FOCUS gewinnt gegen FOCUSVITAL

Gericht

Bundespatentgericht


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

11. 03. 2004


Aktenzeichen

25 W (pat) 211/01


Leitsatz des Gerichts

  1. Zwischen den Marken „FOCUS“ und „FOCUSVITAL“ besteht mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Inverbindungbringens gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Hs. MarkenG, weil das für den Gesundheitsbereich kennzeichnungsschwache Element „VITAL“ die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf den übereinstimmenden Bestandteil „FOCUS“ lenkt und diesen als den eigentlich kennzeichnenden Teil erscheinen lässt.

  2. Für den Bereich der Gesundheits- und Schönheitspflege kommt der Widerspruchsmarke „FOCUS“ mittlere Kennzeichnungskraft zu.

  3. Zwischen den Waren „pharmazeutische Erzeugnisse“ sowie „Erzeugnisse für die Gesundheitspflege“ und den Dienstleistungen „Betrieb von Gymnastik- und Fitnessanlagen“ der älteren Marke einerseits und den Dienstleistungen der angegriffenen Marke „ärztliche Versorgung“ und „Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschung“ andererseits, besteht Ähnlichkeit.

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. April 1999 und vom 15. Januar 2001 aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Marke 394 07 564 auch für die Dienstleistungen "Ärztliche Versorgung und Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschungen" zurückgewiesen worden ist. Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Kosten werden nicht auferlegt.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Gegen die am 20. Januar 1997 angemeldete und am 5. Juni 1997 für die Dienstleistungen "Ärztliche Versorgung und Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschungen und das Erstellen geeigneter Programme für die Datenverarbeitung; Versicherungswesen, Finanzwesen, Immobilienwesen; Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung" eingetragene Wortmarke 397 02 067

FOCUSVITAL

ist aus der älteren Marke 394 07 564

FOCUS

Widerspruch erhoben worden. Die ältere Marke ist seit dem 23. Mai 1996 für zahlreiche Waren und Dienstleistungen, ua für "Schminken, Kosmetika, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Betrieb von Gymnastik- und Fitnessanlagen" geschützt. Das gegen ihre Eintragung gerichtete Widerspruchsverfahren ist am 13. Januar 2004 abgeschlossen worden.

In zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts die Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Trotz der teilweise vorhandenen Identität der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen und den sich daraus ergebenden strengen Anforderungen sei der Abstand der Marken zueinander sowohl nach dem schriftbildlichen wie auch dem klanglichen Gesamteindruck ausreichend groß. Auch der seltene Fall der sog. Abspaltung des Wortteils"-VITAL" der angegriffenen Marke komme nicht in Betracht, da sich dieser Bestandteil im Rahmen der Gesamtbezeichnung nicht aufdränge und zu einer Trennung in Grund- und Bestimmungswort führe. Auch werde der Verkehr die Vergleichsmarken nicht unter dem Gesichtpunkt eines Serienzeichens gedanklich in Verbindung bringen, da die Übereinstimmung in dem Element "FOCUS" allein nicht ausreiche und die Widersprechende die Voraussetzungen hierfür nicht dargelegt habe. Schließlich spreche gegen die Verwechslungsgefahr auch die Bedeutung des Wortes Focus als weit verbreitetes Werbeschlagwort im Sinne eines Brennpunktes.

Der Erinnerungsprüfer hat die Verwechslungsgefahr auch unter Berücksichtigung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke verneint, zumal sich die besondere Kennzeichnungskraft auch nach dem Vortrag der Widersprechen den nur auf den Bereich "Zeitschriften, Journalismus, Unterhaltung" beziehen könne, der von der angegriffenen Marke nicht tangiert werde.

Hiergegen hat die Widersprechende Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung ihren Widerspruch auf die Dienstleistungen "Ärztliche Versorgung und Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschungen" der angegriffenen Marke beschränkt.

