Verfassungskonformität der Grunderwerbsteuer

Gericht

BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats)


Art der Entscheidung

Beschluss über Vorlage


Datum

08. 01. 1999


Aktenzeichen

1 BvL 14/98


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Vorlage betraf die Frage, ob es mit Art. 14 I i.V. mit Art. 2 I u. 3 I GG vereinbar ist, daß der Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten durchschnittlichen Eigenheims bis zum Betrag von 600000 DM der Grunderwerbsteuer unterliegt. Nach § 1 I Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Der Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten Eigenheims ist nicht von der Besteuerung ausgenommen.

Die Kl. des Ausgangsverfahrens erwarben mit notariell beurkundetem Vertrag vom 21. 2. 1997 ein mit einem im Jahre 1986 errichteten Einfamilienhaus bebautes Grundstück je zur Hälfte. Der Kaufpreis für das von den Kl. seit 1997 bewohnte Hausgrundstück betrug 465000 DM, der Fremdfinanzierungsanteil belief sich auf 86%. Die Kl. erhalten eine Eigenheimzulage in Höhe von 2500 DM pro Jahr. Das Finanzamt setzte gegenüber jedem der Kl. mit Bescheiden vom 8. 4. 1997 8137 DM, zusammen mithin 16274 DM Grunderwerbsteuer (3,5% von 465000 DM) fest. Mit ihrer nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machten die Kl. verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Grunderwerbsbesteuerung des selbstgenutzten Eigenheims geltend.

Das FG Niedersachsen hat das Verfahren gem. Art. 100 I GG ausgesetzt und die Sache dem BVerfG vorgelegt. Es erachtet § 3 GrEStG insoweit für verfassungswidrig, als diese Vorschrift für den Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten durchschnittlichen Eigenheims (Wert bis etwa 600000 DM) keine Befreiung von der Grunderwerbsteuer enthält.

Die Vorlage wurde für unzulässig erklärt.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

B.... I. Das Verfahren der Normenkontrolle nach Art. 100 I GG ist zulässig und geboten, wenn es für die im Ausgangsverfahren zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm ankommt und das vorlegende Gericht von deren Verfassungswidrigkeit überzeugt ist (BVerfGE 86, 52 [56] = NJW 1992, 2411). Dem Begründungserfordernis des § 80 II 1 BVerfGG wird nur genügt, wenn die Ausführungen im Vorlagebeschluß mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, daß das Gericht bei Gültigkeit der Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie es dieses Ergebnis begründen würde (BVerfGE 86, 52 [56] = NJW 1992, 2411). Im Vorlagebeschluß muß nicht nur der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab genannt, sondern auch die Überzeugung des vorlegenden Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm näher begründet werden (BVerfGE 86, 52 [57] = NJW 1992, 2411). Auch insoweit bedarf es der Auseinandersetzung mit naheliegenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten (BVerfGE 94, 315 [325] = NJW 1996, 2717) sowie eingehender, Rechtsprechung und Schrifttum einbeziehender Darlegungen (vgl. BVerfGE 88, 198 [201]; 89, 329 [337] = NJW 1994, 509). Es kann insbesondere auch erforderlich sein, im Rahmen der Begründung eines Vorlagebeschlusses auf die Gründe einzugehen, die im Gesetzgebungsverfahren für eine bestimmte gesetzliche Regelung maßgeblich waren (BVerfGE 92, 277 [312] = NJW 1995, 1811; BVerfGE 88, 70 [74] = DtZ 1993, 209). Wird im Vorlagebeschluß in bezug auf die zur Überprüfung gestellte Norm ein verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, der zur Rechtsprechung des BVerfG in offenkundigem Widerspruch steht, hat das vorlegende Gericht seinen hiervon abweichenden Maßstab in Auseinandersetzung mit der vorliegenden Rechtsprechung des BVerfG näher zu begründen (vgl. BVerfGE 80, 182 [185, 186] = NVwZ 1989, 951 = NJW 1989, 3095 L); andernfalls läßt sich dem Vorlagebeschluß ein Prüfungsmaßstab i.S. von § 80 II 1 BVerfGG nicht entnehmen (BVerfGE 80, 182 [186] = NVwZ 1989, 951 = NJW 1989, 3095 L).

