Rülpsende Gäste im Luxushotel

Gericht

AG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

07. 03. 1995


Aktenzeichen

9 C 2334/94


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. verlangt von der Bekl., einer Reiseveranstalterin, Minderung des vereinbarten Reisepreises um 40 %. Er buchte am 30. 6. 1994 bei der Bekl. für sich, seine Ehefrau und sein Kind eine 14-tägige Flug-Pauschal-Reise für die Zeit vom 23. 7. 1994-6. 8. 1994 zu einem Gesamtpreis von 5498 DM. Reiseziel war ein Luxushotel in Tunesien. Die Buchung fand in einem Reisebüro in Bad K. statt. Dort wurde dem Kl. ein Katalog mit einer Hotelbeschreibung vorgelegt. Der Preis der Reise wurde aber schließlich nach einem Sonderangebot namens „A-Tip Tunesien“ berechnet. Dies führte für alle drei Reisende zusammen zu einer Ersparnis von insgesamt 269 DM gegenüber dem Katalogpreis. Im Katalog, genauso wie im Sonderangebot, hatte die Bekl. das fragliche Hotel mit fünf Flugzeugen klassifiziert. Danach handelte es sich um ein Luxushotel, beziehungsweise um ein Hotel erster Klasse. Lediglich im Katalog stand der Hinweis, daß sich im Hotel das erste Spielcasino Tunesiens befinde. Zu der zwischen den Parteien vereinbarten Reisezeit war das Spielcasino jedoch geschlossen. Zur Reisezeit war darüber hinaus ein benachbartes Hotel überbucht. Dieses war nur mit drei Sternen klassifiziert und gehörte somit zu einer niedrigeren Komfortklasse als das hier fragliche Hotel. Von dort wurden Gäste in das Hotel des Kl. umgelegt. Dem Kl. mißfielen die Gäste aus dem Nachbarhotel, wie auch die Tatsache, daß das Casino geschlossen war. Der Kl. hat behauptet, daß er ausschließlich aufgrund des Katalogs gebucht habe. Aus diesem Katalog sei die Zusicherung hervorgegangen, das Casino stehe zur Verfügung. Das Spielcasino sei ein entscheidender Anlaß für die Auswahl des gebuchten Hotels gewesen. Der Kl. bringt für diesen Posten 15 % des Reisepreises als Minderung in Ansatz. Eine weitere massive Störung sei das Auftreten der Gäste aus dem Nachbarhotel gewesen. Diese Gäste hätten nicht die finanziellen Möglichkeiten gehabt, den Aufwand für ein Fünf-Sterne-Hotel zu erbringen. Daraus habe sich ergeben, daß diese Gäste ein einfach strukturiertes Niveau gehabt hätten, das nicht dem seinen entsprochen habe. Sie hätten sich in Auftreten und Benehmen unangenehm von dem gehobenen Standard der übrigen Gäste unterschieden, die - wie der Kl. - das Fünf-Sterne-Hotel gebucht und bezahlt hätten. Das beschriebene niedrige Niveau habe sich in Körpergeruch, Rülpsen und in der Tatsache manifestiert, daß die Gäste in Badekleidung zum Essen erschienen seien. Wegen dieser Phänomene macht der Kl. eine Minderung von 35 % des Reisepreises geltend.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Ob der Kl. die von ihm geltend gemachten Mängel der Bekl. angezeigt hat, kann offen bleiben. Jedenfalls war die Reise weder mangelhaft noch fehlt ihr eine zugesicherte Eigenschaft.

Es ist nicht nachzuvollziehen, welchen Reisemangel der Kl. in denjenigen Gästen sieht oder auch nur sehen kann, die ursprünglich die niedrigere Kategorie im Nachbarhotel gebucht hatten. Im Zeitalter des Massentourismus ist es allen Bevölkerungsschichten möglich, Fernreisen anzutreten. Ein spezielles Publikum für Luxushotel, wie es sich der Kl. vorstellt, gibt es heutzutage nicht mehr. Das gilt insb. dort, wo 14 Tage inklusive Flug und Halbpension nur 2000 DM pro Person kosten. Von vornherein konnte der Kl. bei diesem Preis nicht davon ausgehen, daß er sich ausschließlich unter besonders wohlbetuchten Mitreisenden aufhalten werde. Insbesondere ist aber auch kaum ein Zusammenhang ersichtlich zwischen der Höhe des Familieneinkommens einerseits und dem Benehmen in der Öffentlichkeit andererseits. Die Phänomene, die der Kl. beschrieben hat, nämlich Körpergeruch und Badekleidung beim Essen sind typische - wenn auch nicht feine - Erscheinungen eines Strandhotels und somit als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen, die ihren Grund in dem üblichen Rahmen menschlichen Zusammenlebens finden. Auch wenn der eine oder andere Mitreisende „rülpst“, kann dies nicht Gegenstand eines Reisemangels sein. Die daraus entstehende Beeinträchtigung erreicht ein rechtlich erhebliches Maß nicht.

Auch, daß das Spielcasino geschlossen war, kann keinen rechtlich relevanten Mangel der Reiseleitung darstellen. Das Spielcasino war auch nicht als Eigenschaft der Reiseleistung zugesichert. Zugesichert ist eine Eigenschaft nur dann, wenn der Reiseveranstalter durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Reisenden zu erkennen gibt, daß er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft einstehen will. Hätte der Kl. seine Reise regulär nach dem Katalog gebucht, so wäre das Spielcasino durch die Hotelbeschreibung im Katalog zugesichert gewesen. Vorliegend wurde aber ein Sonderangebot gebucht. Daß der Preisunterschied dabei nur 269 DM betrug, also eine relativ geringe Summe, ist unerheblich. Entscheidend ist, daß es jedem Reiseveranstalter unbenommen bleibt, neben seinen im Katalog angebotenen Pauschalreisen weitere Pauschalreisen anzubieten und diese Angebote gegenüber den Katalogangaben zu modifizieren. Daß es sich vorliegend nicht um eine Buchung nach Katalog handelte, konnte der Kl. schon aufgrund des abweichenden Preises klar erkennen. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Abwesenheit der Eigenschaft, also auf die Tatsache, daß das Spielcasino geschlossen ist, war deshalb nicht notwendig. Unerheblich ist demnach auch, ob das Handeln des Reisebüros in Bad K. der Bekl. gem. § 278 BGB zuzurechen ist oder nicht. In jedem Fall gilt das geöffnete Spielcasino als nicht zugesichert.

Da sich aber nun der Vertragsinhalt nach dem „A-Tip-Tunesien-Angebot“ bestimmt, in dem das Spielcasino gar nicht erwähnt wird, kann sich die Tatsache auch nicht als Mangel erweisen, daß das Casino geschlossen war. Vielmehr könnte sich durchaus umgekehrt ein geöffnetes Spielcasino als für den Kl. unangenehm erweisen, weil es ein Treffpunkt hotelfremder Personen (vielleicht sogar solche aus dem Nachbarhotel) und eine Quelle der Unruhe darstellen kann, die die Urlaubserholung stören könnte.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB § 651