Verlautbarung über Ende eines Streiks
Gericht
BAG
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
23. 10. 1996
Aktenzeichen
1 AZR 269/96
Soll ein Streik vor einem Feiertag beendet werden, so muß dies dem Arbeitgeber von der streikführenden Gewerkschaft oder den streikbeteiligten Arbeitnehmern mitgeteilt werden. Im Konflikt um einen Verbandstarifvertrag kann die Mitteilung auch gegenüber dem Arbeitgeberverband erfolgen.
Eine öffentliche Verlautbarung über die Medien kann eine unmittelbare Mitteilung nur ersetzen, wenn sie vor dem Feiertag zur Kenntnis des betroffenen Arbeitgebers gelangt. Voraussetzung ist ferner, daß die Meldung
hinreichend genau darüber informiert, wann, wo und inwieweit der Streik enden soll;
klar zum Ausdruck bringt, daß der Beschluß von der streikführenden Gewerkschaft stammt.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob der Kl., der in der Woche vor Pfingsten 1994 gestreikt hatte, Anspruch auf Lohnzahlung für den Pfingstmontag hat. Die Bekl. betreibt in H. eine Lagerei und vertreibt im Großhandel über Katalogbestellungen Werkzeuge, Autozubehör und ähnliche Waren. Sie beschäftigt in diesem Betrieb rund 200 Arbeitnehmer. In H. besteht eine Tochtergesellschaft, die einen Baumarkt betreibt. Der Kl. ist bei der Bekl. als kaufmännischer Angestellter tätig. Er ist Vorsitzender des Betriebsrats. Im Rahmen eines vor der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen geführten Arbeitskampfes wurden vom 17. 5. 1994 (Dienstag vor Pfingsten) an in H. der Betrieb der Bekl. sowie der Baumarkt der Tochtergesellschaft bestreikt. Am Streik beteiligten sich etwa 100 Arbeitnehmer der Bekl., darunter der Kl. Am 20. 5. 1994 (Freitag vor Pfingsten) beschloß die Streikleitung gegen 11.00 Uhr, den Streik in den beiden H-Betrieben mit diesem Tag zu beenden. Sie unterrichtete die Streikenden am frühen Nachmittag und teilte den Beschluß auch der örtlichen Presse und dem Lokalfunk mit. Der Lokalfunk berichtete in der Sendung "Lokalstenogramm" am 20. 5. 1994 um 17.30 Uhr über den Beschluß wie folgt:
"Die Streikaktionen im H-Großhandel werden mit Beginn des Samstags vorerst beendet. Das teilt die Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) mit. Betroffen von den Arbeitskampfmaßnahmen sind in H. die Lagereigesellschaft sowie die Beschäftigten der H im W-Baumarkt. Die Gewerkschaft erklärte weiter, sie habe den beim AG H gestellten Antrag auf einstweilige Verfügung wegen des Einsatzes von sogenannten Streikbrechern zurückgezogen. Am Mittwoch kommender Woche werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die 5. Verhandlungsrunde gehen. Falls die Gespräche nicht zu einer Einigung führen, kündigte die HBV weitere Streiks an."
In der "H-Rundschau", der örtlichen Ausgabe der "Westfälischen Rundschau", erschien am 21. 5. 1994 folgende Meldung:
"HBV setzt den Streik aus. H. Beendet hat die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen zunächst die Streikaktionen bei der Lagereigesellschaft sowie bei H ("W"-Werkzeuge- und Elektronik-Markt). HBV-Sekretär K: "Die Beschäftigten haben mit ihren Arbeitsniederlegungen gezeigt, welche Bedeutung für sie die Tarifauseinandersetzung im Großhandel hat. Wir hoffen, daß die Arbeitgeber das Zeichen verstanden haben und beim nächsten Verhandlungstermin am kommenden Mittwoch mit diskutablen Angeboten erscheinen." Sollten die Arbeitgeber allerdings auf ihrer Forderung "zurück in die 50er Jahre" beharren, dann würden zusätzlich weitere Betriebe zum Streik aufgerufen."
