Anerkennung einer in Thailand ausgesprochenen Privatscheidung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

21. 02. 1990


Aktenzeichen

XII ZB 203/87


Leitsatz des Gerichts

Eine im Ausland vollzogene Privatscheidung ist nicht anerkennungsfähig, wenn für die Scheidung der Ehe (auch) deutsches Recht maßgebend ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die bet. Eheleute schlossen am 10. 1. 1977 vor dem Standesamt Phrapadaeng/Samutprakarn, Thailand, die Ehe. Die Ehefrau (Ast.) besitzt die deutsche, der Ehemann die thailändische Staatsangehörigkeit. Im April 1977 übersiedelten sie in die Bundesrepublik und nahmen zunächst in Speyer und ab April 1978 in Frankfurt/Main Wohnung. Im Jahre 1979 gelangten die Ehegatten zu der Überzeugung, daß die Ehe gescheitert sei, und entschlossen sich zur Scheidung. Dazu begaben sie sich Anfang April 1979 nach Bangkok/Thailand. Dort schieden sie die Ehe am 3. 4. 1979 durch beiderseitige einverständliche Erklärung. Am selben Tage wurde die Ehescheidung bei dem Standesamt Khet Phrakhanong, Bangkok, registriert.

Unter dem 10. 2. 1987 hat die in Speyer wohnhafte Ehefrau, die am 30. 1. 1987 ein Kind geboren hat, die Anerkennung der Ehescheidung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG beantragt. Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz hat den Antrag zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Anerkennung der Privatscheidung durch das Scheidungsstatut bestimmt würden und nach Art. 17 EGBGB in der vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts vom 25. 7. 1986 (IPRG; BGBl I, 1142) geltenden Fassung für die Scheidung (auch) deutsches Recht maßgebend sei, das eine Privatscheidung nicht kenne. Daraufhin hat die Ehefrau beim OLG Koblenz nach Art. 7 § 1 IV FamRÄndG Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt, mit dem sie ihr Anerkennungsbegehren weiterverfolgt. Das Ministerium der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz ist dem Antrag entgegengetreten und hat dessen Zurückweisung beantragt.

Das OLG teilt die Auffassung der Landesjustizverwaltung, wegen der deutschen Staatsangehörigkeit der Ehefrau, die ebenso wie der Ehemann die Scheidung betrieben habe und daher - wie dieser - als Ast. der Scheidung zu behandeln sei, sei Scheidungsstatut deutsches Recht. Das bedeute jedoch nicht, daß auch § 1564 BGB zur Anwendung kommen müsse und die Scheidung nur durch Urteil erfolgen könne. § 1564 BGB sei dem Verfahrensrecht zuzuordnen. Für das hier durchgeführte Scheidungsverfahren sei jedoch das thailändische Verfahrensrecht maßgeblich, das die Privatscheidung kenne. In einem solchen Fall könne die Anerkennung der Scheidung nur versagt werden, wenn der Scheidungsakt dem deutschen ordre public widerspreche. Das sei jedoch nicht der Fall. Die ausländische Privatscheidung eines deutschen Ehegatten von seinem ausländischen Partner sei nicht von vornherein untragbar. „Aufgrund der unbedingten Durchführung des Zerrüttungsprinzips und des grundsätzlich nur noch an Fristabläufe gekoppelten Zwangs zur Scheidung“ sei auch im deutschen Eherecht die Bedeutung des gerichtlichen Verfahrens in den Hintergrund getreten. Damit unterscheide sich die einvernehmliche Scheidung des deutschen Rechts nicht mehr grundlegend von einer Privatscheidung. Dieses setze nach thailändischem Recht ebenso wie eine einvernehmliche Scheidung nach deutschem Recht übereinstimmende, auf Scheidung der Ehe gerichtete Erklärungen beider Ehegatten voraus. Ob die Wirksamkeit der Scheidung von einem zwangsläufig erfolgenden entsprechenden Urteilsausspruch (§ 1564 BGB) oder davon abhänge, daß der einverständliche Scheidungsakt beim Standesamt registriert werde, wie es das thailändische Recht vorsehe, sei in sachlicher Hinsicht nicht so unterschiedlich, daß damit der Kernbestand deutscher Rechtsvorstellungen betroffen sein könnte.

