Keine Verwechslungsgefahr zwischen „die exklusive“ und „die aktuelle“

Gericht

LG Köln


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

14. 10. 2010


Aktenzeichen

81 O 108/10


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 24.09.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragsstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Beteiligten sind Mitbewerber im Zeitschriftenverlag. Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Verwendung eines Zeitschriftenlogos in Anspruch.

Die Antragstellerin verlegt u.a. die seit 1979 erscheinende Zeitschrift "a - die aktuelle" mit einer Wochenauflage von etwa 400.000 Exemplaren. Eingetragener Markeninhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragenen Wort/Bildmarke wie in Anlage Ast 5 wiedergegeben ist die … GmbH.

Die Antragsgegnerin, die verschiedene Publikumszeitschriften herausgibt, verlegt seit dem 25.09.2010 monatlich die Zeitschrift "e - die exklusive". Die Beteiligten führen zum wettbewerblichen Umfeld aus.

Die Antragstellerin behauptet, sie sei ausschließlich Nutzungsberechtigte der eingetragenen und überdurchschnittlich kennzeichnungskräftigen Marke und beruft sich hierfür auf eine eidesstattliche Versicherung. Sie ist der Meinung, die Zeitschrift "e - die exklusive" habe das identische Format und die identische Anmutung wie "a - die aktuelle". Auch die Innengestaltung sei der "a - die aktuelle" bei teilweiser optischer Übereinstimmung nachempfunden. Das angegriffene Logo weise bewusst übernommene Übereinstimmungen auf, nämlich die Gestaltung der Titelleiste in Kleinbuchstaben, das eigentliche Logo durch die Herausstellung des Anfangsbuchstabens sowie die Verwendung von weißer Schrift auf einem roten Viereck. Zudem bestehe - unwidersprochen - die Anweisung der Antragsgegnerin an ihre Grossisten, die "e - die exklusive" in unmittelbarer Nähe u.a. zur "a - die aktuelle" zu platzieren. Aus dem Verteiler einer Vertriebsmitteilung vom 06.09.2010 (Anlage Ast 8) ergibt sich - unstreitig -, dass die Belieferung an die Einzelhändler gerichtet werden soll, die "die aktuelle" vertreiben. Auch in der Branche sei erkannt worden, dass ein Angriff der Antragsgegnerin auf "die aktuelle" erfolge. Hieraus folge zum einen eine Markenverletzung wegen Verwechslungsgefahr und Ausnutzung der hohen Wertschätzung der Marke der Antragstellerin, zum anderen eine Verletzung der Titelrechte der Antragstellerin gemäß § 5 MarkenG. "Die aktuelle" sei die Zeitschrift mit der größten Reichweite im Lesermarkt. Ferner seien wettbewerbliche Ansprüche gemäß §§ 3, 4 Nr. 9 sowie § 5 Abs. 1 und 2 UWG begründet.

Die Antragstellerin beantragt,

der Antragsgegnerin zu untersagen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,

im geschäftlichen Verkehr den Zeitschriftentitel "e - die exklusive" mit einem Logo wie nachfolgend wiedergegeben (weißes "e" auf rotem Grund) zu kennzeichnen und/oder zu bewerben:

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf einstweilige Verfügung vom 24.09.2010 zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die örtliche Zuständigkeit gerügt. Die Logos von "a - die aktuelle" und "e - die exklusive" würden hinreichende Unterschiede aufweisen, die für einen ausreichenden Zeichenabstand sprechen. Auch sei der Aufbau der Titelseite unterschiedlich, ebenso der Aufbau des Innenteils, etwa die von der Antragstellerin beanstandete Doppelseite 4, 5. Eine unmittelbare oder mittelbare Verwechslungsgefahr für den Verbraucher bestehe nicht. Eine markenmäßige Nutzung liege nicht vor. Als Marke sei das Logo der Antragstellerin nur schwach kennzeichnungsfähig.. Die Einzelelemente der Wort-/Bildmarke seien nicht eintragungsfähig. Es liege auch nicht der Fall einer Rufschädigung oder Rufausbeutung vor. Beim Werktitelschutz genügten schon geringfügige Abweichungen zum Ausschluss der Verwechslungsgefahr. Wettbewerbliche Ansprüche gemäß § 4 Nr. 9 UWG bestünden daneben nicht.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.
Die örtliche Zuständigkeit ist schon wegen rügeloser Einlassung der Antragsgegnerin anzunehmen, wäre aber auch im Übrigen begründet, da sie einerseits glaubhaft gemacht ist und andererseits zwischenzeitlich den Mitgliedern der Kammer aus eigener Anschauung bekannt ist, dass "die exklusive" auch in Köln vertrieben wird.


II.
In der Sache bleibt der Antrag ohne Erfolg, da ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin nicht besteht.

