Unfallversicherungsschutz der Leiterin einer Pfadfindergruppe

Gericht

BSG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

24. 03. 1998


Aktenzeichen

B 2 U 13/97 R


Leitsatz des Gerichts

Zur Frage des Unfallversicherungsschutzes bei der Erfüllung von Aufgaben, die einer Leiterin einer Pfadfindergruppe während eines Zeltlagers obliegen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Zwischen den Bet. ist streitig, ob die Bekl. verpflichtet ist, die Kl. wegen der Folgen des Unfalls vom 9. 8. 1993 zu entschädigen. Die Kl. gehörte seit Herbst 1991 dem Leitungsteam der Jungpfadfinderstufe des Stammes St. Augustinus B. der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) an. In der Zeit vom 31. 7. bis 19. 8. 1993 leitete sie zusammen mit drei männlichen Betreuern ein von der DPSG veranstaltetes Sommerlager der Gruppe am Bodensee. Da auch drei Mädchen teilnahmen, war eine weibliche Betreuerin erforderlich. Die Leiterinnen anderer Gruppen des Stammes standen nicht zur Verfügung. Daher wurden, um der Kl. die Teilnahme zu ermöglichen, ihr vom Vorstand des Stammes auch die üblicherweise von den Betreuern zu tragenden Verpflegungskosten in Höhe von 180 DM erlassen. Eine Vergütung erhalten die Betreuer solcher Freizeitveranstaltungen nicht. Bei einem Ausflug der Pfadfindergruppe während dieses Sommerlagers zog sich die Kl. am 9. 8. 1993 bei einem Fahrradunfall erhebliche Verletzungen zu. Die bekl. Berufsgenossenschaft lehnte es ab, den Unfall zu entschädigen. Ein Unfallversicherungsschutz gem. § 539 I Nr. 1 RVO aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses zur DPSG habe nicht vorgelegen. Auch ein Versicherungsschutz gem. § 539 II RVO habe nicht bestanden, weil die Tätigkeit der Kl. Ausfluß ihrer Mitgliedschaft in der DPSG gewesen sei.

Das SG hat die Bekl. verurteilt, den Unfall vom 9. 8. 1993 als Arbeitsunfall zu entschädigen. Das LSG hat die Klage abgewiesen. Auch die - vom LSG zugelassene - Revision der Kl. blieb erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. ... Der Anspruch der Kl. richtet sich noch nach den Vorschriften der RVO, da der von ihr als Arbeitsunfall geltend gemachte Unfall vor dem Inkrafttreten des SGB VII am 1. 1. 1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], § 212 SGB VII).

Wie das LSG zutreffend entschieden hat, erlitt die Kl. keinen Arbeitsunfall, als sie auf dem Ausflug der Pfadfindergruppe mit dem Fahrrad verunglückte. Nach § 548 I 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den eine Versicherte bei einer der in den §§ 539 , 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß die Kl. weder zu dem nach § 539 I Nr. 13 RVO noch zu dem nach § 539 I Nr. 1 RVO oder § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO versicherten Personenkreis gehörte.

