Einordnung von FOCUS MONEY in die Gruppe „Wirtschaft / General Interest”

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

06. 04. 2004


Aktenzeichen

I-20 U 111/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Eingruppierung eines Wirtschaftstitels in eine bestimmte Unterkategorie des Gesamtsegments ist nicht wettbewerbswidrig, wenn sie vertretbar ist.

  2. Innerhalb des Gesamtsegments der Wirtschaftstitel gibt es keine festen Gruppen.

  3. Die Einordnung eines Titels richtet sich nicht nach dem Inhalt einzelner Hefte, sondern nach der - durch eine Beobachtung über eine längere Zeit hinweg - erkennbaren Schwerpunktsetzung.

  4. Die Eingruppierung von "Focus Money" in die Rubrik "Wirtschaft/General Interest" ist nicht wettbewerbswidrig.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 18. Juni 2003 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die Beklagte, Herausgeberin des "Focus Money", ließ ein "Kompendium Wirtschaftstitel" (Anlage K 1) verteilen, in dem sie unter der Überschrift "AusgewähIte Wirtschaftstitel" - eingeteilt in "Wirtschaftszeitungen", "Wirtschaft/General Interest", "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel", "Unternehmermagazine", "Finanztitel" und "Junge Wirtschaftstitel" - verschiedene Titel vorstellte. Die Klägerin, u.a. Herausgeberin von "Wirtschaftswoche", "DMEuro" und "Handelsblatt junge karriere", beanstandet bestimmte darin enthaltene Äußerungen als wettbewerbswidrig. Sie greift dabei

  • die Eingruppierung von "Focus-Money" unter "Wirtschaft/General Interest" statt unter "Finanztitel",

  • die Eingruppierung von "DMEuro" als "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel" statt als "Wirtschaft /General Interest",

  • die Zielgruppenbeschreibung für "Focus-Money",

  • das Fehlen von "Handelsblatt junge karriere"

an.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es gebe in diesem Sektor keine festen Kategorien, die Eingruppierung sei zudem für Medienplaner nur von untergeordneter Bedeutung. In dem dadurch eröffneten Rahmen habe sich die Beklagte bei der Eingruppierung vertretbar verhalten. Bei der angegriffenen Äußerung zu der Zielgruppe von "Focus Money" habe es sich - ebenso wie bei den Angaben zu anderen Titeln - erkennbar um die Wiedergabe von Darstellungen der Herausgeber der jeweiligen Zeitschriften gehandelt. Die Zeitschrift "Handelsblatt junge karriere" habe infolge ihrer Konzentration auf Studium, Berufsstart und Karriere einen anderen Charakter als die aufgeführten anderen Titel, insbesondere als "brand eins".

Gegen diese Würdigung richtet sich die Berufung der Klägerin. Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie weiterhin geltend, die Äußerungen seien wettbewerbswidrig. Die Einordnung der Titel sei falsch, die Zielgruppenbeschreibung subjektiv, ihr Titel "Handelsblatt junge Karriere" zu Unrecht, insbesondere nicht unter der Rubrik "Junge Wirtschaftstitel" aufgeführt. Sie beantragt daher,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

es der Beklagten unter Meidung eines vom Gericht für jeden Fall festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro zu untersagen,

a) in ihrem "Kompendium Wirtschaftstitel" den Titel "FOCUS MONEY" der Kategorie "Wirtschaft/General Interest" statt der Kategorie "Finanztitel" zuzuordnen,

b) in ihrem "Kompendium Wirtschaftstitel" den Titel "DMEuro" der Kategorie "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel" statt der Kategorie "Wirtschaft/General Interest" zuzuordnen,

c) in ihrem "Kompendium Wirtschaftstitel" als Zielgruppe für "FOCUS MONEY" anzugeben:

FOCUS-MONEY ist eine Basisinformationsquelle der wirtschaftsinteressierten Info-Elite. Diese Zielgruppe der Entscheider zeichnet sich durch ihr eigenständiges Geldmanagement aus, nimmt Anlagegeschäfte selbst in die Hand. Sie ist Vorreiter im Markt für moderne Anlageformen. FOCUS MONEY liefert dieser hochkarätigen Zielgruppe den orienterungsrahmen für die sich täglich überholenden Meldungen. Für die Werbung treibende Wirtschaft bildet die wirtschaftsinterssierte Info-Elite das Kernpotenzial für erfolgreiche Kommunikationsstrategien.

d) ihr "Kompendium Wirtschaftstitel" ohne Aufnahme des Titels "Handelsblatt Junge Karriere" zu verbreiten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil und verweist darauf, ihre Einordnung von "Focus Money" sei durch ein vom Landgericht Köln bei Prof. Dr. Kepplinger eingeholtes Gutachten bestätigt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren verwiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.


