Ausbildungsort nicht maßgebend für Gehaltseinstufung von Lehrern

Gericht

BAG 10. Senat


Datum

10. 06. 1998


Aktenzeichen

10 AZR 779/96


Leitsatz des Gerichts

Die tariflichen Verweisungen auf die 2. BesÜV in § 2 Nr. 3 Satz 2 ÄndTV Nr. 1 zum BAT-O und in Nr. 3a Unterabs. 1 SR 2l I BAT-O betreffen lediglich die Eingruppierung der angestellten Lehrkräfte. Die Verweisung erfaßt nicht die Regelung über einen ruhegehaltsfähigen Zuschuß nach § 4 der 2. BesÜV.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Kl. und die Zahlung eines ruhegehaltsfähigen Zuschusses.

Der Kl., Mitglied der GEW, legte am 19. 3. 1990 beim Staatlichen Prüfungsamt für zweite Staatsprüfungen für Lehrämter an Schulen in Düsseldorf die zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II und für das Lehramt für die Sekundarstufe I ab. Seit dem 1. 10. 1991 ist er als Lehrer am C.-Gymnasium in H. beschäftigt.

Nach § 2 des Arbeitsvertrages vom 2. 9. 1991 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages ist der Kl. in Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert.

Der Kl. hat zunächst mit Schreiben vom 26. 2. 1992, dessen Eingang beim bekl. Land streitig ist, und sodann mit Schreiben vom 6. 4. 1993 Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O geltend gemacht. Mit Schreiben vom 14. 4. 1993 hat das bekl. Land die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe II a BAT-O abgelehnt.

Mit seiner Klage vom 30. 12. 1993 hat der Kl. die Feststellung begehrt, daß das bekl. Land verpflichtet ist, an ihn ab 1. 10. 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a, hilfsweise Vergütungsgruppe III BAT (West) zu zahlen. Im Wege der Anschlußberufung hat der Kl. weiter hilfsweise Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O zuzüglich eines ruhegehaltsfähigen Zuschusses in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe II a BAT-O und der Vergütungsgruppe II a BAT (West), weiter hilfsweise Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O zuzüglich eines ruhegehaltsfähigen Zuschusses in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe III BAT-O und der Vergütungsgruppe III BAT (West) geltend gemacht.

Der Kl. meint, aus der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung (2. BesÜV) vom 21. 6. 1991 folge ein Anspruch auf die höhere Ein gruppierung, da nach Anlage 1 dieser Verordnung Studienräte als Diplom-Lehrer im Unterricht nach der Klasse 10 an allgemeinbildenden Schulen in die Besoldungsgruppe A 13 eingestuft seien, wenn sie sich mindestens drei Jahre im Beamtenverhältnis als Diplom-Lehrer und davon mindestens ein Jahr in den im Funktionszusatz genannten Funktionen oder an einem Gymnasium bewährt hätten. Aus den §§ 4 und 5 der 2. BesÜV ergebe sich der allgemeine Grundsatz, daß Beschäftigte, die ihre berufliche Qualifikation nach den westlichen Maßstäben und Qualifikationsregeln erlangt hätten, ebenso eingestuft und vergütet werden sollten, wie wenn sie in den alten Bundesländern tätig wären. Der Anspruch auf die Zahlung des ruhegehaltsfähigen Zuschusses folge aus § 4 der 2. BesÜV.

Der Kl. hat in der Berufungsinstanz zuletzt beantragt festzustellen, daß der Bekl. verpflichtet ist, an ihn ab 1. 10. 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT-West, hilfsweise III BAT-West zuzüglich 4% Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge ab dem 13. 1. 1994 zu zahlen;

hilfsweise, daß der Bekl. verpflichtet ist, an ihn ab 1. 10. 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT-O zuzüglich eines ruhegehaltsfähigen Zuschusses in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe II a BAT-O und der Vergütungsgruppe II a BAT (West) zuzüglich 4% Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge seit dem 13. 1. 1994 zu zahlen;

hilfsweise, daß der Bekl. verpflichtet ist, an ihn ab 1. 10. 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zuzüglich eines ruhegehaltsfähigen Zuschusses in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe III BAT-O und der Vergütungsgruppe III BAT (West) zuzüglich 4% Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge seit dem 13. 1. 1994 zu zahlen.