Das OLG möchte hiernach dem Antrag der Ehefrau entsprechen und feststellen, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Es sieht sich daran jedoch durch den Beschluß des OLG Düsseldorf vom 28. 11. 1975 (FamRZ 1976, 277 m. Anm. Otto, S. 279) gehindert, in dem § 41 S. 1 EheG a. F., die Vorgängerregelung des heutigen § 1564 S. 1 BGB, als Bestandteil des sachlichen Eherechts angesehen und einer in Israel erfolgten Privatscheidung die Anerkennung verweigert worden ist, weil die Scheidung nicht gemäß dem zur Anwendung berufenen deutschen Recht durch Urteil erfolgt war.

Das OLG hat deshalb den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. Art. 7 § 1 VI 4 FamRÄndG i. V. mit § 28 II und III FGG mit Beschluß vom 10. 11. 1987 (IPRax 1988, 178 m. Anm. Henrich) dem BGH zur Entscheidung vorgelegt. Der BGH hat den Antrag der Ehefrau gegen die Entscheidung des Ministeriums der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz vom 6. 8. 1987 zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Die Vorlage ist zulässig. Der Beschluß ergibt, daß das vorlegende Gericht zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, wenn es der Rechtsauffassung gefolgt wäre, die das OLG Düsseldorf in dem angegebenen, gleichfalls im Anerkennungsverfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG ergangenen Beschluß vertreten hat und auf der dieser Beschluß beruht. Zwar ist er unter der Geltung des § 41 EheG a. F. ergangen, während es in der vorliegenden Sache um § 1564 BGB geht. Die Vorschrift des § 1564 S. 1 BGB entspricht jedoch der früheren Regelung des § 41 S. 1 EheG und sieht in Übereinstimmung mit dieser vor, daß die Ehe nur durch gerichtliches Urteil geschieden werden kann. Sowohl in dem Beschluß des OLG Düsseldorf als auch im Vorlegungsbeschluß geht es um die Rechtsfrage, ob einer im Ausland vollzogenen Privatscheidung bei Maßgeblichkeit deutschen Scheidungsstatuts die Anerkennung zu versagen ist, weil die Ehe nach deutschem Scheidungsrecht nur durch gerichtliches Urteil geschieden werden kann. In dieser Rechtsfrage will das vorlegende Gericht von der Rechtsauffassung abweichen, die der Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrunde liegt. Danach sind die Voraussetzungen des § 28 II FGG erfüllt und der BGH berufen, über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu befinden (Art. 7 § 1 VI 4 FamRÄndG i. V. mit § 28 III FGG).

III. 1. Der Anerkennungsantrag ist zulässig. Wie die Landesjustizverwaltung und das vorliegende Gericht zutreffend angenommen haben, unterliegt die Ehescheidung, deren Anerkennung die Ast. erstrebt, dem Anerkennungsverfahren nach Art. 7 § 1 FamRÄndG. Zwar ist die Scheidung nicht durch die Entscheidung eines staatlichen Gerichts oder sonst unter dessen Mitwirkung, sondern gem. § 1514 des thailändischen Bürgerlichen- und Handelsgesetzbuches (im folgenden: Thail. BGB u. HGB, Text bei Bergmann-Ferid, Int. Ehe- und KindschaftsR, Länderteil Thailand, S. 13) „im gegenseitigen Einverständnis“, also durch einen vertragsähnlichen rechtsgeschäftlichen Konsens der Ehegatten erfolgt. Indessen fallen unter den Begriff der Entscheidungen, die dem genannten Anerkennungsverfahren unterliegen, derartige Privatscheidungen jedenfalls dann, wenn daran eine ausländische Behörde entsprechend den von ihr zu beachtenden Normen in irgendeiner Form, und sei es auch nur registrierend, mitgewirkt hat (Senat, BGHZ 82, 34 (41 f.) = NJW 1982, 517 = LM Art. 17 EGBGB Nr. 9 m. w. Nachw.). Eine solche Mitwirkung kommt auch hier in Betracht, da die Ehegatten die von ihnen vereinbarte Scheidung nach dem Vorbringen der Ast. entsprechend §§ 1515 , 1531 I Thail. BGB u. HGB anschließend beim Standesamt in Bangkok haben registrieren lassen.

