Streitwert einer Widerspruchsklage bei Teilungsversteigerung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsbeschluss


Datum

16. 01. 1991


Aktenzeichen

XII ZR 244/90


Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Die Kl. hat gegen den Bekl., ihren geschiedenen Ehemann, Widerspruchsklage erhoben, um die von diesem betriebene Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft an dem Hausgrundstück der Parteien (§ 180 I ZVG) zu verhindern, weil die Teilungsversteigerung unzulässig sei. Das Grundstück lasse sich real teilen; zumindest aber sei die Versteigerung rechtsmißbräuchlich. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Berufung der Kl. zurückgewiesen und ihre Beschwer auf 25.000 DM festgesetzt. Die Kl. hat Revision eingelegt und beantragt, die Beschwer auf über 40.000 DM festzusetzen. Sie hat vorgetragen, das für die Wertfestsetzung entscheidende Interesse am Unterbleiben der Teilungsversteigerung möge zwar häufig nur einen Bruchteil des Grundstückswertes ausmachen. Diesen Wert habe das OLG aber nicht festgestellt. Er sollte wenigstens annähernd festgestellt werden. Im übrigen unterliege vor allem die Höhe des anzusetzenden Bruchteils der Beurteilung nach Ermessen, die das OLG hier nicht vorgenommen habe. Der Grundstückswert sei mit einem Betrag von 850.000 DM zu veranschlagen, wie der Bekl. ihn in einer Verkaufsanzeige in der Zeitung als Wert des Grundbesitzes angegeben habe. Zumindest sei er nach dem Sachverständigengutachten, das im Zwangsversteigerungsverfahren eingeholt worden sei, mit 608.900 DM anzusetzen. Das Interesse der Kl. an der Vermeidung der Teilungsversteigerung und damit der für die Wertbestimmung entscheidende Bruchteil des Grundstückswertes sei besonders hoch. In materieller Hinsicht sei für die Kl. wesentlich, daß sie über Jahrzehnte hin den Bekl. unterhalten und ohne seine Beteiligung den Schuldendienst für das Haus getragen habe sowie für die nötigen Reparatur- und Ausbauarbeiten aufgekommen sei. In ideeller Hinsicht bestehe das Interesse der Kl. darin, ihren Wohnsitz nicht zu verlieren. Der damit unweigerlich verbundene Verlust ihres sozialen Umfeldes würde sie, die schon 1945 aus ihrer Heimat vertrieben worden sei, besonders stark treffen.


II.

Anders als sonst bei Drittwiderspruchsklagen ist bei solchen auf Unzulässigkeit der Auseinandersetzungsversteigerung nach § 180 ZVG, § 771 ZPO (sog. unechte Drittwiderspruchsklagen) der Streitwert nicht nach § 6 ZPO festzusetzen, da der Vollstreckung weder ein Pfandrecht noch eine Forderung zugrunde liegt, deretwegen gepfändet worden ist. Ferner sind weder das Miteigentum noch der Mitbesitz der Parteien Gegenstand des Rechtsstreits, so daß es auch nicht auf den Wert der Sache ankommen kann, wie es § 6 ZPO außerdem vorsieht. Vielmehr ist der Streitwert in einem solchen Falle gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen (vgl. OLG Hamm, JurBüro 1977, 1616; OLG Karlsruhe, KostRsp ZPO, § 3 Nr. 586; OLG Saarbrücken, JurBüro 1989, 1598; Zöller/Schneider, ZPO, 16. Aufl. § 3 Rz. 16 Stichwort „Widerspruchsklage").

Diese Grundsätze gelten auch für die Festsetzung des Wertes der Beschwer nach § 546 II S. 1 ZPO (§ 2 ZPO). Danach ist wertbestimmend nicht der Wert des Grundbesitzes. Ist die Widerspruchsklage - wie hier - abgewiesen worden, ist vielmehr das Interesse des Kl. maßgebend, daß die bestehende Gemeinschaft an dem Grundstück bestehenbleibt und dieses insbesondere nicht verschleudert wird. Es ist daher nicht nach dem Gesamtwert, sondern allenfalls in Höhe eines Bruchteils davon anzusetzen (vgl. Mümmler, JurBüro 1989, 1599; Schneider, Streitwertkommentar, 8. Aufl. Rz. 988 f., je m. w. N.).

