Zeitungsbericht über ein lokales Ereignis: relative Person der Zeitgeschichte, Resozialisierung

Gericht

LG München I


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

07. 04. 2004


Aktenzeichen

9 O 22152/03


Leitsatz des Gerichts

  1. Der Begriff „Zeitgeschichte“ ist aus dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit heraus zu definieren. Er erfasst deshalb nicht nur Vorgänge von politischer und historischer Bedeutung, sondern auch Vorgänge von lokalem Interesse (hier: Strafprozess vor einem Schöffengericht).

  2. Relative Person der Zeitgeschichte ist im Strafverfahren ein Beteiligter, wenn er in Bezug auf dieses Ereignis zusätzlich ein sachentsprechendes Informationsinteresse erweckt. Eine nicht unwichtige Rolle im Strafverfahren spielt deshalb nicht allein der Angeklagte, sondern neben sonstigen Verfahrensbeteiligten auch ein Zeuge, der erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens hat. Dabei ist seine Aussage entscheidungserheblich, nicht aber die Verwertung der Zeugenaussage im Strafurteil.

  3. Nach einer strafrechtlichen Verurteilung ist davon auszugehen, dass eine Straftat vorliegt und der Verurteilte sich schuldig gemacht hat. Er hat seine namentliche Nennung daher grundsätzlich hinzunehmen.

  4. Absolute zeitliche Grenzen für die Zulässigkeit einer identifizierenden nachprozessualen Berichterstattung lassen sich nicht ziehen. Insoweit kommt es auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an, wobei umso gewichtigere Gründe für die Berichterstattung sprechen müssen, je länger Tat und Verurteilung zurückliegen. Eine besondere Grenze stellt die Haftentlassung dar, da das Interesse an Resozialisierung ab diesem Zeitpunkt in erhöhtem Maße Bedeutung gewinnt.

Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105% des zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.

Der Kläger war Konzertveranstalter. Am 30.12.1997 wurde er wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Bis zu seiner Verurteilung befand sich der Kläger in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 09.03.1999 wurde der Rest der noch offenen Gesamtfreiheitsstrafe am 07.04.1999 zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit betrug vier Jahre und lief am 07.04.2003 ab.

Die Beklagte verlegt eine Tageszeitung, deren Artikel auch in das Internet gestellt werden. Am 13.03.2003 schrieb die Beklagte unter der Überschrift "Es geht um Betrug im Umfeld einer Michael-Jackson-Tour":

"Diese Aktivitäten kollidierten auch mit den Geschäftsinteressen eines Marcel Avram (Mama Concerts), dem einstigen Deutschland-Impressario" Jacksons. Er spielt eine nicht unwichtige Rolle in dem Verfahren, denn einerseits soll er schützend seine Hand über "Mystery"' gehalten haben, indem er etwa gegenüber Sony eine Bürgschaft für alle Verbindlichkeiten übernahm. Andererseits legen die Zeugenaussagen auch den Verdacht einer versuchten "unfreundlichen Übernahme" nahe, und schließlich waren es Avrams Leute, die im Umfeld der Jackson-Konzerte Auftritte von "Mystery"' verhinderten. Die genauen Ziele des Münchener Konzertveranstalters, dessen Aktionsradius 1997 durch eine Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeschränkt war, blieben im Dunkeln".

Wegen der Einzelheiten des Beitrags wird auf die Anlage K 1 verwiesen.

Gegenstand der Berichterstattung war ein bei dem AG Dieburg geführter Strafprozess wegen Konkursverschleppung und Betrugs gegen die beiden Gesellschafter der Firma "Mystery Drinks GmbH". Geschäftsidee dieser Firma war es, bei der HIStory-Tour des Popstars Michael Jackson im Jahr 1997 ein Brausegetränk namens "Mystery" zu vermarkten. Dazu kam es aber nicht. Die Firma "Mama Concerts & Rau GmbH" hatte der Firma "Mystery Drinks GmbH" verboten, sich auf dem Stadiongelände der Michael Jackson HIStory-Tour aufzuhalten, weil die "Mystery Drinks GmbH" niemals rechtmäßiger Sponsor der Tour gewesen ist.

Auch stand der Kläger selbst mit der Firma "Mystery Drinks GmbH" in Geschäftsbeziehungen. Gegenstand der Geschäftsbeziehung war insbesondere ein Lizenzvertrag, der nicht eingehalten wurde. Der Kläger wurde daher als Geschädigter in dem Strafprozess vor dem AG Dieburg als Zeuge angehört.

