Persönlichkeitsrechtsverletzung durch heimliches Mithörenlassen von Telefongesprächen

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

29. 10. 1997


Aktenzeichen

5 AZR 508/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Das heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist im allgemeinen unzulässig. Es verletzt das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners. Auf diese Weise erlangte Beweismittel dürfen nicht verwertet werden.

  2. Wer jemanden mithören lassen will, hat seinen Gesprächspartner vorher darüber zu informieren. Dieser ist nicht gehalten, sich seinerseits vorsorglich zu vergewissern, daß niemand mithört.

  3. Art. 6 I EMRK gebietet nicht die Vernehmung des heimlich mithörenden Zeugen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Partei, die ihn hat mithören lassen, keinen gewichtigen Grund dafür hatte, dieses heimlich zu tun.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Höhe des der Kl. zustehenden Arbeitsentgelts. Die Kl. war am Schauspielhaus der bekl. Stadt als Souffleuse beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 11. 2. 1992 war für die Zeit bis zum Ende der Spielzeit 1991-92 abgeschlossen. Er lautet auszugsweise:

5. Die Monatsgage in der Zeit vom 5. 2. 1992 bis 31. 3. 1992 beträgt 3500 DM.

9. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags bedürfen der Schriftform.

Nr. 6 des Vertrags ist durchgestrichen. Der Text lautet: Das Vorstellungshonorar ab 1. 4. 1992 beträgt 80 DM. Die Vertragsverhandlungen wurden auf Seiten der Bekl. von dem damaligen stellvertretenden Intendanten Dr. N geführt. Unterschrieben wurde der Vertrag vom Intendanten. Die Kl. war vom 5. 2. bis zum 31. 3. 1992 sechzehn Mal als Souffleuse tätig. Sie erhielt das vereinbarte Monatshonorar von 3500 DM. Am 18. 3. und am 2. 4. 1992 kam es zu Telefongesprächen zwischen der Kl. und Dr. N. Die Parteien streiten um den Inhalt des ersten Gesprächs. In der Zeit vom 1. 4. bis zum 20. 6. 1992 war die Kl. fünf Mal als Souffleuse tätig. Während der Aufführung befand sich die Kl. auf der Bühne. Sie trug dabei eine Art Diakonissenhaube. Für diese fünf Aufführungen zahlte die Bekl. der Kl. zunächst je 80 DM und später noch je 10 DM für die Zusatzleistung des Tragens der Haube. Die Kl. verlangt von der Bekl. auch für die Zeit vom April 1992 bis zum Ende der Spielzeit die volle Monatsgage von 3500 DM. Außerdem begehrt sie eine zusätzliche Vergütung für das Tragen der Haube. Sie hat vorgetragen: Dr. N habe ihr am 18. 3. 1992 in dem Telefongespräch mitgeteilt, das Beschäftigungsverhältnis bestehe bis zum Ende der Spielzeit und für diese Zeit werde das volle Gehalt in Höhe von 3500 DM monatlich gezahlt. Sie hat sich zum Beweis dafür auf das Zeugnis von Dr. N sowie ihres Lebensgefährten O berufen. Ihr Lebensgefährte habe das Gespräch mit Dr. N mitgehört, weil sie die Mithöreinrichtung ihres Telefons auf „laut“ geschaltet habe. Unstreitig informierte die Kl. Dr. N während des Gesprächs nicht darüber, daß jemand mithörte. Die Bekl. hat bestritten, daß Dr. N die von der Kl. behauptete Zusage gegeben habe. Das Bühnenschiedsgericht hat der Kl. pro Vorstellung nur noch weitere 55 DM für ihre Tätigkeit als Souffleuse und weitere 25 DM für die Zusatzleistung „Tragen der Haube“, insgesamt also 400 DM zugesprochen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Berufungen beider Parteien blieben erfolglos. Das Bühnenoberschiedsgericht hatte zunächst beschlossen, die Zeugen Dr. N und O zum Verlauf des Gesprächs am 18. 3. 1992 zu hören. Ersterer wurde auf Ersuchen des Bühnenoberschiedsgerichts vom Bühnenschiedsgericht Hamburg vernommen. Den Zeugen O vernahm das Bühnenoberschiedsgericht nicht, weil die gerichtliche Verwertung von Kenntnissen, die eine Partei aus einem mitgehörten Telefongespräch gewonnen habe, das Recht am eigenen Wort verletze und daher unzulässig sei.