Die Kl. hat im Unfallzeitpunkt nicht gem. § 539 I Nr. 13 RVO unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Nach dieser Vorschrift sind u.a. gegen Arbeitsunfall versichert, die für eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ehrenamtlich Tätigen, wenn ihnen nicht durch Gesetz eine laufende Entschädigung zur Sicherstellung ihres Lebensunterhalts gewährt wird. Die Kl. gehörte nicht zu dem in dieser Vorschrift genannten ehrenamtlich tätigen Personenkreis. Bei der römisch-katholischen Kirche in der Bundesrepublik Deutschland handelt es sich zwar um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts i.S. des § 539 I Nr. 13 RVO (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 10). Die Kl. ist aber weder unmittelbar noch mittelbar für die römisch-katholische Kirche ehrenamtlich tätig gewesen. Zutreffend ist das LSG zu dem Ergebnis gelangt, daß die Kl. in der römisch-katholischen Kirche bzw. in der Kirchengemeinde kein Ehrenamt bekleidet hat. Dies war auch nicht mittelbar aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der DPSG der Fall. Nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist die DPSG zwar der katholische Pfadfinderbund in der Bundesrepublik Deutschland, aber rechtlich kein Teil der römisch-katholischen Kirche (Abschn. 1 Nr. 1 der Satzung der DPSG). Er ist ein nicht rechtsfähiger Verein (Abschn. 1 Nr. 6 der Satzung der DPSG). Wie das LSG im einzelnen rechtlich zutreffend ausführt, bestehen lediglich organisatorische Verbindungen zur katholischen Kirche. Nach der „Ordnung“ der DPSG hat diese ihren Platz in der katholischen Kirche (Abschn. 3 S. 13 der Ordnung der DPSG) mit Laienverbandscharakter (Abschn. 3 S. 15 der Ordnung der DPSG). Auch der Pfadfinderstamm St. Augustinus der DPSG, dem die Kl. im Unfallzeitpunkt angehörte, ist, wie das LSG zu Recht ausführt, rechtlich unabhängig von der Kirchengemeinde. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß ein Pfadfinderstamm für mehrere Kirchengemeinden bestehen kann. Das Sommerlager der Pfadfinderschaft ist nach den Feststellungen des LSG in eigener Zuständigkeit und Verantwortung der DPSG durchgeführt worden. Damit hat die Kl. auch nicht mittelbar eine ehrenamtliche Tätigkeit in der katholischen Kirchengemeinde ausgeübt. Ehrenamtlich in privatrechtlich organisierten Vereinen tätige Personen werden nicht vom Versicherungsschutz nach § 539 I Nr. 13 RVO erfaßt (BSG, SoZR 2200 § 539 Nr. 10). Auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht, da eine Regelungslücke nicht besteht. Diese Vorschrift ist vielmehr bewußt nicht auf privatrechtliche - rechtsfähige oder nicht rechtsfähige - Vereine erstreckt worden (BSG, SoZR 2200 § 539 Nr. 10).

Zu Unrecht rügt die Kl. insoweit, daß das LSG es versäumt habe, Auskünfte über das Verhältnis der DPSG zur katholischen Kirche einzuholen. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das LSG (§ 103 SGG) liegt aber nur vor, wenn das Gericht eine Beweiserhebung nicht durchführt, obwohl es sich aus seiner Sicht dazu hätte gedrängt fühlen müssen (BSG, SozR Nr. 40 zu § 103 SGG; BSGE 40, 49; BVerwG, Buchholz 310 § 86 Nr. 100; Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., § 103 Rdnr. 20). Es ist davon auszugehen, daß das LSG die zu dem aufzuklärenden Sachverhalt bereits eingeholten Beweise gewürdigt hat. Aus seiner Sicht brauchte sich das LSG danach nicht gedrängt zu fühlen, weitere Beweise zu erheben. Zur Beweiswürdigung gehört auch die Entscheidung, mit welchen Grundlagen sich das Tatsachengericht bei seiner Entscheidung in der Sache begnügt. Aus der Sicht des LSG war das rechtliche Verhältnis der DPSG zur katholischen Kirche geklärt.

