Abziehbarkeit der Aufwendungen für Arbeitszimmer und Arbeitsmittel

Gericht

BFH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 11. 1997


Aktenzeichen

VI R 4/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Soweit Aufwendungen eines Arbeitnehmers für ein häusliches Arbeitszimmer und dessen Ausstattung nur bis höchstens 2400 DM jährlich als Werbungskosten abgezogen werden dürfen, ist dies verfassungsrechtlich unbedenklich.

  2. Die in § 9 I 3 Nr. 6 EStG getroffene Regelung über die Abziehbarkeit der Aufwendungen für Arbeitsmittel hat Vorrang vor der die Kosten der Ausstattung eines häuslichen Arbeitszimmers betreffenden Regelung in § 4 V Nr. 6 b S. 1 i. V. mit § 9 V EStG.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl. ist Lehrer an einem Gymnasium. Er beantragte u. a. wegen der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in seinem Einfamilienhaus die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte. Die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer sowie für Einrichtungsgegenstände bezifferte er auf 4103 DM. Der Bekl. (das Finanzamt) berücksichtigte unter Hinweis auf § 9 V i. V. mit § 4 V Nr. 6 b EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG 1996, BGBl I 1996, 1250 - BStBl I 1996, 438) insoweit nur Aufwendungen von 2400 DM. Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage machte der Kl. geltend, die in § 4 V Nr. 6 b S. 2 EStG normierte Beschränkung treffe auf ihn nicht zu, weil sein häusliches Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Tätigkeit bilde. Außerdem sei die Vorschrift insgesamt formell und materiell verfassungswidrig. Die formelle Verfassungswidrigkeit sei daraus abzuleiten, daß die Vorschrift erst im zweiten Vermittlungsverfahren vorgeschlagen und in dem ursprünglich in den Bundestag eingebrachten Gesetzesentwurf nicht enthalten gewesen sei. Dadurch sei gegen das in Art. 76 I GG geregelte sog. Initiativrecht sowie gegen Grundsätze der parlamentarischen Demokratie verstoßen worden. Die Vorschrift sei auch materiell verfassungswidrig, weil sie gegen das Nettoprinzip, die Grundrechte auf Gleichbehandlung (Art. 3 I GG) und Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) sowie gegen die Gewährleistung des Eigentums (Art. 14 GG) verstoße.

Das FG gab der Klage teilweise statt. Die Revisionen des Kl. und des Finanzamts blieben ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Die Revision des Kl. ist unbegründet. Das FG hat ohne Rechtsverstoß entschieden, daß wegen der Aufwendungen des Kl. für sein häusliches Arbeitszimmer gem. § 9 V i. V. mit § 4 V Nr. 6 b S. 3, Halbs. 1 EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996 keine höheren Werbungskosten als 2400 DM auf der Lohnsteuerkarte als Freibetrag einzutragen waren (§ 39 a I Nr. 1 EStG). die Beschränkung des Werbungskostenabzugs nach § 9 V i. V. mit § 4 V Nr. 6 b EStG ist sowohl formell als auch inhaltlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Auffassung des FG, das Arbeitszimmer bilde nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Kl., ist zutreffend.

1. § 4 V Nr. 6 b EStG, durch den die Anforderungen an die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers gegenüber der bisherigen Rechtsprechung zu § 4 IV EStG oder § 9 I 1 EStG dem Grunde nach verschärft worden sind und in dem außerdem bestimmt worden ist, daß die Aufwendungen in der Regel nur mit einem Höchstbetrag von 2400 DM abziehbar sind, ist formell verfassungsgemäß. Entgegen der Auffassung des Kl. läßt sich nicht deshalb aus Art. 76 I und Art. 77 GG eine formelle Verfassungswidrigkeit dieser Vorschrift ableiten, weil sie erst aufgrund eines Einigungsvorschlags des Vermittlungsausschusses in das Jahressteuergesetz 1996 aufgenommen worden ist.

Art. 76 I GG bestimmt, daß Gesetzesvorlagen beim Bundestag durch die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat eingebracht werden. Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 1996, der noch keine das häusliche Arbeitszimmer betreffende Regelung enthielt, ist von den Fraktionen der CDU-CSU und F.D.P beim Bundestag eingebracht worden (vgl. BT-Dr 13-901 und BT-Dr 133-1558). Er stammt damit gem. Art. 76 I GG aus der Mitte des Bundestages.