Das ArbG hat den Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit zurückgewiesen. Die Vernehmung des Zeugen O habe - so das ArbG - nicht abgelehnt werden dürfen, da ein Beweisverwertungsverbot nicht bestehe. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Zeugen N durch Mithören sei gerechtfertigt. Auf die Berufung der Bekl. hat das LAG das Urteil des ArbG abgeändert und die Aufhebungsklage abgewiesen. Die Kl. erstrebt mit ihrer Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Kl. stehen weitere Entgeltansprüche nicht zu. Sie hat den ihr obliegenden Beweis für die behauptete Zusage nicht geführt. Das LAG hat zu Recht entschieden, daß die Vernehmung des Zeugen O unzulässig ist. Die Kl. hat dadurch, daß sie ihn das Telefongespräch heimlich hat mithören lassen, das Persönlichkeitsrecht des Zeugen Dr. N verletzt.

I. Das durch Art. 1 , 2 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist auch im Privatrechtsverkehr und damit auch im beruflichen Bereich zu beachten (BAG, NJW 1986, 341 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht). Es umfaßt grundsätzlich auch das Recht am gesprochenen Wort, d. h. die Befugnis, selbst zu bestimmen, ob es allein dem Gesprächspartner oder auch Dritten oder sogar der Öffentlichkeit zugänglich sein soll, ferner, ob es auf Tonträger aufgenommen werden darf (BVerfGE 34, 238 [245] = NJW 1973, 891 = AP Nr. 20 zu Art. 2 GG; BVerfGE 54, 148 [154] = NJW 1980, 2070; BAGE 41, 37 = NJW 1983, 1691 = AP Nr. 3 zu § 284 ZPO; BAGE 80, 366 = NZA 1996, 218 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; BGHZ 27, 284 [286] = NJW 1958, 1344). Nach allgemeiner Auffassung bedarf es zur Konkretisierung des Persönlichkeitsrechts stets einer Güter- und Interessenabwägung (BAGE 41, 37 [42] = NJW 1983, 1691 = AP Nr. 3 zu § 284 ZPO; BAGE 45, 111 [117] = NJW 1985, 222 = AP Nr. 5 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht).

II. Die Auffassungen darüber, unter welchen Umständen das heimliche Mithören das Persönlichkeitsrecht verletzt, sind geteilt.

