Beitragspflicht einer betrieblichen Altersversorgung aus Sozialplan

Gericht

BSG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

26. 03. 1996


Aktenzeichen

12 RK 44/94


Leitsatz des Gerichts

Eine Rente der betrieblichen Altersversorgung ist als Versorgungsbezug auch dann beitragspflichtig, wenn sie auf einem Sozialplan beruht, der Leistungen für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Betrieb vorsieht.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bet. streiten darüber, ob eine in einem Sozialplan zugesagte Leistung als Versorgungsbezug beitragspflichtig ist. Der 1925 geborene Kl. war von 1946 bis 1984 bei der K-GmbH beschäftigt. Für diesen Betrieb wurde am 15. 12. 1982 ein Sozialplan vereinbart. Dieser sah im Teil I "Vorzeitige Pensionierung von Belegschaftsmitgliedern, die im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 59. Lebensjahr vollendet haben" unter "Nr. 6. Ausgleichszahlung" vor:

6.1. Belegschaftsmitglieder, bei denen die vorzeitige Pensionierung zu einer Verminderung des späteren Rentenanspruchs wegen entgehender Versicherungszeiten führt, erhalten eine monatliche Ausgleichszahlung (-rente).

6.2. Als entgehende Versicherungszeit gilt der Zeitraum von dem Beginn der gesetzlichen Rentenzahlung bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres. Angefangene entgehende Versicherungsjahre werden anteilig berücksichtigt.

Die Höhe der monatlichen Ausgleichszahlung beträgt 1,50 DM entgangenes Versicherungsjahr je 100 DM Brutto-Monatsentgelt gem. Nr. 4.1. bis zum Grenzwert von z. Zt. 4700 DM.

Die Ausgleichszahlung setzt ein mit dem Beginn der gesetzlichen Rente; sie wird unabhängig davon gewährt, ob das Belegschaftsmitglied Anspruch auf betriebliche Altersversorgung durch das Unternehmen hat oder nicht. ...

Der Kl. schied zum 1. 7. 1984 vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis aus. Seit dem 1. 7. 1985 erhält er eine Rente von der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz (im Januar 1992 ca. 2200,60 DM nach Abzug des Krankenversicherungsbeitrags), eine Werksrente (im Januar 1991 226,20 DM) sowie eine monatliche Ausgleichszahlung aufgrund des Sozialplanes Teil I Nr. 6, die im Januar 1991 171,00 DM betrug. Der Kl. ist in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versicherungspflichtig und Mitglied der bekl. Betriebskrankenkasse. Diese zog Krankenversicherungsbeiträge von der Werksrente und der Ausgleichszahlung ein. Der Kl. beantragte im Dezember 1990, die von der Ausgleichszahlung einbehaltenen Beiträge zu erstatten und in Zukunft keine weiteren Beiträge hierauf mehr zu erheben. Dies lehnte die Bekl. ab und stellte fest, daß die Werksrente und die monatliche Ausgleichszahlung als beitragspflichtige Versorgungsbezüge anzusehen seien. Dem Antrag auf "Befreiung von der Beitragspflicht" könne nicht entsprochen werden. Den Widerspruch des Kl. wies die Bekl. zurück.

Das SG hat die Klage abgewiesen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Kl. blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Das LSG hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. In dem angefochtenen Bescheid vom 30. 1. 1991 hat die Bekl. zutreffend die Beitragspflicht der nach Nr. 6 des Sozialplanes geleisteten Ausgleichszahlung festgestellt. Der Kl. ist seit 1985 als Rentner versicherungspflichtig. Beiträge sind seit diesem Zeitpunkt nicht nur aus seiner Rente, sondern auch aus den der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zu erheben (§ 180 V 1 Nr. 2 i.V.m. VIII 2 RVO, § 385 I RVO, § 381 II RVO; seit 1989 § 237 Satz 1 Nr. 2 SGB V i.V. mit § 229 I SGB V). Zu den Versorgungsbezügen gehören auch Renten der betrieblichen Altersversorgung (§ 180 VIII 2 Nr. 5 RVO; seit 1989 § 229 I 1 Nr. 5 SGB V).