2. Der Anerkennungsantrag ist nicht begründet, der Antrag auf gerichtliche Entscheidung daher ohne Erfolg.

a) Das OLG hat zunächst dargelegt, daß die von den Ehegatten vorgenommene Scheidung nach thailändischem Recht wirksam sei. Sect. 26 des thailändischen Gesetzes betreffend Gesetzeskollisionen (Text bei Bergmann-Ferid, S. 6) stehe nicht entgegen. Nach dieser Regelung ist eine Entscheidung durch gegenseitige Einwilligung gültig, wenn sie nach dem Heimatrecht beider Eheleute zulässig ist. Das OLG meint, zwar sei die Zulässigkeit einer derartigen Scheidung nach deutschem Recht als dem Heimatrecht der Ast. fraglich; die Tatsache, daß die vorliegende Scheidung im zuständigen Standesamt registriert worden sei, zeige jedoch, daß derartige Zweifel in Thailand offensichtlich nicht geteilt würden. Auch wenn das Heimatrecht eines Ehegatten, wie hier das deutsche Recht, eine Privatscheidung nicht kenne, werde die Wirksamkeit einer dennoch in dieser Form vorgenommenen Scheidung von der thailändischen Behörde anerkannt.

Diese Ausführungen unterliegen Bedenken. Über die Geltung der genannten thailändischen Kollisionsnorm und ihre Handhabung in der thailändischen Rechtspraxis sowie über die Rechtsfolgen, die die Außerachtlassung der Norm bei der Durchführung und Registrierung einer einvernehmlichen Scheidung in Thailand nach sich zieht, besteht Unklarheit. Der teilweise vertretene Standpunkt, die genannte Vorschrift finde in der thailändischen Rechtspraxis keine Beachtung und sei praktisch obsolet, die unter Mißachtung der Bestimmung durchgeführten und eingetragenen einvernehmlichen Scheidungen seien rechtsgültig (vgl. Landesjustizverwaltung NRW, IPRax 1982, 25 f. = IPRspr 1983 Nr. 190 a sowie auch OLG Düsseldorf, IPRspr 1981, Nr. 190 b), ist auf ausdrücklichen Widerspruch gestoßen (vgl. Bürgle, IPRax 1982, 12 (13) unter Hinweis auf Entscheidungen der Landesjustizverwaltung Bayern und des BayObLG). Teilweise wird ohne weitere Begründung eine unter Außerachtlassung der Bestimmung erfolgte Privatscheidung als unwirksam angesehen (vgl. Fuhrmann, IPRax 1983, 137 (138); Beule, StAZ 1979, 29 (36); Staudinger-v. Bar, BGB, 12. Aufl., Art. 17 EGBGB Rdnr. 80; Justizbehörde Hamburg sowie OLG Hamburg, IPRspr 1978, Nr. 171 a und b).

Hiernach ist die Frage offen, welche Folgen es in Thailand für die Wirksamkeit einer dort vorgenommenen Privatscheidung hat, wenn Sect. 26 des genannten Gesetzes mißachtet worden ist. Diese Frage müßte, wenn es darauf ankäme, durch weitere Ermittlungen aufgeklärt werden. Allein aus dem Umstand, daß es zur Registrierung der Ehescheidung gekommen ist, lassen sich entgegen der Ansicht des OLG schon deshalb keine zuverlässigen Schlüsse ziehen, da unklar bleibt, ob die zuständigen Stellen bei der Registrierung die Staatsangehörigkeit der Ehegatten festzustellen und die Voraussetzungen von Sect. 26 des Gesetzes überhaupt zu prüfen haben. Nur wenn die Registrierung nicht reiner Formalakt ist, sondern eine Nachprüfung der Wirksamkeit der Scheidung voraussetzt, ließen sich aus ihr Schlüsse auf die Gültigkeit der Scheidung ziehen. Auch in diesem Fall bliebe freilich offen, welche Folgen eine Registrierung aufgrund einer unzutreffenden Wirksamkeitsprüfung für die Gültigkeit der Scheidung hat. Die Wirkung einer allgemein gültigen Feststellung der Eheauflösung kann ihr nicht ohne weiteres beigelegt werden (vgl. auch Beitzke, IPRax 1981, 202 (204)). Indessen braucht der Frage nicht weiter nachgegangen zu werden, da die Scheidung der Ehegatten auch dann nicht anerkannt werden kann, wenn sie in Thailand rechtswirksam ist.