1.

Die Einordnung von "Focus-Money" unter "Wirtschaft /General Interest" ist nicht wettbewerbswidrig. Vor dem Hintergrund der beschränkten Aussagekraft der einzelnen Rubrikbezeichnungen ist die Eingruppierung vielmehr vertretbar.

a) Die von der Beklagten benutzten Oberbegriffe sowie die konkrete Eingruppierung haben eine nur sehr eingeschränkte Relevanz.

Das "Kompendium Wirtschaftstitel" wendet sich an sogenannte Medienplaner, die im Auftrage von Wirtschaftsunternehmen Anzeigen in Pressetiteln eigenständig schalten oder die Unternehmen zumindest dabei beraten. Auf Grund ihrer Fachkenntnisse sind den Medienplanern die aufgeführten Titel - jedenfalls im Groben - bereits bekannt. Die Medienplaner werden als Profis in ihren Entscheidungen bzw. Ratschlägen nicht wesentlich von der Seite "Ausgewählte Wirtschaftstitel" des Kompendiums beeinflusst werden. Die "Überschriften" sind nach ihrem Informationsgehalt zu diffus und ungenau, als dass Medienplaner auch nur eine Vorauswahl auf Grund der Eingruppierungen treffen werden. Die wesentlichen Kriterien (Auflage, Verbreitungsgebiet, Leserzahl, Anzeigenpreise etc.) fehlen auf dieser Seite vollständig und werden erst bei den einzelnen Titeln aufgeführt. Bei der Seite handelt es sich im Wesentlichen um ein bloßes Inhaltsverzeichnis, das grob untergliedert ist. Gerade von professionellen Beratern kann erwartet werden, dass sie sich nicht auf Grund von Überschriften, sondern auf Grund des eigentlichen Textes entscheiden (vgl. BVerfG NJW 2003, 3403 - Therapeutische Äquivalenz). Die Erwartung ist hier um so mehr gerechtfertigt, als nur verhältnismäßig wenige Titel aufgeführt sind, so dass die Medienplaner die Seiten sämtlicher Titel auf ihre Geeignetheit für konkrete Anzeigen durchsehen werden, wenn sie nicht ohnehin auf Grund ihrer anderweit erworbenen Kenntnisse bestimmte Titel von vornherein ausschließen.

Zwar ist es durchaus möglich, dass - worauf die Klägerin hinweist - die Medienplaner das "Kompendium" im Rahmen ihrer Beratung auch den Unternehmen vorlegen. Die Möglichkeit führt aber nicht dazu, auch auf das Verständnis dieser Kreise abzustellen. Es ist bereits zweifelhaft, dass sich die Unternehmen an einer - ihnen unbekannten - Eingruppierung orientieren werden. Jedenfalls aber bei Vorlage des Kompendiums im Rahmen einer konkreten Beratung ist das Verständnis der Medienplaner maßgeblich und kommt es auf deren fachliche Kornpetenz an.

Von vornherein gibt es keine festen Gruppen innerhalb von Wirtschaftstiteln, an denen sich die Medienplaner "blind" orientieren könnten. Vielmehr erfordern Bewegungen auf dem Pressemarkt immer wieder neue Gruppenbildungen - wenn man sie denn überhaupt vornimmt. Das zeitweise sehr starke Interesse auch des allgemeinen Publikums an Aktien oder "rund um das Internet" haben damals Titel hervorgebracht, die diesem Interesse Rechnung tragen. In den letzten Jahren ist aber wieder ein gewisser Rückgang im Bereich der Medien zu "Finanzprodukten" zu verzeichnen.

