Kündigung wegen regelmäßigen Zuspätkommens zum Arbeitsplatz

Gericht

ArbG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

08. 07. 1998


Aktenzeichen

7 Ca 9124/97


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die 37 Jahre alte, ledige Kl. steht seit dem 1. 10. 1989 bei den Bekl. als Bauingenieurin gegen einen durchschnittlichen Quartalsbruttobezug von zuletzt ca. 22750 DM in einem Arbeitsverhältnis. Im Betrieb der Bekl. sind in der Regel mehr als 5 Arbeitnehmer beschäftigt, und es besteht kein Betriebsrat. Mit Schreiben vom 30. 10. 1997 haben die Bekl. das Arbeitsverhältnis mit der Kl. zum 31. 1. 1998 gekündigt. Mit Schreiben vom 20. 12. 1996 haben die Bekl. die Kl. abgemahnt. Mit ihrer Klage vom 19. 11. 1997 wendet sich die Kl. gegen die ausgesprochene Kündigung. Die Kl. ist der Meinung, die Kündigung der Bekl. vom 30. 10. 1997 zum 31. 1. 1998 sei sozial nicht gerechtfertigt. Es sei zwar richtig, daß die Kl. des öfteren nicht um 9.00 Uhr morgens pünktlich an ihrem Arbeitsplatz gewesen sei, doch habe sie andererseits vielfach über die Kernarbeitszeit hinaus gearbeitet. Sie habe von einer persönlich zu gestaltenden flexiblen Arbeitszeit ausgehen können. Zwar gebe es die Abmahnung vom 20. 12. 1996. Doch habe sie, die Kl., diese Abmahnung nicht ernst nehmen müssen, denn sie sei niemals außerhalb der Abmahnung auf Pünktlichkeit angesprochen worden. Die Bekl. habe gewußt, daß sie, die Kl., den Beginn ihrer Arbeitszeit selbst bestimme. Dies gelte umso mehr, als die Kl. krankheitsbedingt nicht immer pünktlich am Arbeitsplatz habe erscheinen können. Die Bekl. tragen vor, in der Zeit vom 1. 8. 1997 bis zum 23. 10. 1997 sei die Kl. an insgesamt 43 Arbeitstagen nicht innerhalb der Kernzeit zur Arbeit erschienen. Die Kl. sei frühestens um 9.06 Uhr und spätestens um 10.43 Uhr gekommen. Die Kl. sei lediglich an 2 Tagen pünktlich zur Arbeit erschienen.

Die Klage war erfolglos.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Klage mußte als unbegründet abgewiesen werden, denn die ordentliche Kündigung der Bekl. vom 30. 10. 1997 zum 31. 1. 1998 ist aus verhaltens- und personenbedingten Gründen sozial gerechtfertigt. Auch ein anderer vernünftig und verständig denkender Arbeitgeber hätte sich nach Ausspruch der Abmahnung vom 20. 12. 1996 und den unwahrscheinlich häufigen Verspätungen der Kl. beim Erscheinen am Arbeitsplatz von der Kl. durch eine ordentliche Kündigung getrennt. Die Kl. war von den Bekl. mit Schreiben vom 20. 12. 1996 wegen dauerndem Zuspätkommen am Arbeitsplatz ordnungsgemäß abgemahnt worden. Aufgrund der Regelungen der gleitenden Arbeitszeit stand auch fest, daß die Kl. vertraglich verpflichtet war, während der täglichen Kernzeit von morgens um 9.00 Uhr an ihrem Arbeitsplatz zu sein.

Dies bedeutet, daß die Kl. in ganz erheblichem Maß ihre vertraglichen Pflichten gegenüber den Bekl. verletzt hat. Diese Vertragsverletzungen werden auch nicht dadurch aufgehoben, daß die Kl. abends über die Kernzeit hinaus gearbeitet hat. Daher erscheint die Kündigung der Bekl. vom 30. 10. 1997 wegen des dauernden Zuspätkommens der Kl. als sozial gerechtfertigt.

Das Gericht hatte lediglich zu prüfen, ob die Behauptung der Kl., ihre dauernden Verspätungen seien krankheitsbedingt verursacht gewesen, geeignet ist, die soziale Rechtfertigung der Kündigung in Frage zu stellen.

Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht der Fall, denn die Kündigung der Bekl. ist zum Zeitpunkt ihres Ausspruches zu bewerten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Kl. den Bekl. keinerlei Hinweis dafür gegeben, daß ihr dauerndes Zuspätkommen am Arbeitsplatz krankheitsbedingt ist. Vielmehr mußten die Bekl. davon ausgehen, daß die Kl. lediglich nicht in der Lage war, den Willen aufzubringen, rechtzeitig ihren vertraglichen Pflichten gegenüber den Bekl. nachzukommen. Bei einer Abwägung der Interessen der Kl. und der Interessen der Bekl. kann es nun nicht den Bekl. zum Nachteil gereichen, daß die Kl. nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung behauptet, daß die Bekl. ihr das dauernde Zuspätkommen nicht vorwerfen dürfe, da das Zuspätkommen krankheitsbedingt sei.

Nach Auffassung des Gerichts war die Kl., schon in ihrem eigenen Interesse verpflichtet, den Bekl. Mitteilung davon zu machen, daß sie aus krankheitsbedingten Gründen nicht in der Lage ist, jeweils rechtzeitig am Arbeitsplatz zu erscheinen. In diesem Fall wären die Bekl. durchaus in der Lage gewesen, sich auf diese krankheitsbedingte Situation einzurichten. Dies war allerdings den Bekl. verwehrt, da die Kl. - offenbar auf Anraten ihres behandelnden Arztes - den Bekl. keine Mitteilung von ihrer Krankheit gemacht hat. Dem steht keineswegs entgegen, daß es durchaus richtig sein kann, daß die Kl. aus therapeutischen Gründen am Arbeitsplatz verblieb und sich nicht arbeitsunfähig krank schreiben ließ. Jedoch muß auch das Interesse der Bekl. berücksichtigt werden, die damit konfrontiert waren, daß die Kl. ohne einen den Bekl. bekannten Grund permanent erheblich zu spät am Arbeitsplatz erschien und dadurch sowohl der Betriebsablauf als auch insbesondere die Betriebsdisziplin gefährdet war. Dies mußten die Bekl. nicht hinnehmen.

Die Kammer ist sich durchaus bewußt, daß es sich um eine äußerst schwierige Interessenabwägung zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits handelt, jedoch überwogen nach Ansicht der Kammer die Interessen der Bekl. an einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber den Interessen der Kl., das Arbeitsverhältnis mit den Bekl. auch aus therapeutischen Gründen fortzusetzen, insbesondere deshalb, weil die Bekl. von der Kl. wohl mehr als ein Jahr nicht über die krankheitsbedingten Ursachen ihrer Verspätung ins Bild gesetzt worden sind.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

KSchG § 1 II