Sozialauswahl bei Teilzeitbeschäftigung

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

03. 12. 1998


Aktenzeichen

2 AZR 341/98


Leitsatz des Gerichts

Ob bei der Kündigung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer Vollzeitbeschäftigte und bei der Kündigung vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer Teilzeitbeschäftigte in die Sozialauswahl nach § 1 III KSchG einzubeziehen sind, hängt von der betrieblichen Organisation ab:

a) Hat der Arbeitgeber eine Organisationsentscheidung getroffen, aufgrund derer für bestimmte Arbeiten Vollzeitkräftevorgesehen sind, so kann diese Entscheidung als sogenannte freie Unternehmerentscheidung nur darauf überprüft werden, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.Liegt danach eine bindende Unternehmerentscheidung vor, sind bei der Kündigung einer Teilzeitkraft die Vollzeitkräfte nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen;

b) Will der Arbeitgeber in einem bestimmten Bereich lediglich die Zahl der insgesamt geleisteten Arbeitsstunden abbauen, ohne daß eine Organisationsentscheidung im Sinne vonlit. a vorliegt, sind sämtliche in diesem Bereich beschäftigten Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf ihr Arbeitszeitvolumen in die Sozialauswahl einzubeziehen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. (geboren am 21. 5. 1965, zwei Kindernunterhaltspflichtig) war bei der Bekl. seit 21. 3. 1988 aufgrund des Arbeitsvertrags vom 31. 3. 1988 bei einer Arbeitszeit von seinerzeit 40 Stunden pro Woche als Sekretärin tätig. In der Zeit vom 26. 11. 1990 bis 30. 6. 1991 nahm die Kl. wegen der Geburt ihres ersten KindesMutterschafts- und Erziehungsurlaub. Danach wechselte die Kl. vom Sekretariat in die Buchhaltung, wo sie Buchhaltungsarbeiten unter Anleitung durch die leitende Buchhalterin verrichtete. Während ihrerdortigen Tätigkeit war die Kl. zunächst mit einer Arbeitszeit von 19 Wochenstunden, später von 24 und 30 Wochenstunden sowie zuletzt bis zum 17. 2. 1994 mit 25 Wochenstunden beschäftigt. Von der Arbeitszeit abgesehen wurde der Arbeitsvertrag der Parteien bei demWechsel nicht geändert. Ab 18. 2. 1994 befand sich die Kl. wegen der bevorstehenden Geburt ihres zweiten Kindes im Mutterschutz und im Anschluß daran bis zum 27. 3. 1997 im Erziehungsurlaub. Noch vorAblauf des von der Kl. in Anspruch genommenen Erziehungsurlaubs bot die Bekl. der Kl. unter Hinweis auf das Fehlen von Beschäftigungsmöglichkeiten in der Buchhaltung einen Aufhebungsvertrag an, der jedoch von der Kl. nicht angenommen wurde. Mit Schreiben vom 27. 3. 1997 kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis der Kl. zum 30. 6. 1997aus betriebsbedingten Gründen auf. Die Kl. hat geltend gemacht, für sie bestünden in der Buchhaltung noch ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten. Außerdem hat sie die Sozialauswahl im Verhältnis zu der Buchhalterin F und zu den beiden Sekretärinnen im Sekretariat gerügt; sie sei - wie schon früher - zu einer Anpassung der Arbeitszeit imSekretariat bereit. Die Kl. hat - soweit für die Revisionsinstanz von Belang - beantragt festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Bekl. vom 27. 3. 1997 nichtaufgelöst worden ist. Die Bekl. hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, ihr Auftragsbestand, ihr Umsatz und die Zahl der Mitarbeiter sowie damit auch der Arbeitsaufwand in der Buchhaltung seien seit 1993 erheblich gesunken, so daß in der Buchhaltung nur noch dasBedürfnis für die Beschäftigung einer einzigen Arbeitskraft, nämlich der Buchhalterin F, bestehe. Mit der Buchhalterin F könne die Kl. sich nicht vergleichen, da sie nicht ausgebildete Buchhalterin sei und immer nur unter Anleitung einer Buchhalterin gearbeitet habe. Auch aufeine fehlerhafte Sozialauswahl im Verhältnis zu den beiden 1994 eingestellten Sekretärinnen könne sich die Kl. schon deshalb nicht berufen, weil diese mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden beschäftigt seien; insoweit stellt die Bekl. die von der Kl. geäußerte Bereitschaft, mit einer Arbeitszeit von 38 Stunden pro Woche zu arbeiten, in Abrede.

