur Folge, daß die Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung nach § 74 SGB VI, § 263 IIa ,§ 263 III SGB VI, die sich bei Beginn einer Rente bis zum Jahre 1994 noch nicht auswirkt, hier (mit 95 v.H. des ermittelten Wertes) vorgenommen wurde. Der Differenzbetrag des Knappschaftsruhegeldes wegen Arbeitslosigkeit zur Regelaltersrente wäre also noch etwas größer, wenn die Rente bereits ab 1. 12. 1993 neu festgestellt worden wäre.

Zu 2)

Die Bekl. wäre nur dann verpflichtet, im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs den Kl. so zu stellen, als hätte er die 3-Monats-Frist des § 99 I 1 SGB VI nicht versäumt, wenn sie dem Kl. gegenüber konkret verpflichtet gewesen wäre, ihn über die Ausschlußfrist des § 99 I SGB VI zu beraten, und wenn sie diese Pflicht verletzt hätte. Das läßt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht entscheiden. Eine Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten mit der Folge des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ohne ein vom Versicherten herangetragenes Auskunfts- und Beratungsbegehren (sog. Spontanberatung) wird vom BSG in st. Rspr., wovon auch das LSG ausgeht, nur dann anerkannt, wenn sich im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ein konkreter Anlaß ergibt, den Versicherten spontan auf klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die jeder verständige Versicherte mutmaßlich nutzen würde (vgl. BSGE 60, 79, 86; BSG SozR 3-1200 § 14 Nr. 22 und 3-3200 § 86a Nr. 2, jeweils mwN). Die Annahme eines konkreten Anlasses für die Beratung setzt im allgemeinen voraus, daß zumindest tatsächlich eine Sachbearbeitung durch einen Mitarbeiter der Bekl. stattgefunden hat, und nicht nur eine EDV-gestützte Abarbeitung massenhafter Rentenfälle. Dazu fehlen Feststellungen des LSG. Das LSG hebt allein darauf ab, daß es sich bei Umwertung und Rentenanpassung um Verwaltungsverfahren handle, die nach der Rechtsprechung des BSG mit Verwaltungsakten abgeschlossen werden. Diese Rechtsauffassung trifft zu, ist jedoch hier unerheblich. Ein konkreter Anlaß für eine spontane Beratung des Versicherungsträgers kann im Rahmen der Massenverwaltung nur dann entstehen, wenn sich ein Sachbearbeiter persönlich mit dem Versicherungs- oder Leistungsverhältnis des betreffenden Versicherten befassen muß. Nur diese Art von Verwaltungsverfahren ist in diesem Zusammenhang gemeint. Ergeben sich dabei Gestaltungsmöglichkeiten des Versicherungs- oder Leistungsverhältnisses, die auch jeder verständige Versicherte mutmaßlich nutzen würde, dann trifft den Versicherungsträger eine spontane Beratungspflicht gegenüber dem einzelnen Versicherten. Das wäre aber nicht der Fall, wenn die Ermittlungen des LSG, wie von der Bekl. im Revisionsverfahren vorgetragen, ergeben sollten, daß die Rentenakte nicht in die Hand genommen würde, weil in ca. 97% der Umwertungs- und Anpassungsfälle alles automatisch abläuft. Das LSG wird die erforderlichen Ermittlungen nachzuholen haben.

Zu 3a)

Grundsätzlich kommt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch auch nach einer Verletzung der aus § 115 VI SGB VI resultierenden Hinweispflicht auf einen Rentenantrag in Betracht. Danach sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, daß sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. Die Rentenversicherungsträger können in gemeinsamen Richtlinien bestimmten, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen.

§ 115 VI SGB VI hat den Sinn und Zweck, Versicherte in bestimmten Fällen vor den Nachteilen des oben erläuterten Antragsprinzips zu bewahren, zumindest dann, wenn sie im Hinblick auf die komplizierte gesetzliche Regelung schwierig vorauszusehen sind. Wenn die Adressaten derartiger Hinweise - jedenfalls als „Fallgruppe„ - bestimmbar sind, steht den Angehörigen dieser Gruppe auch ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung eines solchen Hinweises zu (zustimmend BSGE 79, 168, 173; a.A. Gemeinschaftskomm-SGB VI [GK-SGB VI]/Meyer, § 115 Rdnr. 44). Im Gegensatz zur allgemeinen Aufklärung der Versicherten über ihre Rechte (§ 13 SGB I) ist hier der Rentenversicherungsträger verpflichtet, den Angehörigen der Fallgruppe die entsprechenden Hinweise (im Regelfall „soll„) zu geben.

Die Hinweispflicht nach § 115 VI 1 SGB VI ist nicht davon abhängig, daß die Rentenversicherungsträger noch keine gemeinsamen Richtlinien nach § 115 VI 2 SGB VI erlassen haben. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber die Rechtswohltat des § 115 VI 1 SGB VI den Versicherten erst dann zukommen lassen wollte, sobald die Rentenversicherungsträger sich dazu entschließen, überhaupt tätig zu werden. Zudem spricht § 115 VI 2 SGB VI von „gemeinsamen Richtlinien der Träger der Rentenversicherung„, also einem für alle Träger der Rentenversicherung geltenden Katalog. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann aber ein „geeigneter Fall„ typischerweise auch beim Versichertenbestand nur eines Trägers auftreten, der bereits deshalb verpflichtet sein kann, auch vor Erlaß gemeinsamer Richtlinien Hinweise nach § 115 VI SGB VI zu erteilen.