1. Der BGH hat (BGH, NJW 1964, 165; BGH, NJW 1982, 1397 = AP Nr. 2 zu § 284 ZPO) entschieden, daß das Mithören eines Telefongesprächs mit geschäftlichem Inhalt über eine Mithöreinrichtung ohne Wissen des Gesprächspartners im Geschäfts- und Wirtschaftsleben grundsätzlich noch keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Gesprächsteilnehmers darstellt, und zwar gleichgültig, ob das Gespräch von einem geschäftlichen oder privaten Anschluß aus geführt wird. Zur Begründung heißt es, ein solches Mithören sei im Wirtschaftsleben häufig anzutreffen und könne rein sachliche Gründe haben, die nicht mit dem Makel der Überlistung und damit der Unanständigkeit belastet seien. Beim heutigen Stand der Technik müsse mit dem Vorhandensein von Mithörgeräten und deren Benutzung auch dann gerechnet werden, wenn der Gesprächspartner nicht darauf hingewiesen werde. Nach dem Urteil des BGH vom 13. 10. 1987 (NJW 1988, 1016), das die vorangegangenen Entscheidungen nicht erwähnt, gilt der Grundsatz der Unzulässigkeit des heimlichen Mitschneidens von Telefongesprächen prinzipiell auch für Besprechungen in geschäftlichen Angelegenheiten. Für mündliche Äußerungen unter vier Augen oder bei Telefongesprächen sei charakteristisch, daß sie regelmäßig im Bewußtsein der Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes und seiner jederzeitigen Korrigierbarkeit gemacht würden. Auch geschäftliche Gespräche seien gekennzeichnet von der Individualität der Beteiligten in Gedankenführung und Ausdruck. Weiter hat der BGH (NJW 1991, 1180) entschieden, daß die Zeugenvernehmung des Dritten und die Verwertung seiner Aussage unzulässig sind, wenn jemand ein Gespräch unter vier Augen ohne Wissen seines Gesprächspartners von einem Dritten belauschen läßt, um sich ein Beweismittel zu beschaffen, und eine Güterabwägung im Einzelfall ergibt, daß dem verletzten Persönlichkeitsrecht des Belauschten der Vorrang gegenüber dem Interesse des anderen an der Beweisführung gebührt. In diesem Gespräch ging es um die Auszahlung eines Darlehens. Der BGH hat darauf abgestellt, daß es der Rechtsvorgänger des Kl. versäumt hatte, sich die behauptete Darlehenshingabe quittieren zu lassen, der Kl. habe sich aber ein Beweismittel nicht auf eine Weise verschaffen dürfen, die das Persönlichkeitsrecht des Bekl. verletze. Der Bekl. habe ihm bis dahin keinen Anlaß zu einem solchen Vorgehen gegeben. Dem Schutz seines Persönlichkeitsrechts gebühre unter diesen Umständen der Vorzug vor dem Beweisführungsinteresse des Kl.

2. Das BAG hat (BAGE 41, 37 = NJW 1983, 1691 = AP Nr. 3 zu § 284 ZPO) dahingestellt sein lassen, ob die vom BGH in den Urteilen vom 21. 10. 1963 (NJW 1964, 165) und 17. 2. 1982 (NJW 1982, 1397 = AP Nr. 2 zu § 284 ZPO) aufgestellten Grundsätze auch im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anzuwenden sind. Es hat ein Verwertungsverbot jedenfalls für den Fall angenommen, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zu erkennen gegeben hat, er wolle die Unterredung vertraulich behandeln. In solchen Fällen dürfe der Arbeitnehmer darauf vertrauen, sich unbefangen und frei äußern zu können, ohne befürchten zu müssen, daß jedes Wort von Dritten mitgehört und das auf diese Weise erlangte Wissen später gegen ihn verwendet wird.

Landesarbeitsgerichte und Arbeitsgerichte haben für den Fall des heimlichen Mithörenlassens ein Beweisverwertungsverbot teils bejaht und teils verneint (im ersteren Sinne: LAG Berlin, BB 1974, 1535 = DB 1974, 1243; LAG Frankfurt a. M., AR-Blattei, D, Arbeitsgerichtsbarkeit VII, Entsch. 148; LAG Berlin, AP Nr. 1 zu § 284 ZPO; ArbG Berlin, NJW-RR 1989, 861; LAG Hamm, LAGE § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 7; wohl auch LAG Berlin, LAGE § 371 ZPO Nr. 1; LAG Köln, LAGE § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 3; vgl. auch LAG Köln, LAGE § 611 BGB Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = BB 1997, 496; gegen ein Verwertungsverbot: LAG Frankfurt a. M., AR-Blattei, D, Arbeitsgerichtsbarkeit VII, Entsch. 149; LAG Köln, LAGE § 284 ZPO Nr. 1; LAG Köln, NZA 1994, 48; LAG Bremen, LAGE § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe Nr. 9).

