Nichtigkeit eines vermittelten Kreditvertrags - Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

17. 03. 1998


Aktenzeichen

XI ZR 59/97


Leitsatz des Gerichts

Verstößt ein Kreditvermittler gegen Art. 1 § 1 RBerG, so führt das grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit des von ihm vermittelten Kreditvertrags. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die kreditgebende Bank in einer Weise mit dem Kreditvermittler zusammenarbeitet, daß ihre Tätigkeit als Beteiligung an der unerlaubten Rechtsbesorgung gewertet werden muß.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. begehrt, die Zwangsvollstreckung aus zwei notariellen Hypothekenbestellungsurkunden vom 8. 3. 1972 (über 150 000 DM nebst Zinsen und Nebenleistung) und vom 11. 9. 1980 (über 250 000 DM nebst Zinsen und Nebenleistung) für unzulässig zu erklären. Dem liegt, soweit die Urkunde von 1980 betroffen ist, folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kl. war Eigentümer eines Hofes in F. Er hatte bereits im Jahre 1972 durch Vermittlung des W, Gesellschaft für die Vermittlung von Grundstücken, Hypotheken und Versicherungen mbH + Co. KG (im folgenden: W) bei dem B-Kreditinstitut (im folgenden: B), dem Rechtsvorgänger der Bekl., einen Hypothekarkredit von 150 000 DM aufgenommen und nachfolgend bei verschiedenen anderen Kreditinstituten weitere Kredite erhalten. Im Sommer 1980 geriet der Kl. mit der Erfüllung seiner Zahlungsverpflichtungen in Schwierigkeiten. Er wandte sich deshalb erneut an den W und ließ sich von ihm einen Kredit der G-Bank über 100 000 DM sowie einen weiteren Kredit des B über 250 000 DM vermitteln. Der letztgenannte Kredit wurde überwiegend zur Ablösung anderer Verbindlichkeiten des Kl. verwandt. Zu seiner Absicherung bestellte der Kl. dem B mit der notariellen Urkunde vom 11. 9. 1980 eine Gesamthypothek von 250 000 DM. Dieser Kredit wurde nach Ablauf der Zinsbindung im Jahre 1991 nach Verhandlungen, in die der Kl. einen Rechtsanwalt eingeschaltet hatte, zu geänderten Konditionen verlängert. Der Kl. hält den Darlehensvertrag aus dem Jahre 1980 insbesondere nach § 134 BGB i. V. mit Art. 1 § 1 RBerG für nichtig. Er behauptet, W habe für ihn eine Kreditumschuldungsvermittlung sowie eine umfassende Schuldenregulierung durchgeführt, und ist der Ansicht, darin liege ein Verstoß gegen Art. 1 § 1 RBerG, an dem sich auch das B beteiligt habe.

Das LG hat der Klage stattgegeben und die Zwangsvollstreckung sowohl aus der Urkunde von 1972 als auch aus der vom 11. 9. 1980 für unzulässig erklärt. Das BerGer. hat die Klage hinsichtlich der Urkunde von 1972 abgewiesen, hinsichtlich der Urkunde vom 11. 9. 1980 dagegen das landgerichtliche Urteil aufrechterhalten. Gegen das Berufungsurteil haben beide Parteien Revision eingelegt, und zwar der Kl. mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Urkunde von 1972 und die Bekl. mit dem Begehren, die Klage auch hinsichtlich der Urkunde vom 11. 9. 1980 abzuweisen. Der Senat hat die Revision des Kl. nicht angenommen. Die Revision der Bekl. hatte Erfolg und führte zur Klageabweisung auch hinsichtlich der Urkunde vom 11. 9. 1980.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Das BerGer. hat die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde vom 11. 9. 1980 wegen Nichtbestehens der Darlehensforderung für unzulässig gehalten. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:

Der W habe sich im Jahre 1980 nicht auf eine Kreditvermittlung beschränkt, sondern in umfassender Weise die Umschuldung und finanzielle Sanierung des Kl. betrieben. Darin liege eine unzulässige Rechtsbesorgung i. S. von Art. 1 § 1 RBerG. Dieser Gesetzesverstoß führe nach § 134 BGB zur Nichtigkeit nicht nur des Kreditvermittlungsvertrags zwischen dem Kl. und dem W, sondern auch des vom W vermittelten Darlehensvertrags zwischen dem Kl. und dem B. Das ergebe sich aus dem engen Zusammenhang beider Verträge, der den Darlehensvertrag als wirtschaftliches Teilstück der unerlaubten Umschuldungsförderung erscheinen lasse. Dieser Zusammenhang sei zwar vom W hergestellt worden. Wegen der ständigen Zusammenarbeit zwischen B und W auf der Grundlage einer Provisionsvereinbarung sei es jedoch gerechtfertigt, die Nichtigkeitsfolge des Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG auch auf den Darlehensvertrag zu erstrecken. Die Nichtigkeit des Darlehensvertrags von 1980 sei durch den Verlängerungsvertrag vom August 1991 nicht geheilt worden. Der Verlängerungsvertrag könne nämlich nach seinem Inhalt und den Umständen seines Zustandekommens nicht als Bestätigung i. S. des § 141 I BGB angesehen werden. Da der Kl. inzwischen Leistungen erbracht habe, die die ausgezahlte Darlehensvaluta überstiegen, stünden der Bekl. auch keine Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung zu, die eine Vollstreckung aus der Urkunde vom 11. 9. 1980 rechtfertigen könnten.

II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Ein Verstoß des B gegen Art. 1 § 1 RBerG liegt nicht vor. Der Darlehensvertrag aus dem Jahre 1980 war daher von Anfang an wirksam. Auf die Frage, ob er nicht zumindest durch den Verlängerungsvertrag vom August 1991 geheilt worden wäre, kommt es daher nicht an. Der Senat kann die Frage offen lassen, ob die Tätigkeit des W gegen Art. 1 § 1 RBerG verstieß. Auch wenn man davon ausginge, ergäbe sich daraus nicht die Nichtigkeit des hier interessierenden Darlehensvertrags.

1. Art. 1 § 1 RBerG enthält allerdings ein gesetzliches Verbot i. S. des § 134 BGB mit der Folge, daß Geschäftsbesorgungsverträge, die eine unzulässige Rechtsbesorgung zum Gegenstand haben, nichtig sind (BGHZ 37, 258 [261 ff.] = NJW 1962, 2010 = LM § 1 RechtsberatG Nr. 10). Verträge zwischen dem Auftraggeber und Dritten, die von dem unzulässig tätigen Rechtsbesorger vermittelt werden, bleiben davon jedoch in der Regel unberührt; sie sind grundsätzlich rechtswirksam. Ein enger Zusammenhang zwischen der unerlaubten Rechtsbesorgung und den durch sie zustande gebrachten Verträgen mit Dritten liegt in der Natur der Sache und vermag entgegen der Ansicht des BerGer. eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen.

2. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn Dritte, deren Verträge mit dem Auftraggeber von dem Rechtsbesorger vermittelt werden, in einer Weise mit diesem zusammenarbeiten, daß ihre Tätigkeit als Beteiligung an der unerlaubten Rechtsbesorgung angesehen werden muß. Der BGH hat daher in sogenannten Unfallhilfefällen Darlehensverträge von Banken mit Unfallopfern für nichtig erklärt, bei denen die Darlehen gegen Abtretung aller Ersatzansprüche aus den Unfällen zur Finanzierung unfallbedingter Aufwendungen gewährt wurden und die Banken in organisiertem Zusammenwirken mit anderen Beteiligten (Mietwagenunternehmen, Rechtsanwälte) ein Verfahren betrieben, das auf die vollständige Entlastung der Geschädigten von der gesamten Schadensabwicklung hinauslief (BGH, NJW 1977, 38 = LM § 607 BGB Nr. 20 = WM 1976, 100; BGH, WM 1978, 1062). Im vorliegenden Fall kann dagegen von einer Beteiligung des B an einem etwaigen Verstoß des W gegen Art. 1 § 1 RBerG keine Rede sein. Das BerGer. hat festgestellt, daß der von ihm gesehene enge Zusammenhang zwischen dem Kreditvermittlungsvertrag des W und dem Darlehensvertrag des B nicht vom B, sondern vom W hergestellt worden ist. Demgegenüber vermag auch die vom BerGer. festgestellte ständige Zusammenarbeit zwischen W und B auf der Grundlage einer Provisionsvereinbarung für Kreditvermittlungen den Vorwurf der Beteiligung des B an einer etwaigen unerlaubten Rechtsbesorgung des W nicht zu begründen. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Beteiligung zu bejahen wäre, wenn die genannte Zusammenarbeit speziell auf Kreditvermittlungen im Rahmen gegen Art. 1 § 1 RBerG verstoßender Umschuldungsaktionen gerichtet gewesen wäre. Dafür, daß dies der Fall gewesen sein könnte, hat das BerGer. nichts festgestellt und ist auch sonst nichts ersichtlich.

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht

Normen

RBerG Art. 1 § 1; BGB §§ 134, 607