Notarhaftung bei Hinterlegung von Geld in Schließfach ohne ausreichende Sicherung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 11. 1996


Aktenzeichen

IX ZR 182/95


Leitsatz des Gerichts

  1. Ist das an Kapitalanleger gerichtete Schreiben eines Notars dahin zu verstehen, bei ihm seien ausreichende Sicherheiten hinterlegt, darf der Empfänger regelmäßig davon ausgehen, daß die Hinterlegung den Anforderungen entspricht, die an ein ordnungsgemäßes notarielles Verwahrungsgeschäft zu stellen sind.

  2. Wendet sich ein Notar auf Ersuchen einer Kapitalanlagegesellschaft mit einer Erklärung über hinterlegte Sicherheiten gezielt an potentielle Anleger, um diesen eine Grundlage für bedeutsame Vermögensentscheidungen zu geben, so können auch die Empfänger der Erklärung Auftraggeber i.S. von § 19 I 2 Halbs. 2 BNotO sein.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. nimmt den bekl. Anwaltsnotar wegen dessen Mitwirkung an einem fehlgeschlagenen Kapitalanlagegeschäft auf Schadensersatz in Anspruch. Der Kl. schloß am 16. 4. 1993 mit der EOFC Limited mit Sitz in S./Liechtenstein (fortan: EOFC) einen Treuhandvertrag, in dem es u.a. heißt:

„Der Treugeber“ (Kl.) „überträgt dem Treuhänder“ (EOFC) „die Aufgabe, sein Kapital in Höhe von 255000 DM in Worten ... für zunächst ein Jahr garantiert verlustsicher anzulegen. Eine Rendite von 10 % per anno ist zu erbringen. Der Treuhänder verpflichtet sich, das Kapital gemäß dem vorgenannten Treuhandauftrag verlustsicher zu plazieren. Zusätzlich wird durch einen deutschen Rechtsanwalt und Notar eine Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten abgegeben, die ebenfalls die 10%ige Renditeleistung beinhaltet. Der Treuhänder verpflichtet sich zur Rückzahlung von Kapital und 10 % Rendite = 280500 DM am 16. 4. 1994 auf ein vom Treugeber zu benennendes Konto ...".

Am selben Tag zahlte der Kl. einen Betrag von 255000 DM auf das Konto der EOFC bei einer Bank in S./Liechtenstein. Vor der Zahlung erhielt der Kl. über die EOFC eine Kopie der vom Bekl. unterzeichneten „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“. In dieser Erklärung heißt es:

„Hiermit bestätige ich als Treuhänder, Rechtsanwalt und Notar, daß zur Absicherung der an die ..." (EOFC) „von Herrn ..." (Kl.) „übergebenen Anlagegelder in Höhe von 255000 DM (in Worten: ...) ausreichende Sicherheiten hinterlegt wurden. Die Sicherheiten stehen unwiderruflich zur Deckung des Anlagekapitals zuzüglich 10 % zur Verfügung und zwar für den Fall, daß, aus welchen Gründen auch immer, die ..." (EOFC) „die Rückzahlung des Anlagekapitals zuzüglich 10 % = 280500 DM nicht zum vereinbarten Termin, dem 17. 4. 1994 an den Anleger oder einen von ihm benannten Vertreter vornimmt. Ich erkläre ausdrücklich, daß ich beauftragt und bevollmächtigt wurde, bei Nichterfüllung des Anlagevertrages durch die ..." (EOFC) „zum Auszahlungstermin unverzüglich aus den hinterlegten Sicherheiten die fällige Summe abzudecken. In Rechtsbeziehung zum Anleger trete ich damit nicht ...".