Das ArbG hat nach dem obigen Klageantrag erkannt. Die Berufung der Bekl. ist erfolglos geblieben. Mit der vom LAG zugelassenen Revision erstrebt die Bekl. nach wie vor die Klageabweisung. Diese führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Senat kann mangels ausreichenderFeststellungen, ob hinsichtlich der Beibehaltung der Vollzeitbeschäftigung im Sekretariat der Bekl. eine Organisationsentscheidung des Arbeitgebers vorliegt, noch nicht abschließend zur Frage ausreichender Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte i.S. des § 1 III KSchG Stellung nehmen.

I. Das LAG hat seine Entscheidung - kurz zusammengefaßt - wie folgt begründet:

Zwar sei die Kündigung gem. § 1 II KSchG betriebsbedingt, weilnach den Gesamtumständen anzunehmen sei, daß die Arbeiten in der Buchhaltung soweit zurückgegangen seien, daß nur noch das Bedürfnis für die Beschäftigung der Buchhalterin F bestanden habe. Gleichwohl sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt, weil die Bekl. soziale Gesichtspunkte bei der Auswahl der Kl. nicht ausreichend berücksichtigt habe, denn die beiden im Sekretariat beschäftigten Sekretärinnenseien - auch als Vollzeitbeschäftigte - mit der Kl. vergleichbar, zumal die Bekl. ein spezifisches betriebliches Interesse an der Aufrechterhaltung einer Vollzeitbeschäftigung nicht dargetan habe. Unabhängig davon habe die Bekl. der Kl. kein Angebot unterbreitet, das Arbeitsverhältnis unter Erhöhung der bisherigen vertraglichen Stundenzahl als Sekretärin fortzusetzen.

II. Dem folgt der Senat nur in Teilen der Begründung. DieRüge der Bekl., § 1 III KSchG sei verletzt, greift auf der Basis der bisherigen Feststellungen des LAG durch.

1. Nach den für den Senat nach § 561 ZPO verbindlichen Feststellungen des LAG ist davon auszugehen, daß dringendebetriebliche Erfordernisse vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung der Kl. im Bereich Buchhaltung entgegenstehen, § 1 II KSchG. Das BerGer. hat aufgrund einer Reihe von Indizien festgestellt, daß in dem von der Kl. vor ihrem Erziehungsurlaub zuletzt wahrgenommenen Aufgabengebiet in der Buchhaltung nur noch ein Arbeitsvolumen verblieben ist, das vonder Buchhalterin F allein erledigt werden kann. Hierzu liegt eine Gegenrüge der Kl. nicht vor. Auch aus revisionsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken gegen die Würdigung des LAG, damit lägen die Voraussetzungen des § 1 II 1 KSchGvor.

2. Ferner ist die hierauf aufbauende Annahme des LAG nicht zu beanstanden, die Kl. sei unter dem Gesichtspunkt der sozialen Auswahl (§ 1 III KSchG) mit Frau F nicht vergleichbar. Das LAG hat hierzu eine unterschiedliche Qualifikation der Frau F und der Kl. festgestellt; es ist davon ausgegangen,die Kl. habe nur unter Anleitung der ausgebildeten Buchhalterin gearbeitet. Auch diese Würdigung wird von der Kl. nicht mit einer Gegenrüge angegriffen.

3. Soweit das LAG darüber hinaus davon ausgegangen ist, die Kl. sei jedenfalls vom Tätigkeitsbereich her mit den beidenSekretärinnen vergleichbar, greift die Revision diese Würdigung ohne Erfolg an.

a) Das LAG hat dazu ausgeführt, die Kl. habe zwar nur bis November 1990 im Sekretariat und ab Juli 1991 - nach der Geburt ihres ersten Kindes - nur noch in der Buchhaltung gearbeitet; allerdings sei der Arbeitsvertrag bis auf die Arbeitszeit nicht geändert worden, woraus nur der Schluß gezogenwerden könne, daß beide Parteien diese Tätigkeitsbereiche als gleichartig angesehen hätten. Die Bekl. sei daher nach dem Arbeitsvertrag der Parteien berechtigt, die Kl. im Wege des Direktionsrechts wieder mit Arbeiten im Sekretariat zu betrauen. Die Kl. sei also ohne Veränderung ihres Status für das Sekretariat qualifiziert und mit den beiden Sekretärinnen austauschbar.