1.
Dies beruht indes nicht auf der nicht nachgewiesenen Berechtigung, die eingetragene Marke nutzen zu dürfen. Diese Berechtigung hat die Antragstellerin vielmehr glaubhaft gemacht.

2.
Ein markenrechtlicher Untersagungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5, 2 Nr. 2 und 3 MarkenG besteht nicht, da nach der erforderlichen Gesamtabwägung eine hinreichende Verwechslungsgefahr nicht besteht. Allerdings ist bei Nutzung einer Marke als Zeitschriftenlogo entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ein markenrechtlicher Schutz nicht ausgeschlossen.

Die für diesen Anspruch erforderliche Kennzeichnungskraft der Wort/Bildmarke ist zu bejahen. Zutreffend ist zwar, dass die einzelnen Bestandteile, Einzelbuchstabe, "die aktuelle" sowie die Farbgebung jeweils für sich kaum hinreichend kennzeichnungskräftig wären. In der Kombination dieser Elemente ist aber eine hinreichende Kennzeichnungskraft anzunehmen, zumal der hervorgehobene Buchstabe "a" charakteristisch geformt ist. Hinzu kommt, dass das Zeichen am Zeitschriftenmarkt eingeführt und bekannt ist. Hierdurch wird die Kennzeichnungskraft noch gesteigert, so dass zumindest eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zugrunde gelegt werden kann.

Unstreitig besteht zwischen den hier im Streit stehenden Verlagsprodukten Branchenidentität. Es handelt sich nach Inhalt und Aufmachung um zumindest ähnliche Frauenzeitschriften.

Zwischen den im Streit stehenden Zeichen bestehen auch deutliche Ähnlichkeiten. Die Kammer hat aufgrund der Gestaltung keinen Zweifel, dass es sich bei dem angegriffenen Zeichen nicht um ein Zufallsprodukt handelt, sondern um eine bewusste Anlehnung an die von der Antragstellerin genutzte Marke. Dies folgt unmittelbar aus der gleichen Farbgebung, der Kombination eines herausgestellten, kleingeschriebenen Buchstabens mit einem ausgeschriebenen Titel in schwarzer Schrift - kleine Schreibweise - auf weißem Grund, der in das Logo mit aufgenommen ist. Hiermit zielt die Antragsgegnerin unmittelbar auf die geschützte Marke ab.

Dennoch ist eine Verwechselungsgefahr nicht gegeben. Es bestehen nämlich zwischen den Logos auf den ersten Blick sichtbare und wahrnehmbare Unterschiede, die einen hinreichenden Abstand der Zeichen begründen. Die Platzierung des Titels im Logo ist bei der Antragstellerin horizontal und bei der Antragsgegnerin an der Seite vertikal. Der plakativ hervorgehobene Buchstabe ist in der Schriftgestaltung deutlich abweichend. Das "e" ist schnörkellos als eleganter Buchstabe gestaltet. Das "a" hingegen ist in einer deutlich abweichenden Schreibweise, nämlich kompakt mit charakteristischen Wölbungen gestaltet und erweckt im Vergleich einen sofort fassbaren abweichenden Eindruck.

Bei dem erforderlichen Gesamteindruck muss einerseits berücksichtigen, dass hier Branchenidentität und eine deutliche und bewusste Anlehnung des Zeichens, das auf Antragstellerseite hohe Verkehrsgeltung besitzt, vorliegt. Andererseits ist die Farbgestaltung rot/weiß und die Platzierung der Logos in der Ecke links oben bei Illustrierten gängig und durch die überlappende Auslegung im Zeitschriftenregal funktional vorgegeben. Dies bedingt eine deutliche Schwächung der Kennzeichnungskraft einerseits und eine Minderung der Verwechslungsgefahr andererseits. Die Frage, ob der durchschnittliche Verbraucher der Gefahr eines "Vergreifens" unterliegt, vermag die Kammer aus eigener Anschauung zu beurteilen. Hierbei ist zwar zuzugeben, dass die Einzelbuchstaben in Kleinschrift soweit ersichtlich im Zeitschriftenmarkt der Frauenzeitschriften nur bei den Beteiligten zu finden sind. Auf der anderen Seite ist der Gesamteindruck bei der typischerweise Vielzahl ausgelegter Zeitschriften keineswegs so, dass die im Streit stehenden Zeitschriften gegenüber den anderen Zeitschriften herausstechen. Wegen der Vielzahl auch farblich gleich gestalteter Zeitschriften vermindert sich der Eindruck der Ähnlichkeit nachhaltig.

