Rückforderung des Spieleinsatzes für „Life-Spiel“ (hier: Schneeballsystem)
Gericht
OLG Celle
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
20. 03. 1996
Aktenzeichen
13 U 146/95
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kl. verlangt die Rückerstattung einer Geldzahlung, die er zur Teilnahme an dem vom Bekl. im gesamten Bundesgebiet durchgeführten Unternehmer-Life-Spiel geleistet hat. Der Kl. wurde von einem Bekannten angesprochen, an einer Informationsveranstaltung desLife-Spiels teilzunehmen. Diese fand am 27. 3. 1994 in D. statt. Dem Kl. wurde die Konzeption des Life-Spiels, einem Progressionssystem, erklärt. Er unterzeichnete einen Antrag auf Mitgliedschaft beim Life-Spiel, der auswies, daß es sich um ein Glücksspiel handele und ein Rückzahlungsanspruch nicht bestehe. Den „Spieleinsatz“ von 6500 DM zahlte der Kl. am 28. 3. 1994. Der Kl. ist der Auffassung, er sei über die Hintergründe des Spiels im Ungewissen gelassen worden. Er sei nicht hinreichend darüber aufgeklärt worden, in welchem Umfang neue Teilnehmer angeworben werden müßten. Er habe nicht gewußt, daß es sich um ein sog. Schneeball- oder Progressionssystem handele. Der Bekl. sei zur Rückzahlung des Spieleinsatzes verpflichtet, weil der Spielvertrag gem. § 138 I BGB nichtig sei. Der Bekl. hält das Spiel für nicht sittenwidrig, weil kein Warenvertrieb damit verbunden sei. Einem etwaigen Bereicherungsanspruch stehe die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB entgegen, weil dem Kl. ebenfalls ein Sittenverstoß zur Last falle.
Das LG hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Bekl. wurde die Klage abgewiesen.
Auszüge aus den Gründen:
A. Ein Anspruch auf Rückzahlung des Spieleinsatzes von 6500 DM steht dem Kl. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
I. Ein Schuldverhältnis ist aufgrund der Erklärungen der Parteien zwischen ihnen nicht wirksam zustande gekommen. Das Rechtsgeschäft ist vielmehr gem. § 138 BGB sittenwidrig, so daß ein Rechtsgrund des Bekl. für das Behalten der Leistung nicht besteht. Der daraus resultierende Rückforderungsanspruch des Kl. aus § 812 BGB scheitert jedoch an § 817 S. 2 BGB, weil ihm bei der Leistung seines Einsatzes ein Sittenverstoß zur Last zu legen ist.
1. Der „Vertrag“ über die Teilnahme am Life-Spiel ist gem. § 138 BGB sittenwidrig und nichtig; er ist seinem Inhalt nach mit grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung unvereinbar. Der „Spielvertrag“ ist aus gleichgelagerten Gründen unwirksam, welche in Rechtsprechung und Literatur zur Annahme einer Sittenwidrigkeit des Systems der progressiven Kundenwerbung im Leistungsvertrieb geführt haben (vgl. BGH, WM 1978, 875; OLG München, NJW 1986, 1880 m. w. Nachw.; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 138 Rdnr. 160). Er ist nach seinem Inhalt, Zweck und Beweggrund schlechthin sozialschädlich.
Die Grundkonzeption des Spiels entspricht dem Schneeballsystem. Es ist darauf ausgerichtet, dem Initiator und nur wenigen Teilnehmern an der Spitze des Systems enorme wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen. Eine breite Menge von Mitspielern soll veranlaßt werden, sich zu beteiligen, obwohl aufgrund der rasch ansteigenden Progression die Aussichten, neue Mitspieler zu finden, immer geringer werden. Denn es gibt nicht unendlich viele Interessenten. Es tritt sehr schnell eine Verengung der denkbaren Teilnehmerzahl ein, welches systemimmanent dazu führt, daß die Gewinnerwartung der später auf niedrigerer Stufe Eintretenden zwangsläufig enttäuscht werden muß.