b) Die Revision hebt demgegenüber darauf ab, die Tätigkeiten in der Buchhaltung und als Sekretärin unterschieden sichvon der Qualifikation her, wobei die Tatsache, daß die Kl. beide Qualifikationen aufweise, noch nicht zur Vergleichbarkeit führe; außerdem schulde die Kl. nur noch eine Tätigkeit als Buchhalterin. Diese Einwände verfangen nicht. Wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, fehlt es an derVergleichbarkeit i.S. des § 1 III KSchG, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (vgl. BAGE 62, 116 [123] = NZA 1990, 226 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG1969 Soziale Auswahl [zu B II 2c]; BAGE 65, 61 [76] = NZA 1991, 181 = NJW1991, 587 = AP Nr. 50 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung [zu B III 2a b]; zuletzt BAG, NZA 1998, 1332 = NJW 1999, 667). Dem stehe - so hat der Senat weiter ausgeführt - nicht entgegen, daß grundsätzlich Arbeitnehmer vergleichbar seien, die austauschbar seien, was sich in erster Linienach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen bestimme, d.h. nach der ausgeübten Tätigkeit; Austauschbarkeit sei nicht nur bei völliger Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann zu bejahen, wenn der Beschäftigte aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb und angesichts seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage sei, die andersartige, aber gleichwertigeArbeit eines Kollegen zu verrichten.

Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, daß zwar eine völlige Identität der Arbeitsplätze in der Buchhaltung und im Sekretariat nicht vorliegt; der Werdegang der Kl. belegt aber, wie das LAG zutreffend ausführt, daß die Kl. aufgrund ihrer bisherigen Aufgaben und angesichts ihrer Qualifikation in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertigeArbeit der Kolleginnen im Sekretariat zu übernehmen. Daß diese Tätigkeiten gleichwertig sind, stellt auch die Revision nicht in Abrede. Andererseits kann auch nicht gesagt werden,die von der Kl. geschuldete Arbeitsleistung sei auf diejenige in der Buchhaltung eingeengt bzw. konkretisiert worden. Dagegen spricht schon die Beibehaltung des bisherigen Arbeitsvertrages, in dem die Kl. ausdrücklich - siehe § 2 - als Sekretärin bezeichnet wird. Die von der Bekl. vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung Buchhaltung ist dabei nicht Gegenstand vertraglicher Abmachungen der Parteien geworden, sonderndiente offensichtlich der Aufgabenbeschreibung und Kompetenzabgrenzung. Mithin kann die Vergleichbarkeit der Kl. mit den erst 1994 eingestellten Sekretärinnen, was den Tätigkeitsbereich angeht, nicht ernsthaft bezweifelt werden. Die Bekl. kann die Kl. also einseitig auf den Arbeitsplatz einer Sekretärin versetzen.

4. Entscheidungserheblich ist daher, ob die Vergleichbarkeitdadurch ausgeschlossen wird, daß die Kl. im Unterschied zu den mit 38 Stunden pro Woche vollzeitbeschäftigten Sekretärinnen vertraglich nur 25 Stunden pro Woche zu leisten hatte. Das läßt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des LAG noch nicht abschließend beantworten. Hat die Bekl. bereitsvor oder mit der Kündigung der Kl. eine Organisationsentscheidung (sog. freie Unternehmerentscheidung) getroffen, aufgrund derer aus nicht offensichtlich unsachlichen Gründen zwei Vollzeitkräfte für die Sekretariatsarbeit benötigt werden,ist die getroffene Sozialauswahl nicht zu beanstanden, weil das Kündigungsschutzgesetz nicht gewährleistet, daß im Wege der Sozialauswahl die Arbeitsbedingungen verändert bzw. verbessert werden („kein Anspruch auf Vollzeitarbeitsplatz„ - nachfolgend zu a). Liegen die Sachumstände dagegen so, daß dieBekl. im Sekretariat lediglich ein Stundenkontingent von 76 Stunden - bei Wegfall des bisherigen Stundenkontingents der Kl. im Sachgebiet Buchhaltung - benötigt, ohne eine bestimmte Personalstruktur vorzugeben, ist die Kündigung der Kl.gem. § 1 III KSchG mangels ausreichender Sozialauswahl unwirksam (nachfolgend zu b).