Zur Begründung des Klageanspruchs beruft sich der Kläger im wesentlichen darauf, er sei keine relative Person der Zeitgeschichte. Jedenfalls betreffe ihn der Prozess vor dem AG Dieburg nicht in seiner Eigenschaft als Konzertveranstalter. Aus diesem Grunde dürfe er im Zusammenhang mit dem Verfahren auch nicht namentlich genannt werden.

Soweit in dem Artikel die Rede davon sei, er spiele in dem Strafverfahren eine nicht unwichtige Rolle, suggeriere dies seine Mitwirkung an den abzuurteilenden Taten als Tatbeteiligter. Er selbst habe aber weder mit der zur Anklage gebrachten Konkursverschleppung noch mit dem Betrug der Beschuldigten etwas zu tun. Es handele sich daher um eine falsche Tatsachenbehauptung, die zu unterbleiben habe. Insbesondere seien auch die Anknüpfungstatsachen falsch, mit denen seine nicht unwichtige Rolle in dem Artikel untermauert werde. Er habe niemals schützend seine Hand über die Firma "Mystery Drinks GmbH" gehalten und gegenüber Sony eine Bürgschaft für alle Verbindlichkeiten der Firma übernommen. Auch eine unfreundliche Übernahme sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen. Außerdem erfolge die Berichterstattung in einer bewußt tendenziösen Art und weise.

Weiter sei die Berichterstattung über seine Untersuchungshaft wegen Steuerhinterziehung mit voller Namensnennung und noch während der Bewährungszeit in dem streitgegenständlichen Artikel nicht zulässig. Insoweit müsse das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber seinem Rehabilitationsinteresse zurücktreten. Dies müsse vor allem deswegen gelten, weil kein sachlicher Zusammenhang zwischen Grund des Artikels und der Untersuchungshaft bestünde.

Der Kläger stellt daher folgenden Antrag:

Der Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung bis zu € 250.000,- und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft verboten,

  • den Namen des Klägers im Zusammenhang mit einem bei dem Amtsgericht Dieburg geführten Betrugsprozess gegen zwei Kaufleute im Umfeld einer Tournee des Pop-Stars Michael Jackson zu nennen,

  • zu behaupten, dass der Kläger eine nicht unwichtige Rolle in dem Verfahren spielt und

  • auszuführen, dass der Aktionsradius 1997 des Klägers durch eine Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung eingeschränkt war.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass über den Kläger als relative Person der Zeitgeschichte namentlich berichtet werden dürfe. Zur Zeitgeschichte sei all das zu zählen, woran gegenwärtig allgemeines Interesse bestehe und damit auch der Amtsgerichtsprozess in Dieburg. Damit sei der Kläger schon in seiner Eigenschaft als Zeuge in dem Prozess eine relative Person der Zeitgeschichte.

Soweit berichtet wird, der Kläger spiele in dem Strafprozess eine nicht unwichtige Rolle, stelle diese Formulierung gerade klar, dass der Kläger eben nicht an den Tatvorwürfen beteiligt gewesen sei.

Im Hinblick auf die Berichterstattung über die Untersuchungshaft des Klägers habe sich die Beklagte darauf beschränkt, dasjenige zu berichten, was zur Erklärung der eingeschränkten Rolle des Klägers in dem dem Amtsgerichtsprozess zugrunde liegenden Sachverhalt absolut notwendig war. Insoweit bestehe auch ein sachlicher Zusammenhang mit dem Inhalt des Artikels.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage war abzuweisen, da sie unbegründet ist. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 823, 1004 BGB zu.

1. Über den Kläger durfte als relative Person der Zeitgeschichte namentlich berichtet werden.

a. Zunächst trägt die Beklagte zutreffend vor, dass sich der Begriff der Zeitgeschichte aus dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit heraus definiert. Hierunter fallen daher nicht nur Vorgänge von politischer und historische Bedeutung, sondern etwa auch Vorgänge von lediglich lokalem Interesse. Aus diesem Grunde kann sicherlich auch der Strafprozess vor dem Schöffengericht Dieburg als zeitgeschichtliches Ereignis eingeordnet werden. Dies kann jedenfalls deshalb nicht bezweifelt werden, weil das Umfeld, in dem die im Mittelpunkt des Verfahrens stehende "Mystery Drinks GmbH" ihre Geschäftsaktivitäten entfaltete, nämlich die HIStory-Tour von Michael Jackson, Gegenstand des öffentlichen Informationsinteresses ist.

b. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nicht alleine die Beteiligung als Zeuge in einem Strafverfahren dem Kläger die Eigenschaft als relative Person der Zeitgeschichte zu teil werden läßt. Zwar ist zutreffend, dass es unerheblich ist, warum und wie der Betroffene mit dem zeitgeschichtlichen Ereignis in Verbindung kommt. Das heißt aber nicht, dass alle Personen, die mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis in Verbindung kommen bereits alleine dadurch relative Personen der Zeitgeschichte wären. Erforderlich ist, dass der Betroffene in Bezug auf dieses Ereignis zusätzlich ein sachentsprechendes Informationsinteresse erregt. Erforderlich ist, dass der Zeuge eines zeitgeschichtlichen Verfahrens selbst eine zeitgeschichtliche Rolle spielt.

