Eine Woche Peking ohne Koffer

Gericht

AG Nürnberg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

27. 11. 1996


Aktenzeichen

35 C 7300/96


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. buchte für die Zeit vom 27. 1. bis 5. 2. 1996 eine Pauschalreise nach Peking bei der Bekl., wobei im wesentlichen Besichtigungen der Stadt und der chinesischen Mauer vorgesehen waren. Das Reisegepäck, das im Rahmen dieses Pauschalreisevertrages transportiert wurde, kam in Peking nicht an. Vielmehr konnte die Kl. es bei der Rückreise in Bukarest wieder in Empfang nehmen, wobei sie den Verlust von Taschenbüchern und Parfüm feststellte. Die Kl. hat insoweit Schadensersatz in Höhe von 70 DM, weitere 50 DM für eine gebuchte aber nicht durchgeführte Stadtrundfahrt in Bukarest, die Hälfte des Reisepreises als solchen in Höhe von 677,50 DM sowie Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit von 5 mal 500 DM verlangt. Bei Außentemperaturen von - 10 bis - 15 Grad habe sie die Besichtigungen nicht richtig aufnehmen können. Zudem sei sie schon seit 31. 1. stark erkältet gewesen, was sie auf das Fehlen warmer Kleidung zurückführt. Die Bekl. hat den Anspruch in Höhe von 50 DM wegen der ausgefallenen Stadtrundfahrt zugestanden und im übrigen die Ansprüche der Kl. abgelehnt.

Deren Klage auf Zahlung von 1297,50 DM hatte mit 677,50 DM Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Die Kl. hat Gewährleistungsansprüche gem. § 651g I BGB rechtzeitig geltend gemacht. Das bei der Bekl. am 26. 2. 1996 eingegangene Schreiben weist auf alle streitgegenständlichen Angelegenheiten hin, wie Ausfall der Stadtrundfahrt, nicht mitgelieferter Koffer. Dies reicht, um der Bekl. Gewißheit darüber zu verschaffen, daß sie sich Ansprüchen wegen dieser Reise ausgesetzt sieht. Eine Bezifferung der Ansprüche ist noch nicht notwendig (Palandt/Thomas, BGB, 54. Aufl., § 651g Rdnr. 1).

2. Die Kl. kann den Reisepreis mindern, § 651d BGB. Auf ein Verschulden der Bekl. kommt es hierbei nicht an (Palandt/Thomas, Vorb. § 651c Rdnr. 3). Da eine Pauschalreise vorliegt, hatte die Bekl. auch die Pflicht, den Koffer bis zum Zielort zu transportieren. Auf eventuelles Verschulden der von ihr genutzten Fluglinie kann sie sich nicht berufen. Angemessen ist die Minderung des Reisepreises um 50%, wie von der Kl. verlangt. Dies ergibt sich daraus, daß das Fehlen jeglicher persönlicher Kleidung und der Bedarfsgegenstände während der gesamten Reise die Reise als solche stark beeinträchtigt. Die Kl. kann nicht darauf verwiesen werden, bei einer anderen Reisenden Kleidung auszuleihen. Auch kann sie nicht zum Kauf von Kleidungsstücken in Peking zum Zweck der Schadensminderung verpflichtet sein, zumal sie nicht mit Erstattung durch die Bekl. rechnen konnte. Das Gericht orientiert sich hierbei an Beispielen der Rechtsprechung (OLG Frankfurt a.M., MDR 1984, 667: 25% Minderung des Reisepreises bei fehlendem Gepäck während der gesamten Reise, wobei allerdings berücksichtigt wurde, daß aus klimatischen Gründen eine „legere Kleidung“ angezeigt war; LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1986, 216 [217]: 20% Minderung des Tagesreisepreises bei Nachlieferung der Gepäckstücke erst nach drei Urlaubstagen; LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1994, 309: 20% Minderung des Tagesreisepreises bei Nachlieferung des Koffers erst am zweiten Tage einer Schiffsreise unter Bezugnahme auf die gehobenen Bekleidungsgewohnheiten auf einem Kreuzfahrtschiff).

3. Die von der Kl. vorgetragenen Besonderheiten werden bei der Bemessung der Minderungsquote zugrunde gelegt, so daß sie nicht zusätzlich Anspruch auf Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit gem. § 651f II BGB hat. Es wird davon ausgegangen, daß sie mit einem Grundbestand an Kleidungsstücken in N. das Flugzeug bestiegen hat und zwar durch die geschilderten Umstände beeinträchtigt aber immerhin an den Besichtigungen teilnehmen konnte. Das Ziel, bleibende Eindrücke von Peking und der chinesischen Mauer zu haben, ist sicher beeinträchtigt aber in nicht so hohem Maße, daß der Sinn der Reise für die Kl. nicht erfüllt worden wäre.

4. 50 DM für die bereits vorausbezahlte Stadtrundfahrt in Bukarest hat die Bekl. zurückzuerstatten.

Nicht haftbar ist die Bekl. für den Verlust von Gegenständen aus dem Koffer. Die näheren Umstände des Verlustes sind nicht bekannt. So kann nicht festgestellt werden, ob Ursache für den Verlust der Umstand war, daß der Koffer in Bukarest nicht weitertransportiert wurde. Wäre ohnehin etwas aus dem Koffer entwendet worden, so würde die Bekl. als Reiseveranstalter hierfür nicht haften, weil dies zum allgemeinen Lebensrisiko eines Reisenden gehört (LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1994, 1477 [1478]). Auch steht nicht fest, ob der Verlust während der Luftbeförderung eingetreten ist, Art. 18 WarschAbk, BGBl II 1963, 1295.

Nach Schluß der mündlichen Verhandlung hat die Kl. den Rechtsstreit in Höhe eines Teilbetrages von 120 DM für erledigt erklärt, weil sie von der rumänischen Fluggesellschaft die Position Stadtrundfahrt und entwendetes Parfüm und Taschenbücher erhalten hat.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB § 651d