a) Im Zusammenhang mit unterschiedlichen Positionen bei höherwertigen Tätigkeiten und höherer Vergütung hat der Senat die sogenannte vertikale Vergleichbarkeit unter anderem mit der Begründung abgelehnt (BAGE 65, 61 = NZA1991, 181 = NJW 1991, 587, und BAG, NZA 1998, 1332 = NJW 1999, 667), es sei einzig zu prüfen, welchem Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeber das ihm aus betrieblichen Gründen zustehende Kündigungsrecht ausüben dürfe; müssezunächst das Einverständnis des von der Entlassung bedrohten Arbeitnehmers zur Um- oder Versetzung eingeholt werden, bliebe der auswahlrelevante Personenkreis entgegen der gesetzlichen Konzeption nicht auf den von dem betrieblichen Erfordernis unmittelbar betroffenen betrieblichen Bereich beschränkt, sondern würde durch eine subjektive Entscheidungdes Arbeitnehmers auf andere Bereiche ausgedehnt, für den verdrängten Beschäftigten würde erst durch diese Entschließung und nicht durch den betrieblichen Umstand ein Kündigungsgrund geschaffen; außerdem sei die Vereinbarung der entsprechenden Vertragsänderung als unzulässiger Vertrag zuLasten Dritter anzusehen. Andernfalls komme es in diesen Fällen zu einem Verdrängungswettbewerb auf geringwertige Arbeitsplätze.

aa) Ähnliches gilt für den Fall, daß ansonsten vergleichbareArbeitnehmer sich lediglich hinsichtlich des vereinbarten Volumens der Arbeitszeit - hier teilzeitbeschäftigte, dort aufgrund einer Organisationsentscheidung vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer - unterscheiden, eine Frage, die der Senat im Urteil NZA 1998, 1332 = NJW 1999, 667, ausdrücklich nochoffengelassen hat (ebenso im Senatsurt. v. 10. 11. 1983 - 2 AZR 317/82, unveröff.). In diesem Fall ist eine Vergleichbarkeit sowohl vom Wortlaut des § 1 III 1 KSchG her als auch aufgrund dessen Sinn und Zweck nicht gegeben. Das Gesetzfordert vom Arbeitgeber eine Auswahl unter den für eine Kündigung in Betracht kommenden Arbeitnehmern, und zwar nach den sozialen Gesichtspunkten Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten. Maßgebend ist hier die Neufassung des § 1 III 1 KSchG aufgrund des Gesetzes vom 25. 9. 1996 (BGBl I, 1476), die am 1. 10. 1996, also vor der hierstreitigen Kündigung, in Kraft getreten ist. Aus dem Begriff „Auswahl„ wird hergeleitet, daß dieselbe nur unter vergleichbaren, austauschbaren Arbeitnehmern stattzufinden hat und möglich ist. Wenn auf soziale Gesichtspunkte abzustellen ist,kann ersichtlich keine freie, willkürliche Auswahl gemeint sein, sondern nur eine solche vergleichbarer und austauschbarer Arbeitnehmer (so schon BAG, AP Nr. 2 zu § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung). Der Auswahlprozeß kann sich daher nur auf derartige Arbeitnehmer beziehen. Bildhaft und in Anlehnung an ein Sprichwort formuliert: Es können nur Äpfelmit Äpfeln, nicht aber Äpfel mit Birnen verglichen werden. Auf den vorliegenden Fall bezogen: Es können nur ganze Äpfel mit ganzen Äpfeln, nicht dagegen mit halben Äpfeln verglichen werden. Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer sind insoweitnicht vergleichbar.