Eine unmittelbare Unterrichtung der Bekl. oder des Arbeitgeberverbandes über die Beendigung des Streiks unterblieb. Am Dienstag nach Pfingsten, dem 24. 5. 1994, erschienen alle Arbeitnehmer wieder zur Arbeit. Die Bekl. zahlte dem Kl. wie auch den übrigen Streikteilnehmern für den Pfingstmontag (23. 5. 1994) kein Arbeitsentgelt. Der Kl. hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für den Pfingstmontag noch Arbeitsentgelt in der - rechnerisch unstreitigen - Höhe von 228,58 DM brutto zu. Die Arbeit sei an diesem Tag nur wegen des Feiertags ausgefallen. Der Streik sei schon am Freitag vor Pfingsten beendet worden. Diesen Beschluß habe die Streikleitung auch öffentlich verlautbart. Einer besonderen Unterrichtung der Arbeitgeberin habe es infolgedessen nicht bedurft. Die Gewerkschaft könne davon ausgehen, daß solche Meldungen der örtlichen Medien auch die Geschäftsführung der Bekl. erreichten. Im übrigen habe der Geschäftsführer tatsächlich bereits vor dem Feiertag Kenntnis von der Medienberichterstattung gehabt. Außerdem habe er gewußt, daß die streikenden Arbeitnehmer des Baumarkts am Samstag vor Pfingsten wieder gearbeitet hätten.
Das ArbG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Arbeit sei am Pfingstmontag nicht ausschließlich wegen des Feiertags ausgefallen, denn an diesem Tag sei der Streik noch nicht beendet gewesen. Die Verlautbarung des gewerkschaftlichen Beendigungsbeschlusses gegenüber den Medien reiche insoweit nicht aus. Das LAG ist dieser Begründung gefolgt und hat die Berufung des Kl. zurückgewiesen. Mit der vom LAG zugelassenen Revision verfolgt der Kl. seinen Klageantrag weiter. Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Auszüge aus den Gründen:
I. Dem LAG ist allerdings darin zu folgen, daß hier als Anspruchsgrundlage allein § 1 I FeiertagslohnzahlungsG in Betracht kommt. Das Entgeltfortzahlungsgesetz, durch dessen § 2 diese Vorschrift abgelöst wurde, ist erst am 1. 6. 1994 in Kraft getreten (Art. 53 des Pflege-Versicherungsgesetzes v. 26. 5. 1994, BGBl I, 1014). Wenn der Kl. einen Anspruch auf Feiertagslohnzahlung haben sollte, dann wäre er zu diesem Zeitpunkt bereits entstanden.
Die Entscheidung erweist sich auch insoweit als zutreffend, als das LAG davon ausgegangen ist, ein Anspruch des Kl. auf Entgeltzahlung nach § 1 I FeiertagslohnzahlungsG setze voraus, daß der Streik bereits vor dem Pfingstmontag 1994 beendet war. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (zuletzt Senat, NZA 1995, 996 = NJW 1995, 3007 L = AP Nr. 68 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG (zu I 2) m.w. Nachw.) hat der Arbeitgeber für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, den Arbeitnehmern den Arbeitsverdienst zu zahlen, den sie ohne den Arbeitsausfall erhalten hätten. Der Arbeitgeber ist also verpflichtet, die Arbeitnehmer so zu stellen, wie sie gestanden hätten, wenn die Arbeit nicht infolge des Feiertags ausgefallen wäre. "Infolge" eines gesetzlichen Feiertags ist die Arbeit nur dann ausgefallen, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall war. Dagegen entsteht der Anspruch nicht, wenn die Arbeit auch aus anderen Gründen ausgefallen ist, z.B. wegen eines Arbeitskampfs. Fällt ein gesetzlicher Feiertag in die Zeit eines Streiks, so ist der Arbeitsausfall an diesem Feiertag durch den Arbeitskampf verursacht, ein Anspruch auf Feiertagslohnzahlung besteht nicht. Dagegen muß Feiertagslohn gezahlt werden, wenn der Arbeitskampf unmittelbar vor dem Feiertag endet, denn dann ist der gesetzliche Feiertag als alleinige Ursache für den Arbeitsausfall anzusehen.
II. Das LAG hat seine Annahme, hier sei der Streik trotz des Beendigungsbeschlusses nicht vor dem Pfingstmontag 1994 beendet worden, damit begründet, daß eine entsprechende Erklärung der Gewerkschaft oder der Streikenden gegenüber der Bekl. oder deren Verband nicht vor dem Feiertag abgegeben worden sei. Insoweit ist das angefochtene Urteil fehlerhaft.