III. Der Senat vetritt die Auffassung, daß das heimliche Mithörenlassen von Gesprächen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber oder Vorgesetzten im Grundsatz unzulässig ist und daß heimlich erlangtes Wissen im Regelfall nicht im gerichtlichen Verfahren verwertet werden darf.

1. Eindeutig zu beurteilen sind die Fälle, in denen der Gesprächspartner über die Vertraulichkeit des Gespräches getäuscht wird oder, umgekehrt, der Gesprächspartner einwilligt oder positiv weiß, daß sein Gespräch mitgehört wird. Maßgeblich ist, ob der Gesprächspartner auf die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes vertrauen durfte oder nicht.

2. Die entscheidende Frage geht dahin, ob die Vertraulichkeit des Gesprächs und damit ein Schutz des Persönlichkeitsrechts bereits deshalb nicht anzuerkennen ist, weil es sich um ein geschäftliches Gespräch handelt und mit dem Vorhandensein von Mithöreinrichtungen generell zu rechnen ist. Es kommt in diesem Bereich darauf an, ob derjenige, der Dritte mithören lassen will, dies zu offenbaren hat, oder derjenige, der das nicht will, von sich aus bestimmen muß, daß er das Mithören Dritter nicht wünscht. Der Senat vertritt die Auffassung, daß die Offenbarungspflicht den trifft, der Dritte mithören lassen will. Das kann ausnahmsweise dann anders sein, zum Beispiel wenn nach den Umständen des Einzelfalls von der persönlichen Sphäre des Sprechenden völlig losgelöste Daten oder Informationen übermittelt werden sollen. Solche Besonderheiten ergeben sich aber nicht schon daraus, daß ein Telefongespräch in der Sphäre eines Arbeitsverhältnisses geführt wird. Wie das BVerfG (BVerfG, NJW 1992, 815 = AP Nr. 24 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht) zu Recht entschieden hat, sind Telefongespräche, die der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber von seinem Dienstapparat aus führt, nicht von vornherein aus dem Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht ausgenommen. Das BVerfG hat weiter ausgeführt, daß der grundrechtliche Schutz des gesprochenen Wortes nicht schon durch die Kenntnis von einer Mithörmöglichkeit beseitigt wird. Die Vertraulichkeit des Wortes ist auch bei Dienstgesprächen keineswegs ausgeschlossen. Das LAG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß zwar bei zahlreichen Fernsprecheinrichtungen Mithörmöglichkeiten bestehen, es aber keinesfalls üblich ist, diese heimlich, das heißt ohne entsprechenden Hinweis an den Gesprächspartner, zu benutzen. Auch dienstliche bzw. geschäftliche Gespräche werden in der Mehrzahl der Fälle nicht mitgehört. Dazu besteht regelmäßig auch kein Anlaß.

3. In der Rechtsprechung ist auch darauf abgestellt worden, ob der Anspruchsteller darauf angewiesen war, das Gespräch gerade heimlich mithören zu lassen, um seine Ansprüche nachweisen zu können (BGH, NJW 1991, 1180). Im Regelfall hat der Gesprächspartner, der einen Dritten mithören lassen will, keinen anerkennenswerten Grund, dies heimlich zu tun. Es wird ihm meist auch ohne Gefährdung seiner Interessen möglich sein, dem anderen Gesprächspartner mitzuteilen, daß eine dritte Person mithört. Nichts anderes gilt auch im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer; auch hier ist es im allgemeinen Sache desjenigen, der jemanden mithören lassen will, seinen Gesprächspartner von sich aus darüber zu informieren. Dieser ist nicht gehalten, sich vorsorglich zu vergewissern, daß niemand mithört.

