Betriebliche Unfallversicherung für fremde Rechnung
Gericht
LAG Hessen
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
06. 07. 1999
Aktenzeichen
9 Sa 2745/98
Sofern nichts anderes vereinbart wurde, hat ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme, die im Rahmen einer vom Unternehmen abgeschlossenen Gruppen-Unfallversicherung geltend gemacht wird.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Kl. gegen die Bekl. auf Auskehrung einer Versicherungssumme. Der Kl. war seit dem 1. 1. 1989 Leiter des Betriebs der Bekl. in L. Er hatte bis etwa Ende 1992 Bankvollmacht. Die Geschäftsführerin der Bekl. wohnt in R. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, nachdem das ArbG Limburg mit einem am 23. 7. 1997 verkündeten Teilurteil in diesem Rechtsstreit über den Kündigungsschutzantrag zu 1 und den Zahlungsantrag zu 2 entschieden hatte, auf die von der Bekl. gegen dieses eingelegte Berufung mit einem vor der Kammer am 17. 2. 1998 protokollierten Vergleich mit dem 31. 3. 1997. Der Kl. beantragte für die Bekl. als Versicherungsnehmerin am 8. 10. 1992 bei der V den Abschluss einer Gruppenunfallversicherung für sich, eine kaufmännische Angestellte und sieben Arbeiter. In dem Versicherungsschein ist unter anderem er als Versicherter aufgeführt, in einem Nachtrag vom 1. 3. 1995 aber auch die Geschäftsführerin der Bekl. Die Versicherung wurde von der V fortgeführt. Die Bekl. zahlte an die Versicherung von 1992 bis einschließlich 1995 4003,70 DM an Prämien, wobei die erste Zahlung noch von dem Kl. vorgenommen wurde. Für die Bekl. bestanden bei der V-AG noch zwei Haftpflichtversicherungen. Die Notwendigkeit der Prämienzahlung teilte ab 1993 der Kl. der Geschäftsführerin der Bekl. mit, die diese vornahm. Der Kl. erlitt am 29. 4. 1995 einen Unfall. Die Versicherung zahlte an die Bekl. zunächst je 2000 DM Krankenhaustage- und Genesungsgeld, zusammen 4000 DM, die die Bekl. per Scheck vom 30. 11. 1995 an den Kl. weiterleitete. Die Bekl. kündigte die Versicherung zum 31. 12. 1995. Im Frühjahr 1997 zahlte die Versicherung nach Verhandlungen zwischen der damaligen Bevollmächtigten des Kl. und ihr an die Bekl. eine weitere Versicherungssumme von 11250 DM, nachdem die Bekl. einer Auszahlung an den Kl. nicht zugestimmt hatte. Der Kl. erhielt für November und Dezember 1995 jeweils 1500 DM Weihnachtsgeld. Die Bekl. hat hilfsweise die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Erstattung der Prämien und Rückzahlung des Weihnachtsgeldes erklärt.
Das ArbG Limburg hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg.
Auszüge aus den Gründen:
II. Die Berufungskammer folgt dem angefochtenen Urteil im Ergebnis und in der Begründung und macht sich diese zu eigen. Die Berufungsbegründung der Bekl. ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage zu führen. Im Hinblick auf diese ist lediglich ergänzend Folgendes auszuführen: Es ist zwar davon auszugehen, dass der Kl. die Gruppenunfallversicherung 1992 als Vertreter ohne Vertretungsmacht für die Bekl. als Versicherungsnehmerin abgeschlossen hatte, so dass die Wirksamkeit des Versicherungsvertrags gem. § 177 I BGB von der Genehmigung der Bekl. durch deren Geschäftsführerin als ihrer gesetzlichen Vertreterin gem. § 35 GmbHG abhing.