Das bekl. Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es ist der Ansicht, der Kl. sei tarifgerecht in Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert, da es im Land Sachsen-Anhalt nur den Einheitslehrer mit der Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O gebe. Auf das Arbeitsverhältnis sei ausschließlich der BAT-O anwendbar, weil der Kl. im Osttarifgebiet eingestellt und tätig sei. Er sei auch zutreffend in die Vergütungsgruppe III BAT-O eingruppiert. Das Amt eines „Studienrats“ sei im Land Sachsen-Anhalt noch nicht eingerichtet; eine Planstelle sei nicht vorhanden. Im übrigen handle es sich um ein Aufstiegsamt. Ein Anspruch auf den Zuschuß nach § 4 der 2. BesÜV sei nicht gegeben, da die Verweisung in Nr. 3a der SR 2l I BAT-O auf die 2. BesÜV lediglich die Eingruppierung betreffe.

Das ArbG hat dem Kl. Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT-O zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufungen der Parteien und die Anschlußberufung des Kl. hat das LAG das bekl. Land verurteilt, an den Kl. ab 1. 10. 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zuzüglich eines ruhegehaltsfähigen Zuschusses in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe III BAT-O und der Vergütungsgruppe II a BAT-West zu zahlen; im übrigen hat es die Berufung und die Anschlußberufung zurückgewiesen, ohne die Revision zuzulassen.

Der Sechste Senat hat mit Beschluß vom 21. 11. 1996 auf die Nichtzulassungsbeschwerde des bekl. Landes die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt das bekl. Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Der Kl. bittet, die Revision zurückzuweisen und stellt hilfsweise folgende Anträge:

das Urteil des LAG Sachsen-Anhalt vom 4. 7. 1996 - 6 (5) Sa 1103/94 E - aufzuheben und auf die Anschlußberufung des Kl. das Urteil des ArbG Halle vom 16. 6. 1994 (6 Ca 413/93) zu ändern und festzustellen, daß der Bekl. verpflichtet ist, an den Kl. ab 1. 10. 1991 Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT (Westtarif) zuzüglich 4% Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge seit dem 13. 1. 1994 zu zahlen;

hilfsweise, daß der Bekl. verpflichtet ist, an den Kl. ab 1. 10. 1991 zuzüglich zu der bereits gewährten Vergütung nach der Vergütungsgruppe II a BAT-O eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe II a BAT-O und der Vergütungsgruppe II a BAT (Westtarif) zuzüglich 4% Zinsen auf die rückständigen Nettodifferenzbeträge seit dem 13. 1. 1994 zu zahlen.

Die Revision des bekl. Landes hat Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Revision des bekl. Landes ist begründet. Dem Kl. steht ein Anspruch auf den Zuschuß nach § 4 der 2. BesÜV nicht zu. Soweit das LAG festgestellt hat, daß das bekl. Land verpflichtet ist, den Kl. nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zu vergüten, ist der Rechtsstreit in der Revisionsinstanz nicht angefallen. Aus der Auslegung des Revisionsantrags des bekl. Landes folgt, daß das bekl. Land das Urteil des LAG insoweit nicht angreifen will. Die vom Kl. über den Antrag auf Zurückweisung der Revision hinaus in der Revisionsinstanz gestellten Anträge sind unzulässig.

I. Das LAG hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, dem Kl. stehe - entgegen dem Urteil des ArbG - nicht Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O zu. Die für die Eingruppierung in Vergütungsgruppe II a BAT-O maßgeblichen Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 13 der Anlage 1 zu § 7 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV erfülle der Kl. nicht. Nach Nr. 3a Satz 2 der SR 2 l I sei der Kl. bei seiner erstmaligen Einstellung in ein Eingangsamt einzustufen gewesen; ein solches Eingangsamt sei nach der Anlage 1 der 2. BesÜV die Besoldungsgruppe A 12, die der Vergütungsgruppe III BAT-O entspreche. Dementsprechend sei auch im Arbeitsvertrag die Eingruppierung in die Vergütungsgruppe III BAT-O vereinbart worden. Die Besoldungsgruppe A 13 wäre auch nicht angemessen, da dort eine mindestens dreijährige Bewährung im Beamtenverhältnis als Diplom-Lehrer an einem Gymnasium verlangt wird. Der Anspruch des Kl. könne auch nicht auf eine direkte Anwendung der Anlage zum Bundes-Besoldungsgesetz gestützt werden; für die Lehrer im Beitrittsgebiet gälten ausschließlich die Regelungen der 2. BesÜV. Für eine Anwendung der Bundesbesoldungsordnung A sei kein Raum.