Hierbei handelt es sich nicht nur um formale Anforderungen an Vorlagebeschlüsse, die ohne weiteres verzichtbar wären. Eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen für eine Vorlage ist vielmehr schon deshalb geboten, weil das Gericht mit der Aussetzung des Verfahrens den Beteiligten zunächst eine Entscheidung in der Sache verweigert und die Erledigung des Rechtsstreits verzögert (vgl. BVerfGE 78, 165 [178] = NJW 1988, 2293). Darüber hinaus verlangt der Grundgedanke des Art. 100 I GG, der die Autorität des parlamentarischen Gesetzgebers im Verhältnis zur Rechtsprechung sichern soll, daß das Gericht sich seine Überzeugung von der Ver-fassungswidrigkeit der Norm in Auseinandersetzung mit den hierfür maßgeblichen Gesichtspunkten bildet (vgl. BVerfGE 86, 71 [77]). Schließlich dient das Begründungserfordernis auch der Entlastung des BVerfG (vgl. BVerfGE 83, 111 [116] = NJW 1991, 1877; so wörtlich der Beschl. der 2. Kammer des Ersten Senats v. 20. 12. 1996, NJW 1997, 791 [792]).

II. Der Vorlagebeschluß genügt nicht den vorstehend aufgeführten Anforderungen an die Darlegung.

Die Vorlage hält die Grunderwerbsteuer insoweit für verfassungswidrig, als sie an den „Grunderwerb„ schlechthin anknüpft und damit diesen ohne Einschränkung zum Steuergegenstand macht. Bei der Erörterung der Verfassungsgemäßheit der zur Prüfung gestellten Vorschrift hätte das vorlegende Gericht demgemäß seine verfassungsrechtlichen Bedenken vor dem rechtlichen Hintergrund konkretisieren müssen,

• daß der Gesetzgeber nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG bei der Wahl des Steuergegenstandes, also der Steuerquelle, einen weiten Gestaltungsspielraum hat,

• daß es kein einheitliches Steuersystem (Steuerfindungsrecht[!]) gibt, sondern bereits die Verfassung eine Vielzahl von Steuern aufführt,

• es mithin auch keinen Verfassungsrechtssatz des Inhalts gibt, daß alle Steuern aufeinander abgestimmt werden müssen, also etwa keine Lücken entstehen dürfen bzw. mehrfache Belastung vermieden werden müsse,

• daß es keinen Verfassungsrechtssatz des Inhalts gibt, daß alle Steuern (nur) unter Berücksichtigung existenzsichernder Freibeträge erhoben werden dürfen,

• es insbesondere keinen Verfassungsrechtssatz des Inhalts gibt, wonach persönliches Gebrauchsvermögen (ungeachtet der Steuerart) von jeglicher Steuer freizustellen ist.

1. Soweit die Vorlage danach am Maßstab des Art. 14 I GG i.V. mit Art. 2 I GG das Gebot einer Belastungsuntergrenze der Grundserwerbsteuer darzulegen sucht, bedurfte es eingehender Darlegungen des Gerichts insbesondere unter Berücksichtigung der spezifischen Steuerart, die im zur Entscheidung stehenden Fall zur Anwendung kommt, und der in Rechtsprechung und Literatur herrschenden Meinung.

An der gebotenen Darlegung fehlt es hier. Das vorlegende Gericht hätte aus Art. 14 I GG den Prüfungsmaßstab entwickeln und insbesondere darlegen müssen, woraus es das von ihm für die verfassungsrechtliche Prüfung zugrunde gelegte Prinzip der eigentumsschonenden Besteuerung und der steuerlichen Verschonung des privaten Gebrauchsvermögens herleitet. Die von ihm formulierten Thesen lassen eine nachvollziehbare, auf Art. 14 I GG rückführbare Ableitung vermissen. Zum ebenfalls als Prüfungsmaßstab herangezogenen Art. 2 I GG verliert es kein Wort. Damit verfehlt das vorlegende Gericht den Prüfungsmaßstab, den es seiner Prüfung voranzustellen hat.