Der Vermittlungsausschuß ist mit der Ergänzung des Gesetzes um die das häusliche Arbeitszimmer betreffende Regelung nicht über den ihm zustehenden Vermittlungsrahmen hinaus tätig geworden. Welche Grenzen der Tätigkeit des Vermittlungsausschusses gesetzt sind, hat das BVerfG noch nicht abschließend entschieden. Der BGH hat in einem Urteil vom 12. 7. 1984 (BGHZ 92, 94 [103] = NJW 1985, 3021) unter Hinweis auf eine in der Literatur vorherrschende Meinung verlangt, daß zwischen dem Gesetzesbeschluß und dem Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses ein hinreichender sachlicher Zusammenhang bestehen muß. Das BVerfG hat die Frage, ob sich die Vermittlungsbefugnis gem. Art. 77 II GG in dieser oder ähnlicher Weise begrifflich eingrenzen läßt, offengelassen. Es hat die Auffassung vertreten, daß jedenfalls der Spielraum für Alternativ- und Ergänzungsvorschläge im Vermittlungsverfahren um so weiter sei, je umfassender die Materie und das Regelungsziel eines Gesetzes seien(BVerfGE 72, 175 = NJW 1986, 2561).

Bei Anwendung dieser Grundsätze bestehen an der formellen Verfassungsmäßigkeit des § 4 V Nr. 6 b EStG keine Zweifel. Regelungsziele des Jahressteuergesetzes 1996 waren u. a. die Neuregelung der Steuerfreistellung des Existenzminimums und eine Steuervereinfachung (vgl. BT-Dr 13-901, S. 1). Diese Gesetzesziele waren umfassend und zwischen ihnen und der Neuregelung des häuslichen Arbeitszimmers bestand ein hinreichender sachlicher Zusammenhang. Denn bereits im Vorfeld zum Jahressteuergesetz 1996 hatten Steuerexperten im Zusammenhang mit der erforderlichen steuerlichen Freistellung des Existenzminimums und einer Steuervereinfachung Einschränkungen beim häuslichen Arbeitszimmer sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach empfohlen (vgl. Thesen der Einkommensteuerkommission zur Steuerfreistellung des Existenzminimums ab 1996 und zur Reform der Einkommensteuer, der sog. Bareis-Kommission, vom November 1994, Beil. 24 zum BB 1995, 9; Bericht der von der Finanzministerkonferenz am 22. 4. 1993 eingesetzten Arbeitsgruppe Steuerrechtsvereinfachung, unter C II Nr. 22). Im Einklang mit diesen Empfehlungen waren in sämtlichen Gegenvorschlägen zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU-CSU und F.D.P Einschränkungen beim häuslichen Arbeitszimmer vorgesehen. So hatten verschiedene Abgeordnete und die Fraktion Bündnis 90-Die Grünen einen Antrag „Soziale und gerechte Einkommensteuerreform 1996“ beim Deutschen Bundestag eingebracht (BT-Dr 13-936). Bei diesem Antrag handelte es sich zwar nicht um einen ausformulierten Gesetzentwurf; jedoch war unter der laufenden Nr. 29 der Anlage 4 dieses Antrags eine Beschränkung der Abziehbarkeit der Kosten für häusliche Arbeitszimmer auf maximal 2000 DM vorgesehen (BT-Dr 13-936, S. 17). Der Finanzausschuß des Bundesrates hatte in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Jahressteuergesetzes 1996 der CDU-CSU und F.D.P. ebenfalls vorgeschlagen, die Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu beschränken (vgl. BR-Dr 171-2-95, betreffend die Empfehlungen der Ausschüsse zur Sitzung des Bundesrats am 2. 6. 1995; BR-Dr 13-1686, S. 16). Dem folgte schließlich der Gesetzentwurf des Vermittlungsausschusses, der außerdem vorsah, die Beschränkung um die Kosten der Ausstattung des Arbeitszimmers zu ergänzen (BT-Dr 13-1960, S. 1 zu Art. 1 Nr. 4 d). Angesichts dieser Entwicklung ist nicht zweifelhaft, daß die erst im zweiten Vermittlungsverfahren in den Gesetzentwurf aufgenommene Regelung des häuslichen Arbeitszimmers von dem Regelungsziel des Jahressteuergesetzes 1996 gedeckt war.