Danach folgt über dem in Klammern gesetzten Wort „Stempel“ auf dem linken Teil der Seite ein Stempelabdruck, der mit den Worten beginnt: „Rechtsanwalt u. Notar“. Auf dem rechten Teil der Seite befindet sich über den in Klammern befindlichen Worten: „Rechtsanwalt & Notar“ die Unterschrift des Bekl. Das Original der Urkunde sandte der Bekl. dem Kl. per Einschreiben mit Rückschein zu. Die EOFC legte die vom Kl. erhaltenen Gelder bei der E Inc. W., D./USA (im folgenden: E) an. Die Einbeziehung des Bekl. in das Anlagegeschäft und die in der „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ (im folgenden auch kurz: „Erklärung“) des Bekl. bestätigte Hinterlegung der Sicherheiten spielten sich nach seiner Darstellung wie folgt ab: Mitte März 1993 trat der Anlageberater B an den Bekl. mit der Bitte heran, bei einer Geldhinterlegung im Rahmen von Geldanlagen bei einer liechtensteinischen Finanzierungsvermittlungsgesellschaft mitzuwirken. Bei einem Treffen am 19. 3. 1993 wurde dem Bekl. von Bund einem Mitarbeiter der EOFC die Hinterlegung im einzelnen erläutert. Sie bestand im Kern darin, daß DM-Barbeträge, die mindestens dem Nominalanlagekapital der Anleger zuzüglich einer Rendite von 10 % entsprachen, in Schließfächern von Banken hinterlegt wurden. Der Bekl. sollte bis zum Ablauf einer Anlagefrist von einem Jahr nur gemeinsam mit dem Hinterleger (E) und dem Rechtsanwalt und Notar T aus G., nach Ablauf des Anlagejahres allein Zugang zu dem Schließfach haben. Der Bekl. wies die EOFC mit Schreiben vom 27. 3. 1993 darauf hin, daß der vorgesehene Ablauf seine Mitwirkung, die ohnehin nur in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und nicht als Notar möglich wäre, nicht zulasse. Mit Schreiben vom 3. 4. 1993 bestätigte er der EOFC jedoch „die am 19. 3. 1993 ... hier in meinem Büro getroffene Vereinbarung, daß im Zusammenhang mit der Werbung für das mir vorgestellte Anlagemodell, Ihre Vertreter/Vertreiber ... meinen Namen und meine Berufsbezeichnung nicht verwenden dürfen; ... nicht von einer notariellen Tätigkeit meinerseits sprechen dürfen ...". Am 31. 3. 1993 mieteten der Bekl. und der Direktor der E, H, gemeinsam bei der Kreditbank in Antwerpen den Safe Nr. X. Der laut Mietvertrag einzige Schlüssel wurde dem Bekl. ausgehändigt. Danach begaben sich H, Tund der Bekl. in den Saferaum. Dort wurde ein von H mitgebrachter Betrag von 3,3 Mio. DM - verteilt auf 33 Umschläge - in den Safe eingelegt. Der Bekl. führte den Safeschlüsel in das Schloß ein und drehte ihn zunächst in eine Richtung. Sodann stellte H als eine Art „Gegensicherung“ einen dem Bekl. nicht bekannten Buchstabencode ein. Danach drehte dieser den Schlüssel um 180 Grad in die andere Richtung und zog ihn ab. Als weitere Sicherung führte T eine ihm von der Bank übergebene L-förmige Stahlplatte (Schlüsselkralle) in das Schloß des Safes ein und sicherte diese mit einer rechteckigen Stahlplatte und einem mitgebrachten Vorhängeschloß. Hschrieb den Buchstabencode auf einen Zettel. Dieser wurde zusammen mit den beiden Schlüsseln des Vorhängeschlosses und einer von einem belgischen Notar beglaubigten Vollmacht des H, die den Bekl. berechtigte, nach Ablauf des Treuhandvertrages den Safe allein zu öffnen und über dessen Inhalt zu verfügen, in ein Kuvert gesteckt. Dieses wurde von H versiegelt und an T übergeben mit dem Auftrag, es am 31. 3. 1994 an die Kanzlei des Bekl. zu übersenden. Der Safeschlüssel blieb im Besitz des Bekl. Dieser und H erhielten von der Bank eine Zugangskarte zum Saferaum, aus deren farblicher Gestaltung sich ergab, daß nur beiden gemeinsam der Zugang zum Saferaum zu gewähren war.

Am 21. 10. 1993 wurde durch Beschluß des Fürstlich Liechtensteinischen Landgerichts über das Vermögen der EOFC das Konkursverfahren eröffnet. Am 30. 11. 1993 wurde der Safe von der belgischen Staatsanwaltschaft geöffnet und festgestellt, daß er leer war. Nach H wird von Interpol gefahndet. Der Kl. hat den Bekl. aus dem Gesichtspunkt der Notarhaftung sowie aus Vertrags-, Delikts- und Prospekthaftung für den von ihm erlittenen Schaden in Anspruch genommen. Er hat beantragt, den Bekl. zur Zahlung von 255000 DM nebst 10 % Zinsen seit dem 16. 4. 1993 zu verurteilen. Das LG hat die Klage in vollem Umfang, das OLG hat sie als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kl. das Klagebegehren weiter; der Bekl. erstrebt im Wege der Anschlußrevision die vollständige Abweisung der Klage. Die Revision war im wesentlichen begründet; die Anschlußrevision blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat ausgeführt, mit seiner „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ habe der Bekl. fahrlässig eine pflichtwidrige Amtshandlung als Notar vorgenommen, so daß er - von der Frage des Mitverschuldens abgesehen, die das BerGer. offen gelassen hat - für den dem Kl. entstandenen Schaden verantwortlich sei. Einer Verurteilung des Bekl. stehe zur Zeit jedoch entgegen, daß Schadensersatzansprüche des Kl. gegen seinen Anlageberater und den ehemaligen Bevollmächtigten der EOFC ernsthaft in Betracht kämen.