Der Anreiz zum Kapitaleinsatz erfolgt dabei durch den Vergleich von Spielbetrag und dem erzielbaren Gewinn, der allerdings lediglich theoretisch ein Vielfaches davon beträgt. Durch diese Verquickung besteht grundsätzlich die Gefahr, daß finanziell schwächeren und geschäftlich unerfahrenen Personen suggeriert wird, sie könnten ihre Situation nachhaltig ohne besonderen Arbeitseinsatz aufbessern. Ferner ist das System darauf ausgelegt, durch Ausnutzung privater Kontakte der Teilnehmer weitere Mitspieler zu gewinnen. Dies führt zu einer Kommerzialisierung des Privatlebens und dadurch zu unerwünschten Belastungen des sozialen Umfeldes eines jeden Spielers. Denn dieser ist gehalten, zur Steigerung seines Gewinns oder zur Vermeidung eines Verlustes Freunde oder Verwandte anzuwerben, wobei er sich auf deren Kosten ohne Gegenleistung bereichert. Daß der so Geschädigte dem Werbenden nicht mehr gut gesonnen sein wird, liegt auf der Hand.
2. Dem so aus der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts abgeleiteten Bereicherungsanspruch aus § 812 BGB steht aber § 817 S. 2 BGB entgegen. Den Kl. trifft mit der Zahlung des Spieleinsatzes der Vorwurf eigenen Sittenverstoßes. Sein Rückforderungsrecht ist ausgeschlossen, weil er sich mit der Teilnahme an dem Life-Spiel selbst außerhalb der Sitten- und Rechtsordnung gestellt hat.
a) Entgegen der Auffassung des Kl. muß der Bekl. nicht näher darlegen und beweisen, daß der Kl. bei Einzahlung des Spieleinsatzes positive Kenntnis der Sittenwidrigkeit seines Handelns gehabt hat. Ausreichend für die Anwendbarkeit des Rückforderungsausschlusses gem. § 817 S. 2 BGB ist, daß der Kl. sich leichtfertig der Einsicht der Sittenwidrigkeit seines Tuns verschlossen hat (vgl. BGH, NJW 1992, 310 (311); NJW 1983, 1420 (1423); OLG Oldenburg, FamRZ 1991, 981; Erman/H. P. Westermann, BGB, 9. Aufl., § 817 Rdnr. 13; Staudinger/Lorenz, BGB, 13. Aufl., § 817 Rdnr. 21 m. w. Nachw.; Palandt/Thomas, BGB, 55. Aufl., § 817 Rdnr. 11). Dafür genügt bereits die unstreitige Kenntnis des Kl. von der Konzeption des Spiels. Er wußte, daß er für den nicht unerheblichen Betrag von 6500 DM nur die Möglichkeit erhalten sollte, am Spiel teilzunehmen und daß sein „Erfolg“ davon abhing, daß er weitere Teilnehmer finde, an deren Spieleinsatz er partizipieren würde. Er wußte weiter, daß er diese Mitspieler nur aus seinem privaten Umfeld gewinnen konnte und sie zunächst einen verlorenen Einsatz zu leisten hatten, wodurch er das Risiko des Spiels erhöhte und auf diese übertrug. Über Kettenbriefe, Pilotenspiel etc. wird verstärkt seit Anfang der 80er Jahre in Tageszeitungen, Zeitschriften und anderen Medien berichtet. Es ist daher nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, daß dem Kl. progressive Systeme und deren Auswirkungen, insbesondere die daraus resultierenden Verluste der Mehrzahl der Teilnehmer grundsätzlich bekannt waren. Im übrigen mußten bei dem Kl. Bedenken an der Lauterkeit des Systems aufkommen, weil er ohne besonderen persönlichen Einsatz - lediglich weitere Personen waren auf die einmalige Gelegenheit aufmerksam zu machen - einen astronomischen Gewinn erzielen sollte. Da der Gewinn weder aus einem Verkauf von Waren oder eine Ausspielung im Rahmen einer Lotterie herrühren sollte, mußte sich dem Kl. die Frage aufdrängen, wer ihm denn seinen Gewinn verschafft, obschon er nichts dafür an Arbeitsleistung erbringen muß.