Sie beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. April 1999 und vom 15. Mai 2001 aufzuheben und die Löschung der Marke 397 02 067 für die genannten Dienstleistungen anzuordnen.

Zur Begründung führt sie an, der Widerspruchsmarke sei nicht nur für den vom Erinnerungsprüfer genannten Bereich, sondern auch darüber hinaus gesteigerte Kennzeichnungskraft beizumessen. Dies ergebe sich nicht nur aus dem Umstand, dass zugunsten der Widersprechenden allein in Deutschland über 40 Marken mit dem Bestandteil "FOCUS" registriert seien, weshalb die Widerspruchsmarke als Bestandteil einer Zeichenserie anzusehen sei, sondern auch aus den in der Anlage beigefügten Umfrageergebnissen und gerichtlichen Entscheidungen. Danach komme der Widerspruchsmarke ein überragender Bekanntheitsgrad zu. Wegen des beschreibenden Charakters des Bestandteils "-VITAL" der angegriffenen Marke und des insoweit prägenden und übereinstimmenden Wortteils "FOCUS-" bestehe die Gefahr von assoziativen Verwechslungen, wobei sich der Grad der Markenähnlichkeit auf die Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Dienstleistungen auswirke.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Beurteilung der Verwechslungsgefahr durch die Markenstelle an. Dem übereinstimmenden Bestandteil "FOCUS" komme entgegen der Auffassung der Widersprechenden keine prägende Kennzeichnungskraft zu. Die von der Widersprechenden aufgestellte Behauptung, 79 % der deutschen Bevölkerung ordne die Bezeichnung ihr zu, werde bestritten. Die jüngere Marke sei als einheitlicher Phantasiebegriff mit zwei gleichwertigen Bestandteilen ausgestaltet. Es treffe auch nicht zu, dass der Begriff "Focus", der ein bekanntes Werbeschlagwort darstelle, ausschließlich auf die Widersprechenden hinweise. Das Markenregister enthalte 207 nationale Marken mit dem fraglichen Wort. Daher komme die Widerspruchsmarke nicht als Serienzeichen-Bestandteil der Widersprechenden in Frage, auch wenn sie 41 Marken mit dem Wort "Focus" besitze. Die angebotenen Produkte seien im übrigen nicht ähnlich, da es sich hier um unterschiedliche Tätigkeitsfelder und Verkaufsstätten handle. Im Hinblick auf die offensichtliche Unbegründetheit der Beschwerde werde angeregt, der Beschwerdeführerin die Kosten nach § 71 MarkenG aufzuerlegen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.


II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Nach Auffassung des Senat besteht Verwechslungsgefahr dadurch, dass die Marken im Hinblick auf die allein noch im Streit stehenden Dienstleistungen "Ärztliche Versorgung und Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschungen" der angegriffenen Marke gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Der Senat geht dabei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke aus. Die Bereiche, für die die Widersprechende eine gesteigerte Kennzeichnungskraft geltend machen könnte, nämlich für "Zeitschriften, Magazine, Fernsehsendungen", haben für die Beurteilung des vorliegenden Falles keine Bedeutung, weil die angegriffenen Marke hierfür keinen Schutz beansprucht. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass "FOCUS" auf den hier interessierenden Waren- bzw Dienstleistungsbereichen einen beschreibenden Charakter hätte oder dass dieser Begriff durch eine Vielzahl von registrierten Drittmarken in seiner Kennzeichnungskraft geschwächt wäre. Soweit sich die Inhaberin der angegriffenen Marke darauf beruft, dass das Markenregister über 200 Eintragungen von "FOCUS"-Marken enthalte, die überwiegend nicht dem Geschäftsbetrieb der Widersprechenden zuzurechnen seien, ist festzuhalten, dass diese Registrierungen in der Hauptsache andere Waren- und/oder Dienstleistungsklassen als die der Klassen 5 und 42 betreffen und ihnen anders als bei benutzten Marken nur eine eingeschränkte Bedeutung zukommt (vgl BPatG GRUR 2002, 438 - WISCHMAX / Max). Eine Schwächung der Kennzeichnungskraft auf Grund zahlreicher Drittmarken liegt somit nicht vor.

