Anteilige Herstellungskostenzurechnung bei gemeinsamer Nutzung des Arbeitszimmers eines Ehegatten
Gericht
BFH
Art der Entscheidung
Vorlagebeschluss
Datum
23. 08. 1999
Aktenzeichen
GrS 3/97
Allein aufgrund der Tatsache, daß der Steuerpflichtige gemeinsam mit seinem Ehepartner ein Arbeitszimmer in der dem Ehepartner gehörenden Wohnung nutzt, sind ihm die anteiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Arbeitszimmers entsprechend seiner Nutzung zur Vornahme von AfA nicht zuzurechnen.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der VI. Senat hat durch Beschluß vom 25. 11. 1996 (BFHE 181, 383 = BStBl II 1997, 219 = NJW 1997, 1096 L) dem Großen Senat des BFH gem. § 11 IV FGO folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt:
1. Ist bei Ehegatten für die Befugnis zur Vornahme von Absetzung für Abnutzung (AfA) davon auszugehen, daß die auf ein häusliches Arbeitszimmer entfallenden Anschaffungs-/Herstellungskosten als von dem Nichteigentümer-Ehegatten insoweit getragen bzw. mitgetragen gelten, als er das Arbeitszimmer für seine beruflichen Zwecke unentgeltlich nutzt bzw. mitbenutzt?
2. Falls die Rechtsfrage zu 1 verneint wird: Kann der das häusliche Arbeitszimmer unentgeltlich (mit)nutzende Nichteigentümer-Ehegatte den dem Eigentümer-Ehegatten für die berufliche Nutzung des Arbeitszimmers durch den Nichteigentümer-Ehegatten erwachsenden Aufwand für AfA als sog. Drittaufwand absetzen?
Der Vorlage liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kl. sind Eheleute, die ein Einfamilienhaus bewohnen, das der Kl. gehört. Ein Raum des Hauses wird von beiden Kl., die als Lehrer tätig sind, für berufliche Zwecke genutzt. Die Fläche des Arbeitszimmers umfaßt 12,6% der Wohnfläche des Hauses. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für die Streitjahre 1986 und 1987 erkannte das bekl. Finanzamt die anteilig auf das Arbeitszimmer entfallende AfA nur zur Hälfte als Werbungskosten bei den Einkünften der Kl. aus nichtselbständiger Arbeit an. Die andere Hälfte ließ das Finanzamt weder bei der Kl. noch beim Kl. zum Abzug als Werbungskosten zu.
Das FG hat der Klage stattgegeben. Der Große Senat hat die ihm gestellte erste Rechtsfrage wie aus dem Leitsatz ersichtlich beantwortet.
Auszüge aus den Gründen:
I. Erste Rechtsfrage
1. Die Frage stimmt im wesentlichen mit der zweiten Frage der Vorlagen GrS 1/97 (NJW 1999, 3580 [in diesem Heft]) und GrS 2/97 (NJW 1999, 3577 [in diesem Heft]) überein. Sie ist zu verneinen. Allein aufgrund der Tatsache, daß ein Steuerpflichtiger im Hause seines Ehegatten einen Raum für seine beruflichen Zwecke nutzt, folgt nicht, daß er dessen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als eigene Aufwendungen (AfA) unabhängig davon geltend machen kann, ob er tatsächlich derartige Aufwendungen trägt. Das gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige den Raum nicht allein, sondern zusammen mit seinem Ehegatten (Eigentümer) nutzt. Auf die Ausführungen in den Beschlüssen vom heutigen Tage zu den Vorlagen GrS 1/97 (NJW 1999, 3580 [zu C II 1] [in diesem Heft]) und GrS 2/97 (NJW 1999, 3577 [zu C IV] [in diesem Heft]) wird verwiesen. 2. Die Befugnis zur AfA auf die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Arbeitszimmers steht im Vorlagefall - wie das FG im Ergebnis zutreffend entschieden hat - der Kl. und Eigentümerin zu. Diese Befugnis hätte sie zweifellos, wenn sie den Raum allein beruflich genutzt hätte. Das gilt im Interesse einer praktikablen Lösung auch dann, wenn der Raum zwar insgesamt beruflich genutzt wird, jedoch nicht ausschließlich vom Steuerpflichtigen. Dabei ist einmal zu berücksichtigen, daß die Kl. selbst das ganze Zimmer (eine räumliche Aufteilung ist nicht festgestellt) beruflich nutzt. Mit Recht weist der vorlegende Senat darauf hin, daß der Steuerpflichtige im Rahmen des § 21 II EStG eine Wohnung auch dann tatsächlich in vollem Umfang zu eigenen Wohnzwecken nutzt, wenn er sie gemeinsam mit einer anderen Person nutzt (BFHE 162, 244 = BStBl II 1991, 171). Ob man diesen Gedanken auch für die Abgrenzung zwischen beruflicher und privater Nutzung (Überlassung des Raums an den Ehemann aufgrund der §§ 1353 I , 1360 BGB) eines Raums übertragen kann, mag aus systematischen Gründen nicht unbedenklich sein. Der Große Senat hält dies aber bei zusammenveranlagten Eheleuten (§ 26b EStG) dann für gerechtfertigt, wenn auch der Ehepartner den Raum nur für berufliche Zwecke nutzt.
Beteiligt sich der Nichteigentümer-Ehegatte an den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Hauses im beruflichen Interesse, ist der Sachverhalt dem des Beschlusses vom heutigen Tage in der Sache GrS 1/97 (NJW 1999, 3580 [in diesem Heft]) vergleichbar.
II. Zweite Rechtsfrage
Unter Hinweis auf die Ausführungen zu C I 2 erübrigt sich eine Beantwortung der zweiten Rechtsfrage.
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