Rechtswissenschaftsstudium eines Dipl.-Finanzwirts (FH) als Ausbildung

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

17. 04. 1996


Aktenzeichen

VI R 87/95


Leitsatz des Gerichts

Die Aufwendungen eines Finanzbeamten mit dem Grad eines Dipl.-Finanzwirts (FH) für ein Studium der Rechtswissenschaft dienen der Berufsausbildung und sind daher nur als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1, 1. Alternative EStG und nicht als Werbungskosten abziehbar.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist nach Abschluß des Studiums an der Fachhochschule für Finanzen als Beamter des gehobenen Dienstes seit November 1991 halbtags im Finanzamt tätig. Zum Wintersemester 1991/92 nahm er ein Studium der Rechtswissenschaft auf. Seine Aufwendungen für dieses Studium machte er als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erkannte statt dessen Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Höchstbetrag von 900 DM an.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es verwies gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Einspruchsentscheidung, in der das FA kein Aufbaustudium, sondern einen Berufswechsel angenommen hatte. Ergänzend stützte sich das FG auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 24. August 1962 VI 110/62 U (BFHE 75, 606, BStBl III 1992, 488), wonach bei einem Steuerinspektor, der nebenbei an einer Universität Rechtswissenschaft studiert, die Studienkosten keine Werbungskosten sind.

Der Kläger rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend, daß kein Berufswechsel in einen völlig anders gearteten Beruf gegeben sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Aufwendungen für das Studium der Rechtswissenschaft Ausbildungskosten i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und keine Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG) bei den Einkünften des Klägers aus seiner Tätigkeit als Steuerinspektor sind.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind Aufwendungen für ein erstmaliges Hochschulstudium typisierend stets als Berufsausbildungskosten i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu beurteilen. Dagegen können nach der neueren Rechtsprechung Aufwendungen für ein zweites Hochschulstudium unter bestimmten Voraussetzungen als Werbungskosten abziehbar sein. Nach den Senatsurteilen vom 14. Februar 1992 (VI R 26/90, BFHE 167, 127, BStBl II 1992, 556, und VI R 106/90, BFHE 167, 505, BStBl II 1992, 962, jeweils eine Lehrerin betreffend; VI R 69/90, BFHE 167, 502, BStBl II 1992, 961, betreffend einen Kirchenmusiker) muß das Erststudium zu einem Berufsabschluß geführt haben und das Zweitstudium ein Aufbaustudium sein, das nicht den Wechsel in eine andere Berufsart eröffnet. Weitergehend sind nach dem Urteil vom 8. Mai 1992 VI R 134/88 (BFHE 167, 538, BStBl II 1992, 965) die Aufwendungen eines approbierten Humanmediziners für das Studium der Zahnmedizin mit dem Ziel, Mund-Kiefer-Gesichts-Chirung zu werden, Fortbildungskosten. Der Senat hat dabei offengelassen, ob der Wechsel von der Humanmedizin zur Zahnmedizin als Wechsel der Berufsart zu beurteilen ist. Als ausschlaggebend ist gewertet worden, daß die Tätigkeit des Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen gegenüber der Tätigkeit eines Chirurgen eine Spezialisierung bedeutet.

Bei dem Studium des Klägers handelt es sich um ein Zweitstudium, da er im Rahmen seines Ausbildungsdienstverhältnisses bei der Finanzverwaltung bereits ein Fachhochschulstudium abgeschlossen hat. Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung Aufwendungen für ein Zweitstudium an einer Universität als Werbungskosten anerkannt werden können, liegen nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz im Streitfall aber nicht vor. Denn auch wenn die Möglichkeit einer Anrechnung von Studienzeiten aus dem Erststudium an der Fachhochschule bestand, wird dem Kläger durch das Studium der Rechtswissenschaft an einer Universität gegenüber seiner abgeschlossenen Ausbildung als Finanzbeamter des gehobenen Dienstes ein Wechsel der Berufsart eröffnet. Der Kläger kann nach Ablegung des zweiten juristischen Staatsexamens nicht nur als Steuerbeamter, sondern auch als Richter, Rechtsanwalt oder als Jurist in den verschiedensten Bereichen der privaten Wirtschaft tätig sein. Diese Tätigkeiten sind mit denjenigen eines Finanzbeamten des gehobenen Dienstes nicht vergleichbar.

Zwar ist nach der Rechtsprechung auch bei einem Zweitstudium, bei dem möglicherweise ein Wechsel in eine benachbarte Berufsart zu bejahen sein könnte, eine Fortbildung und keine Ausbildung anzunehmen, wenn sich das Zweitstudium als eine Spezialisierung auf einem Gebiet des breit angelegten Erststudiums darstellt. Dieses Erfordernis ist im Streitfall aber ebenfalls nicht erfüllt. Zum einen ermoglicht die Ausbildung des Klägers als Jurist ihm auch die Ausübung von solchen Berufen, die zu seiner Tätigkeit als Finanzbeamter keinerlei Berührungspunkte mehr aufweisen und die mithin auch nicht als einer benachbarten Berufsart zugehörig angesehen werden können. Zum anderen ist das Studium der Rechtswissenschaft an einer Universität nicht geeignet, eine Spezialisierung der durch das Erststudium an der Fachhochschule erworbenen Kenntnisse eines Finanzbeamten zu bewirken, sondern es werden umgekehrt auf den unterschiedlichsten Gebieten juristische Grundkenntnisse vermittelt.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 19