Im Laufe der Zeit haben ältere Titel ihren Schwerpunkt teilweise mehr oder minder deutlich verändert; die Bewegung erschwert eine Eingruppierung. So hat bei "Focus Money" die Zahl der Berichte über "Finanzprodukte" erheblich abgenommen (vgl. näher unter b)). Auch die "Wirtschaftswoche" hat, bedingt durch die Einstellung des Schwesterblatts "Telebörse" andere Themen verstärkt aufgegriffen.

Ohnehin hatten sich aber feste Kategorien im Bereich "Wirtschaftstitel" nie gebildet haben. Nahezu jede Untersuchung benutzt andere Begriffe und - auch in der Anzahl - andere Kategorien.

Der "Content Guide 2000" (Bl. 10 Beiakte 12 O 362/01 LG Düsseldorf) führt - worauf bereits der Senat in seinem Urteil vom 26.02.2002 (20 U 17/02) hingewiesen hat - unter den Überschriften "Wirtschaftsmagazine" und "13 Publikumszeitschriften aus dem Segment der Wirtschaftspresse" ohne weitere Unterteilung auch klassische "Anlegermagazine" auf. Er geht mithin erkennbar von einem weiten Begiff des "Wirtschaftsmagazins" aus.

Andere Darstellungen verzichten ganz auf Unterteilungen des Oberbegriffs "Wirtschaftspresse" (vgl. Anlagen K 13/ K 14; s. auch Bl. 11, 12 Beiakte)).

Wiederum andere Auflistungen haben eine Unterscheidung in "Anlegertitel /-magazine" einerseits und "Wirtschaftstitel" andererseits (textintern, Bl. 33 Beiakte) und "Finanzblätter" -"Wirtschaftsmagazine" (horizont, Bl. 34 Beiakte) propagiert. Auf die letztgenannte Unterscheidung nahm durch den Zusatz "außergewöhnliche Vielfalt in der Berichterstattung über nationale und internationale Wirtschaftsthemen" und "ungemein hohe Aktualität der Berichte in allen Ressorts" die im Verfahren 12 O 362/01 LG Düsseldorf angegriffene Werbung der jetzigen Klägerin erkennbar Bezug. Dort wurde der Begriff "Wirtschaftsmagazin" erkennbar eng verstanden, worauf sich allein das von der Klägerin herangezogene Senatsurteil vom 26.02.2002 (20 U 17/02) bezog.

Das Gutachten von Prof. Dr. Kepplinger (Anlage BB 2) unterscheidet zwischen "Finanztitel / Anlegermagazin" und "Allgemeiner Wirtschaftstitel / Wirtschaftsmagazin".

Die Beklagte verwendet - wie bereits mitgeteilt - in ihrem beanstandeten Kompendium die Kategorien "Wirtschaftszeitungen", "Wirtschaft / General Interest", "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel", "Unternehmermagazine", "Finanztitel" und "Junge Wirtschaftstitel".

Das "Focus Money" bezeichnet sich seit Jahren unbeanstandet als "Das moderne Wirtschaftsmagazin", und zwar schon zu Zeiten, als der Anlegerbezug der Zeitschrift noch sehr viel deutlicher zu erkennen war als jetzt (vgl. unter b)). Der Titel "Finanzen" nennt sich "das Wirtschaftsmagazin für erfolgreiche Kapitalanlage".

Diese Beispiele belegen weiterhin, dass die benutzten Begriffe keine festen Konturen aufweisen, sondern bestenfalls als "Typen" (vgl. Larenz / Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 4 II) mit einem festen Kern und unscharfen "Randzonen" existieren und in jedem Falle - im Wege eines hermeneutischen Zirkels - nur durch Blick auf den Textzusammenhang, andere Kategorienüberschriften und auch die dort eingruppierten Titel ausgelegt werden können.

b) Der - soweit ersichtlich - bisher von Dritten noch nicht genutzte Begriff "Wirtschaft / General Interest" ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht identisch mit dem Begriff "Wirtschaftsmagazin" im engeren Sinne, wie er dem Urteil des Senats vom 26.02.2002 (20 U 17/02) zugrunde lag. Der damals zu wertende Begriff war allein als Gegenstück zu "Anlegermagazine" definiert worden. Bei dem jetzt beanstandeten Kompendium dagegen muss der Begriff "Wirtschaft / General Interest" zu einer Mehrzahl anderer Kategorien abgegrenzt werden. Danach mag "Wirtschaft / General Interest" weitgehend mit "Wirtschaftsmagazin" übereinstimmen, es ist jedoch zu beachten, dass auch - jedenfalls in gewissem Rahmen "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel", "Unternehmermagazine" und "Junge Wirtschaftstitel" bei anderer Einteilung als "Wirtschaftsmagazin" angesehen werden können.

