Originalrechnung als Anspruchsvoraussetzung in der Reisekrankenversicherung

Gericht

AG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

19. 02. 1998


Aktenzeichen

113 C 16536/97


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. macht gegenüber der Bekl. als Reisekrankenversicherung aufgrund des Versicherungsvertrags 5175 DM für Behandlungen in einem Krankenhaus in Lwiw in der Ukraine im August 1996 geltend. Die Bekl. bestreitet die Notwendigkeit der Behandlung und ist der Auffassung, daß der Anspruch nicht gegeben sei, da die Kl. die Originalrechnung nicht eingereicht, sondern nach Fertigung einer Kopie vernichtet habe.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Nach § 6 II AVB-RKV, die auch dem hier streitgegenständlichen Vertragsverhältnis zugrunde liegen, sind die Rechnungen in Urschrift einzureichen. Unstreitig ist, daß die Kl., wie sie bereits vorprozessual der Bekl. mitgeteilt hat, nach Einsendung einer Kopie bei der Bekl. die Originalrechnung vernichtet hat.

2. Wie sich aus den allgemeinen Versicherungsbedingungen ergibt, ist jedoch die Einreichung der Urschrift Anspruchsvoraussetzung. Insoweit ist es ohne Belang, daß die Pflicht zur Vorlage der Urschrift nicht in § 10 der allgemeinen Bedingungen (Folgen von Obliegenheitsverletzungen) aufgeführt ist; denn bei der Pflicht zur Vorlage der Erstschrift handelt es sich nicht um eine zusätzliche Obliegenheit, die dem Versicherungsnehmer im Rahmen des Vertragsverhältnisses auferlegt ist, sondern um eine Regelung, die die Frage der vertraglichen Berechtigung zur Geltendmachung bestimmt. So ist in § 6 II im 2. Satz auch geregelt, daß die Berechtigung des Anspruchs auf Transportkosten durch Vorlage eines ärztlichen Attestes mit Angabe der Krankheitsbezeichnung nachzuweisen ist; auch daraus ergibt sich, daß es sich um eine Regelung handelt, die im Vertragsverhältnis bestimmt, welche Voraussetzungen seitens des Versicherungsnehmers an die Geltendmachung des Anspruchs zu stellen sind.

3. Diese Regelung verstößt auch nicht gegen § 9 AGBG. Grundsätzlich ergibt sich aus § 11 I VVG, daß vom Versicherer Anforderungen an die Feststellung des Versicherungsfalles gestellt werden können.

Bei der Krankenversicherung ergibt sich, daß die Vorlage der Rechnung eine wesentliche Voraussetzung für die Prüfung durch den Versicherer ist. Gerade bei der Krankenversicherung besteht jedoch - schon im Hinblick auf die Möglichkeit und Häufigkeit einer mehrfachen Abdeckung des Risikos - das Interesse des Versicherers, feststellen zu können, ob etwa eine Doppelversicherung vorliegt; der Versicherer muß sich nicht auf das Bestehen der Obliegenheit gem. § 58 VVG verlassen. Demgegenüber wird der Versicherungsnehmer durch die Klausel nicht unbillig benachteiligt. Soweit die Beklagtenpartei meint, daß hier in unverhältnismäßiger Weise ein Risiko auf den Versicherungsnehmer überladen werde, trifft dies nicht zu. Denn es ist der Rechtsordnung nichts Fremdes, daß die jeweilige Partei das Risiko dafür trägt, daß von ihr zu erbringende Nachweise dem Vertragspartner zugehen. Soweit es sich um Zugangshindernisse in der Sphäre des Versicherers handelt, ergibt sich auch aus § 6 II der AGB nicht, daß dies den Anspruch ausschließen würde. Demgemäß führt auch die von der Beklagtenpartei gewünschte Auslegung der Klausel nicht zu ihrer Unwirksamkeit.

4. Insbesondere gilt hier, daß unstreitig die Ursache dafür, daß die Erstschrift nicht zur Verfügung gestellt werden kann, in der Sphäre der Kl. liegt; sie selbst hat die Erstschrift vernichtet.

5. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 6 II der Versicherungsbedingungen besteht der klägerische Anspruch nicht.

Rechtsgebiete

Sozialrecht; Arbeitsrecht

Normen

AVB-RKV § 6 II