Die Anschlußberufung des Kl. sei zwar zulässig, aber unbegründet, soweit der Kl. Vergütung nach Vergütungsgruppe II a bzw. III BAT (West) bzw. nach Vergütungsgruppe II a BAT-O begehre. Sie sei aber insoweit begründet, als dem Kl. ein ruhegehaltsfähiger Zuschuß in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe III BAT-O und der Vergütungsgruppe II a BAT (West) zustehe. Dieser Anspruch folge aus § 4 der 2. BesÜV, wonach Beamte, die einen Anspruch auf Dienstbezüge erstmalig mit einer Ernennung im Beitrittsgebiet erwerben, einen Zuschuß zu den Dienstbezügen nach § 2 erhalten, wenn sie aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt worden sind. Der Kl. erfülle diese Voraussetzungen, da er seine Examina im bisherigen Bundesgebiet abgelegt habe und aufgrund dieser im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen erstmalig ernannt worden sei.

II. Die Ausführungen des LAG hinsichtlich der Zahlung des Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV halten der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand. Der Kl. hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV. Auf die Revision des bekl. Landes ist daher das Urteil des LAG insoweit aufzuheben und die Anschlußberufung des Kl. zurückzuweisen.

1. Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die Zahlung des Zuschusses. § 4 der 2. BesÜV findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung.

a) § 4 der 2. BesÜV lautet wie folgt:

§ 4 Zuschuß zur Ergänzung der Dienstbezüge

Beamte, Richter und Soldaten mit Anspruch auf Besoldung nach § 2 erhalten, wenn sie aufgrund der im bisherigen Bundesgebiet erworbenen Befähigungsvoraussetzungen ernannt werden, einen ruhegehaltsfähigen Zuschuß in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen. Dies gilt auch für Ernennungen vor Inkrafttreten dieser Verordnung.

Für die Eingruppierung und Vergütung des Kl. sind folgende Bestimmungen maßgebend:

a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. 5. 1991

...

3. Die Anlage 1a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

...

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2l I fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind - gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien - in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. ...

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT-O)

Nr. 1 Zu §§ 1 und 2 - Geltungsbereich -

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).

...

Protokollnotiz:

Lehrkräfte i.S. dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3a Zu §§ 22 bis 25 - Eingruppierung -

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.

Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

...

c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. 6. 1991 (BGBl. I S. 1345)

§ 7 Besoldungsordnungen

(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung.

...

Anlage 1

Besoldungsgruppe A 12

Lehrer 1) 2)

- als Diplomlehrer im Unterricht der Klassen 5 - 10 an einer allgemeinbildenden Schule -

- als Diplomlehrer im Unterricht nach der Klasse 10 an einer allgemeinbildenden Schule oder im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule.

- ...

1) Mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung.

2) Als Eingangsamt.

Besoldungsgruppe A 13

...

Studienrat 2)

- als Diplomlehrer im Unterricht nach der Klasse 10 an einer allgemeinbildenden Schule oder im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule -

...

2) In diese Besoldungsgruppe können nur Lehrer eingestuft werden, die sich mindestens 3 Jahre im Beamtenverhältnis als Diplomlehrer oder Diplomingenieurpädagoge, davon mindestens 1 Jahr in den im Funktionszusatz genannten Funktionen oder an einem Gymnasium, bewährt haben.

b) Da der Kl. Lehrkraft i.S. der tariflichen Bestimmungen ist, ist für seine Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1a zum BAT-O nicht anzuwenden. Nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O sind diese Angestellten - ggf. nach näherer Maßgabe von Richtlinien - in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Nr. 3a Unterabs. 1 der SR l I BAT-O sieht entsprechend vor, daß die Lehrkräfte nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert werden, die sich bei Anwendung der 2. BesÜV ergeben. Diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist nach ständiger Rechtsprechung des BAG zulässig (BAG Urteil vom 24. 11. 1993 - 4 AZR 16/93 - AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; BAG Urteile vom 13. 6. 1996 - 6 AZR 972/94 - AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O und - 6 AZR 858/94 - BAG 83, 201 = AP Nr. 45 zu §§ 22 BAT Lehrer).

c) Nach den Vorschriften der 2. BesÜV steht dem Kl. jedoch ein Anspruch auf den ruhegehaltsfähigen Zuschuß nach § 4 nicht zu. Die tarifliche Verweisung in Nr. 3a Unterabs. 1 SR 2l I BAT-O betrifft ebenso wie die Verweisung in § 2 Nr. 3 Unterabs. 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O nur die Eingruppierung, nicht aber die anderen Vorschriften der 2. BesÜV. Dies ergibt sich aus der Auslegung der tariflichen Verweisungsvorschriften.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des BAG den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Ist der Tarifwortlaut nicht eindeutig, ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Insoweit ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweck orientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG Urteile vom 23. 9. 1992 - 4 AZR 66/92 - AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel [I 2 a der Gründe], m.w.N.; vom 21. 7. 1993 - 4 AZR 468/92 - BAG 73, 364 = AP Nr. 144 zu § 1 TVG Auslegung; vom 14. 12. 1994 - 4 AZR 865/93 - BAG 79, 21 = AP Nr. 121 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; vom 10. 5. 1995 - 4 AZR 74/94 - AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Medizinischer Dienst).

Bereits der Wortlaut der tariflichen Vorschriften ergibt, daß lediglich hinsichtlich der Eingruppierung auf die Vorschriften der 2. BesÜV verwiesen wird. Nr. 3 Satz 2 des § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O lautet insoweit: „Diese Angestellten sind ... in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O ...“. Es wird somit nicht allgemein auf die Anwendung der 2. BesÜV verwiesen, sondern lediglich festgelegt, daß die Eingruppierung nach § 11 Satz 2 BAT-O unter Anwendung der 2. BesÜV zu bestimmen ist. Nr. 3a Unterabs. 1 der SR 2l I BAT-O lautet insoweit entsprechend: „Die Lehrkräfte werden ... eingruppiert ...“.

Aus der systematischen Stellung der Tarifbestimmung folgt, daß die Verweisung auf die 2. BesÜV lediglich als Grundlage für die Eingruppierung anzusehen ist. Nr. 3a SR 2l I BAT-O bezieht sich schon ausweislich seiner Überschrift („zu §§ 22 - 25 - Eingruppierung“) nur auf die allgemeinen Bestimmungen über die Eingruppierung. Diese beschränkte Bezugnahme auf die Besoldungsgruppen wird durch den Verweis auf § 11 Satz 2 BAT-O bestätigt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG ist unter Eingruppierung die Zuordnung einer von einem Arbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit zu den Tätigkeitsmerkmalen der Lohn- und Vergütungsgruppen einer im Betrieb geltenden Lohn- oder Vergütungsordnung zu verstehen (BAG Urteil vom 30. 5. 1990 - 4 AZR 74/90 - BAG 65, 163 = AP Nr. 31 zu § 75 BPersVG, m.w.N.). Nach den angeführten tariflichen Bestimmungen ist diese Zuordnung unter Anwendung der 2. BesÜV i.V. mit § 11 Satz 2 BAT-O vorzunehmen. Den Tarifvorschriften ist darüber hinaus kein Anhaltspunkt zu entnehmen, in der Verweisung auf die 2. BesÜV komme auch zum Ausdruck, daß die sonstigen vergütungsrelevanten Regelungen in der 2. BesÜV, so auch § 4 hinsichtlich des ruhegehaltsfähigen Zuschusses, gelten sollen. Eine erweiternde Auslegung der einschlägigen Tarifbestimmungen (§ 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O und Nr. 3a Unterabs. 1 der SR 2l I BAT-O) dahingehend, daß die Vergütung der angestellten Lehrkräfte in allen Bestandteilen der Besoldung eines Beamten unter Berücksichtigung der 2. BesÜV zu entsprechen habe, ist danach nicht möglich.

Dieses Ergebnis wird vom Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen mit der Verweisung auf die 2. BesÜV bestätigt. Da die Anlage 1a zum BAT-O, die die Eingruppierungsregelungen für die Angestellten enthält, auf die angestellten Lehrkräfte keine Anwendung findet, ergibt sich insoweit eine Lücke in der Regelung der Arbeitsbedingungen der angestellten Lehrer. Die übrigen Arbeitsbedingungen, außer der Eingruppierung, ergeben sich aus dem BAT-O. Von daher war es geboten, diese Lücke durch die Verweisung auf die 2. BesÜV zu schließen. Dafür, daß auch die übrigen Vorschriften der 2. BesÜV, soweit sie nicht die Einstufung bzw. Eingruppierung regeln, aufgrund der tarifvertraglichen Verweisungen Anwendung finden sollen, fehlt jeglicher Hinweis.

Betreffen die Verweisungen in Satz 2 Nr. 2 des § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O und in Unterabs. 1 der Nr. 3a der SR 2l I BAT-O somit lediglich die Eingruppierung der angestellten Lehrer entsprechend der Einstufung der beamteten Lehrer in der 2. BesÜV, wird die Zuschußregelung in § 4 der 2. BesÜV von der Verweisung nicht erfaßt; ihre Anwendung aufgrund der tarifvertraglichen Verweisung auf die 2. BesÜV ist daher nicht möglich. Findet § 4 der 2. BesÜV aber keine Anwendung, fehlt es an einer Anspruchsgrundlage für die Zahlung des ruhegehaltsfähigen Zuschusses.

d) Damit kommt es nicht mehr darauf an, daß das LAG dem Kl. mit einem Zuschuß in Höhe der Differenz zwischen der Vergütungsgruppe III BAT-O und Vergütungsgruppe II a BAT-West mehr zugesprochen hat, als er beantragt hat (§ 308 ZPO).

2. Die Verurteilung des bekl. Landes zur Zahlung von Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O ist nicht vom Revisionsantrag des bekl. Landes erfaßt. Zwar richtet sich der Revisionsantrag aus der Revisionsbegründung vom 11. 12. 1996 generell auf die Aufhebung des Urteils des LAG Sachsen-Anhalt und Klageabweisung unter Änderung des Urteils des ArbG Halle. Aus dem Zusammenhang mit der Begründung der Revision und den übrigen Umständen des Rechtsstreits folgt jedoch, daß das bekl. Land die Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O nicht angreifen will.

3. Die vom Kl. hilfsweise in der Revisionsinstanz gestellten Anträge, unter Aufhebung des Berufungsurteils entsprechend seiner Anschlußberufung das Urteil des ArbG Halle vom 16. 6. 1994 (6 Ca 413/93) abzuändern und festzustellen, daß das bekl. Land verpflichtet ist, an ihn Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT (West), hilfsweise Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O zu zahlen, sind unzulässig.

Das LAG hat über die Anschlußberufung des Kl. - über die Zahlung des ruhegehaltsfähigen Zuschusses in Höhe der Differenz zwischen den Bezügen der Vergütungsgruppe III BAT-O und der Vergütungsgruppe II a BAT-West hinaus - rechtskräftig entschie den. Es hat die Anschlußberufung des Kl., soweit ihr nicht entsprochen wurde - nämlich im Hinblick auf die Verurteilung des bekl. Landes zur Zahlung eines Zuschusses nach § 4 der 2. BesÜV -, ausdrücklich im Tenor seiner Entscheidung zurückgewiesen. In der Begründung hat das LAG sowohl einen Anspruch des Kl. auf Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT (West) wie auch - unter Bezugnahme auf die Begründung zur Berufung des bekl. Landes - auf Vergütung nach Vergütungsgruppe II a BAT-O verneint. Das LAG hat damit über die vom Kl. nunmehr in der Revisionsinstanz mit den Hilfsanträgen erneut geltend gemachten Ansprüche rechtskräftig entschieden. Das folgt daraus, daß das LAG die Revision nicht zugelassen hat und der Kl. im Umfang seiner Beschwer keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat. Entgegen der Auffassung des Kl. ist es wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils des LAG nicht zulässig, die im Wege der Anschlußberufung gestellten und ausgeurteilten Hilfsanträge in der Revisionsinstanz im Rahmen der nur für das bekl. Land zugelassenen Revision erneut geltend zu machen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des bekl. Landes ist ausdrücklich für dieses im Rahmen seines Unterliegens in der Berufungsinstanz die Revision zugelassen worden. Eine Anschlußrevision wollte der Kl. nach seinem erklärten Willen nicht erheben.

Vorinstanzen

Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

1BAT §§ 22, 23 Lehrer; Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 §§ 4, 7; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3; Sonderregelung für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2l I BAT-O) Nr. 3a