Auch wenn man den Begriff "Wirtschaft/General Interest" weitgehend als "Wirtschaftsmagazin" im engeren Sinne versteht, kann die Eingruppierung von "Focus Money" in diese Rubrik nicht als wettbewerbswidrig angesehen werden.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Unterlassungstenor auf die Zukunft gerichtet ist, d.h. bei der Frage einer Wettbewerbswidrigkeit auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen ist.

Danach ist zu konstatieren, dass "Focus Money" von der Hauptbezeichnung und der Konzeption her ("Sie ist Vorreiter für moderne Anlagenformen") - allerdings bei von vornherein umfassenderer Konzeption unter bloßer Schwerpunktsetzung auf Anlagen ("Das redaktionelle Spektrum umfasst die Themenbereiche Geld und Kapital, Wirtschaft und Politik, Steuern und Unternehmen, Geld richtig anlegen, vermehren und behalten lautet die Devise") - zunächst zwar eher ein Anlegermagazin war, durch eine Schwerpunktverlagerung insbesondere im Jahr 2003 sich jedoch von den typischen Finanztiteln stark abgesetzt und den typischen "Wirtschaftsmagazinen" im engeren Sinne stark angenähert hat. Prof. Dr. Kepplinger ist in seinem für das Landgericht Köln erstatteten Gutachten auf Grund einer umfangreichen Analyse zu dem Ergebnis gekommen, dass zwischen "Focus Money" und der "Wirtschaftswoche" "trotz bemerkenswerter Unterschiede" "bedeutsame Gemeinsamkeiten" bestanden, die Bezeichnung von "Focus Money" als reines Anlegermagazin nie zwingend gewesen und heute eindeutig falsch sei. In der Tat fällt nach dem vorgelegten "Content Guides" (vgl. Anlage BB 1) auf, dass die für Anlegermagazine typische Konzentration auf Beiträge über Finanzprodukte, insbesondere Aktien und Aktienderivate, bei "Focus Money" stark abgebaut worden ist (Finanzprodukte: 2002: 54, 2003: 41 gegenüber DMEuro 2003 39, Wirtschaftswoche 2003: 31; Aktien: 2002: 37, 2003: 25; Wirtschaftswoche 2003: 21; DM Euro 2003: 13). Danach ist festzustellen, dass auch innerhalb der von der Klägerin der Gruppe "Wirtschaft /General Interest" zugerechneten Titel starke Unterschiede bestehen und "Focus Money" sich - bis auf geringe Unterschiede - diesen Titeln angenähert hat. Es bestehen zwar Unterschiede insbesondere zur "Wirtschaftswoche" fort, die Unterschiede lassen sich aber nicht mehr an dem Begriff "Wirtschaft / General Interest" festmachen. Die Auffassung der Klägerin, die Untersuchung von Prof. Dr. Kepplinger sei für das vorliegende Verfahren deswegen nicht verwertbar, weil bei der Typisierung von "Wirtschaftsmagazinen" die "Wirtschaftswoche" außer Betracht geblieben sei, hat letztlich keine Auswirkungen auf den Rechtsstreit. Prof. Dr. Kepplinger hat unbestrittene "Wirtschaftsmagazine" untersucht und festgestellt, dass die "Wirtschaftswoche" die Merkmale eines "Wirtschaftsmagazins" in besonderem Maße aufweise. Dies führt dazu, dass die Unterschiede zwischen der "Wirtschaftswoche" und "Focus Money" verhältnismäßig groß sind, belegt aber nicht, dass "Focus Money" nicht mehr unter "Wirtschaft/ General Interest" eingestuft werden kann. Gerade dann, wenn man der Grundauffassung der Klägerin folgt, der Begriff "Wirtschaftsmagazin" habe einen festen Inhalt, kann der Begriff nicht unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob die "Wirtschaftswoche" nun einbezogen worden ist oder nicht.