b) Da es sich bei der Privatscheidung nicht um einen konstitutiven Hoheitsakt, sondern um ein Rechtsgeschäft handelt, ist für ihre Anerkennung nach heute wohl allgemeiner Rechtsauffassung nicht § 328 ZPO heranzuziehen; vielmehr sind die Normen des deutschen Internationalen Privatrechts maßgeblich. Deshalb sind die Landesjustizverwaltung und das vorlegende Gericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Wirksamkeit der im Ausland vorgenommenen Privatscheidung nach dem Ehescheidungsstatut zu beurteilen ist (vgl. u. a. Kleinrahm-Partikel, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, 2. Aufl., S. 160; Henrich, IPRax 1982, 94 sowie Int. FamilienR, § 4d, S. 114f.; Kropholler, FamilienR § 46 IV 4, S. 331 f.; Krzywon, StAZ 1989, 93 (102); Martiny, in: Hdb. d. int. ZivilverfahrensR III/1 Kap. I Rdnr. 1744; Lorenz, in: MünchKomm, Art. 17 EGBGB Rdnr. 489, je m. w. Nachw.). Maßgeblich ist dabei grundsätzlich der Zeitpunkt der Vornahme der Scheidung (Staudinger-Gamillscheg, BGB, 10./11. Aufl., § 328 ZPO Rdnr. 404). Auf diesen Zeitpunkt ist grundsätzlich auch bei der intertemporalen Frage abzustellen, ob das frühere Kollisionsrecht oder die am 1. 9. 1986 in Kraft getretene Neuregelung anzuwenden ist. Dabei kann offenbleiben, ob insoweit die anerkannte Regel heranzuziehen ist, wonach für die Voraussetzungen der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung grundsätzlich das zum Zeitpunkt ihres Erlasses geltende deutsche Anerkennungsrecht maßgebend ist (vgl. etwa BayOblG, StAZ 1988, 101 (102); Martiny, Rdnr. 232; Palandt-Heldrich, BGB, 49. Aufl., Art. 17 EGBGB Anm. 7 b, je m. w. Nachw.) oder ob auf die Übergangsvorschrift des § 220 EGBGB als vorgehende, spezielle Regelung abzustellen ist; denn jede dieser Regeln führt hier zur Anwendung des früheren, vor dem 1. 9. 1986 geltenden Kollisionsrechts.

Nach Art. 220 I EGBGB bleibt auf vor dem 1. 9. 1986 abgeschlossene Vorgänge das frühere Internationale Privatrecht anwendbar. Für die Ehescheidung durch gerichtliches Urteil kommt es dabei auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit an. Ist das Scheidungsverfahren vor dem Inkrafttreten der Neuregelung rechtshängig geworden, bestimmt sich das anzuwendende Sachrecht weiterhin nach dem früheren Kollisionsrecht (Senat, NJW 1990, 636 = LM Art. 17 EGBGB Nr. 21 = FamRZ 1990, 32 (33 f.)). Soweit es bei einer Scheidung eine Rechtshängigkeit im Sinne des deutschen Verfahrensrechts nicht gibt, wie bei einer Privatscheidung, ist für die Anknüpfung des Scheidungsstatuts nach Art. 17 I EGBGB n. F. auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Scheidungsgegner mit der Scheidung erstmals förmlich befaßt wird (vgl. Begr. des RegE des IPRG, BT-Dr 10/504, S. 60, abgedr. bei Pirrung, Int. Privat- und VerfahrensR, S. 149). Nach diesem Zeitpunkt bestimmt sich hier, ob das frühere Kollisionsrecht oder die Neuregelung zur Anwendung kommt. Da die Ehegatten die Scheidung im Jahre 1979 vorgenommen haben, ist hiernach das frühere Kollisionsrecht berufen.