II. 1. Rechtsfehlerfrei hat das BerGer. in der von dem Bekl. abgegebenen „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ eine notarielle Amtshandlung gesehen. Die „Erklärung“ ist dem notariellen - nicht dem anwaltlichen - Tätigkeitsbereich des Bekl. zuzuordnen.

a) Dem steht nicht entgegen, daß der Bekl. der „Erklärung“ das Notarsiegel nicht beigefügt hat. Daraus folgt lediglich, daß der „Erklärung“ nicht die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde in der Form eines notariellen Vermerks i.S. von § 39 BeurkG zukommt (vgl. dazu Huhn/v. Schuckmann, BeurkG, 3. Aufl., § 39 Rdnrn. 2, 16). Der Nichtgebrauch des Siegels hat hingegen nicht zur Folge, daß die „Erklärung“ nicht als notarielle, sondern als anwaltliche Tätigkeit einzustufen wäre. Zwar ist regelmäßig davon auszugehen, daß ein Anwaltsnotar, der eine schriftliche Rechtsauskunft mit dem Notarsiegel versieht, als Notar handelt (vgl. BGH, DNotZ 1978, 312 (313)). Der umgekehrte Schluß ist jedoch nicht berechtigt. Wird einer von einem Anwaltsnotar abgegebenen Erklärung das Notarsiegel nicht beigefügt, läßt dieser Umstand allein nicht ohne weiteres die Annahme zu, der Anwaltsnotar sei als Anwalt tätig geworden. Vielmehr sind in einem solchen Fall für die Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche andere Gesichtspunkte maßgebend.

b) Nach § 24 II 1 BNotO ist anzunehmen, daß ein zugleich als Rechtsanwalt zugelassener Notar dann als Notar tätig wird, wenn er Handlungen der in § 24 I BNotO bezeichneten Art vornimmt, die dazu bestimmt sind, Amtsgeschäfte der in den §§ 20 bis 23 BNotO bezeichneten Art vorzubereiten oder auszuführen. Liegen die Voraussetzungen dieser Bestimmung nicht vor, ist nach § 24 II 2 BNotO im Zweifel anzunehmen, daß der Anwaltsnotar als Rechtsanwalt tätig geworden ist. Derartige Zweifel bestehen nicht, wenn nach den objektiven Umständen, insbesondere der Art der Tätigkeit, eine Aufgabe zu erfüllen ist, die in den Bereich notarieller Amtstätigkeit fällt (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 1178 = LM H. 11/1992 BeurkG Nr. 39/40 = WM 1992, 1533 (1537); auch NJW 1996, 520 = LM H. 3/1996 BeurkG Nr. 53 = WM 1996, 30 (32); OLG Hamm, DNotZ 1956, 154; 1977, 49 (52); Reithmann, in: Seybold/Schippel, BNotO, 6. Aufl., § 24 Rdnr. 52; Rohs, JVBl 1965, 49; ders., Die Geschäftsführung der Notare, 10. Aufl., Rdnr. 305). Dies trifft zu, wenn nicht einseitige Interessenwahrnehmung in Rede steht, sondern eine neutrale, unparteiische Berücksichtigung der Belange sämtlicher Beteiligten (vgl. BGHZ 51, 301 (305) = NJW 1969, 929 = LM § 24 BNotO Nr. 2; BGH, VersR 1983, 81 (82); Haug, Die Amtshaftung des Notars, 1989, Rdnr. 357; Mümmler, JurBüro 1988, Sp. 693 (695)).

Das BerGer. hat die „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ auf zutreffender rechtlicher Grundlage in tatrichterlicher Würdigung als notarielle Handlung und nicht als anwaltliche Tätigkeit eingeordnet. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Nach den Feststellungen des BerGer. erweckt die „Erklärung“ den Eindruck, als habe der Bekl. ein notarielles Verwahrungsgeschäft übernommen. Er „bestätigt“ zunächst als „Treuhänder, Rechtsanwalt und Notar“, es seien zur Absicherung der Anlagegelder ausreichende „Sicherheiten“ hinterlegt worden. Ferner weist er darauf hin, daß diese Sicherheiten im näher beschriebenen Sicherungsfall unwiderruflich zur Deckung des Anlagekapitals nebst Zinsen zur Verfügung stünden. Schließlich erklärt er „ausdrücklich“, beauftragt und bevollmächtigt zu sein, bei Nichterfüllung des Anlagevertrages die fällige Summe aus den hinterlegten Sicherheiten „abzudecken“. Dies läßt aus der Sicht des Empfängers, auf die hier insbesondere deshalb abzustellen ist, weil die „Erklärung“ nach ihrem Inhalt nur den Empfänger betraf (vgl. auch BGHZ 27, 338 (341) = NJW 1959, 35 = LM § 839 (Fi) BGB Nr. 7; BGH, LM § 839 (Ca ) BGB Nr. 30 = WM 1976, 453 (454); WM 1976, 873 (875); Kreft, in: RGRK, 12. Aufl., § 839 Rdnr. 199, zur Behördenauskunft), bei vernünftigem, unvoreingenommenem Verständnis nur den Schluß zu, dem Bekl. seien als Treuhänder hinreichende Sicherheiten zur Verfügung gestellt worden, aus denen er die Forderung des Kl. gegebenenfalls befriedigen werde. Nach den Ausführungen des BerGer. weist aus diesem Grunde die „Erklärung“ - auch wenn die Art der Sicherheiten nicht näher beschrieben wird - auf ein notarielles Verwahrungsgeschäft des Bekl. hin. Daran ändert nichts, daß der Bekl. die „Erklärung“ nicht ausschließlich als „Notar“, sondern als „Rechtsanwalt und Notar“ abgegeben hat. Der Beifügung der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ allein ist nicht zu entnehmen, daß der Bekl. bei dem geschilderten Verwahrungsgeschäft entgegen dem objektiven Erklärungsinhalt nicht als Notar, sondern nur als Rechtsanwalt tätig werden wollte.