Nachdem Benutzungsfragen wegen der Registerlage keine Rolle spielen, sind auf Seiten der Widerspruchsmarke die oben genannten Waren und Dienstleistungen zugrunde zu legen.

Insbesondere zwischen den Waren "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Erzeugnisse für die Gesundheitspflege" und den Dienstleistungen "Betrieb von Gymnastik- und Fitnessanlagen" der älteren Marke und den Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Ärztliche Versorgung und Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschungen" besteht Ähnlichkeit.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Umstände zu berücksichtigen, die das Verhältnis der Waren und Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Umständen gehören insbesondere die Art, der Verwendungszweck und die Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen ( vgl EuGH GRUR 1998, 922 - Canon; BGH GRUR 2001, 507 - EVIAN / REVIAN; BGH GRUR 2004, 241 - GeDIOS mwN). Eine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit zwischen Waren und Dienstleistungen ist dann gegeben, wenn das Publikum annimmt, Ware und Dienstleistung stammten aus demselben oder zumindest aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (vgl EuGH GRUR 1998, 922, Tz 29, 30 - Canon). Von Bedeutung ist insbesondere die Frage, ob der Verkehr bei der Begegnung mit den Marken dem Irrtum unterliegt, der Hersteller von Waren trete auch als Erbringer der Dienstleistungen auf oder umgekehrt (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9, Rdnr 126), ob also der Hersteller von pharmazeutischen Erzeugnissen sowie Erzeugnissen für die Gesundheitspflege auch als Anbieter von ärztlicher Versorgung in Erscheinung tritt oder der Betreiber von Gymnastik- und Fitnessanlagen zusätzlich ärztliche Dienstleistungen anbietet. Geht der Verkehr dagegen nur von einer unselbständigen Nebenleistung bzw -ware aus, besteht im allgemeinen keine Veranlassung, diesen Bereich über die Ähnlichkeitsbeurteilung einem markenrechtlichen Monopol zu unterwerfen (vgl Ströbele/Hacker aaO).

Zwischen der Dienstleistung "Gesundheits- und Schönheitspflege" der angegriffenen Marke und den Waren "Schminken, Kosmetika, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege" der älteren Marke besteht eine engere Ähnlichkeit. In diesem Bereich ist der Verbraucher daran gewöhnt, dass die Hersteller von pflegenden und dekorativen Kosmetika ihre Produkte auch im Rahmen von Schönheitsfarmen, Kosmetikinstituten oder auch Tages-Schönheitsfarmen anbieten, wobei auch die Tätigkeit von Kosmetikerinnen eine Rolle spielt, die die Produkte anwenden. Dabei handelt es sich nicht nur um unselbständige Serviceleistungen, die im Zusammenhang mit dem Anbieten und Vertreiben der Kosmetika stehen, sondern wegen des Umfangs einer solchen Tätigkeit und der Gleichwertigkeit zwischen Produkt und Serviceleistung um eigenständig erbrachte Dienstleistungen.

Auch soweit es um die Bewertung von "Ärztlicher Versorgung" einerseits und "Betrieb von Gymnastik- und Fitnessanlagen" andererseits geht, ist von einer nicht nur geringen Ähnlichkeit beider Bereiche auszugehen. Mittlerweile gehört es zum umfassenden Angebot von Fitnessanlagen, dass Ärzte, zB Orthopäden, Kunden der Fitnessanlage je nach Fähigkeit und Fitneß bei der Auswahl der Geräte und Übungen beraten, um gesundheitlichen Schäden vorzubeugen, die durch unsachgemäße Anwendung eintreten könnten, oder die Übungen unterstützend begleiten. Auch gibt es zunehmend Anlagen, in denen zB sportmedizinisch orientierte Kliniken Rehabilitationszentren betreiben, die unter ärztlicher Aufsicht stehen, zu denen aber auch nicht entsprechend behandlungsbedürftige Personen allein oder unter Anleitung Fitnessgeräte benutzen oder gymnastische Übungen durchführen können. In diesem Zusammenhang können auch die "wissenschaftlichen Forschungen" gesehen werden, die die angegriffene Marke beansprucht, so dass sich der Ähnlichkeitsbereich auch hierauf erstreckt.