Zur Darlegung seiner Auffassung, die Grunderwerbsteuer verletze den Erwerber in seinen Grundrechten aus Art. 14 I i.V. mit Art. 2 I GG, kann sich das vorlegende Gericht auch nicht auf die Beschlüsse des Zweiten Senats des BVerfG vom 22. 6. 1995 (BVerfGE 93, 121 = NJW 1995, 2615; BVerfGE 93, 165 = NJW 1995, 2624) berufen. Das BVerfG hat aus dem Prinzip der eigentumsschonenden und freiheitsschonenden Besteuerung nicht den Grundsatz der umfassenden Freistellung des persönlichen Gebrauchsvemögens von direkten Steuern abgeleitet. Im Gegenteil: Diese Auffassung steht zu den vorgenannten Entscheidungen des BVerfG in offenkundigem Widerspruch. Der Zweite Senat des BVerfG hat in seiner Entscheidung zur Vermögensteuer insoweit ausgeführt:

„Unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorbelastung des Vermögens darf der Steuergesetzgeber daher im bestimmten Grenzen das vom Steuerpflichtigen zur Grundlage seiner individuellen Lebensgestaltung bestimmte Vermögen nicht durch weitere Besteuerung mindern. Er muß deshalb jedenfalls die wirtschaftliche Grundlage persönlicher Lebensführung gegen eine Sollertragsteuer abschirmen„ (BVerfGE 93, 121 [141] = NJW 1995, 2615).

Aus der Besonderheit der Vermögensteuer als einer Sollertragsteuer rechtfertigt sich die Forderung des BVerfG zur steuerlichen Freistellung „privaten Gebrauchsvermögens„, für das eben typischerweise keine Erträge erzielt werden und deshalb auch keine erzielbaren (Soll-)Erträge steuerlich in Ansatz gebracht werden können. Anders als die Vermögensteuer (die als wiederkehrende Steuer auf das ruhende Vermögen ausgestaltet war; BVerfGE 93, 121 [137] = NJW 1995, 2615) handelt es sich bei der Grunderwerbsteuer, die bereits in Art. 105 II Nr. 1 GG in der (Ur-)Fassung vom 23. 5. 1949 (BGBl I 1949, 1, 14) als Element der Finanzverfassung ausdrücklich aufgeführt wird, um eine (Rechts-)Verkehrsteuer i.S. des Art. 106 II Nr. 4 GG i.d.F. des Finanzreformgesetzes vom 12. 5. 1969 (BGBl I, 359, 360). Zum Wesen der Verkehrsteuern gehört, daß sie an Akte oder Vorgänge des Rechtsverkehrs, an einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Akt, an die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder an einen wirtschaftlichen Vorgang oder einen Verkehrsvorgang anknüpfen (vgl. BVerfGE 16, 64 [73] = NJW 1963, 1867). Besteuerungsgegenstand der Grunderwerbsteuer ist der Erwerb eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts, der auf einem tatbestandlichen Erwerbsvorgang beruht; steuerbar ist mithin der Erfolg, der aufgrund eines auf den Eigentumserwerb gerichteten Rechtsvorgangs eintritt (vgl. Beschl. der 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG v. 27. 12. 1991, BStBl II 1992, 212 [213]).

Die Folgerung des Gerichts, die vom BVerfG für die Vermögensteuer geforderte Freistellung des zur individuellen Lebensgestaltung erforderlichen Vermögens müsse für alle direkten Steuern gelten, ist angesichts der strukturellen Unterschiede zwischen den Steuern (Vermögensteuer einerseits, Grunderwerbsteuer andererseits) in hohem Maße darlegungsbedürftig. Es fehlt jedoch an jeglicher Darlegung insoweit.