Diese Beurteilung durch das BerGer. ist möglich, wenn nicht sogar naheliegend. Rechtsfehler werden insoweit von Revision und Anschlußrevision nicht aufgezeigt. Wegen ihres auf einen notariellen Tätigkeitsbereich bezogenen Inhalts stellt sich auch die „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ selbst als notarielle Amtshandlung dar. Da der Bekl. als Notar gehandelt hat, richtet sich seine Haftung ausschließlich nach § 19 BNotO (vgl. BGH,LM § 21 RNotO Nr. 14 = DNotZ 1960, 265 (266 f.); NJW 1996, 3343 = LM H. 12/1996 § 19 BNotO Nr. 62 = WM 1996, 2074 (2075) m.w.Nachw.; Haug, in: Seybold/Schippel, § 19 Rdnr. 1).

2. Jedenfalls im Ergebnis zutreffend hat das BerGer. ferner eine Amtspflichtverletzung des Bekl. bejaht.

a) Das BerGer. hat ausgeführt, der Bekl. habe mit der Abgabe der „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ gegen seine sich aus § 14 IIBNotO ergebende Amtspflicht verstoßen, „dem Unrecht zu wehren“. Er hätte seine Mitwirkung an dem Kapitalanlagegeschäft ablehnen müssen, weil für ihn erkennbar gewesen sei, daß er in ein betrügerisches Anlagegeschäft habe eingespannt werden sollen. Die mangelnde Seriosität dieses Geschäfts hätte sich dem Bekl. wegen der wirtschaftlichen Unsinnigkeit, der erkennbaren Unklarheit der Gewinnrealisierung und der dubiosen Erklärungen zur Herkunft der hinterlegten Gelder sowie der erkennbar nicht gewährleisteten Sicherheit dieser Gelder erschließen müssen.

b) Auch in bezug auf eine Amtspflichtverletzung des Bekl. kommt es weniger darauf an, daß er den betrügerischen Hintergrund des Anlagegeschäfts hätte erkennen können und müssen und aus diesem Grund gehalten war, seine Mitwirkung an dem Geschäft abzulehnen. Dem Bekl. fällt jedenfalls deshalb eine Amtspflichtverletzung zur Last, weil er mit der Abgabe der „Erklärung“ gegen das Gebot wahrheitsgemäßer Bekundung verstoßen hat. Bei allen Amtsgeschäften hat der Notar vor allem die Wahrheit zu bezeugen. Er darf nur bekunden, was er nach gewissenhafter Prüfung als zutreffend erkannt hat. Mit seinen Amtspflichten ist es unvereinbar, wenn er durch seine Tätigkeit einen falschen Anschein erweckt, durch den geschützte Dritte in die Gefahr eines folgenschweren Irrtums geraten (vgl. BGH, NJW-RR 1992, 1176 = LM H. 3/1993 § 14 BNotO Nr. 14 = WM 1992, 1497 (1500) m.w.Nachw.; ferner BGHZ 96, 157 (165) = NJW 1986, 576 = LM § 19 BNotO Nr. 29; BGH, LM § 19 BNotO Nr. 27 = WM 1985, 1109 (1111 zu 4b)). So lag es hier.

aa) Wenn ein Notar - wie hier der Bekl. - in einem Schreiben an den aus einem Verwahrungsgeschäft Begünstigten zum Ausdruck bringt, er habe Sicherheiten zur Absicherung einer Forderung des Begünstigten in Verwahrung genommen, ist ein solches Schreiben grundsätzlich dahin zu verstehen, daß das Geschäft den Anforderungen entspricht, die nach den einschlägigen Bestimmungen an ein ordnungsgemäßes notarielles Verwahrungsgeschäft gestellt werden.

bb) Die hinterlegten Sicherheiten bestanden unstreitig aus Geld. Dann handelte es sich bei dem in der „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ beschriebenen Geschäft um ein Verwahrungsgeschäft i.S. von § 23 BNotO. Dieser Vorschrift zufolge sind die Notare auch zuständig, Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten, die ihnen von den Beteiligten übergeben sind, zur Aufbewahrung oder zur Ablieferung an Dritte zu übernehmen. Um die bei derartigen Geschäften gebotene äußerste Korrektheit sicherzustellen, enthalten die §§ 11 bis 13 der Dienstordnung für Notare (DONot) Bestimmungen darüber, wie der Notar ein solches Geschäft abzuwickeln hat (vgl. BGH, DNotZ 1972, 551 (554); Weingärtner/Schöttler, Dienstordnung für Notare, 7. Aufl., Rdnr. 144).