Daneben bieten solche Fitnesscenter häufig auch weitere Leistungen an, die mit dem Begriff "Wellness" umschrieben werden können und Schwimmbad, Saunen, Dampfbäder, Massagen uä betreffen, woraus zusätzlich eine mittlere Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen "Gesundheits- und Schönheitspflege" der angegriffenen Marke abgeleitet werden kann.

Zwischen der Dienstleistung "Ärztliche Versorgung" der angegriffenen Marke und den "pharmazeutischen Erzeugnissen" der Widerspruchsmarke kommt demgegenüber nur eine eher geringe Ähnlichkeit in Betracht. Zwar mögen in einzelnen Fällen Berührungspunkte zwischen diesen Bereichen bestehen, insbesondere wenn Ärzte bei der Entwicklung und Erprobung von Arzneimitteln beteiligt sind oder wenn sie eigene Präparate entwickeln und in der Praxis oder Klinik anwenden. Abgesehen davon, dass diese Waren und Dienstleistungen wegen der besonderen Anforderungen an die Herstellung von Arzneimitteln relativ weit voneinander entfernt sind, ist den angesprochenen Verkehrskreisen generell bewusst, dass die Bereiche "Ärztliche Versorgung" einerseits und "pharmazeutische Erzeugnisse" andererseits unterschiedlichen Anbietern bzw Unternehmen zuzuordnen sind. Im Hinblick auf die oben festgestellte Ähnlichkeit mit "Betrieb von Gymnastik- und Fitnessanlagen" bedürfen diese Fragen aber keiner weiteren Erörterung.

Unter diesen Umständen sind an den Abstand der Marken in Relation zur Ähnlichkeit der Waren bzw Dienstleistungen nicht nur geringe Anforderungen zu stellen.

Der Senat geht von dem Grundsatz aus, daß zur Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den Gesamteindruck der Marke in ihrer registrierten Form abzustellen ist, da sich ihr Schutzbereich nach dem Schutzgegenstand der gewählten Gesamtgestaltung bestimmt (vgl BGH MarkenR 2000, 134, 137 - ARD-1; GRUR 2003, 1044 - Kelly), wobei selbst kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Elemente zur Prägung des Gesamteindrucks beitragen oder gar entscheidendes Gewicht erlangen können und dann nicht unberücksichtigt bleiben dürfen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 24, 348, 362 mit weiteren Nachweisen). Dieser Grundsatz schließt aber die Erkenntnis ein, daß auch einzelnen Zeichenbestandteilen unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft zukommen kann und dann bei einer Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtzeichen zu bejahen ist (ständige Rspr des BGH, vgl MarkenR 1999,161, 162 - LORA DI RECOARO).

Die für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgebliche Übereinstimmung im Gesamteindruck der Marken wird dadurch entscheidend bestimmt, daß die Widerspruchsmarke "FOCUS" in der angegriffenen Marke "FOCUSVITAL" identisch enthalten ist. Im Zusammenhang mit den hier in Frage stehenden Dienstleistungen kommt dem Wortteil "VITAL" der jüngeren Marke kaum eine kennzeichnende und den Gesamteindruck prägende Funktion zu, denn dieses Eigenschaftswort steht auch in der Umgangssprache als Synonym für "lebenstüchtig, lebenskräftig" und kann damit einen Hinweis auf die Wirkung der entsprechenden gesundheitsbezogenen Dienstleistungen der angegriffenen Marke geben.