2. Die Beschränkung des Werbungskostenabzugs nach § 9 V i. V. mit § 4 V Nr. 6 b EStG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1996 für das häusliche Arbeitszimmer eines Arbeitnehmers verstößt auch nicht gegen materielles Verfassungsrecht (Art. 14 I , 12 I , 2 I GG).

a) Nach Satz 1 der Nr. 6 b des § 4 V EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Dies gilt nach Satz 2 nicht, wenn entweder die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50% der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Senat hat mit Urteil in BFHE 181, 305 = BStBl II 1997, 68 = NJW 1997, 759, entschieden, daß diese Regelungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind. Er hält an dieser Rechtsprechung fest und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung dieses Urteils.

Darüber hinaus steht die Vorschrift mit der Verfassung auch insoweit in Einklang, als dann, wenn die Voraussetzungen des Satzes 2 vorliegen, nach § 4 V Nr. 6 b S. 3, Halbs. 1 EStG die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2400 DM begrenzt wird. Das BVerfG hat in seinem Beschluß betreffend die Aufhebung des Arbeitnehmer- und Weihnachtsfreibetrages vom 10. 4. 1997 (NJW 1997, 2101 unter II 3 der Entscheidungsgründe) festgestellt, es sei dem Gesetzgeber nicht untersagt, daß er für bestimmte Arten von Aufwendungen nur den Abzug eines typisierten festgelegten Betrags gestatte.

Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind eine Art von Aufwendungen, die der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen Art. 14 II 2, Art. 12 I oder Art. 2 I GG typisierend begrenzen darf. Wie der Senat bereits in dem Urteil in BFHE 181, 301 = BStBl II 1997, 68 [70] = NJW 1997, 759, ausgeführt hat, weisen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer eine Berührung mit der privaten Lebensführung auf und fallen in einer Sphäre an, die sich einer sicheren Nachprüfung durch die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte entzieht. Der in der Privatwohnung liegende Raum kann tatsächlich ohne jegliche Kontrollmöglichkeit für die Finanzbehörden auch für andere als berufliche Zwecke genutzt werden, und zwar auch dann, wenn die Merkmale erfüllt sind, die die Rechtsprechung als ausreichend erachtet hat, um eine ausschließlich berufliche Nutzung des Raums zu bejahen. Tatsächlich kann die Behauptung des Steuerpflichtigen, der Raum werde ausschließlich für berufliche oder betriebliche Zwecke genutzt, nicht in einer Weise überprüft werden, daß ihre Richtigkeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könnte. Angesichts dieser Besonderheiten kann es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht untersagt werden, daß er die Höhe der als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbaren Aufwendungen auf ein Maß beschränkt, das ihm als notwendig erscheint.

b) Die in Satz 3, Halbs. 1 des § 4 V Nr. 6 b EStG bestimmte Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen auf 2400 DM pro Jahr ist auch nicht deshalb verfassungswidrig, weil sie nach dem 2. Halbsatz der Vorschrift nicht gilt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. In dieser Regelung liegt entgegen der Auffassung des Kl. kein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluß und damit kein Verstoß gegen Art. 3 I GG. Denn der Gesetzgeber hat typisierend an unterschiedliche Sachverhalte unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft. Die gesetzliche Differenzierung hält sich schon deshalb im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums, weil gerade bei der Zuordnung von Aufwendungen, die eine Berührung zu den Kosten der Lebensführung aufweisen, Wertungen eine große Rolle spielen. Die erforderlichen Grenzziehungen des Gesetzgebers können naturgemäß nicht einzelfallbezogen, sondern nur verallgemeinernd sein. Daß bei einer notwendigerweise verallgemeinernden gesetzlichen Regelung möglicherweise vereinzelt bei außergewöhnlichen Fallgestaltungen Ergebnisse auftreten können, die nicht uneingeschränkt befriedigen können, ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG hinzunehmen. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, NJW 1997, 2101, unter I 1 der Entscheidungsgründe). Der Gleichheitssatz fordert nicht eine immer mehr individualisierende und spezialisierende Gesetzgebung, die letztlich die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs gefährdet, sondern die Regelung eines allgemein verständlich und möglichst unausweichlichen Belastungsgrundes (BVerfG, NJW 1997, 2101, unter I 1 der Entscheidungsgründe).