Zutreffend hat das ArbG den Vertrag als zumindest durch schlüssiges Verhalten der Bekl. gegenüber der Versicherung genehmigt angesehen. Wenn die Genehmigung nicht schon in der Prämienzahlung durch die Bekl. lag, wobei die Behauptungen der Bekl. - als wahr unterstellt - zu ihrem Nichtwissen, wofür die Zahlungen erfolgen sollten, die Auslegung dieses Verhaltens als konkludente Genehmigung gem. § 133 BGB nicht erschüttern können, weil die Prämienzahlungen, um von der Versicherung zugeordnet werden zu können, die Angabe der Versicherungsnummer enthalten mussten, lag sie jedenfalls in der vorbehaltlosen Kündigung des Versicherungsvertrags nicht bloß für den Fall seiner Wirksamkeit und spätestens in der Empfangnahme der restlichen Versicherungssumme durch die Bekl. Die Argumentation des ArbG zu §§ 179 II, 75ff. VVG geht davon aus, dass der Abschluss der Gruppenunfallversicherung durch die Bekl. auch für den Kl. als Versicherten ohne schriftliche Zustimmung des Kl. erfolgt ist, denn nur für diesen Fall gilt die Fiktion des § 179 II VVG mit der Folge, dass die Versicherungssumme zwar dem Versicherungsnehmer auszuzahlen ist, aber gem. §§ 75 , 76 VVG dem Versicherten zusteht (BAG, NZA 1998, 376 = AP Nr. 5 zu § 179 VVG [zu I 1]; BAG, NZA 1990, 701 = AP Nr. 3 zu § 179 VVG [zu I 1]; BGHZ 64, 260 [265] = NJW 1975, 1273; BGHZ 32, 44 [49] = NJW 1960, 912; BGH, NJW 1973, 1368; BGH, NJW 1975, 1273 [1274]).
Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass in dem schriftlichen Abschluss der Gruppenunfallversicherung durch den Kl. für die Bekl. zugleich seine schriftliche Einwilligung zu seiner Versicherung gegen Unfall lag, ergibt sich nichts anderes. Unerheblich dafür ist, ob - was die Bekl. ebenfalls nicht im Einzelnen dargelegt hat - der Kl. bereits anderweitig hinreichend versichert war. Zwar ist es in den Fällen des schriftlichen Einverständnisses des Versicherten mit dem Abschluss der Unfallversicherung für ihn, in denen die Spekulation mit seinem Leben und seiner Gesundheit hinter seinem Rücken durch den Versicherungsnehmer ausgeschlossen ist, durchaus möglich, dass die Versicherungssumme im Innenverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versichertem dem Versicherungsnehmer zustehen soll. Ohne eine solche Vereinbarung ändert sich aber nichts daran, dass sich allein schon daraus, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer als Versichertem eine Unfallversicherung abschließt, ergibt, dass im Versicherungsfall die Versicherungsleistung dem Versicherten zustehen soll (BAG, NZA 1990, 701 = AP Nr. 3 zu § 179 VVG). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Umständen, dass eine solche abweichende Vereinbarung nicht gewollt sein kann, weil die Bekl. noch in der Berufungsinstanz in diesem Rechtsstreit die Wirksamkeit der Versicherung überhaupt mangels ihrer Kenntnis und Einverständnisses mit ihr bezweifelt hat und deshalb nicht erklären kann, wie dann mit dem Kl. eine anderweitige Abmachung über den Verwendungszweck der Versicherungssumme zustande gekommen sein soll.
Die hilfsweise Aufrechnung durch die Bekl. mit den von ihr geleisteten Versicherungsprämien und dem dem Kl. zugeflossenen Weihnachtsgeld scheitert schon daran, dass keine Aufrechnungslage gegeben ist, weil der Kl. der Bekl. diesbezüglich keine Leistungen schuldet, § 387 BGB. Die Bekl. hat keinen Schadenersatzanspruch gegen den Kl. wegen des Abschlusses der Gruppenunfallversicherung. Selbst wenn der Kl. insoweit zunächst gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen haben sollte, war die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten nicht rechtswidrig, weil die Bekl. - wie ausgeführt - den Vertragsabschluss des Kl. in ihrem Namen genehmigt hat. Bezüglich des Weihnachtsgelds fehlt es, abgesehen davon, dass die Bekl. die Aufrechenbarkeit eines solchen Rückzahlungsanspruchs gem. § 394 BGB nicht dargelegt hat, schon an einer substanziierten Darstellung, wie es durch rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Kl. zu der Zahlung an ihn gekommen sein soll. Selbst wenn der Kl. die entsprechende Erstellung der Abrechnung veranlasst hatte, musste der Betrag durch die Geschäftsführerin der Bekl. zahlbar gemacht werden.
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