cc) Im Streitfall widersprach die Durchführung des Verwahrungsgeschäfts Bestimmungen der Dienstordnung für Notare insbesondere deshalb, weil der Bekl. keinen Alleinbesitz an dem Banksafe erworben hatte, in welchem die Sicherheiten seinen Angaben zufolge deponiert wurden. § 12 II 8 DONot erlaubt die gesonderte Aufbewahrung von Geldbeträgen in besonderen Hüllen, falls der Hinterleger die gesonderte Aufbewahrung schriftlich verlangt. Die gesonderte Aufbewahrung von Geldbeträgen hat in entsprechender Anwendung von § 12 I 1 DONot wie die Verwahrung von Wertpapieren und Kostbarkeiten sicher und getrennt von anderen Massen zu erfolgen. Der Notar hat das Geld mithin in einem eigenen Schließfach bei der Bank oder in seinem Büro feuer- und diebstahlssicher aufzubewahren (vgl. Weingärtner/Schöttler, Rdnr. 164 i.V. mit Rdnrn. 160, 161), sofern er es nicht entsprechend § 12 I 3 DONot einer Bank in Verwahrung gibt. Verwahrt er die Gegenstände in einem Bankschließfach, hat er dieses auf seinen Namen zu mieten und unmittelbaren Alleinbesitz zu erwerben (vgl. Kanzleiter, in: Seybold/Schippel, § 12 DONot Rdnr. 3; Weingärtner/Schöttler, Rdnr. 160). Alles andere wäre mit dem auch in § 12 II 2 DONot zum Ausdruck kommenden Grundsatz der persönlichen Amtsausübung nicht vereinbar (vgl. Reithmann, in: Seybold/Schippel, § 23 Rdnr. 9; Weingärtner/Schöttler, Rdnr. 173).

Legt man den Vortrag des Bekl. zugrunde, den sich der Kl. nach dem Gesamtzusammenhang seiner Ausführungen jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht hat, hatte der Bekl. vor Ende März 1994 ohne Mitwirkung von Hund Rechtsanwalt und Notar T keinen Zugang zu dem Schließfach, in dem die Sicherheiten verschlossen worden waren. Demzufolge hätte der Bekl. als Notar an dem Hinterlegungsgeschäft nicht mitwirken dürfen (vgl. Weingärtner/Schöttler, Rdnr. 156). Der Kl. durfte - wie dargelegt - aufgrund der „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ davon ausgehen, der Bekl. habe im Einklang mit den notariellen Pflichten gehandelt, die er bei einem Verwahrungsgeschäft einzuhalten hat. Deshalb stimmte die „Erklärung“ mit der Wirklichkeit nicht überein und enthielt einen evidenten Verstoß gegen die Amtspflicht des Bekl. zu wahrheitsgemäßer Bekundung.

3. Diese Amtspflicht bestand auch dem Kl. gegenüber. Einem Notar, der eine Bescheinigung ausstellt oder eine notarielle Erklärung abgibt, obliegt die Amtspflicht zur wahren Bezeugung jedenfalls dem gegenüber, für den sie bestimmt ist (vgl. BGH, LM § 14 BNotO Nr. 2 = DNotZ 1973, 245 (246); LM § 19 BNotO Nr. 20 = WM 1983, 964; auch Reithmann, DNotZ 1970, 5 (18 ff.)). Das war hier der Kl., dem die Hinterlegung von ausreichenden Sicherheiten für einen Rückforderungsanspruch aus der Anlage von Geldern bei der EOFC bestätigt wurde. Mit dem Hinweis in der „Erklärung“: „In Rechtsbeziehung zum Anleger trete ich damit nicht“, der im Anschluß an die Erklärung folgt, er sei beauftragt, bei Nichterfüllung des Anlagevertrages aus den hinterlegten Sicherheiten die fällige Summe abzudecken, vermochte der Bekl. sich von dieser Amtspflicht nicht zu befreien. Notarielle Amtspflichten stehen nicht zur Disposition des Notars.

4. Ohne Rechtsfehler ist das BerGer. davon ausgegangen, daß der geltend gemachte Schaden (ganz überwiegend) auf die Amtspflichtverletzung des Bekl. zurückzuführen ist. Der Bekl. nimmt das Berufungsurteil insoweit hin. Der Schaden liegt auch im Schutzbereich der von dem Bekl. verletzten Amtspflicht. Die Pflicht zu wahrheitsgemäßer Bekundung im Zusammenhang mit einem Anlagegeschäft, insbesondere der Verwahrung von Sicherheiten für die Rückforderung, hat gerade auch den Zweck, Schäden wegen Verlustes der angelegten Gelder zu verhindern.

5. Der Bekl. hat seine Amtspflicht schuldhaft verletzt. Das BerGer. hat im Zusammenhang mit der Erörterung einer pflichtwidrigen Tätigkeit des Bekl. im Ausland und dem Nichtgebrauch des Notarsiegels ein vorsätzliches Handeln des Bekl. deshalb verneint, weil er nicht als Notar habe tätig werden wollen und dieser Irrtum - unabhängig von dessen Einordnung als Tatsachen- oder Rechtsirrtum - das Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit und damit den Vorsatz ausschließe. Es hat in der Mitwirkung des Bekl. an dem Kapitalanlagegeschäft und insbesondere in der Abgabe der „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ jedoch eine fahrlässige Amtspflichtverletzung gesehen. Das läßt jedenfalls im Ergebnis einen Rechtsfehler zu Lasten des Bekl. nicht erkennen.