c) Entgegen der Auffassung des Kl. ist die in § 4 V Nr. 6 b EStG getroffene Regelung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes nicht zu beanstanden. Das Jahressteuergesetz 1996 ist im BGBl vom 20. 10. 1995 verkündet worden und die das Arbeitszimmer betreffende Vorschrift ist gem. § 52 I JStG 1996 erstmals für den Veranlagungszeitraum 1996 anzuwenden. Damit liegt weder eine echte noch eine unechte Rückwirkung vor. Ein schutzwürdiges Vertrauen darauf, daß die Rechtslage hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers auch in Zukunft unverändert bleiben würde, bestand nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG kann der Bürger nicht darauf vertrauen, daß eine ihm günstige Gesetzeslage unverändert bleibt. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Abschaffung von Steuervergünstigungen, sondern auch für die Erhebung einer zusätzlichen Steuer; die Verfassung schützt nicht die bloße Erwartung, das geltende Steuerrecht werde fortbestehen (vgl. BVerfGE 38, 61 [83] = NJW 1975, 31; BVerfGE 63, 312 [331] = NJW 1983, 1841). Der Gesetzgeber muß die Möglichkeit haben, auf neue Entwicklungen zu reagieren und Fehler für die Zukunft zu korrigieren.

3. Der Kl. rügt auch zu Unrecht, das FG habe § 4 V Nr. 6 b i. V. mit § 9 V EStG rechtsfehlerhaft auf den im Streitfall verwirklichten Sachverhalt angewendet. Denn die Auffassung des FG, im Streitfall seien die Voraussetzungen des § 4 V Nr. 6 b S. 3, Halbs. 2 EStG, die zur Folge haben, daß die Begrenzung der Höhe der Aufwendungen auf 2400 DM nicht gilt, nicht erfüllt, ist nicht zu beanstanden. Der Senat teilt vielmehr die Ansicht der Vorinstanz und des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in dem Schreiben vom 29. 9. 1995 (BStBl I 1995, 429 [432], Tz. 3.3), daß bei einem Lehrer das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung bildet, sondern dieser in der Schule liegt.

II. Die Revision des Finanzamts ist ebenfalls unbegründet. Das FG hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß die Aufwendungen für die Anschaffung eines Bücherregals, das ausschließlich beruflichen Zwecken dient und deshalb als Arbeitsmittel i. S. des § 9 I 1 Nr. 6 EStG zu beurteilen ist, nicht den Kosten der Ausstattung eines Arbeitszimmers i. S. des § 4 V Nr. 6 b S. 1 i. V. mit § 9 V EStG zuzuordnen ist.

Nach § 4 V Nr. 6 b S. 1 EStG dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die „Kosten der Ausstattung“ den Gewinn nicht mindern. Der Begriff der Ausstattung kann sowohl als Ausrüstung als auch als Einrichtung eines Zimmers verstanden werden (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in acht Bänden I, 2. Aufl., S. 374 - „Ausstattung“). Nach dem Wortlaut zählen daher zu den „Kosten der Ausstattung“ des Arbeitszimmers auch die Aufwendungen für einen Bücherschrank oder ein Bücherregal (vgl. BFHE 163, 324 = BStBl II 1991, 340 = NJW 1991, 1504; BFH, BFH-NV 1997, 341 [342]). Der Senat teilt jedoch die Ansicht der Vorinstanz, der FGe Rheinland-Pfalz (EFG 1996, 695) und Baden-Württemberg (EFG 1997, 728) sowie die ganz überwiegende Meinung in der Literatur (vgl. Schmidt-Drenseck, EStG, 16. Aufl., § 19 Rdnr. 60 - „Arbeitszimmer“ unter a (3) m. w. Nachw.; Giloy, BB 1995, 2454; Strohner-Mainzer, FR 1995, 676 [684]; Niermann, DB 1995, 2084; Horlemann, DStZ 1995, 673 [680]; Apitz, StBp 1996, 159 [161 ff.]; Karrenbrock, DStZ 1996, 727 [734]; Koenig, Stbg 1996, 7; Urban, DStZ 96, 229 [235]; Schmidt-Heinicke, EStG, 16. Aufl., § 4 Rdnr. 591; Blümich-Thürmer, EStG, § 9 Rdnr. 567 j; Küttner-Macher, Personalhandbuch 1997, Arbeitszimmer, Rdnr. 23; a. A. Seitz, DStR 1996, 48 [51]; Meurer, in: Lademann-Söffing-Brockhoff, EStG, § 4 Anm. 720 bis 722), daß Aufwendungen für Arbeitsmittel (§ 9 I Nr. 6 EStG) weiterhin unbeschränkt bzw. in den Grenzen des § 4 V Nr. 7 i. V. mit § 9 V EStG als Werbungskosten abziehbar sind, auch wenn das Arbeitsmittel sich in einem häuslichen Arbeitszimmer befindet und damit zu dessen Ausstattung gehört.