Die Ausgleichszahlung, die der Kl. seit Beginn der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach Teil I Nr. 6 des Sozialplans erhält, ist eine Rente der betrieblichen Altersversorgung i.S. der genannten Vorschriften und als solche beitragspflichtig. Es handelt sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung i.S. von § 1 BetrAVG. Vom BAG werden zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung i.S. des BetrAVG alle Leistungen gerechnet, mit denen ein Versorgungszweck verfolgt wird, wenn der Versorgungsanspruch durch ein biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst wird und diese Leistung aus Anlaß eines Arbeitsverhältnisses zugesagt wird (vgl. BAG, NZA 1995, 873 = AP Nr. 31 zu § 1 BetrAVG und BAGE 65, 215 = NZA 1991, 144 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG - Lebensversicherung). Diesen Begriffsmerkmalen genügt die im Sozialplan zugesagte Ausgleichszahlung. Sie setzt mit dem Beginn der Rente ein, gleichgültig, ob es sich um eine Invaliditätsrente oder eine Altersrente handelt. Sie ist aus Anlaß eines Arbeitsverhältnisses zugesagt worden. Die Zahlung verfolgt auch einen Versorgungszweck, denn es soll die Versorgung des Arbeitnehmers mit Beginn des Rentenbezuges verbessert werden. Die Zusage der Leistung in einem Sozialplan schließt es nicht aus, diese als Leistung der betrieblichen Altersversorgung i.S. des BetrAVG zu verstehen. Das BAG geht als selbstverständlich davon aus, daß Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in einem Sozialplan zugesagt werden können (vgl. BAG, Urt. vom 17. 12. 1991 - 3 AZR 565/90). Dementsprechend wird auch in der Literatur die Ansicht vertreten, daß Ausgleichszahlungen, wie sie hier vorliegen, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind (vgl. Höfer/Reiners/Wüst, BetrAVG ART Rdnr. 22 - Juni 1993 - und Rdnr. 61 - September 1994; Heubeck/Höhne, Komm. zum Betriebsrentengesetz, 2. Aufl., § 1 Anm. 17d).

Unerheblich ist, daß die Ausgleichszahlung nach dem Sozialplan nicht davon abhängt, ob daneben auch Anspruch auf eine "betriebliche Altersversorgung" besteht. Die Bet. haben in dem Sozialplan mit "betrieblicher Altersversorgung" anscheinend die auf anderen Vereinbarungen beruhende Werksrente gemeint, zu der im Sozialplan ebenfalls Vereinbarungen enthalten sind. Selbst wenn bei Abschluß des Sozialplans die damaligen Bet. davon ausgegangen sein sollten, die Ausgleichszahlung sei keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung i.S. des BetrAVG, wäre dies unbeachtlich. Eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung ist immer dann gegeben, wenn die objektiven Merkmale erfüllt sind. Die zugesagte Leistung der betrieblichen Altersversorgung ist auch eine Rente, d.h. eine regelmäßig wiederkehrende Leistung.

Der Umstand, daß die Rente als Leistung der betrieblichen Altersversorgung in einem Sozialplan vereinbart wurde, der Leistungen bei dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Betrieb vorsah, steht der Beitragspflicht nicht entgegen. Der Senat hat hier nicht zu entscheiden, in welchem Umfang andere Leistungen, die in einem Sozialplan zugesagt werden, beitragspflichtige Einnahmen sind. Jedenfalls Renten, die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung i.S. des BetrAVG darstellen, sind stets als Versorgungsbezüge beitragspflichtig. Die Zwecke, die die Bet. bei der Vereinbarung einer solchen Leistung verfolgen, sind für deren Beitragspflicht unerheblich. Entscheidend ist allein, daß die objektiven Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung vorliegen.

Vorinstanzen

LSG Nordrhein-Westfalen, L 5 (6) Kr 24/93, 17.05.1994

Rechtsgebiete

Sozialrecht

Normen

RVO § 180; SGB V §§ 229, 237; BetrAVG § 1