1. Allerdings hat das LAG zutreffend erkannt, daß es für die Beendigung einer streikbedingten Arbeitsunterbrechung nicht genügt, daß die streikführende Gewerkschaft einen entsprechenden Beschluß faßt und den Streikenden mitteilt. Vielmehr bedarf es, um die streikbedingte Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis rückgängig zu machen, einer entsprechenden Erklärung der Gewerkschaft oder der Streikenden (BAGE 58, 320 (324) = NZA 1988, 886 = AP Nr. 56 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG (zu II 2); BAGE 73, 141 (146f.) = NZA 1993, 809 = AP Nr. 63 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG (zu I 2)). Insoweit gilt für die Beendigung eines Arbeitskampfs nicht anderes als für dessen Beginn. Die jeweilige Gegenseite muß wissen, ob sie einer Kampfmaßnahme (noch) ausgesetzt ist, damit sie ihr eigenes Verhalten entsprechend einrichten und beispielsweise von ihren arbeitskampfrechtlichen Reaktionsmöglichkeiten Gebrauch machen kann. So hat der Senat erst kürzlich darauf hingewiesen, daß der Arbeitgeber, wenn er die Arbeitnehmer zum Verlassen ihrer Arbeitsplätze auffordere, zum Ausdruck bringen müsse, ob er damit zum Kampfmittel der Aussperrung greifen oder nur auf eine streikbedingte Betriebsstörung reagieren wolle; ebenso müsse der von einer Arbeitskampfmaßnahme Betroffene darüber in Kenntnis gesetzt werden, ob die Maßnahme vom kampfführenden Verband getragen sei oder nicht (NZA 1996, 389 = NJW 1996, 1844 = AP Nr. 140 zu Art. 9 GG Arbeitskampf (zu I 2) m.w. Nachw.).
2. Das LAG hat angenommen, hier sei der Streik erst mit der Arbeitsaufnahme am Dienstag nach Pfingsten, dem 24. 5. 1994, zu Ende gegangen. Vorher sei gegenüber der Bekl. die Beendigung des Streiks nicht erklärt worden. Es sei aber eine an den Arbeitgeber oder dessen Verband gerichtete Beendigungserklärung erforderlich. Eine Erklärung gegenüber der Öffentlichkeit, wie sie hier über die lokalen Medien erfolgt sei, könne zur Beendigung des Streiks nicht ausreichen. Sie diene nicht der Unterrichtung des Kampfgegners, sondern lediglich dem Informationsbedürfnis der Allgemeinheit. Daher sei es unerheblich, ob die Bekl. hier von der Erklärung der Gewerkschaft tatsächlich Kenntnis erlangt habe.
3. Damit hat das LAG die an eine Beendigungserklärung zu stellenden Anforderungen überspannt.
a) Der Senat ist in seinem Urteil vom 31. 10. 1995 (NZA 1996, 389 = NJW 1996, 1844 = AP Nr. 140 zu Art. 9 GG Arbeitskampf (zu I 2 b bb); zust. Löwisch, AR-Blattei ES 170.1 Nr. 42) von dem Grundsatz ausgegangen, daß sich das Arbeitskampfgeschehen seiner Natur nach einer Formalisierung weitgehend entzieht. An Form und Umfang der erforderlichen Unterrichtung der Arbeitnehmerseite über einen Beschluß des Arbeitgeberverbandes, der die Mitgliedsunternehmen zur Aussperrung ermächtige, dürften daher keine hohen Anforderungen gestellt werden. Der Arbeitnehmerseite müsse nicht förmlich mitgeteilt werden, daß eine Aussperrung durch den Verband veranlaßt oder gebilligt sei. Vielmehr reiche es aus, wenn sich dies rechtzeitig aus den Umständen ergebe. So erübrige sich beispielsweise ein besonderer Hinweis dann, wenn der Arbeitgeberverband schon vorsorglich für den Fall von Kurzstreiks öffentlich Aussperrungen in den etwa betroffenen Unternehmen angekündigt habe.