Ob das auch gälte, wenn eine Anwendung der am 1. 9. 1986 in Kraft getretenen Neuregelung die Anerkennung der Ehescheidung erleichtern würde, oder ob dann die Neuregelung maßgeblich wäre, kann dahinstehen, weil sich hier, wie noch darzulegen sein wird, aus einer Anwendung von Art. 17 EGBGB n. F. eine Erleichterung nicht ergibt (zur Berücksichtigung von Anerkennungserleichterungen vgl. einerseits BayObLG, StAZ 1988, 101 (102); Martiny, Rdnr. 232; Lorenz, in: MünchKomm, Art. 17 EGBGB Rdnr. 494; Palandt-Heldrich, Art. 17 EGBGB Anm. 7 b; andererseits Baumbach-Lauterbach-Albers, ZPO, 48. Aufl., § 606a Anm. 3 B, je m. w. Nachw.).

c) Hiernach wird das für die Wirksamkeit der Privatscheidung im Inland maßgebende Statut durch Art. 17 EGBGB a. F. bestimmt. Nachdem die Kollisionsregel des Art. 17 I EGBGB a. F. vom BVerfG für nichtig erklärt worden ist (BVerfG, NJW 1985, 1282 = FamRZ 1985, 463), hat der Senat die Anknüpfungsfrage insoweit nach dem verfassungskonformen Restbestand der Vorschrift unter Heranziehung der Strukturelemente des Kollisionsrechts gelöst. Nach den Grundsätzen, die er zur Ersetzung der geschlechtsbezogenen Anknüpfung des Scheidungsstatuts entwickelt hat (vgl. Senat, BGHZ 86, 57 (66 ff.) = NJW 1983, 1259 = LM Art. 3 GrundG Nr. 123; BGHZ 87, 359 = NJW 1983, 1970 und BGHZ 89, 325 = NJW 1984, 1302) und auf die insoweit nach der Nichtigerklärung des Art. 17 I EGBGB a. F. weiter abgestellt werden kann, hat der Senat bei Ehen mit einem deutschen Partner das Scheidungsbegehren jedes Ehegatten nach seinem Heimatrecht beurteilt (vgl. Senat, BGHZ 87, 359 (367) = NJW 1983, 1970). Gemäß dieser Interpretation des Art. 17 EGBGB a. F. ist auch das Recht zu bestimmen, an dem die Wirksamkeit der im Ausland vollzogenen Privatscheidung zu messen ist. Der Ansicht, daß die so verstandene Regel des Scheidungsstatuts für ausländische Scheidungen, insbesondere für Privatscheidungen, ungeeignet sei und insoweit in Anlehnung an die sogenannte Kegelsche Leiter Grundsätze, wie sie der Senat für die Scheidung von Ausländerehen entwickelt hat (BGHZ 86, 57 (66 ff.) = NJW 1983, 1259 = LM Art. 3 GrundG Nr. 123), angewendet werden müßten (Bürgle, in: Zacher, Versorgungsausgleich im internationalen Vergleich und in der zwischenstaatlichen Praxis, S. 400 f.; Hessischer Minister der Justiz, wiedergegeben in OLG Frankfurt, FamRZ 1985, 76 (77)), vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar ist einzuräumen, daß es zwischen den Fällen deutsch-ausländischer Ehen und denjenigen gemischt-nationaler Ausländerehen zu gewissen Divergenzen kommt (vgl. insoweit Bürgle, S.400 f, sowie Henrich, IPRax 1985, 48). Diese ergeben sich jedoch aus dem Gesetz, das in dem - insoweit verfassungskonformen und deshalb nach wie vor verbindlichen - Restbestand der Kollisionsnorm des Art. 17 EGBGB a. F. die Scheidung deutsch-ausländischer Ehen und gemischt-nationaler Ausländerehen unterschiedlich behandelt und deshalb zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. Da der Gesetzgeber diese Regelung bei der Einführung des neuen IPRG für die Altfälle bei Bestand gelassen hat, sind die genannten Ungereimtheiten hinzuzunehmen (ebenso Henrich, IPRax 1985, 48; für die Anwendung des Art. 17 EGBGB a. F. nach dem Verständnis des Senats auch OLG Frankfurt, FamRZ 1985, 76 (77)).

Hiernach ist die Regelung, daß im Falle der gerichtlichen Scheidung einer deutsch-ausländischen Ehe das Scheidungsbegehren jedes Ehegatten nach seinem Heimatrecht zu beurteilen ist, auch heranzuziehen, wenn es, wie hier, um die Privatscheidung einer deutsch-ausländischen Ehe geht. Da es sich um eine Konsensscheidung handelt und es deshalb an einem Ast. fehlt, kann nicht an das Heimatrecht nur eines Ehegatten angeknüpft werden; vielmehr sind, weil beide Ehegatten einverständlich handeln müssen, die Heimatrechte beider Ehegatten berufen und für die Anerkennung dieser Privatscheidung maßgeblich (ebenso Henrich, IPRax 1984, 219; vgl. auch IPRax 1982, 95). Damit kommt hier neben dem thailändischen Recht auch das deutsche Sachrecht zur Anwendung.

Zur Anwendung deutschen Rechtes würde es auch führen, wenn das Scheidungsstatut entsprechend den vom Senat entwickelten Grundsätzen für die Scheidung gemischt-nationaler Ausländerehen (BGHZ 86, 57 (66, 68) = NJW 1983, 1259 = LM Art. 3 GrundG Nr. 123 sowie Senat, NJW 1984, 1302 = LM Art. 3 GrundG Nr. 125 = FamRZ 1984, 350 (353)) oder wenn es durch das seit 1. 9. 1986 geltende Kollisionsrecht bestimmt würde. In diesen Fällen wäre - ausschließlich - deutsches Recht zur Anwendung berufen, weil die Ehegatten beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt im Inland gehabt haben und die Ehefrau hier weiterhin lebt (vgl. Senat, NJW 1984, 1302 = LM Art. 3 GrundG Nr. 125 = FamRZ 1984, 350 (353) sowie für die Rechtslage nach dem IPRG: Art. 17 I 1 i. V. mit Art. 14 I Nr. 2 EGBGB n. F.).

d) Der Ansicht des vorlegenden OLG, daß das deutsche Recht die von den Ehegatten vorgenommene Privatscheidung zulasse und ihrer Wirksamkeit und Anerkennung im Inland nicht entgegenstehe, kann nicht gefolgt werden. Sie steht im Widerspruch zu § 1564 BGB und den dort verankerten Vorstellungen des deutschen Scheidungsrechts.