Nach § 539 I Nr. 1 RVO sind die aufgrund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses Beschäftigten gegen Arbeitsunfall versichert. Ferner sind nach § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO Personen gegen Arbeitsunfall versichert, die wie ein in einem Beschäftigungsverhältnis stehender Versicherter tätig werden. Die Kl. war jedoch, wie das LSG zutreffend entschieden hat, im Unfallzeitpunkt weder nach § 539 I Nr. 1 RVO noch nach § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO gegen Arbeitsunfall versichert. Denn sie hat an dem Sommerlager der DPSG in Erfüllung mitgliedschaftlicher Vereinspflichten in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Leitungsteams der Jugendgruppe teilgenommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG schließt die Mitgliedschaft in einem - rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen - Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 539 I Nr. 1 RVO nicht von vornherein aus und damit auch nicht schlechthin eine versicherte Tätigkeit wie eine Beschäftigte i.S. von § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO aus (BSGE 14, 1; 17, 211; 52, 11; BSG, SozR 2200 § 539 Nrn. 101, 114, 123; BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 18; BSG, USK 8252; USK 8366; USK 9204, jeweils m. w. Nachw.). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt aber voraus, daß das Vereinsmitglied als eine bzw. wie eine in einem Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis Stehende tätig wird. Ist für ein Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnis kein Raum, weil die Tätigkeit nicht aufgrund eines solchen Verhältnisses, sondern aufgrund von Mitgliedspflichten ausgeübt worden ist, so entfällt die Anwendung des § 539 I Nr. 1 RVO und damit auch des § 539 II RVO (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 18 m. w. Nachw.). Es ist somit zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedspflichten beruhen, und Arbeitsleistungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Nur im letzteren Fall kann, wenn die erforderliche Abhängigkeit gegeben ist, ein Arbeits- oder Dienstverhältnis angenommen werden (BSG, SozR 2200 § 539 Nrn. 114 und 123).

Hinsichtlich des Versicherungsschutzes nach § 539 I Nr. 1 RVO fehlt es für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bereits an einer persönlichen Abhängigkeit zwischen der Kl. und der DPSG, wie das LSG rechtlich zutreffend festgestellt hat.

Es sind aber auch die Voraussetzungen des § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO nicht gegeben. Ein Vereinsmitglied kann zwar grundsätzlich nicht nur - wie dargelegt - „als“, sondern dementsprechend auch „wie“ ein nach § 539 I Nr. 1 RVO Beschäftigter für den Verein tätig und nach § 539 II RVO versichert sein (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 123; BSG, HV-Info 1988, 2178). Danach sind gegen Arbeitsunfall Personen versichert, die wie ein nach § 539 I RVO Versicherter tätig werden. Die Anwendung der Vorschrift erfordert eine ernsthafte, dem Unternehmen zu dienen bestimmte und seinem wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechende Tätigkeit, die ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen, und die unter solchen Umständen geleistet wird, daß sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Die hier zu beurteilende Betreuung der Pfadfinder in der Freizeit stellt zwar eine ernsthafte, dem Willen des Pfadfinderstammes entsprechende Arbeitsleistung dar. Eines persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses bedarf es bei einem Tätigwerden nach § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO nicht (BSGE 5, 168 = NJW 1958, 158; BSGE 17, 211; BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 123; BSG, HV-Info 1988, 2178; Brackmann, Hdb. der Sozialversicherung, 11. Aufl., S. 475m ff. m. w. Nachw.).

Der Versicherungsschutz ist im vorliegenden Fall aber ausgeschlossen, weil sich die Tätigkeit der Kl. entgegen ihrer Auffassung in der Revision als Betreuerin im Sommerlager als Ausfluß ihrer Mitgliedschaft im Verein darstellt. Denn maßgebend ist, daß die Tätigkeit aufgrund ihrer Mitgliedspflichten im Rahmen des Vereinszwecks verrichtet wurde. Diese Mitgliedspflichten können sich aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder aufgrund allgemeiner Vereinsübung ergeben. Nach den Feststellungen des LSG war im vorliegenden Fall eine Verpflichtung der Kl. zur Teilnahme am Sommerlager als Betreuerin durch einen entsprechenden Beschluß des dafür zuständigen Vereinsorgans nicht festgelegt. Die Satzung der DPSG fordert zwar im Abschn. 1 Nr. 16, daß die Mitglieder zur Mitarbeit an den Veranstaltungen des Verbandes berechtigt, aber auch verpflichtet sind. Ob aus dieser allgemeinen Formulierung eine Verpflichtung, aktiv im Rahmen des Vereinszwecks mitzuwirken und daraus eine spezielle Teilnahmepflicht der Kl. an der Sommerfreizeit als Betreuerin abgeleitet werden kann, kann dahingestellt bleiben. Denn für die Kl. bestand - wie das LSG zu Recht entschieden hat - eine Verpflichtung zur Teilnahme an der Freizeit als Betreuerin aufgrund der Vereinsübung. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im allgemeinen Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden (BSGE 14, 1; 17, 211; BSG, HV-Info 1988, 2178; BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 18; Brackmann-Wiester, Hdb. der Sozialversicherung, SGB VII, § 2 Rdnr. 862; Schlegel, in: Schulin [Hrsg.], Hdb. des SozialversicherungsR II, 1996, § 14 Rdnr. 56), wie z.B. regelmäßige Arbeiten zur Herrichtung und Reinigung von Sportplätzen, Verkauf von Eintrittskarten und Ordnungsdienste bei Veranstaltungen. Gekennzeichnet sind diese geringfügigen Tätigkeiten im allgemeinen dadurch, daß sie nach Art und Umfang nur wenig zeitlichen oder sachlichen Arbeitsaufwand erfordern.