Die Einordnung eines Titels richtet sich nicht nach dem Inhalt einzelner Hefte, sondern nach der - durch eine Beobachtung über eine längere Zeit hinweg - erkennbare Schwerpunktsetzung. Eine derartige Analyse leisten erst das Gutachten von Prof. Dr. Kepplinger und die "Content Guides".

Eine Untersuchung nach Qualität und Tiefgründigkeit der Berichterstattung haben das Gutachten und die "Content Guides" allerdings nicht vorgenommen. Derartige Vorstellungen sind mit den hier streitigen Begriffen - wie außer Streit steht - aber auch nicht verbunden.


2.

Zutreffend hat das Landgericht auch entschieden, dass die Einordnung von "DMEuro" als "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel" wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

Zu Recht hat das Landgericht die sich bereits aus der Verlagsbeschreibung ergebende Nutzwertorientierung der Zeitschrift herausgestellt. Der Unterschied zwischen "nutzwertorientert" und "ratgeberorientiert" ist mehr semantischer Natur. Die Leser sollen die ihnen gegebenen Informationen ohne Weiteres nutzen können. Ob dabei noch ein ausdrücklicher Rat erteilt wird, ist nebensächlich.

Die Einordnung von "DMEuro" als "Wirtschaftsmagazin" durch das Gutachten von Prof. Dr. Kepplinger spricht nicht gegen dieses Ergebnis. Der Gutachter hat lediglich die beiden Kategorien "Allgemeiner Wirtschaftstitel / Wirtschaftsmagazin" und "Finanztitel / Anlegermagazin" untersucht, während die Beklagte weitere Kategorien gebildet hat. Insoweit ist die Kategorie "Ratgeberorientierte Wirtschaftstitel" spezieller.


3.

Auch der Klageantrag zu 3. ist nicht begründet.

a) Allerdings handelt es sich bei der Darstellung der "Zielgruppe" bei den einzelnen Titeln um vergleichende Werbung im Sinne des § 2 UWG.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (NJW 2002, 425 - Toshiba/Katun) sind an die Voraussetzungen eines Vergleichs bei Erkennbarkeit der miteinander konkurrierenden Unternehmen keine hohen Anforderungen zu stellen; auch bloße Gegenüberstellungen sind als Vergleich anzusehen, wenn damit technische Gleichwertigkeit oder funktionelle Gleichheit geltend gemacht wird.

Unter Zugrundelegung dieser Auffassung ist das Kompendium einschließlich der darin enthaltenen einzelnen Angaben als vergleichende Werbung anzusehen. Die einzelnen Wirtschaftstitel werden miteinander verglichen.

b) Der Vergleich hält der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 2 und § 3 UWG stand. Bei dem Text handelt es sich um eine Zielgruppenbeschreibung durch den jeweiligen Verlag, in die einige "harte Tatsachen" "eingebaut" sind. Dem Landgericht ist dahin zu folgen, dass bereits aus dem konkret angegriffenen Text selbst - ebenso wie bei den anderen Titeln - hervor gehe, es handele sich um eine Selbstbeschreibung des jeweiligen Verlages; dies beanstandet die Berufung nicht. Zudem stellt der Klageantrag nicht auf das Merkmal ab, es sei nicht besonders kenntlich gemacht worden, dass es sich um eine Selbstdarstellung handele.

Eine Alleinstellung oder auch nur eine herausragende Rolle von "Focus Money" als "Basisinformationsquelle der wirtschaftsinteressierten lnfo-Elite" wird im aufgegriffenen Text nicht geltend gemacht; der Text spricht lediglich davon, eine derartige Quelle, für diese "Elite" zu sein, auf die sich das Magazin aber besonderes eingestellt habe. Die Klägerin macht nicht mehr geltend, bei dem Begriff "Basisinformationsquelle" usw. handele es sich nicht um eine "wesentliche, relevante, nachprüfbare ... Eigenschaft" im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Auch die Unrichtigkeit dieser Behauptung wird nicht mehr dargetan.

Die Klägerin beanstandet lediglich, bei anderen Titeln - u.a. der "Wirtschaftswoche" - sei das Merkmal ausweislich der Anlage B 11 in noch größerem Umfange verwirklicht, diesen Titeln werde die Eigenschaft aber nicht zuerkannt. Zudem seien Darstellungen, zur Zielgruppe durch den jeweiligen Verlag selbst ohnehin unzulässig.