b) Wenn er sich trotz dieser Kenntnisse zur Teilnahme am Life-Spiel entschließt, obwohl er nach der Informationsveranstaltung am Sonntag, den 27. 3. 1994, noch bis zur Zahlung seines Einsatzes am nächsten Montag genügend Zeit hatte, sich über Inhalt und Auswirkungen des Spielsystems Gedanken zu machen, hat er leichtfertig die Augen vor der Sittenwidrigkeit des Spielsystems verschlossen.
c) Bei diesem naheliegenden Geschehensablauf wäre es nunmehr an dem Kl. darzulegen, warum er nicht durch sein Gewinnstreben veranlaßt wurde, letztlich auf Kosten später eintretender Mitspieler dem Life-Spiel beizutreten. Der Kl. hat jedoch nichts dazu vorgetragen, warum er getäuscht oder sonst uninformiert war, das Spielsystem nicht durchschauen konnte oder daß etwa seine Unerfahrenheit Ursache dafür war, den Einsatz zu zahlen. Obwohl er mit der Terminsladung vom 28. 9. 1995 dazu aufgefordert wurde, Einzelheiten zu den Vorgängen und Überlegungen darzulegen, hat er sich darauf beschränkt, pauschal ohne Nennung von einzelnen Fakten und Namen vorzutragen, er sei von einem Bekannten zur Teilnahme an der Veranstaltung geworben worden, er habe nur auf ehrliche Weise Geld verdienen wollen, er habe das System einfach nicht durchschaut. Dieser allgemein gehaltene Vortrag ist unzureichend, die aufgrund der von dem Kl. eingeräumten Kenntnisse über das Spiel festzustellende Sittenwidrigkeit seines Handelns in Zweifel zu ziehen.
3. Der Rückforderungsausschluß gem. § 817 S. 2 BGB scheitert auch nicht daran, daß den Bekl. als Veranstalter im Vergleich zum Kl. ein deutlich schwererer Vorwurf der Sittenwidrigkeit seines Handelns trifft. Steht auf beiden Seiten ein Sittenverstoß fest, verbietet sich eine Abwägung beider Handlungen. Denn der Rückforderungsausschluß bezweckt, demjenigen die Rechtsordnung zur Durchsetzung der Ansprüche zu versagen, der sich bewußt oder leichtfertig über sie hinweggesetzt hat (vgl. Staudinger/Lorenz, § 817 Rdnr. 21; Erman/H. P. Westermann, § 817 Rdnr. 13).
4. Auch Treu und Glauben hindert die Anwendbarkeit des § 817 S. 2 BGB nicht. Ein Rückforderungsrecht ist nicht deshalb zu bejahen, weil sonst eine Vermögensverschiebung endgültig Bestand hätte, die gerade von der Rechtsordnung nicht gewollt wird (vgl. BGHZ 111, 308 (312) = NJW 1990, 2542 = LM § 134 BGB Nr. 130; Palandt/Thomas, § 817 Rdnr. 20; Erman/H. P. Westermann, § 817 Rdnr. 15). Zum Schutz des Spielers, der um seinen Einsatz gebracht wurde, ist es nicht geboten, ausnahmsweise § 817 S. 2 BGB nicht anzuwenden. Vielmehr sieht die Rechtsordnung in § 762 BGB gerade vor, daß Spielvereinbarungen nicht rückabgewickelt werden sollen.
II. Ein Schadensersatzanspruch steht dem Kl. auch nicht aus § 13 VI Nr. 2 UWG oder aus §§ 823 II , 826 BGB zu.
1. Ein Anspruch aus § 13 VI Nr. 2 UWG scheitert daran, daß eine strafbare Handlung des Bekl. aus § 6c UWG nicht vorliegt. Auch wenn die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen gegeben sein mögen, fehlt es jedenfalls an dem Merkmal der besonderen Vorteilsgewährung durch den Bekl. als Veranstalter für den Fall, daß andere zum Abschluß gleichartiger Geschäfte veranlaßt werden. Der von den Mitspielern zu erlangende Vorteil liegt beimLife-Spiel darin, daß nachfolgende Spieler einen Einsatz zahlen, der nach einem bestimmten vorher feststehenden Schlüssel an die auf höherer Stufe in der Pyramide Stehenden verteilt wird. Damit verspricht der Bekl. als Veranstalter lediglich die Chance, daß Mitspieler von Dritten Vorteile erhalten können. Er gewährt sie aber nicht selbst, so daß die Strafnorm nicht anwendbar ist (vgl. BayObLG, GRUR 1991, 245 (246); OLG Stuttgart, wistra 1991, 234 (235); Granderath, wistra 1988, 173 (176); Baumbach/Hefermehl, WettbewerbsR, 18. Aufl., § 6c Rdnr. 8).
2. Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 II BGB i.V. mit Normen des Strafgesetzbuches ist nicht gegeben.
a) Die Veranstaltung des Life-Spiels ist kein Glücksspiel gem. §§ 284 , 286 StGB. Die Teilnehmer zahlen keinen Spieleinsatz. Gezahlt wird nur ein in jedem Fall verlorener Betrag, der die Mitspielberechtigung gewährt. Um diesen Betrag wird nicht gespielt, sondern er fließt den vorherigen Mitspielern zu. Die Gewinnhoffnung besteht nicht darin, den Einsatz oder ein Vielfaches zurückzuerhalten. Der Gewinn kann nur dann realisiert werden, wenn selbst weitere Mitspieler gewonnen werden, die verlorene Zahlungen leisten (vgl. BGHSt 34, 171 (177) = NJW 1987, 851; BayObLG, GRUR 1991, 245 (246); a.A OLG Karlsruhe, NJW 1972, 1963).
b) Ein strafbares Verhalten des Bekl. gem. § 263 StGB hat der Kl. nicht vorgetragen. Er räumt vielmehr ein, ihm sei auf der Informationsveranstaltung das Spielsystem erklärt worden. Weiter war ihm, wie sich auch aus dem Anmeldeformular ergibt, bekannt, daß seine Zahlung von 6500 DM ihn nur in die Lage versetzen sollte, durch Werbung neuer Mitglieder Gewinne zu erzielen. Der Kl. legt nicht dar, ihm sei mehr als die Hoffnung auf Gewinn oder die Möglichkeit der Einnahmeerzielung für den Fall der Werbung neuer Teilnehmer in Aussicht gestellt worden. Damit ist der Kl. hinreichend aufgeklärt worden, so daß mangels weiteren Vortrages des Kl. eine Täuschungshandlung des Bekl. jedenfalls nicht festgestellt werden kann.
3. Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB scheiden ebenfalls aus.
a) Ein Anspruch aus § 826 BGB besteht nur dann, wenn der Bekl. gerade dem Kl. gegenüber sittlich verwerflich gehandelt hat. Zwar ist der Begriff der Sittenwidrigkeit im Zivilrecht immer gleichbedeutend; aus der Feststellung der Sittenwidrigkeit im Rahmen des § 138 BGB folgt jedoch keineswegs zwingend ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, da beide Vorschriften sich in ihren Voraussetzungen und Rechtsfolgen unterscheiden (vgl. Soergel/Hönn, BGB, 12. Aufl., § 826 Rdnr. 245 m. w. Nachw.). An einem verwerflichen Handeln gegenüber dem Kl. fehlt es, weil er nach seinem Vortrag über die wesentlichen Merkmale des Spielsystems und die Tatsache der verlorenen Einsatzzahlung aufgeklärt war. Er wußte, daß er dafür lediglich die Mitspielberechtigung und die Chance des Gewinns bekommt. Auch wenn der Kl. nicht expressis verbis über die Marktverengung und die Stufe seines Eintretens aufgeklärt wurde, führte dies nur dann zur Annahme eines Sittenverstoßes, wenn der Bekl. die geistige Schwäche und Unerfahrenheit des Kl. rücksichtslos ausgenutzt haben würde. Zu seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten hat der Kl. jedoch trotz des Hinweises in der Ladungsverfügung vom 28. 9. 1995 nichts vorgetragen.
b) Ein sittenwidriges Handeln gegenüber dem Kl. durch die Ausnutzung einer besonderen Situation, in welcher er infolge Beeinflussung durch den Bekl. in seiner Kritik- und Entscheidungsfähigkeit gemindert war, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Dem Kl. war es nach dem Besuch der Informationsveranstaltung am 27. 3. 1994 in D. möglich, in Ruhe und ohne Beeinflussung durch Veranstalter und seine „Gastgeber“ zu unterscheiden, ob er teilnehmen wolle. Denn seine Einsatzzahlung hat er erst am nächsten Tag geleistet.