Soweit Einrichtungsgegenstände gleichzeitig Arbeitsmittel sind und zur Ausstattung eines Raumes gehören, besteht für die Abziehbarkeit der Aufwendungen ein Konkurrenzverhältnis zwischen § 9 I 3 Nr. 6 EStG einerseits und § 9 V i. V. mit § 4 V 1 Nr. 6 b EStG andererseits. Aus der Entstehungsgeschichte des § 4 V 1 Nr. 6 b EStG lassen sich keine Anhaltspunkte für die Lösung dieses Konkurrenzverhältnisses finden. Denn während der Vorschlag des Finanzausschusses des Bundesrates vorsah, die Abziehbarkeit der „Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer“ zu beschränken (vgl. BR-Dr 171-2-95, Nr. 35; BT-Dr 14-1686, S. 16), waren in der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses die Kosten der Ausstattung einbezogen (BT-Dr 13-1960, S. 2). Materialien über die Gründe der Ergänzung der Vorschrift im Vermittlungsverfahren, die Aufschluß darüber geben könnten, ob und gegebenenfalls welche Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Ausstattung des häuslichen Arbeitszimmers und Arbeitsmittel bestanden haben, liegen nicht vor.

Unter diesen Umständen spricht für einen Vorrang des § 9 I 3 Nr. 6 EStG und eine den weiten Wortlaut des § 4 V Nr. 6 b S. 1 EStG einschränkende Auslegung, daß dadurch die Aufwendungen für ein Arbeitsmittel in einem steuerlich anerkannten häuslichen Arbeitszimmer unter den gleichen Nutzungsvoraussetzungen anerkannt werden, wie das außerhalb des Arbeitszimmers der Fall ist. Es erschiene nicht einleuchtend, daß die Aufwendungen für das nämliche Arbeitsmittel nur bis zu einem Höchstbetrag abziehbar sein sollen, wenn es sich in einem steuerlich anerkannten häuslichen Arbeitszimmer befindet, während eine derartige Höchstgrenze dann nicht besteht, wenn es in einem anderen Raum der Wohnung untergebracht ist.

Der Auffassung der Finanzverwaltung, daß nur typische Arbeitsmittel, wie z. B. das Klavier bei einem Musiklehrer, nicht zur Ausstattung gehören, wohl aber z. B. Bücherschränke und Schreibtische (vgl. Abschn. 45 II 6 LStR 1996; Schr. des BMF, BStBl I 1995, 429 [432] Tz. 3.3), kann der Senat nicht folgen. Die Finanzverwaltung räumt mit dieser Unterscheidung selbst die Notwendigkeit ein, den weiten Wortlaut des Begriffs der Ausstattung in § 4 V Nr. 6 b S. 1 EStG einschränkend auszulegen; denn ohne eine einschränkende Auslegung wäre z. B. auch ein Klavier der Ausstattung des Raumes zuzurechnen. Die Finanzverwaltung will nur den Kreis der Gegenstände enger ziehen, die von der den Wortlaut einschränkenden Auslegung betroffen sind. Eine Rechtfertigung für eine derartige Differenzierung sieht der Senat nicht.

Bei Anwendung dieser Grundsätze hat die Vorinstanz ohne Rechtsverstoß entschieden, daß die Aufwendungen für ein Bücherregal, das ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird, nach § 9 I Nr. 6 EStG als Werbungskosten abgezogen werden können und daß deswegen über den für das häusliche Arbeitszimmer zu gewährenden Höchstbetrag von 2400 DM hinaus ein Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte gem. § 39 a I Nr. 1 EStG einzutragen war.

Rechtsgebiete

Steuerrecht

Normen

EStG §§ 4 V Nr. 66, 9 I 3 Nr. 6 und V