Entsprechende Erwägungen gelten für eine Erklärung, die den Beginn oder die Beendigung einer Kampfmaßnahme betrifft. Zwar mögen sich hier Besonderheiten daraus ergeben, daß sich der Beginn oder das Ende einer Kampfmaßnahme in der Praxis weniger deutlich aus Begleitumständen der Erklärung ersehen lassen als etwa die Billigung eines Streiks oder einer Aussperrung durch den Verband. Auch ist nicht zu verkennen, daß für den tariflichen Gegenspieler die Frage, ob er überhaupt einer Arbeitskampfmaßnahme ausgesetzt ist, weitaus größere Bedeutung hat als deren koalitionsrechtliche Modalitäten. Das ändert aber nichts daran, daß auch hier das Gebot der fairen Kampfführung (Senat, NZA 1996, 389 = NJW 1996, 1844 (zu I 2b)) schon dann erfüllt ist, wenn der Gegner seine Reaktionsmöglichkeiten erkennen und angemessen reagieren kann. Hierbei ist von der Regel auszugehen, daß die erforderliche Mitteilung ihren Zweck immer dann erfüllt, wenn sie unmittelbar an den Kampfgegner, also an den von einem Streik betroffenen Arbeitgeber oder an die von einer Aussperrung betroffenen Arbeitnehmer gerichtet ist. Eine Erklärung, die statt dessen den zuständigen Arbeitgeberverband oder die Gewerkschaft zum Adressaten hat, genügt dem Unterrichtungserfordernis freilich ebenso. Das folgt schon aus dem kollektiven Charakter des Tarifkonflikts. Einschränkungen, die sich insoweit bei Arbeitskämpfen um Firmentarifverträge ergeben können, sind im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, weil es hier um einen Verbandstarifvertrag ging.
b) Die unmittelbar an den Kampfgegner oder an dessen Verband gerichtete Erklärung ist jedoch nicht der einzige Weg, auf dem der Gegenseite zulässigerweise der Beginn oder das Ende einer Kampfmaßnahme mitgeteilt werden kann. Es ist gleichgültig, ob dem Arbeitgeber eine förmliche Beendigungserklärung zugestellt wird - ggf. über seinen Arbeitgeberverband - oder ob er durch eine öffentliche Verlautbarung der kampfführenden Gewerkschaft über den Beendigungsbeschluß und dessen Inhalt unterrichtet wird. Eine öffentliche Verlautbarung, die tatsächlich zur Kenntnis des Arbeitgebers gelangt, genügt dem Gebot der fairen Kampfführung ebenso wie ein an ihn adressiertes Schreiben. In beiden Fällen kann sich der Arbeitgeber auf die Beendigung des Streiks einstellen. Entgegen der Auffassung des LAG ist der Umstand, daß Erklärungen der Gewerkschaft gegenüber den Medien zugleich und vor allem das Informationsbedürfnis der Allgemeinheit befriedigen sollen, in diesem Zusammenhang bedeutungslos. Es genügt allerdings nicht, wie der Kl. offenbar meint, wenn eine öffentliche Verlautbarung, etwa in Form einer Presseerklärung, zwar vorliegt, aber dann nicht zur Kenntnis des Arbeitgebers gelangt. Dem Arbeitgeber kann nicht zugemutet werden, alle am Ort verfügbaren Medien ständig daraufhin zu verfolgen, ob sie eine Erklärung der Gegenseite über Kampfmaßnahmen enthalten. Bedient sich eine Kampfpartei der Medien, um den Gegner von ihren Maßnahmen in Kenntnis zu setzen, dann trägt sie das Risiko, daß ihn diese Information nicht erreicht. Es kommt hinzu, daß eine öffentliche Verlautbarung nur dann zur Unterrichtung der Gegenseite genügt, wenn sie hinreichend genau und vollständig darüber informiert, wann, wo und inwieweit die Kampfmaßnahme beginnen oder enden soll, und wer Urheber des Beschlusses ist. Hieraus folgt, daß z.B. Pressemeldungen, die sich lediglich auf "Informationen aus gut unterrichteten Kreisen" berufen, nicht ausreichen können. Auch alle Ungenauigkeiten gehen zu Lasten derjenigen Kampfpartei, die sich für ihre Mitteilungen öffentlicher Medien bedient.
c) Die vorstehenden Erwägungen stehen nicht in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Senats zu den Anforderungen, die an eine Erklärung der Streikbeendigung zu stellen sind (BAGE 58, 320 (324) = NZA 1988, 886 = AP Nr. 56 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG (zu II 2); BAGE 73, 141 (146f.) = NZA 1993, 809 = AP Nr. 63 zu § 1 FeiertagslohnzahlungsG (zu I 2)). Soweit in diesen Urteilen von Erklärungen gegenüber dem Arbeitgeber die Rede ist, kann hieraus nicht geschlossen werden, die Beendigungserklärung müsse immer den Arbeitgeber oder dessen Verband zum Adressaten haben. In keinem der entschiedenen Fälle spielte die Frage eine Rolle, ob eine gegenüber der Öffentlichkeit abgegebene Erklärung ausreicht.