IV. Das von einer Partei rechtswidrig erlangte Beweismittel darf grundsätzlich nicht zu ihren Gunsten verwertet werden. In der gerichtlichen Verwertung von Kenntnissen und Beweismitteln, die unter Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht erlangt sind, liegt regelmäßig ein erneuter Eingriff in das durch Art. 1 , 2 GG geschützte Persönlichkeitsrecht (BVerfG, NJW 1992, 815 = AP Nr. 24 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht [zu II 2 a cc]). Es entspricht einem allgemeinem Rechtsprinzip, die Ausnutzung eines rechtswidrig herbeigeführten Zustandes zu versagen und diesen Zustand zu beseitigen (§§ 12 , 862 , 1004 BGB analog). Hätten die Gerichte auch unzulässig erlangte Beweismittel zu beachten, so bliebe der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des heimlich abgehörten Gesprächspartners im wesentlichen ohne rechtlichen Schutz (BAGE 41, 37 = NJW 1983, 1691 = AP Nr. 3 zu § 284 ZPO). Nur in Ausnahmefällen kann die Abwägung ergeben, daß die Verwertung eines unter Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners erworbenen Beweismittels zulässig ist.

V. Der Senat setzt sich mit dieser Auffassung nicht in Widerspruch zu dem Beschluß des 1. Senats des BAG v. 30. 8. 1995 (BAGE 80, 366 = NZA 1996, 218 = AP Nr. 29 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung). Dieser betrifft nicht das heimliche Mithörenlassen von Telefongesprächen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bzw. Vorgesetztem, sondern das offene Mithören von Telefongesprächen, die Arbeitnehmer mit Kunden führten. Der 1. Senat hat in dieser Entscheidung die Bestimmung eines Einigungsstellenspruchs, wonach der Arbeitgeber derartige externe Telefongespräche der Arbeitnehmer mit deren Wissen zu Ausbildungszweken mithören durfte, für wirksam gehalten. Er hat offen gelassen, ob darüber hinaus jedes Mithören eines geschäftlichen Telefongesprächs mit Kenntnis und in Gegenwart des betroffenen Arbeitnehmers zulässig ist.

VI. Im Streitfall ergibt die Abwägung, daß die Kl. das Beweismittel rechtswidrig erlangt hat und es daher nicht verwertet werden darf.

1. Es handelte sich um ein Telefongespräch über die weitere Entwicklung der arbeitsvertraglichen Beziehungen. Die Kl. hat keinen Grund genannt, der es rechtfertigen konnte, den Zeugen Dr. N nicht darüber zu informieren, daß jemand mithörte. Die Besonderheiten des Streitfalls gebieten entgegen der Revision keine andere Beurteilung. Insbesondere ist es unerheblich, daß der Zeuge Dr. N die Kl. in deren Privatwohnung anrief. Wer anruft, muß damit rechnen, daß sich in dem Raum, in dem sich das Telefon befindet, auch andere Personen aufhalten. Das bedeutet aber nicht, daß er mit der Einschaltung einer Mithörvorrichtung rechnen mußte. Es bestand also entgegen der Auffassung der Kl. für sie kein Anlaß, den Zeugen O des Zimmers zu verweisen. Es war auch nicht etwa erforderlich, Herrn Dr. N den Namen des Zeugen zu nennen. Es hätte ausgereicht, ihm mitzuteilen, daß die Mithöreinrichtung eingeschaltet werde.

2. Zu Recht hat das LAG die Begründung der Kl., weshalb sie den Zeugen O hat mithören lassen, nicht gelten lassen. Die Kl. hat vorgetragen, zwischen ihr und ihrem Lebensgefährten habe es des öfteren Auseinandersetzungen über hohe Telefonkosten gegeben. Schon weil die Kl. angerufen wurde und nicht selbst anrief, war klar, daß durch dieses Telefonat keine Kosten für die Kl. oder ihren Lebensgefährten entstehen konnten. Die Behauptung der Kl., sie habe Herrn O vor Augen führen wollen, daß sie hier nicht mit einer Bekannten, Verwandten oder sonstigen Privatperson langatmig telefoniere, ist ein in der Revisionsinstanz unzulässiger neuer Tatsachenvortrag (§ 561 I ZPO). Dieses Vorbringen der Kl. ist auch nicht einsichtig. Der Zeuge O konnte schon aus den Worten der Kl. entnehmen, daß es sich nicht um ein Gespräch im privaten Bereich handelte. Überdies liefern diese Einlassungen der Kl. keine nachvollziehbaren Gründe dafür, warum sie es unterließ, ihren Gesprächspartner Dr. N zu informieren.