bb) Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 1 III , 1 KSchG. Dieses Gesetz sieht als geschütztes Rechtsgut den Arbeitsplatz und die Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers an, die die Grundlagen einer sozialen und wirtschaftlichenExistenz bilden; es soll ihm diese Rechtsgüter in den Grenzen des sozial und wirtschaftlich Vertretbaren sichern (Begr. d. RegE zum Kündigungsschutzgesetz, RdA 1951, 58 [63], unter „Allgemeines, 64„ zu § 7). Insoweit greift das Gesetz in die unternehmerische Freiheit ein und sucht einen Ausgleich der gegenläufigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmerherbeizuführen. An diesem Normzweck hat das BAG in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auslegung des Gesetzes ausgerichtet und als geschütztes Rechtsgut das Arbeitsverhältnis mit seinem im Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Inhalt angesehen, das in § 1 KSchG gegen seine Beendigung und in § 2 KSchG gegen die Änderung seines Inhalts geschützt werden soll (BAGE 65, 61 [73] = NZA 1991, 181 = NJW 1991, 587 [zu B II 7a und b]). Von hier aus gesehen geht es nicht an, demArbeitnehmer im Wege der sozialen Auswahl zu ermöglichen, das Arbeitsverhältnis mit seinem im Zeitpunkt der Kündigung bestehenden Inhalt hinsichtlich seiner einzelnen Arbeitsbedingungen anders zu gestalten oder gar zu „verbessern„. Daraufläuft es im Ergebnis hinaus, wenn der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer aufgrund seiner Bereitschaftserklärung und der damit hergestellten Vergleichbarkeit zu vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ebenfalls die Vollzeitbeschäftigung erzielt. Dasführt zu einer Verbesserung, jedenfalls einer Änderung der Arbeitsbedingungen, die nach dem vorher Gesagten durch das Kündigungsschutzgesetz, das dem Erhalt des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Inhalt dienen soll, nicht gedeckt ist (ebenso mit teilweise anderer Begründung BAG, Urt. v.10. 11. 1983 - 2 AZR 317/82, unveröff. [zu II 3a]; LAG Köln, LAGE § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 8; Hueck/v. Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 1 Rdnrn. 443, 443a; Etzel, in: KR, 5. Aufl., § 1 Rdnr. 635; KPK-Meisel, § 1 KSchG Rdnrn. 508f.; Linck, AR-Blattei, SD 1020.1.2 Rdnrn. 54f.;Oetker, in: Festschr. f. Wiese, S. 333 [349]; Rühle, DB 1994, 834 [837]; Reinfelder/Zwanziger, DB 1996, 677 [680f.]). Deshalb kann dem LAG insoweit nicht gefolgt werden.

cc) Eine etwaige unternehmerische Entscheidung zur Erhaltung eines bestimmten Personalkonzepts ist als innerbetriebliche Organisationsentscheidung, die schlüssig darzulegen ist(Oetker, in: Festschr. f. Wiese, S. 349), nur daraufhin überprüfbar, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (st. Rspr., u.a. BAG, NZA 1993, 1075 = NJW 1993, 3218 = AP Nr. 31 zu § 2 KSchG1969 [zu II 2]); es gehört zu den personalpolitischen Entscheidungen, mit welcher Zahl von Arbeitskräften der Arbeitgeber die anfallenden Arbeitsaufgaben erledigen will. Darauf weist die Revision zutreffend hin, ohne allerdings bisher näher zu einer Organisationsentscheidung, was das Personal im Sekretariat angeht, vorzutragen.

dd) Das Benachteiligungsverbot des § 2 I BeschFG gegenüber teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, das für den Arbeitgeber eine gesetzliche Kündigungsbeschränkung, d.h. ein gesetzliches Verbot i.S. des § 134 BGB und damit bei einem Verstoß einen sonstigen Unwirksamkeitsgrund nach § 13 III KSchG darstellt (Becker, in: GK z. TeilzeitarbeitsR, Art. 1 § 2 BeschFG Rdnr. 241), wird durch die vorliegend vertretene Beschränkung der Vergleichbarkeit auf den Umfang des Direktionsrechts nicht verletzt. Der das dringende betriebliche Erfordernis zur Kündigung auslösende Umstand liegt in dem außerbetrieblichen Grund des Rückgangs der Buchhaltungsarbeiten bei der Bekl. Diese Ursache steht demzufolge mit der Teilzeitbeschäftigung der Kl. in keinem Zusammenhang. DieTatsache, daß die Kl. nicht gegen das Personal im Sekretariat ausgetauscht werden kann, liegt allein in den Besonderheiten ihres Arbeitsvertrages begründet: Die Kl. wird nicht um derDauer ihrer Arbeitszeit willen benachteiligt, nicht diese bildet das soziale Auswahlkriterium, sondern die auf private, eigene Wünsche zurückzuführende besondere Vertragsgestaltungund die damit verbundene eingeschränkte, durch einseitiges Direktionsrecht nicht mehr ermöglichte Einsetzbarkeit auf Vollzeitarbeitsposten schließen die Vergleichbarkeit aus (vgl.Becker, in: GK-TeilzeitarbeitsR, Art. 1 § 2 BeschFG Rdnrn. 264 bis 266; Etzel, in: KR, § 1 KSchG Rdnr. 635; Oetker, in: Festschr. f. Wiese, S. 348f.; Kittner/Trittin, KSchR, 3. Aufl., § 2 BeschFG Rdnr. 2; Sowka/Köster, Teilzeitarbeitund geringfügige Beschäftigung, S. 74f.; Wank, ZIP 1986, 206 [215]; s. auch Buschmann, TZA, § 2 BeschFG Rdnr. 4). Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Arbeitgeber beiKündigungsgründen, die sich gleichermaßen auf Teilzeit- und Vollzeitkräfte beziehen, lediglich Teilzeitarbeitnehmer entließe, ohne daß hierfür sachliche Gründe bestünden (Becker, in: GK-Teilzeitarbeit, Art. 1 § 2 BeschFG Rdnrn. 264 bis 266;Wank, ZIP 1986, 206 [215]). Im übrigen gilt nichts anderes für Vollzeitbeschäftigte, die sich ihrerseits nicht auf ihre Vergleichbarkeit mit Teilzeitbeschäftigten berufen können, wenn die Herstellung der Vergleichbarkeit eine Vertragsänderungerfordern würde.