III. Aus den dargestellten Grundsätzen ergibt sich, daß der Sachverhalt noch nicht ausreichend geklärt ist. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kommt es darauf an, ob die Bekl. vor dem Pfingstmontag vom Beendigungsbeschluß der kampfführenden Gewerkschaft Kenntnis erlangt hat.
1. Erweist sich die Behauptung des Kl., die Bekl. habe spätestens durch die Pressemeldung am 21. 5. 1994 vom Beendigungsbeschluß erfahren, als zutreffend, so war der Streik vor dem Pfingstmontag beendet. In diesem Fall ist der Klageanspruch begründet, anderenfalls nicht. Hat der Geschäftsführer der Bekl. tatsächlich die Meldung im Lokalfunk oder in der H-Rundschau zu Kenntnis genommen, so war die Bekl. damit hinreichend über den Beschluß der Gewerkschaft unterrichtet, den Streik mit Ablauf des 20. 5. 1994 zu beenden. Zu Zweifeln bestand dann kein Anlaß. In beiden Meldungen wurden der Zeitpunkt für die Beendigung des Streiks, die betroffenen Betriebe und eine öffentliche Bekanntgabe der streikführenden Gewerkschaft als Quelle genannt. Überdies wurden Äußerungen über die weiteren Verhandlungen wiedergegeben, die im Namen der kampfführenden Gewerkschaft abgegeben worden waren und den vorläufigen Abschluß der Streikmaßnahmen vor Pfingsten als schlüssig erscheinen ließen.
2. Der Kl. hat für seine Behauptung, die Bekl. sei vor dem Pfingstmontag über die Beendigung des Streiks informiert gewesen, hinreichend Beweis angetreten. Die von ihm angebotene Vernehmung des Geschäftsführers der Bekl. ist ein geeignetes Beweismittel. Der Einwand der Bekl., es handele sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, verfängt nicht. Ein Beweisantrag wird allgemein dann als sogenannter Ausforschungsbeweis für unzulässig gehalten, wenn er sich als Beweisermittlungsantrag darstellt, durch den die beweispflichtige Partei erst Hinweise für weiteren tatsächlichen Vortrag erlangen will (z.B. Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 284 Rdnr. 73; Zöller/Greger, ZPO, 19. Aufl., Vorb. § 284 Rdnrn. 5f.). Darum geht es hier indessen nicht. Der Kl. hat die ihm günstige Tatsache, nämlich die Kenntnis des Geschäftsführers der Bekl. aufgrund bestimmter Meldungen in den Medien, abschließend und substantiiert behauptet. Weiteren Tatsachenvortrag bedarf es hierzu nicht.
Auch soweit die Bekl. in diesem Zusammenhang geltend macht, der Kl. habe lediglich Vermutungen vorgetragen, ist ihr nicht zu folgen. Zwar kann eine Behauptung, die aus der Luft gegriffen und gleichsam "ins Blaue" hinein aufgestellt wird, als Rechtsmißbrauch unbeachtlich sein; dies ist aber nur dann anzunehmen, wenn jegliche tatsächlichen Anhaltspunkte für den behaupteten Sachverhalt fehlen (BGH, NJW 1991, 2707, 2709; Prütting, in: MünchKomm-ZPO, § 284 Rdnr. 73; Zöller/Greger, § 284 Rdnrn. 5f.). So substanzlos war der Vortrag des Kl. keineswegs. Im Gegenteil hat er mit den Meldungen im Lokalfunk und in der H-Rundschau, also dem örtlichen Kopfblatt einer bedeutenden Regionalzeitung, hinreichende Tatsachen dargelegt, die eine Kenntnis des Geschäftsführers angesichts des Tarifkonflikts nahelegen. Es kommt hinzu, daß nach der Behauptung des Kl. die Arbeitnehmer des gleichzeitig bestreikten Baumarkts der Tochtergesellschaft der Bekl. am Samstag vor Pfingsten (21. 5. 1994) die Arbeit wieder aufgenommen haben sollen. Es ist kaum vorstellbar, daß der Geschäftsführer der an demselben Ort ansässigen Muttergesellschaft von einem so wichtigen Vorgang nichts erfahren haben soll. Weitergehender Vortrag zur Kenntnis der Bekl. kann vom Kl. schon deshalb nicht verlangt werden, weil es um eine innere Tatsache im Bereich der Bekl. geht.
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