Das OLG hat seine Bemessung der Beschwer ersichtlich auf die Angaben der Kl. zum Gegenstandswert der Sache abgestellt. Sie hat diesen Wert in der Klageschrift mit 25.000 DM beziffert und den Betrag offensichtlich als ein Zehntel des gleichfalls in der Klageschrift mit 250.000 DM angegebenen Wertes ihres Miteigentumsanteils errechnet. Die Kl. hat auch keine Einwendungen dagegen erhoben, daß das LG den Streitwert für den ersten Rechtszug mit 25.000 DM angenommen und auf Antrag des Bekl. die nach diesem Streitwert berechneten Kosten gegen sie festgesetzt hat. Zwar sind die Parteiangaben über den Wert des Streitgegenstandes für das Gericht nicht bindend. Sie stellen aber ein wichtiges Indiz für die Wertbemessung dar, insbesondere wenn dabei auf das Interesse der Partei abzustellen ist, von der diese Angaben stammen.

Eine derartige indizielle Wirkung ist auch den genannten Angaben und Reaktionen der Kl. zur Streitwertbemessung in den Vorinstanzen beizumessen. Sie rechtfertigen die Beurteilung, daß die Beschwer der Kl. 40.000 DM nicht übersteigt. Was die Revision zur Begründung ihres Erhöhungsantrages geltend macht, vermag diese Beurteilung nicht zu widerlegen.

Für den Miteigentumsanteil der Kl. ergibt sich danach ein Wert von 304.450 DM. Diese Bewertung führt jedoch nicht dazu, den Wert der Beschwer auf über 40.000 DM festzusetzen. Denn bei dem bisher angenommenen Bruchteil von einem Zehntel des Miteigentumsanteils ergibt sich als Wert der Beschwer ein Betrag von rund 30.500 DM.

Der Ansicht der Revision, der Grundstückswert müsse hier mit einem besonders hohen Bruchteil bei der Wertbestimmung veranschlagt werden, so daß 40.000 DM überschritten seien, kann nicht gefolgt werden. Bei der Wertbemessung den Grundstückswert mit einem Bruchteil zu berücksichtigen, findet seine Rechtfertigung darin, daß der bei der Teilungsversteigerung zu erzielende Erlös nicht selten hinter dem wirklichen Wert des Grundstücks zurückbleibt. Das Interesse einer Klagepartei an der Vermeidung einer solchen Vermögensbeeinträchtigung läßt sich sachgerecht in Relation zum Grundstückswert und damit nach einem Bruchteil dieses Wertes bemessen. Dagegen besteht kein Grund, diesen Bruchteil höher zu veranschlagen, wenn außer dem vorgenannten Interesse an der Vermeidung einer Verschleuderung des Grundstücks noch weitere Belange zu berücksichtigen sind. Diese können zwar einen höheren Wert, nicht aber einen höheren Bruchteil des Grundstückswertes rechtfertigen.

Das gilt auch für die von der Revision vorgebrachten Umstände, deren Einfluß auf die Wertbemessung danach eigenständig zu beurteilen ist. Diese rechtfertigen keine Wertfestsetzung über 40.000 DM. Was die Revision geltend macht, läßt nicht erkennen, daß der Kl. durch die Teilungsversteigerung insoweit konkrete zusätzliche wirtschaftliche Beeinträchtigungen drohen. Vor allem führt diese Versteigerung nicht deshalb zu zusätzlichen materiellen Einbußen, weil die Kl., wie sie geltend macht, während der Ehe für den Unterhalt des Bekl., den Schuldendienst des Hauses und die notwendigen Reparatur- und Ausbauarbeiten aufgekommen ist. Insoweit erfährt die Vermögenslage der Kl. durch die Versteigerung im Ergebnis keine Veränderung. Soweit die Kl. wegen ihres finanziellen Einsatzes für den Grundbesitz vor und nach der Trennung der Parteien einen Ausgleichsanspruch gegen den Bekl. erlangt haben sollte, steht ihr dieser auch nach der Versteigerung zu. Sofern das nicht der Fall ist, beschränkt sich ihre Rechtsposition insoweit mit oder ohne Versteigerung auf den gleichen Anteil an der jeweiligen Bruchteilsgemeinschaft. Der Einsatz der Kl. während der Ehe mag zwar ein besonders starkes Affektionsinteresse an der Vermeidung der Versteigerung begründen; eine materielle Beeinträchtigung läßt sich daraus jedoch nicht ableiten. Daß die übrigen Gesichtspunkte, die die Revision anführt, gleichfalls kein wirtschaftliches Interesse begründen, sondern ideeller Art sind, erkennt auch die Revision an. Zwar ist auch dieses affektive oder ideelle Interesse der Klagepartei bei der Wertbemessung zu berücksichtigen; es reicht nach der Einschätzung des Senats jedoch nicht aus, um den bisher aus dem Bruchteil des Miteigentumsanteils abgeleiteten Wert von rund 30.500 DM um fast ein Drittel zu erhöhen und den Wert der Beschwer auf über 40.000 DM festzusetzen.

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht

Normen

ZPO §§ 3, 6, 771; ZVG § 180