b) Ergibt die Sachaufklärung, daß zur Zeit der Kündigung der Kl. eine bestimmte Personalstruktur im Sekretariat der Bekl., die eine Vollzeitbeschäftigung erforderte, durch Organisationsentscheidung nicht bereits eingeführt war oder mitder Kündigung eingeführt worden ist - dafür könnte der bisherige Sachvortrag der Parteien sprechen - dann bestand für die Bekl. die Möglichkeit, das seinerzeit vorhandene Kapazitätsüberangebot von 101 Stunden (zwei Sekretärinnen à 38 Stunden, Kl. mit 25 Stunden) wegen der aufgrund außerbetrieblicher Umstände entfallenen Kapazität von 25 Stunden(s. oben zu II 1) unter Beachtung von § 1 II und III KSchG zu reduzieren. Die Berücksichtigung der sozialen Gesichtspunkte nach § 1 III KSchG erforderte dann, wie das LAG im Hinblick auf Alter, Betriebszugehörigkeit und Unterhaltspflichten rügelos festgestellt hat, eine Auswahlentscheidung zugunsten der Kl. Da eine Überkapazität von 25 Stunden bestand, hätte die Bekl. insoweit in die Arbeitsbedingungen der sozialam wenigsten schutzwürdigen vollzeitbeschäftigten Sekretärin eingreifen können. Sie hätte mit einem entsprechenden Angebot auf Teilzeitarbeit (13 Stunden) dieser Sekretärin eine betriebsbedingte Änderungskündigung aussprechen und die Kl. mit 25 Stunden im Sekretariat einsetzen können. Hätte die sozial weniger schutzbedürftige Sekretärin das entsprechende Angebot angenommen, war der betriebsbedingt notwendige Abbau der Überkapazität erreicht; lehnte die Arbeitnehmerin das Angebot ab, war deren Kündigung betriebsbedingt sozial gerechtfertigt, und die Bekl. konnte entweder aufdem Arbeitsmarkt oder mit einem entsprechenden Angebot an die Kl. zur Vollzeitarbeit, wenn diese es annahm, den Fehlbedarf decken.

Diese Auffassung entspricht der Konzeption der Rechtsprechung, die nicht darauf abstellt zu prüfen, ob ein bestimmterArbeitsplatz weggefallen, sondern ob und in welchem Umfang das Beschäftigungsbedürfnis entfallen ist (ständige Rechtsprechung seit BAG, NZA 1986, 155 = AP Nr. 24 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung [zu B II 1]; BAGE 73, 151= NZA 1993, 1075 = NJW 1993, 3218 = AP Nr. 31 zu § 2 KSchG1969). Daraus folgt, daß bei bloßer Verringerung des Beschäftigungsvolumens bei im übrigen gegebener arbeitsplatzbezogener Vergleichbarkeit Arbeitnehmer grundsätzlichausschließlich nach Maßgabe der Sozialdaten auszuwählen sind und bei verbleibenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Teilzeitbereich statt einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung auszusprechen ist (ebenso Oetker, in:Festschr. f. Wiese, S. 349; ähnlich Etzel, in: KR, § 1 KSchG Rdnr. 635; Rühle, DB 1994, 834 [836]).

5. Da beide Parteien bisher keine Gelegenheit hatten, sich auf diese Rechtsprechung einzustellen, wird mit der Zurückverweisung Gelegenheit gegeben, zu den nach Auffassung desSenats relevanten Gesichtspunkten ergänzend vorzutragen.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

KSchG § 1 III; BeschFG § 2