c) Weiter ist dem Kl. nach seinem Vortrag bereits kein Vermögensschaden infolge einer Täuschung durch den Bekl. entstanden. Der Kl. hat freiwillig seinen Einsatz geleistet, um die Chance zur Gewinnerzielung zu erhalten. Wenn sich seine Hoffnung nicht erfüllt, führt dies nicht zwangsläufig zu einem Schaden infolge des nutzlos aufgewandten Einsatzes. Denn die Chance war ihm 6500 DM wert. Daß er über den Wert getäuscht wurde, ist nicht dargelegt.
III. 1. Wenn die Erklärungen der Parteien ungeachtet der festgestellten Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäftes wirksam wären, bestünde ein aus einem Vertrag herrührender Rückforderungsanspruch des Kl. dennoch nicht. Ein Rückforderungsanspruch scheidet jedenfalls an § 762 I 2 BGB. Denn die Erklärungen der Parteien zielten auf eine Spielvereinbarung ab, die nach § 762 I 1 BGB eine Verbindlichkeit nicht begründet. Nach dem vom Kl. unterzeichneten Antrag zur Teilnahme am Life-Spiel war ein Austausch von Leistungen nicht Vertragsgegenstand. Vielmehr hatte er einen verlorenen Einsatz zu leisten, der ihn zur Teilnahme am Spiel berechtigte. Auch aus dem dem Kl. vorgestellten Spielsystem wurde deutlich, daß der Einsatz in jedem Fall nicht zurückzuzahlen war, gleich wie sich das Spiel für ihn entwickelte. Zwar wird das Life-Spiel von seiner Konzeption her nicht - wie im Antrag bezeichnet - als Glücksspiel einzuordnen sein. Da über „Gewinn und Verlust“ die persönlichen Fähigkeiten des Teilnehmers entscheiden sollten, weitere Mitspieler zu finden, kann das Spiel von seinem Charakter her aber grundsätzlich als Geschicklichkeitsspiel eingeordnet werden (vgl. Pecher, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 762 Rdnr. 14). Auch auf diese Spielform findet § 762 I 1 BGB Anwendung (vgl. Palandt/Thomas, § 762 Rdnr. 2), so daß eine unvollkommene Verbindlichkeit gegeben ist, weshalb das darauf Geleistete nicht zurückverlangt werden kann.
2. Ein Anspruch des Kl. aus Verschulden bei Vertragsschluß scheidet ebenfalls aus. Es fehlt an einer Aufklärungspflichtverletzung durch den Bekl. Denn unstreitig wurde dem Kl. das Spielsystem erläutert, und er wußte, daß er durch die - in jedem Fall verlorene - Einsatzzahlung nur die Möglichkeit erhalten sollte, weitere Teilnehmer zu werben und dadurch Gewinne zu erzielen. Dem pauschalen Vortrag des Kl. ist nicht zu entnehmen, daß er falsche oder in wesentlichen Belangen unvollständige Informationen über das Life-Spiel erhalten hat.
IV. Ein Anspruch auf Rückabwicklung des Rechtsgeschäftes gem. § 13a UWG i.V. mit § 4 UWG oder nach den Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes ist ebenfalls nicht gegeben.
1. Der Kl. hat nicht dargelegt, daß der Bekl. unwahre Angaben i.S. des § 4 UWG über die Konzeption des Life-Spiels gemacht hat. Vielmehr hat er eingeräumt, aufgeklärt worden zu sein.
2. Das Haustürgeschäftewiderrufsgesetz findet von seiner Zielrichtung her keine Anwendung. Denn es dient dazu, Kunden die Lösung von schuldrechtlichen Verträgen zu ermöglichen, nicht aber der Rückabwicklung sachenrechtlicher Vermögensverschiebungen. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob die Informationsveranstaltung zur Teilnahme am Life-Spiel überhaupt § 1 I Nr. 2 HWiG unterfällt.
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