Soweit die Darlegungen des Gerichts auf seiner Auffassung zu gründen scheinen, daß Steuern nur auf das Einkommen und in Form einer Einkommensverwendungsteuer erhoben werden dürfen, stehen die einschlägigen Vorschriften des Grundgesetzes (Art. 105 ff. GG) sowie die Rechtsprechung des BVerfG dem entgegen. Wollte das vorlegende Gericht demgegenüber ein Einheitssteuersystem als von Art. 14 I GG geboten ansehen, so hätte se dazu eingehender Ausführungen bedurft. Insbesondere hätte es sich mit der Rechtsprechung des BVerfG zu den Verkehr- und Verbrauchsteuern auseinandersetzen und dartun müssen, daß - auf der Grundlage der von ihm zu Art. 14 I GG vertretenen Rechtsauffassung - die Rechtsprechung des BVerfG verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Daran fehlt es hier.

Der Verweis des Gerichts darauf, bereits das BVerfGE formuliere den verfassungsrechtlichen Anspruch eines jeden Steuerpflichtigen auf steuerliche Freistellung des der persönlichen Lebensgestaltung dienenden Vermögens (BVerfGE 93, 121 [141] = NJW 1995, 2615 unter 5b), genügt den Darlegungserfordernissen nicht. Die in Bezug genommenen Ausführungen des BVerfG stützen die Auffassung des vorlegenden Gerichts in keiner Weise. Dafür, daß nach Auffassung des BVerfG von einem an das Einkommen der Steuerpflichtigen anknüpfenden Einheitssteuersystems auszugehen wäre, geben die in Bezug genommenen Ausführungen nichts her. Aber auch soweit das Gericht aus den Ausführungen zur Vermögensteuer auf die Verallgemeinerungsfähigkeit des verfassungsrechtlichen Postulats auf Freistellung des privaten Gebrauchsvermögens schließen sollte, kann es sich hierauf nicht berufen. Denn dieser Satz steht nicht nur im Kontext der Steuerbelastung durch die Vermögensteuer, sondern überdies in engstem Zusammenhang mit dem darauffolgenden Satz, woraus sich sein Sinn für die Entscheidung erst voll erschließt. Wenn es dort heißt, jeder Ehegatte habe (deshalb) einen eigenen Anspruch, aus der Ehe dürften den Ehegatten keine steuerlichen Nachteile erwachsen, so erhellt, daß diese Ausführungen des Zweiten Senats nichts für die Auffassung hergeben, nach der Rechtsprechung des BVerfG sei das der persönlichen Lebensgestaltung dienende Vermögen von direkten Steuern freizustellen.

Nichts anderes gilt, soweit sich der Vorlagebeschluß auf die Erbschaftsteuerentscheidung des Zweiten Senats (vgl. BVerfGE 93, 165 [174] = NJW 1995, 2624) beruft. Hier fehlt es schon an einer konsistenten Gedankenführung des Gerichts, weshalb die für Familienangehörige geltende Ermäßigung der Erbschaftsteuer eine Ausprägung des nach seiner Auffassung aus dem Grundrecht auf Eigentum folgenden Rechtssatzes sein könne, daß privates Gebrauchsvermögen nicht zu besteuern sei.

Soweit das vorlegende Gericht auf die zum 1. 1. 1997 in Kraft getretene Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes von 2 auf 3,5% abhebt und darin eine Vertiefung der Verletzung der von ihm aus Art. 14 I , 2 I GG abgeleiteten Besteuerungsschutzzone für persönliches Gebrauchsvermögen sieht, gilt das vorstehend Ausgeführte entsprechend.

Der Vorlagebeschluß kann sich somit - soweit Art. 14 I i.V. mit Art. 2 I GG als Prüfungsmaßstab herangezogen wird - offenkundig auch nicht auf die Beschlüsse des Zweiten Senats des BVerfG zur Vermögensteuer und zur Erbschaftsteuer stützen. Mit dem von ihm formulierten, der Rechtsprechung des BVerfGE zugeschriebenen Grundsatz der steuerlichen Freistellung des privaten Gebrauchsvermögens, den es - grundrechtsgleich - seiner Verfassungsrechtsprüfung voranstellt, setzt das Gericht voraus, was erst noch aus dem Maßstab des Art. 14 I GG zu entwickeln gewesen wäre. Eine eigenständige, den Erfordernissen des § 80 II 1 BVerfGG genügende Begründung enthält der Vorlagebeschluß indessen nicht.