Der Verkehr wird daher in "VITAL" lediglich einen Hinweis auf den möglichen Erfolg der Dienstleistungen erkennen, dem Wortteil "FOCUS" aber den eigentlich kennzeichnenden Charakter der jüngeren Marke beimessen, was auch dadurch nahe gelegt ist, dass dieser Wortteil an erster Stelle der Wortkombination steht und hierdurch eine gewisse Betonung erfährt und daher "VITAL" auch als Abwandlung gegenüber weiteren "FOCUS"-Dienstleistungen empfunden werden kann. Allerdings ist es zweifelhaft, ob die zum Problem der prägenden Bestandteile von mehrgliedrigen oder kombinierten Markenwörtern ergangene Rechtsprechung auch auf Markenwörter zu beziehen ist, die aus einem Wort bestehen (vgl dazu BGH GRUR 1996, 126 - BERGER LAHR / BERGER; BGH GRUR 1999, 735 - MONOFLAM / POLYFLAM; BPatG GRUR 2002, 438 - WISCHMAX / Max-, Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9, Rdnr 339 mwN).

Letztlich kann aber dahinstehen, ob unter der Annahme, dass der Bestandteil "FOCUS" die angegriffene Marke prägt, die Verwechslungsgefahr bereits in unmittelbarer Hinsicht zu bejahen ist. Zumindest unter dem Gesichtspunkt des Miteinander-in-Verbindung-Bringens gemäß § 9 Abs 1 Nr 2, 2. Halbsatz MarkenG hält der Senat die Marken für verwechselbar. Diese Art von Verwechslungen ist nicht nur auf den Gesichtspunkt von Marken-Serienbestandteilen beschränkt, sondern umfasst auch solche Fälle, in denen die als unterschiedlich erkannten Marken wegen Übereinstimmungen in Teilbereichen oder aus anderen Gründen auf die gleiche betriebliche Herkunft der Waren bzw Dienstleistungen oder auf sonstige Verbindungen der Hersteller oder Anbieter schließen lassen (vgl EuGH GRUR 1998, 922 - Canon). Hierfür können auch abweichende Elemente Bedeutung erhalten, wenn sie zB wegen ihrer Kennzeichnungsschwäche die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf den übereinstimmenden Bestandteil lenken und diesen als den eigentlich kennzeichnenden Teil erscheinen lassen (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9, Rdnr 491 ff mwN; BPatG GRUR 2002, 438 - WISCHMAX / Max). Eine solche Konstellation liegt hier vor, denn der Markenbestandteil der angegriffenen Marke "VITAL" weist, wie schon oben dargelegt, auf das Einsatzgebiet der "FOCUS"-Dienstleistungen auf dem Gesundheitssektor hin. Die Annahme, dass unter der Bezeichnung "FOCUSVITAL" angebotene Dienstleistungen der Widersprechenden zuzuordnen seien, liegt für den Verkehr auch unter Berücksichtigung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren bzw Dienstleistungen daher nahe.

Auf die Beschwerde der Widersprechenden waren die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 vom 22. April 1999 und vom 15. Januar 2001 daher insoweit aufzuheben, als der Widerspruch aus der Marke 394 07 564 auch für die Dienstleistungen "Ärztliche Versorgung und Gesundheits- und Schönheitspflege sowie im Zusammenhang damit angestellte wissenschaftliche Forschungen" zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang ist die angegriffenen Marke zu löschen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen, wie von der Inhaberin der angegriffenen Marke angeregt, bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG. Es bleibt demnach bei dem Grundsatz, wonach im markenrechtlichen Eintragungsverfahren jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 71, Rdnr 12 mwN).


Kliems
Richter Engels hat Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Kliems
Sredl

Rechtsgebiete

Markenrecht