Der Bekl. kannte alle tatsächlichen Umstände der Verwahrung und wußte, daß er als Notar an dem Geschäft nicht mitwirken und die „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ nicht abgeben durfte. Dies folgt deutlich aus seinen Schreiben vom 27. 3. und 3. 4. 1993, in denen er zum Ausdruck bringt, daß seine Mitwirkung als Notar nicht möglich sei und im Zusammenhang mit der Werbung für das Anlagevorhaben von einer notariellen Tätigkeit des Bekl. nicht gesprochen werden dürfe. Es ergibt sich ferner daraus, daß er den ihm von der EOFC mit Schreiben vom 29. 3. 1993 übermittelten Mustertext einer „Notariellen Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ durch Streichen des Wortes „Notariellen“ abgeändert hat. Gleichwohl hat der Bekl. zugelassen, daß von der EOFC auf seine Stellung als Notar - wenn auch in Zusammenhang mit seinem Beruf als Rechtsanwalt - hingewiesen wurde, und hat - wie dargelegt - jedenfalls bei Abgabe der „Erklärung“ als Notar gehandelt. Damit, daß er als Notar tätig wurde, hat er zumindest rechnen müssen. Er hat in der „Erklärung“ an drei Stellen von der Berufsbezeichnung Notar Gebrauch gemacht. Er wußte, daß er nach dem Inhalt der „Erklärung“ als neutraler, unparteiischer Mittler zwischen dem Hinterleger (E) und dem Kl., nicht aber als Vertreter einseitiger Interessen eines der Beteiligten tätig wurde. Er kannte daher alle Tatsachen, die verständigerweise die Annahme einer notariellen Amtshandlung begründeten, und mußte deshalb jedenfalls mit der Möglichkeit rechnen, die Abgabe der „Erklärung“ sei als notarielle Tätigkeit zu würdigen.

Der Bekl. hat keine Umstände dargetan, die der Annahme einer wenigstens fahrlässigen Pflichtverletzung entgegenstehen könnten. Er hat lediglich vorgetragen, erst „ganz kurze Zeit zum Notar bestellt“ gewesen zu sein. Allein dieses Vorbringen reicht angesichts der dem Bekl. bekannten objektiven Umstände nicht zu der Annahme aus, er hätte nicht mit der Möglichkeit rechnen müssen, in seiner Funktion als Notar zu handeln. Daß die bloße Nichtverwendung des Dienstsiegels ungeeignet ist, eine Handlung dem notariellen Tätigkeitsbereich zu entziehen, gehört zum Grundwissen jedes Notars. Klar mußte dem Bekl. ebenfalls sein, daß ein Notar ein Handeln in dieser Eigenschaft nicht allein durch die Erklärung gegenüber einem Anlageunternehmen ausschließen kann, nicht als Notar tätig zu werden, wenn er dem Anleger gegenüber gleichwohl als Notar auftritt. Schließlich mußte dem Bekl. bewußt sein, daß die zusätzliche Beifügung der Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ zu der dreimal verwendeten Berufsbezeichnung „Notar“ nicht dazu führen kann, eine materielle Notartätigkeit dem anwaltlichen Geschäftsbereich eines Anwaltsnotars zuzuordnen. Hätte der Bekl. danach in Betracht ziehen müssen, bei Abgabe der „Erklärung“ als Notar zu handeln, so mußte er auch mit der Möglichkeit rechnen, gegen seine Amtspflicht zu wahrheitsgemäßer Bekundung zu verstoßen. Für ihn mußte sich die Überlegung aufdrängen, daß die „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ geeignet war, vom Empfänger dahin verstanden zu werden, die Art der Hinterlegung entspreche den für notarielle Verwahrungsgeschäfte geltenden Vorschriften. Ebenso mußte er erkennen, daß dies nicht zutraf, die „Erklärung“ also unrichtig war.

Daß das mit drei Berufsrichtern besetzte LG angenommen hat, der Bekl. habe nicht als Notar gehandelt und auch im übrigen keine ihm dem Kl. gegenüber obliegenden Pflichten verletzt, vermag den Bekl. entgegen der von der Anschlußrevision vertretenen Meinung nicht zu entlasten. Der Grundsatz, daß ein Verschulden des Notars regelmäßig ausscheidet, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht sein Verhalten als objektiv rechtmäßig gebilligt hat, greift hier nicht ein. Er ist nur eine allgemeine Richtlinie für die Beurteilung des im Einzelfall gegebenen Sachverhalts und deshalb unanwendbar, wenn ein Kollegialgericht in entscheidenden Punkten von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder diesen nicht erschöpfend gewürdigt hat (st. Rspr., vgl. etwa BGH, NJW-RR 1992, 1176 = LM H. 3/1993 § 14 BNotO Nr. 14 = WM 1992, 1497 (1500) m.w.Nachw.). Hier hat das LG die „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ rechtlich nicht zutreffend eingeordnet und die Pflicht des Bekl. zu wahrheitsgemäßer Bekundung nicht in seine Erwägungen einbezogen.