VII. Eine Verpflichtung, den Zeugen O gerichtlich zu vernehmen, ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EGMR vom 27. 10. 1993 (nichtamtliche deutsche Übersetzung NJW 1995, 1413 - Dombo Beheer B. V.-Niederlande).

1. Nach Art. 6 I EMRK hat jeder Mann und jede Frau Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist von einem unabhängigen, unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht gehört wird. Der EGMR hat daraus das Erfordernis einer „Waffengleichheit“ im Sinne einer „fairen Balance“ zwischen den Parteien hergeleitet. Danach muß jeder Partei eine vernünftige Möglichkeit eingeräumt werden, ihren Fall - einschließlich ihrer Zeugenaussage - vor Gericht unter Bedingungen zu präsentieren, die für diese Partei keinen substantiellen Nachteil im Verhältnis zu seinem Prozeßgegner bedeuten. In der dem Gerichtshof vorliegenden Sache waren bei Vertragsverhandlungen nur zwei Personen anwesend, nämlich der frühere geschäftsführende Direktor der kl. Gesellschaft und der Filialleiter der bekl. Bank. Nur dieser war von dem niederländischen Gericht gehört worden, nicht aber der frühere geschäftsführende Direktor der Kl., weil er mit dieser identisch sei. Der Gerichtshof hat ausgeführt, es sei schwierig einzusehen, warum nicht auch ihm die Gelegenheit gegeben worden sei, als Zeuge auszusagen. Die antragstellende Gesellschaft sei daher im Verhältnis zu der Bank in einen substantiellen Nachteil gesetzt worden, so daß demzufolge eine Verletzung von Art. 6 I EMRK vorliege.

2. Das in Art. 6 I EMRK garantierte Prinzip der „Waffengleichheit“ ist im Streitfall nicht verletzt. Zwar hat das Telefongespräch nur zwischen der Kl. und dem Zeugen Dr. N stattgefunden. Nach den Behauptungen der Kl. hat aber der Zeuge O das Gespräch mitgehört. Nichts hat die Kl. daran gehindert, den Zeugen Dr. N darüber zu informieren, daß sie jemanden mithören lasse. Die Kl. hat ihre Beweisnot also selbst verursacht. Art. 6 I EMRK läßt sich nicht entnehmen, daß der ein Telefongespräch heimlich mithörende Zeuge dann zu vernehmen ist, wenn die Partei, die ihn hinzugezogen hat, die Möglichkeit hatte, den Gesprächspartner davon zu informieren.

VIII. Ein Anspruch der Kl. auf Zahlung von monatlich 3500 DM über den 31. 3. 1992 hinaus ergibt sich auch nicht aus § 625 BGB. Weder liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vor noch paßt die Rechtsfolge. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 31. 3. 1992 hinaus (bis zum Ende der Spielzeit 1991-1992) hatten die Parteien in ihrem Arbeitsvertrag vom 11. 2. 1992 bereits vereinbart. Es fehlte nur an einer Vereinbarung über die Höhe des Arbeitsentgelts nach dem 31. 3. 1992. Aus § 612 II BGB ergibt sich, daß in derartigen Fällen die „taxmäßige“ oder die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen ist. Es besteht also keine Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung von § 625 BGB zu schließen wäre.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

GG Art. 1, 2; BGB §§ 611, 612; EMRK Art. 6 I