Zwar ist dem OLG darin zuzustimmen, daß § 1564 S. 1 BGB verfahrensrechtlichen Gehalt hat. In dieser Eigenschaft schreibt die Vorschrift für Ehescheidungen, die im Inland vorgenommen werden, ein gerichtliches Verfahren vor und schließt damit insbesondere die Privatscheidung im Inland aus (BGHZ 82, 34 (47 f.) = NJW 1982, 517 = LM Art. 17 EGBGB Nr. 9). Darin erschöpft sich der Gehalt der Regelung jedoch nicht. Vielmehr hat sie auch materiellen Gehalt. Das in ihr normierte Erfordernis eines gerichtlichen Urteils ist nicht nur ein Formerfordernis, sondern auch materiell-rechtlich erheblich. In ihm kommt die Grundentscheidung des deutschen materiellen Scheidungs- und Scheidungsfolgenrechts zum Ausdruck, daß über die Scheidung einer Ehe immer ein Gericht zu befinden hat (vgl. Wolf, in: MünchKomm, 2. Aufl., § 1564 Rdnr. 4; Martiny, Rdnr. 1748; BayObLGZ 1982, 389 (394); Begr. des RegE. des IPRG, BT-Dr 10/504, S. 61, abgedr. bei Pirrung, S. 150). Das gilt auch für die einverständliche Scheidung nach § 1565 I i. V. mit § 1566 I BGB. Sie gibt den Ehegatten nicht die Möglichkeit, ihre Ehe im Wege der Vereinbarung aufzulösen. Vielmehr kommt die materiell-rechtliche Kontrolle der Scheidungsvoraussetzungen, die das deutsche Scheidungsrecht vorschreibt, auch hier zum Zuge. Die einjährige Trennung, die übereinstimmenden Scheidungsanträge beider Ehegatten oder die Beantragung der Scheidung durch einen von ihnen unter Zustimmung durch den anderen (§ 1566 I BGB) sowie die Regelung der Scheidungsfolgen nach § 630 ZPO, in der sich der wohlüberlegte Scheidungsentschluß der Ehegatten manifestiert, begründen dabei lediglich die unwiderlegbare Vermutung, daß die Ehe gescheitert ist und die sachlichrechtlichen Voraussetzungen für ihre Scheidung erfüllt sind. Das deutsche Scheidungsrecht läßt daher keine unmittelbar wirkende Vereinbarung der Ehegatten über die Scheidung einer nicht gescheiterten, aber auch nicht einer gescheiterten Ehe zu (Wolf, in: Festschr. f. Rebmann, S. 703 (708 Fußn. 24).

Daß dies bei der Scheidung eines Deutschen im Ausland anders sein soll, diesem also nach deutschem materiellen Scheidungsrecht im Ausland mehr gestattet sein soll als im Inland, läßt sich den inländischen Scheidungsvorschriften, insbesondere § 1564 BGB, nicht entnehmen (Martiny, Rdnr. 1748). Diese Bestimmung kommt daher im Falle der Anwendbarkeit deutschen Sachrechts auch bei Scheidungen im Ausland zum Zuge und begründet das Erfordernis, daß diese Scheidungen durch ein gerichtliches Urteil erfolgen. Fehlt es daran, so scheidet ihre Anerkennung im Inland aus. Hiernach kann auch eine im Ausland vorgenommene Privatscheidung bei deutschem Scheidungsstatut nicht als wirksam anerkannt werden (ebenso außer OLG Düsseldorf, FamRZ 1976, 277; BayObLGZ 1982, 389 (394) m. Anm. Henrich, IPRax 1983, 130; Justizministerium NRW und OLG Düsseldorf, IPRspr 1981, Nr. 190 a und b; Justizbehörde Hamburg und OLG Hamburg, IPRspr 1978, Nr. 171 a und b; Bayerisches Staatsministerium der Justiz StAZ 1977, 201 (202) m. Anm. Otto; Kleinrahm-Partikel, S. 161 f.; Krzywon, StAZ 1989, 103; Beule, StAZ 1979, 29 (35); Henrich, Int. FamR, S. 114 f.; zweifelnd IPRax 1984, 218; anders wohl IPRax 1988, 178 f.; Martiny, Rdnr. 1746 und 1748; Kropholler, S. 332; Palandt-Heldrich, Art. 17 EGBGB Anm. 7 b cc; Wolf, in: MünchKomm, § 1564 Rdnr. 31; Lorenz, in: MünchKomm, Art. 17 EGBGB Rdnr. 490; Rolland, 1. EheRG, 2. Aufl., § 1564 Rdnr. 4; Staudinger-v. Bar, Art. 17 EGBGB Rdnr. 78 ff.).

Damit kann die thailändische Privatscheidung der Ehegatten nicht nach Art. 7 § 1 FamRÄndG anerkannt werden. Die Landesjustizverwaltung hat den Anerkennungsantrag der Ehefrau daher zu Recht zurückgewiesen.

Rechtsgebiete

Ehe- und Familienrecht

Normen

BGB § 1564 S. 1; EGBGB a. F. Art. 17; EGBGB 1986 Art. 17 I, 220 I; FamRÄndG Art. 7