Dass das Wort "lnfo-Elite" bei anderen Titeln nicht auftaucht, ist aber lediglich Folge dessen, dass die Beklagte - nach dem oben Gesagten erkennbar - Eigendarstellungen der Verlage übernommen hat und die Eigendarstellungen anderer Titel das Wort nicht verwenden, stattdessen z.B. (bei der "Wirtschaftswoche") den Begriff "Top-Entscheider" benutzen.

Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte überhaupt Eigendarstellungen des Verlags in ihre Gegenüberstellungen übernommen hat. Bei der von der Beklagten erbrachten Leistung besteht die Besonderheit, dass die Kriterien "Redaktionelles Konzept" und "Zielgruppe" zwar für den Verkehr wichtig, aber nur schwer objektiv - ohne Rückgriff auf eigene Darstellungen des Verlags - beschreibbar sind. Welches Konzept eine Redaktion verfolgt, kann von einem Dritten nur in bestimmtem Umfange aus vergangenen Ausgaben abgeleitet werden; denn jede Ausgabe ist individuell gestaltet. Die Anzeigen, um die es bei dem Kompendium letztlich geht, sollen zudem erst in zukünftigen Ausgaben platziert werden, deren Inhalt nur grob durch vergangene Ausgaben vorherbestimmt werden kann. Eigendarstellungen sind im Übrigen durchaus hilfreich, so wie sie auch die Klägerin bei der Umstellung des Titels von "DM" auf "DMEuro" abgegeben hat und wie sie allgemein üblich sind.

Allerdings besteht bei Eigendarstellungen immer die Gefahr übertriebener Aussagen. Die Gefahr wird im Streitfall jedoch dadurch gemildert, dass die Aussagen nicht gerade vom Verlag des Kompendiums als dem Werbenden, sondern von dem Verlag des jeweiligen Titels stammen. Desweiteren ist der Verkehr an Eigendarstellungen gewöhnt; sie mögen sich zudem in der Gegenüberstellung in gewisser Weise auch kompensieren.

Im Konkreten beanstandet die Klägerin zwar die Auswahl des Textes, legt aber nicht dar, welcher Text angemessener wäre. Der bei der "Wirtschaftswoche" verwendete Text stammt unstreitig von der Klägerin selbst.


4.

Schließlich beanstandet die Klägerin zu Unrecht, dass das Blatt "Handelsblatt junge Karriere" nicht in das Kompendium aufgenommen worden ist - nach der Begründung wird die Eingruppierung unter der Kategorie "Junge Wirtschaftstitel" vermisst, was jedoch nicht Teil der Antragsformulierung ist.

Dabei mag zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass ein Weglassen wichtiger Wirtschaftstitel - ungeachtet oder wegen der von ihr gewählten Überschrift "Ausgewählte Wirtschaftstitel" - wettbewerbswidrig wäre.

Wegen seiner besonderen Ausrichtung war eine Aufnahme des Titels "Handelsblatt junge Karriere" nicht veranlasst. Zu Recht hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die Hefte sich - wie bereits aus dem Titel, aber auch aus dem vorgelegten Exemplar hervorgeht - lediglich mit den Themata "Praktika, Stipendien, Karriereplanung, Arbeitsverhältnis" befassen und das Wirtschaftsgeschehen als solches, sei es allgemein, sei es schwerpunktmäßig in bestimmten Branchen, nicht vorkommt.

Dass dies bei dem aufgeführten Titel "brand eins" ebenso ist, macht die Klägerin selbst nicht geltend. Das vorgelegte Exemplar dieser Zeitschrift befasst sich - anders als "Handelsblatt junge Karriere" - mit der "Philosophie" verschiedener Unternehmer bei der Lenkung ihrer Unternehmen oder verschiedener Wirtschaftswissenschaftlern.


5.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO. Das Urteil befasst sich allein mit auf den Einzelfall abgestellten Fragestellungen zur Auslegung und Bedeutung von Äußerungen, nicht um rechtsgrundsätzliche Fragen.

Berufungsstreitwert: 100.000,00 Euro


Berneke Schüttpelz Fuhr

Vorinstanzen

LG Düsseldorf, 12 O 468/02

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht