Formwirksamkeit eines Testaments trotz schlecht platzierter Unterschrift

Gericht

OLG Celle


Art der Entscheidung

Beschluss über weitere Beschwerde


Datum

24. 06. 1996


Aktenzeichen

22 W 18/96


Leitsatz des Gerichts

Eine Unterschrift kann ausnahmsweise über dem Text eines Testamentes geleistet werden, sofern am seitlichen und unteren Rand nicht genügend Platz vorhanden ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Ast. begehrt die Erteilung eines Erbscheins aufgrund eines vom Erblasser am 28. 8. 1996 errichteten und am 13. 10. 1975 von diesem über dem Text der letztwilligen Verfügungen „unterschriebenen“ Testaments. AG und LG haben den Antrag zurückgewiesen. Die weitere Beschwerde des Bet. zu 1 führte zur Aufhebung und Zurückverweisung an das AG.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Der Erblasser konnte sein am 28. 8. 1969 errichtetes Testament ausnahmsweise - wie geschehen - formwirksam gem. § 2247 BGB im linken oberen Blattbereich über dem Text seiner handschriftlichen Verfügungen unterschreiben. Zwar muß ein Testament im Regelfall als Abschluß am Schluß des fortlaufenden Textes unterschrieben werden; es sind aber mangels freien Raumes am Textende Ausnahmen möglich (vgl. Palandt/Edenhofer, BGB, 54. Aufl., § 2247 Rdnr. 13). Hier konnte das der Entscheidung des LG zugrunde liegende Testament sinnvollerweise am Textende nicht mehr vom Erblasser unterschrieben werden. Die letzte Zeile seiner handschriftlichen Bestimmungen endete nur knapp 3 cm vom rechten Blattrand entfernt, wohingegen seine oben auf das Testament gesetzte Unterschrift einen Raum von fast 6 cm benötigt hat. Auf der nachfolgenden, vorletzten Zeile des Blattes konnte der Erblasser nicht unterschreiben, denn dort hat seine Mutter bis über die Mitte der letzten Zeile des Blattes hin handschriftlich eine Bestätigung des Testaments niedergelegt, die sie dann in der Mitte rechts des Blattendes über 7 cm hin unterschrieben hat. Im Bereich der von der Mutter gelassenen Freiräume des Blattes verbot sich für den Erblasser das Setzen seiner Unterschrift, denn diese wäre dann sinnwidrig dem von seiner Mutter geschriebenen Text zuzuordnen gewesen. Weiter schied für den Erblasser die grundsätzlich für zulässig angesehene Möglichkeit, sein Testament, um dessen Text zu decken, quer zu unterschreiben (vgl. dazu Soergel/Harder, BGB, 12. Aufl., § 2247 Rdnr. 28; Staudinger/Baumann, BGB, 13. Aufl., § 2247 Rdnr. 94), aus, denn es ist im Bereich des gesamten fortlaufenden Textes sowohl links als auch rechts jeweils bis zum Blattende hin beschrieben worden. Die Vorschrift des § 2247 BGB ist in einem solchen Ausnahmefall dahin auszulegen, daß eine wirksame Unterschrift auch über dem Text des Textendes geleistet werden kann, denn mangels freien Raumes kann dann eine solche Unterschrift als Fortsetzung und Abschluß des darunterstehenden Testaments angesehen werden (vgl. BayObLG, FamRZ 1986, 728 (730); BayObLGZ 1981, 79 (85)). Es bestehen hier keine Zweifel, daß der Inhalt des Testaments von der darüber stehenden Unterschrift des Erblassers gedeckt sein sollte, denn er hat nicht nur seine Mutter um ein schriftliches Zeugnis am Schluß seines Testaments bemüht, sondern seiner Unterschrift noch das Wort „gezeichnet“ vorangestellt, mit dem die Unterschriftsleistung durch den Verfasser selbst noch besonders herausgehoben werden sollte.

2. Unabhängig von den vorstehenden Feststellungen wäre das Testament auch nach den vom LG zugrunde gelegten Tatsachen auf der Grundlage des Vorbringens des Bet. zu 1 noch am 13. 10. 1975 wirksam handschriftlich abschließend errichtet worden. Die Niederschrift eines Testaments muß nicht in einem einheitlichen, zusammenhängenden Errichtungsakt erfolgen (vgl. Staudinger/Baumann, § 2247 Rdnr. 46), so daß der Erblasser nicht gehindert war, den Text am 28. 8. 1969 niederzulegen, um ihn dann erst am 13. 10. 1975 zu unterschreiben. Die von dem Erblasser allerdings nur auf einem Briefumschlag geleistete Unterschrift, in dem das Testament verschlossen wurde, stellt sich hier gleichwohl als Fortsetzung und Abschluß des anliegenden Testaments dar (vgl. Staudinger/Baumann, § 2247 Rdnr. 97; Soergel/Harder, § 2247 Rdnr. 29), denn neben der Unterschrift enthält die Beschriftung auf dem Briefumschlag nur Angaben zum Ort und zum Datum sowie den Text: „Mein letzter Wille". Dieser Aufschrift kommt keine selbständige Bedeutung zu, denn nach dem vom LG zugrunde gelegten Sachverhalt ist der Erblasser nach juristischer Beratung so verfahren, um wegen möglicher Zweifel an der Wirksamkeit seines Testaments etwaige Formmängel zu beheben. Es ist nicht ersichtlich, daß er mit der Beschriftung auf dem Umschlag andere Zwecke verfolgte und diese losgelöst von dem umschlossenen Testament eine selbständige Bedeutung haben sollte.

Rechtsgebiete

Erbrecht

Normen

BGB § 2247 I