6. Der Bekl. kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es bestehe eine anderweitige Ersatzmöglichkeit i.S. von § 19 I 2 BNotO. Auch wenn ihm kein Vorsatz zur Last zu legen sein mag, entfällt eine subsidiäre Haftung, weil der Kl. unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles als Auftraggeber i.S. von § 19 I 2 Halbs. 2 BNotO anzusehen ist.

a) Diese Bestimmung geht zurück auf die Regelung des § 21 I 2 der Reichsnotarordnung vom 13. 2. 1937 (RGBl I, 191); danach blieb die Vorschrift des § 839 I 2 BGB außer Anwendung bei Amtsgeschäften der in den §§ 25 , 26 RNotO (jetzt §§ 23 , 24 BNotO) bezeichneten Art im Verhältnis zwischen dem Notar und dem Auftraggeber. Anlaß für diese Ausnahme von der grundsätzlich nur subsidiären Amtshaftung des Notars war der Umstand, daß vor Inkrafttreten der Reichsnotarordnung die in §§ 25 , 26 RNotO erfaßten Geschäfte von der Rechtsprechung regelmäßig als vertragliche Tätigkeit des Notars eingeordnet wurden, so daß den Notar für Pflichtverletzungen in diesem Tätigkeitsbereich stets eine unmittelbare vertragliche Haftung traf (vgl. Grunau, DNotZ 1937, 529 (539); Seybold/Hornig, RNotO, 1. Aufl. (1937), § 21 Anm. IX, 1; s. ferner Oberneck, Das NotariatsR, 8.-10. Aufl. (1929), S. 143 ff.). Die Abgrenzung zwischen amtlicher und nichtamtlicher (vertraglicher) Tätigkeit des Notars (vgl. Grunau, DNotZ 1937, 455 (468 ff.)) wurde mit dem Inkrafttreten der Reichsnotarordnung entbehrlich, weil diese auch die Haftung des Notars für die in §§ 25 , 26 RNotO aufgeführten Geschäfte den Grundsätzen der Amtshaftung unterstellte und somit eine einheitliche Haftungsgrundlage schuf (Grunau, DNotZ 1937, 455 (470 ff.); Jonas, DNotZ 1937, 175 (184)). Offenbar um den Geschädigten bei diesen Geschäften im Vergleich mit dem bisherigen Rechtszustand nicht ungebührlich zu benachteiligen, wurde die Ausnahmebestimmung des § 21 I 2 RNotO von der grundsätzlich nur noch subsidiären Haftung des Notars geschaffen; der Notar erschien insoweit nicht schutzbedürftig, weil er die Übernahme selbständiger Betreuungsgeschäfte ablehnen kann (vgl. Haug, Die Amtshaftung des Notars, Rdnr. 201; Bräu, Die Verwahrungstätigkeit des Notars, 1991, Rdnr. 73; Hirte, Berufshaftung, 1996, S. 87).

b) Auftraggeber i.S. von § 21 I 2 RNotO und § 19 I 2 Halbs. 2 BNotO ist in erster Linie derjenige, der den Notar um eine Tätigkeit ersucht, hier mithin die EOFC. Darüber hinaus ist Auftraggeber jedenfalls auch derjenige, dem gegenüber der Notar selbständig und ausdrücklich Amtspflichten übernimmt (vgl. Haug, Die Amtshaftung des Notars, Rdnr. 204; ders., in: Seybold/Schippel,§ 19 Rdnr. 94; Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 3. Aufl., § 19 Rdnr. 195; zum Auftraggeber bei Hinterlegungen vgl. auch Seybold/Hornig, RNotO, 1. Aufl. (1937), § 21 Anm. IX, 1; ähnlich Louis, VersR 1979, 988 (989); Zimmermann, DNotZ 1980, 451 (455)). Das trifft auf den Kl. zu.