Nach der Rechtsprechung des BSG fielen in diesen Rahmen Arbeiten in einem Umfang von drei bis vier Stunden (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 123; BSG, HV-Info 1988, 2178) oder von sieben Stunden (BSG, USK 8366). Dagegen wurden über diesen Rahmen hinausgehende umfangreichere Arbeitsleistungen (z.B. Bau eines Vereinsheims s. BSGE 14, 1; BSG, USK 8252; Errichtung eines Vereinshauses eines Kleingartenvereins s. BSG, NJW 1992, 1982 = USK 9204; Neubau des Sportplatzgeländes und des Vereinshauses s. BSG, SpuRt 1994, 251 = HV-Info 1994, 413) nicht mehr als geringfügig angesehen. Die Grenze der Geringfügigkeit überschreiten kann eine Tätigkeit sowohl hinsichtlich ihres Umfangs als auch ihrer Art nach (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 101). Ferner kann die Geringfügigkeitsmarke je nach Verein verschieden sein. Wenn die Bereitschaft der Vereinsmitglieder, Arbeiten für den Verein zu verrichten, größer ist, wird auch die Grenze, von der an der Verein diese Arbeiten allgemein aufgrund einer sich so entwickelten Vereinsübung von seinen Mitgliedern erwarten kann und die von den Mitgliedern entsprechend dieser Erwartung verrichtet werden, höher liegen. Allgemein betrachtet ist die Grenze der Geringfügigkeit dort überschritten, wo sich eine Arbeitsleistung von wirtschaftlichem Wert deutlich erkennbar von dem Maß an vergleichbarer Aktivität abhebt, das die Vereinsmitglieder üblicherweise aufwenden (BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 101). Damit ergibt sich hinsichtlich des Maßstabes dafür, ob auch umfangreichere Tätigkeiten noch aufgrund allgemeiner Vereinsübung und damit aufgrund mitgliedschaftlicher Vereinszugehörigkeit erbracht werden können, keine eindeutige Grenzziehung. Hinzu kommt, daß der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung, Mitglieder zu Arbeitsleistungen heranzuziehen, nicht notwendig für alle Mitglieder gleich ist (vgl. Schlegel, in: Schulin, § 14 Rdnr. 55). Hebt der Verein bestimmte Personen dadurch aus dem Kreis seiner Mitglieder heraus, daß er ihnen ehrenamtliche Vereinsfunktionen überträgt, so treffen diese Funktionäre auch qualitativ und quantitativ andere Mitgliedspflichten als „einfache Vereinsmitglieder“. Gleiches gilt dann, wenn der Verein von bestimmten „einfachen Mitgliedern“ die Ausführung gefährlicher und besonderer Fachkunde erfordernder Arbeiten verlangt (vgl. BSG, SozR 2200 § 539 Nr. 123; BSG, HV-Info 1988, 2178; Schlegel, in: Schulin, § 14 Rdnr. 55). Daraus ergibt sich, daß hinsichtlich der Vereinsübung allein wesentlich ist, ob der Verein erwarten kann, daß bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden, und geeignete Mitglieder regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nachkommen (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 18).