Die Formulierung des Gesetzes „in geeigneten Fällen„ ist ein gerichtlich voll überprüfbarer unbestimmter Rechtsbegriff und keine Blankkettformulierung ohne aus dem Gesetz präzisierbaren Inhalt (a.A. GK-SGB VI/Meyer, aaO, Rdnr. 43). Der Inhalt dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ist durch Gesetzesauslegung zu erkennen. Vor allem führen dazu der o.a. Sinn und Zweck der Vorschrift, die Gesetzesmaterialien und der gesetzessystematische Zusammenhang des gesamten SGB. Des Hinweises bedürfen die Berechtigten jedenfalls dort, wo es für Ungeschulte schwierig ist, die gesetzliche Regelung zu durchschauen und Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen. Nach den Gesetzesmaterialien beruht die Einführung des § 115 VI SGB VI auf einem Vorschlag des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Entsprechende Hinweise sollten in solchen Fällen erfolgen, in denen es nahe liege, daß Versicherte Leistungen in Anspruch nehmen wollen, wie z.B. bei der Regelaltersrente und der Hinterbliebenenrente; hier liege ein geeigneter Bereich vor, in dem die allgemeine Aufklärungs- und Informationspflicht zu einer konkreten Informationspflicht ausgebaut werden könne. Da eine solche Informationspflicht wegen der unzureichenden Unterlagen nicht generell erfüllbar sei, sei die Selbstverwaltung aufgerufen, die Personengruppen näher zu bestimmen (BT-Drucks 11/5530, S. 46 zu § 116 VIff. des SGB VI-Entwurfs - § 115 VI SGB VI).

In Erweiterung und Ergänzung zur spontanen Hinweispflicht bei einem konkreten Anlaß nach § 14 SGB I besteht deshalb nach § 115 VI SGB VI eine Hinweispflicht auch ohne konkreten Anlaß bei typischen Sachverhalten gegenüber einer (z.B. mit Mitteln der EDV) abgrenzbaren Gruppe von Versicherten, sobald es dem Versicherungsträger möglich ist zu erkennen, daß ihre Angehörigen den Rentenantrag aus Unwissenheit nicht stellen, die Rentenantragstellung in der Regel jedoch zu höheren Leistungen führt.

Mit diesen Einschränkungen trägt der Senat den Bedenken der Bekl. Rechnung, daß bei einer Interpretation des § 115 VI SGB VI ohne Vorbehalte § 99 I 2 SGB VI mit seiner strengen Bindung an den Antragsmonat keinen Anwendungsbereich mehr hätte. Eine Hinweispflicht ergibt sich jedenfalls bei solchen Gestaltungsmöglichkeiten, die versteckt und nur Kennern der Materie geläufig sind. Die in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispiele der Regelaltersrente und der Hinterbliebenenrente bezeichnen mögliche Anwendungsbereiche, in deren Rahmen sich „geeignete Fälle„ im Sinne des Gesetzes ergeben können, obwohl es sich dabei um die in der Bevölkerung bekanntesten Rentenarten handelt. Der Senat läßt es deshalb im vorliegenden Fall dahingestellt, ob der im Urteil des 13. Senats vom 22. 10. 1996 (BSGE 79, 168, 174) vertretenen Ansicht zu folgen ist, in allen Fällen einer Anspruchsberechtigung auf die Regelaltersrente sei es geboten, den Hinweis auf die Rentenantragstellung zu geben.

Ob im vorliegenden Fall der Wechsel von der einen zur anderen Art der Altersrente auch in der Regel, d.h. in der überwiegenden Zahl der Fälle, zu einer Leistungserhöhung führt, ist vom LSG nicht festgestellt. Ein solcher Wechsel war nach der vor dem 1. 1. 1992 bestehenden Rechtslage nicht möglich. Für die Zeit danach bedarf es näherer Feststellungen. Damit gegenüber den Mitgliedern der Gruppe der Bezieher einer vorgezogenen Altersrente nach altem Recht aufgrund des SGB VI eine Hinweispflicht entsteht, muß sich die anzuregende Rentenantragstellung in der überwiegenden Zahl der Fälle günstig auswirken, ohne daß im Einzelfall eine Probeberechnung erforderlich wäre oder über die Kriterien für die Gruppenbildung hinaus ein „konkreter Anlaß„ i.S. der Rechtsprechung zu § 14 SGB I vorliegt. Denn Verwaltungsverfahren um ihrer selbst willen müssen nicht initiiert werden, auch wenn § 88 I 1 SGB VI sicherstellt, daß dem Versicherten keine Nachteile erwachsen können.

Zu 3b)

Das LSG wird also zu ermitteln haben, ob unter den Bestandsrentnern der Bekl. die Gruppe der Bezieher von Knappschaftsruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und Arbeitslosigkeit, die nach dem 1. 1. 1992 das 65. Lebensjahr vollendet haben, durch die Stellung eines Antrags auf die Regelaltersrente nach dem SGB VI (ggf. gestaffelt nach einzelnen Jahren, z.B. wegen der abgestuften Gesamtleistungsbewertung für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten nach § 263 SGB VI) einen meßbaren finanziellen Vorteil auf Dauer erhalten. Darauf, daß dies (möglicherweise atypisch) beim Kl. der Fall ist, kommt es bei der Regelung des § 115 VI SGB VI nicht an. ...

Vorinstanzen

LSG NRW, L 2 Kn 30/96, 28.11.1996

Rechtsgebiete

Sozialrecht

Normen

SGB VI § 99 I, § 115 I, VI, § 307 I; SGB I§ 14; RKG § 54 IV