Der Bekl. hat den Kl. nicht nur davon in Kenntnis gesetzt, daß zur Absicherung des beabsichtigten Anlagegeschäfts ausreichende Sicherheiten hinterlegt seien. Er ist vielmehr an den Kl. herangetreten, um durch seine Erklärung, es seien Sicherheiten hinterlegt worden, über die er bei Scheitern des Anlagegeschäfts zu seinen Gunsten verfügen könne, eine wesentliche Voraussetzung für den Geschäftsabschluß zu schaffen. Die vom Bekl. abgegebene „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ kann bei dieser Sachlage nicht nur als unselbständige Verpflichtung im Rahmen der gegenüber der EOFC übernommenen Tätigkeit gewertet werden. Der Bekl. hat sich in seiner Stellung als Notar mit der Übersendung der „Erklärung“ gezielt an einen Interessentenkreis gewendet, von dem er wußte, daß die „Erklärung“ für diesen die einzig verläßlich erscheinende Grundlage bedeutsamer vermögensrechtlicher Entscheidungen sein würde. Wäre der Bekl. insoweit nicht als Notar, sondern als Privatperson - etwa als Rechtsanwalt - tätig geworden, läge es nach den Feststellungen des BerGer. nahe, daß er für die Richtigkeit dieser „Erklärung“ nach Vertragsgrundsätzen unmittelbar einzustehen hätte, sei es aufgrund eines Vertrages zugunsten Dritter (vgl. BGH, NJW-RR 1986, 1158 = WM 1986, 904 (905)), nach den Grundsätzen der Auskunftshaftung (vgl. dazu BGH, NJW 1979, 1595 (1596) = LM § 676 BGB Nr. 19) oder des Verschuldens bei Vertragsschluß. Für die Notarhaftung darf unter Berücksichtigung des berechtigten Verständnisses des Empfängers der „Erklärung“ nichts anderes gelten. Der Bekl. ist unter Verwendung der Berufsbezeichnung „Notar“ mit seiner „Erklärung“ an namentlich benannte Anleger herangetreten, um ihnen zu versichern, daß das Anlagegeschäft wegen ausreichend hinterlegter Sicherheiten risikolos sei. Auf diese Weise hat er ihrem besonderen Sicherungsbedürfnis Rechnung tragen wollen und dabei seine Vertrauensstellung als Notar maßgeblich eingebracht. Damit hat der Bekl. nicht anders, als wenn die potentiellen Anleger von sich aus an ihn herangetreten wären und um eine entsprechende Bestätigung nachgesucht hätten, diesen gegenüber gezielt selbständige Amtspflichten übernommen; die Anleger sind daher als Auftraggeber i.S. von § 19 I 2 Halbs. 2 BNotO anzusehen.

7. Der Schadensersatzanspruch des Kl. ist nicht aus dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens (§ 254 I BGB) zu mindern. Diese vom BerGer. offen gelassene Frage kann der Senat selbst entscheiden, weil insoweit weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 1191 = LM H. 8/1993 § 254 (Da ) BGB Nr. 63 = WM 1993, 652 (654)). Da der Bekl. in der „Erklärung zu den hinterlegten Sicherheiten“ „als Treuhänder, Rechtsanwalt und Notar“ bestätigte, daß „ausreichende Sicherheiten hinterlegt“ worden seien, daß diese bei nicht fristgerechter Rückzahlung „unwiderruflich zur Deckung des Anlagekapitals zuzüglich 10 % zur Verfügung“ stünden und daß er beauftragt sei, bei Nichterfüllung des Anlagevertrages „unverzüglich aus den hinterlegten Sicherheiten die fällige Summe abzudecken“, durfte der Kl. davon ausgehen, daß seine Forderung aus dem Anlagevertrag mit der EOFC genügend gesichert war. Auch wenn der Kl. wußte, daß die Sicherheiten in Bargeld bestanden, das bei einer belgischen Bank deponiert war, brauchte sich ihm aufgrund der „Erklärung“ mangels irgendeines Vorbehalts nicht die Annahme aufzudrängen, die Sicherheiten könnten entgegen der von dem Bekl. abgegebenen „Bestätigung“ zur Sicherung seiner Forderung doch nicht „ausreichen“. Derartige Zweifel sollten durch die „Erklärung“ gerade ausgeräumt werden.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann in der Regel derjenige, der seine Vertragspflicht zur Erteilung richtiger Auskunft verletzt hat, gegenüber dem Ersatzanspruch des Geschädigten nach Treu und Glauben nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil er der Auskunft vertraut und dadurch einen Mangel an Sorgfalt gezeigt habe (BGH, WM 1965, 287 (288); NJW 1971, 187 L = LM § 276 (Hb) BGB Nr. 15 = WM 1971, 74 (77)). Auch auf die Erklärungen und Belehrungen eines Beamten darf der Bürger im allgemeinen vertrauen, ohne daß ihm bei einer Unrichtigkeit der Erklärung - sofern die Annahme einer Unrichtigkeit nicht dringlich nahelag - der Vorwurf eines Mitverschuldens gemacht werden kann (vgl. BGH,NJW 1978, 1522 (1524); NJW 1980, 2573 (2575) = LM § 839 (Fe) BGB Nr. 59). Diese Rechtsprechung ist auf den Fall der Abgabe einer unrichtigen Erklärung durch einen Notar zu übertragen. Deshalb braucht sich der Kl. ein Mitverschulden nicht anrechnen zu lassen.

8. Zur Schadenshöhe ist den Feststellungen des BerGer. zu entnehmen, daß aus dem angelegten Betrag eine Vorabverzinsung von 10200 DM sofort wieder an den Kl. ausbezahlt wurde. Dann beläuft sich sein Schaden auf (255000 DM - 10200 DM =) 244800 DM. Zinsen von diesem Betrag stehen dem Kl. gem. § 284 I 2, § 288 I 1 BGB in Höhe von 4 % seit dem 25. 8. 1993 zu. Für einen höheren Zinssatz oder einen früheren Zinsbeginn fehlt es an hinreichendem Vortrag. Auf den mit der EOFC geschlossenen Vertrag kann der Kl. sein Begehren nicht stützen, weil er lediglich das negative Interesse ersetzt verlangen kann.

Rechtsgebiete

Anwalts-, Notar-, Steuerberater- und anderes Berufsrecht; Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht

Normen

BNotO §§ 19, 24