Damit spricht hier der Umstand, daß die Leitung der Freizeit der Pfadfindergruppe einen erheblichen zeitlichen Aufwand von fast drei Wochen erforderte, nicht von vornherein gegen die Annahme, daß dies aufgrund einer Verpflichtung aufgrund der Vereinsübung erfolgte. Denn die Kl. war seit Herbst 1991 im Leitungsteam der die Altersgruppe der elf bis dreizehn Jahre alten Mitglieder umfassenden Jungpfadfinderstufe des Stammes St. Augustinus B. der DPSG. Kraft Annahme dieses Amtes zur Jugendgruppenleiterin gehörte es damit zu den vorgesehenen Aufgaben-Pflichten der Kl. gegenüber dem Pfadfinderstamm, an der Sommerfreizeit teilzunehmen. Denn der Verein hatte die Mitglieder des Leitungsteams aus dem Kreis seiner Mitglieder dadurch herausgehoben, daß er ihnen Leitungsfunktionen übertrug. Dazu gehörte auch, das Sommerlager des Pfadfinderstammes durchzuführen. Bei der Teilnahme am Sommerlager erfüllte die Kl. damit typische Aufgaben, die ihr als ehrenamtliche Funktionärin des Pfadfinderstammes oblagen. Damit ist die Arbeitsleistung, die die Kl. gegenüber ihrem Pfadfinderstamm erbracht hat, als unmittelbarer Ausfluß ihrer Mitgliedschaft zu werten. Als ehrenamtliche Funktionärin des Vereins hat sie nach allgemeiner Vereinsübung Aufgaben wahrgenommen, die gewöhnlich von Funktionären aufgrund ihrer Mitgliedschaft zum Verein verrichtet werden (vgl. BSG, SozR 3-2200 § 539 Nr. 18).

Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend hat das LSG eingehend und überzeugend dargelegt, daß die Kl. mit der Betreuung der Pfadfindergruppe im Zeltlager ihre Leitungsfunktion als Gruppenleiterin erfüllt hat. Wegen des Zusammengehörigkeitsgefühls der Gruppe war es allgemein üblich, an der Freizeit möglichst teilzunehmen, wenn nicht besondere Gründe dem entgegenstanden. Diese Verpflichtung ergab sich aufgrund der „Ordnung“ der DPSG im Hinblick auf das Ziel der pfadfinderischen Erziehung der Mitglieder. Gerade das Hervorheben des Zeltlagers und das damit verbundene Zusammenleben in der Natur zeigt seine besondere Bedeutung für die pfadfinderische Erziehung. Deren Ziele können nach der „Ordnung“ der DPSG nur erreicht werden, wenn Erwachsene die Leitung einer Gruppe übernehmen. Wie das LSG überzeugend darlegt, war zur Wahrnehmung der Leitungsfunktion die Teilnahme eines Leitungsmitgliedes der DPSG an der Freizeit der Pfadfindergruppe erforderlich. Zu Recht weist das LSG darauf hin, daß auch die Kl. es als selbstverständlich angesehen hat, im Rahmen ihrer Leitungsfunktion an der Freizeit teilzunehmen.

Damit ging die Aktivität der Kl. nicht über das hinaus, was die DPSG von den Mitgliedern ihres Leitungsteams erwartete, um die Ziele des Pfadfindertums zu erreichen. Die Teilnahme der Kl. ging auch nicht über das hinaus, was in der Regel andere Gruppenleiter der DPSG für den Pfadfinderstamm leisteten. Da somit ein Tätigwerden der Kl. aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung vorgelegen hat, hat das LSG zu Recht auch den Versicherungsschutz nach § 539 II i.V. mit I Nr. 1 RVO verneint.

Rechtsgebiete

Versicherungsrecht; Sozialrecht; Arbeitsrecht

Normen

SGB VII § 212; RVO §§ 539 I Nrn. 1 u. 13, II, 548 I 1