2. Die Darlegungen des vorlegenden Gerichts, das Grunderwerbsteuergesetz verstoße gegen Art. 3 I GG, weil der Erwerb mobilen persönlichen Gebrauchsvermögens nicht besteuert werde, genügen gleichfalls nicht den Anforderungen, die im Hinblick auf § 80 II 1 BVerfGG an die Begründung einer Vorlage zu stellen sind.

Gegenstand der Vorlagefrage ist die Verfassungsmäßigkeit der Anknüpfung des Steuergesetzgebers an den Grunderwerb als solchen. Damit steht in Frage, ob der Gesetzgeber sich diese Steuerquelle - auch in dem Umfang wie geschehen - erschließen durfte. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG (zuletzt: Beschl. der 3. Kammer des Ersten Senats v. 17. 11. 1998, DStR 1999, 109) kommt dem Gesetzgeber bei der Wahl des Steuergegenstandes ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Entscheidung, an den Grunderwerb steuerliche Folgen zu knüpfen, hat der Gesetzgeber schon in vorkonstitutioneller Zeit getroffen, sie ist vom Grundgesetz rezipiert worden. Der Beschluß enthält keine hinreichende Ausführungen dazu, weshalb der Gesetzgeber bei der Wahl des Steuergegenstandes, also bei der Anknüpfung an den Grunderwerb, diesen ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum verkannt und die ihm gezogenen Grenzen - in sachwürdiger Weise - überschritten hätte.

Soweit das vorlegende Gericht für seine Rechtsausführungen zur Verletzung des Art. 3 I GG unter ausdrücklicher Ablehnung eines Auswahlermessens des Gesetzgebers bei Bestimmung des Steuergegenstandes anders als die h.M. in Literatur und Rechtsprechung von einem Einheitssteuersystem ausgeht und als Anknüpfungspunkt für die Besteuerung nur noch das Einkommen bzw. das im Vermögen „gespeicherte„ Einkommen als einzige wirkliche Steuerquelle ansieht, fehlt es an jeglicher Darlegung, weshalb dies von Verfassungs wegen geboten ist. Zur Begründung dieser singulären Rechtsauffassung eines Gerichts hätte es einer eingehenden Auseinandersetzung mit der in der Literatur vertretenen herrschenden Auffassung und der Rechtsprechung des BVerfG bedurft. Der Hinweis, alle Steuern könnten nur aus dem (gespeicherten) Einkommen entrichtet werden (was zutrifft) und die vom Gericht daraus gezogene Folgerung, die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bedeute deshalb die Besteuerung entsprechend der Höhe des Einkommens, genügt in diesem Zusammenhang den Darlegungsanforderungen ersichtlich nicht. Die Auffassung steht in offenkundigem Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BVerfG. Dieses geht auf der Grundlage einer heterogenen, durch Steuervielfalt gekennzeichneten Finanzverfassung (Art. 105 f. GG) seit jeher davon aus, daß der Gleichheitssatz dem Steuergesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen eine weitreichende Gestaltungsbefugnis beläßt (vgl. BVerfGE 93, 121 [136] = NJW 1995, 2615; Beschl. des Zweiten Senats des BVerfG v. 30. 9. 1998, NJW 1998, 3769), die ihn insbesondere berechtigt, sich bei seinen Regelungen auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen oder sozialpolitischen Erwägungen leiten zu lassen. Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit steht der Besteuerung von Umsatz, Verkehrs- und Verbrauchsvorgängen, die die private Vermögensverwendung belasten, mithin nicht entgegen (BVerfGE 93, 121 [134] = NJW 1995, 2615). Seinen hiervon abweichenden Maßstab hätte das vorlegende Gericht deshalb in vertiefter Auseinandersetzung mit der vorliegenden verfassungsrechtlichen Rechtsprechung näher begründen müssen (vgl. dazu BVerfGE 80, 182 [186] = NVwZ 1989, 951 = NJW 1989, 3095 L).

Vorinstanzen

FG Niedersachsen

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

GG Art. 2 I, 3 I, 14 I, 100 I, 105 ff.; GrEStG §§ 1 Nr. 1, 3; BVerfGG § 80 II 1