Die Gefahr einer Verwechslung zwischen den Buchstaben "a" und "e" in der konkreten Gestaltung erscheint der Kammer gering. Der durchschnittliche Verbraucher erkennt unschwer den Unterschied. Auch wenn er das Logo der Antragstellerin in Erinnerung hat, sich aber an den genauen Namen nicht erinnern kann, ist das Logo der Antragsgegnerin in der Gesamtgestaltung hinreichend abweichend, eine Verwechslung des Verbrauchers zu vermeiden.

Nach dem von den Zeichen gewonnen Eindruck der Kammer kann auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr, nämlich in Form einer gedanklichen Verbindung des Produkts der Antragsgegnerin mit der Antragstellerin, nicht angenommen werden. Die abweichende Gestaltung schließt dies hinreichend aus. Für den Gedanken einer Zweitmarke müsste die Buchstabengestaltung des "e" der Gestaltung des "a" deutlicher angenähert sein.

3.
Auch ein Untersagungsanspruch gemäß § 14 Abs. 5, 2 Nr. 3 MarkenG besteht nicht. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin neigt die Kammer allerdings dazu, die geschützte Marke als ein bekanntes Zeichen im Sinne der Vorschrift anzusehen. Hierfür sprechen die jahrzehntelange Einführung und die hohe Wochenauflage von "die aktuelle". Ein unlauteres Ausnutzen oder eine Beeinträchtigung der Wertschätzung liegt nach Auffassung der Kammer aber nicht vor. Allerdings ist die Kammer der Überzeugung, dass die Antragsgegnerin aufgrund der Zeichengestaltung und den unwidersprochenen Anweisungen zum Vertrieb der "die exklusive" die bewusst auf die Leserschaft von "die aktuelle" abzielt. Dafür spricht auch die nach Format und Gestaltung zumindest gleichwertige Ausstattung. Dagegen tritt zurück, dass "die exklusive" nur eine Monatszeitschrift ist. Durch das angenäherte Zeichen wird dem Verbraucher signalisiert, ein der "die aktuelle" gleichwertiges Produkt erwerben zu können. Dies allein ist unter dem Gesichtspunkt der Nachahmungsfreiheit nach Auffassung der Kammer jedoch noch nicht unlauter. Hinzu müssten weitere Gesichtspunkte kommen, etwa wenn dem Verbraucher vorgetäuscht wird, tatsächlich "die aktuelle" zu erwerben oder wenn "die exklusive" im Verhältnis zu der von der "die aktuelle" geschaffenen Wertschätzung nur ein deutlich minderwertiges Produkt darstellt. Die Verwechslungsgefahr war wie dargelegt abzulehnen. Dem Verbraucher wird auch kein minderwertigeres Produkt angeboten. "Die exklusive" hat augenscheinlich einen gleichartigen Themenkreis und Inhalt wie "die aktuelle".

Im Ergebnis ist es daher so, dass dem durchschnittlichen Verbraucher bewusst ist, ein Konkurrenzprodukt zur "die aktuelle" erwerben zu können. Ob der Verbraucher sich für "die aktuelle" oder "die exklusive" entscheidet, ist dann eine Frage des Wettbewerbs.

Eine Unlauterkeit folgt schließlich auch nicht daraus, dass "die exklusive" günstiger, nämlich für 1,00 € statt 1,50 € ("die aktuelle") verkauft wird. Hierbei handelt es sich um Preiswettbewerb, der für sich eine Unlauterkeit nicht begründet.

4.
Eine werktitelschutzbezogener Unterlassungsanspruch gemäß §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2, 3, 4 MarkenG bezogen auf die konkrete Verwendung besteht im Ergebnis aus den zu § 14 MarkenG dargelegten Erwägungen nicht. Hier weist die Antragsgegnerin mit Recht darauf hin, dass zwar die Anforderungen an die Kennzeichnungskraft im Werktitelbereich geringer sind, dafür aber auch die Anforderungen an die Unterscheidbarkeit ebenfalls geringer sind. Daher scheidet bei der dargelegten hinreichend deutlichen Unterscheidbarkeit ein Anspruch aus § 15 MarkenG aus.

5.
Aus den gleichen Erwägungen vermag sich die Antragstellerin auch nicht auf § 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UWG zu stützen.

6.
Ein Anspruch aus ergänzendem Leistungsschutz gemäß §§ 3, 4 Nr. 9 UWG besteht nicht. Dieser tritt hier hinter dem Vorrang des Markenschutzes zurück (Köhler § 4, 9.9). Allenfalls bezogen auf das Gesamtprodukt, nicht aber bezogen auf das hier angegriffene Zeichen, kann ergänzender Leistungsschutz in Betracht kommen. Das Gesamtprodukt wird zwar thematisiert als Nachahmung, aber von der Antragstellerin nicht als solches angegriffen.


III.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 250.000,00 € festgesetzt.

Rechtsgebiete

Markenrecht; Wettbewerbsrecht