Im Ergebnis kann aber vorliegend auch hieran kein Zweifel bestehen. Der Kläger war jedenfalls in seiner Eigenschaft als (ehemaliger) Konzertveranstalter eine relative Person der Zeitgeschichte. Der Kläger hat in der Vergangenheit Konzerte mit zahlreichen Größen des Showbusiness veranstaltet und stand besonders wegen seiner Freundschaft zu dem Pop-Star Michael Jackson und des späteren Schadensersatzprozesses gegen ihn in den USA, über den weltweit in den Medien berichtet wurde, stark im medialen und öffentlichen Interesse.

c. Entgegen der Auffassung des Klägers steht seine Nennung im Rahmen des streitgegenständlichen Artikels auch im Zusammenhang mit seiner Eigenschaft als Konzertveranstalter. Die Firma "Mystery Drinks GmbH" sollte Brausegetränke und Fan-Artikel auf der HIStory-Tour von Michael Jackson vermarkten, deren Konzertveranstalter der Kläger war. Die Vermarktung wurde durch die Mitarbeiter der Firma des Klägers unterbunden. Hintergrund des dem Prozess zugrundeliegenden Sachverhalts ist daher letztlich auch die medienwirksame berufliche und private Verbindung des Klägers zu Michael Jackson. Dieser Zusammenhang kommt auch schon in der Überschrift des streitgegenständlichen Artikels zum Ausdruck. Hierin ist nach Auffassung des Gerichts ein ausreichender Zusammenhang zur Eigenschaft des Klägers als Konzertveranstalter und damit relative Person der Zeitgeschichte zu sehen.

Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht zu beanstanden, dass die Zeitung über den Fall berichtete, und auch den Namen des Klägers in diesem Zusammenhang nannte.

2. Weiter besteht auch kein rechtlicher Grund, der Beklagten die Behauptung zu untersagen, der Kläger spiele in dem Verfahren vor dem Strafgericht Dieburg eine nicht unwichtige Rolle.

a. Eine nicht unwichtige Rolle hat der Kläger in dem Prozess nach der Überzeugung des Gerichts schon deswegen gespielt, weil er als Zeuge erheblichen Einfluss auf den Ausgang des Prozesses hatte. Allein aus der Tatsache, das das Schöffengericht den Kläger als Zeugen geladen hat, ergibt sich, dass es seine Aussage für entscheidungserheblich angesehen hat, was seine Wichtigkeit für das Verfahren bestätigt. Schon vor diesem Hintergrund kann der Artikel mit dem Inhalt, der Kläger habe eine nicht unwichtige Rolle in dem Verfahren gespielt, nicht als falsch angesehen werden.

Darauf, ob seine Zeugenaussage im Urteil verwertet wurde, kommt es nach der Überzeugung der Kammer dagegen nicht entscheidend an. Die Erwägungen dafür, ob und wie eine Zeugenaussage im Strafurteil verwertet wird, trifft allein das Strafgericht. Kommt dieses zu dem Ergebnis, die Aussage nicht verwerten zu wollen oder zu können, so bedeutet dies nicht, dass der Zeuge nach dem Verständnis des Durchschnittslesers nicht eine nicht unwichtige Rolle in dem Verfahren gespielt haben kann.

b. Weiter ist die Kammer der Auffassung, dass die Aussage, der Kläger habe in dem Strafverfahren eine nicht unwichtige Rolle gespielt, vom Durchschnittsleser auch nicht dahingehend verstanden werden kann, der Kläger habe als Tatbeteiligter an den abzuurteilenden Taten mitgewirkt. Eine nicht unwichtige Rolle in dem Strafverfahren spielt sicherlich nach allgemeiner Auffassung nicht alleine der Angeklagte, sondern zumindest daneben auch die Zeugen und sonstige Verfahrensbeteiligte. Anderer Auffassung könnte man lediglich dann sein, wenn die Beklagten dem Kläger etwa die "Hauptrolle" in dem Prozess zugeteilt hätte.

c. Auch ist die Einschätzung, ob ein Zeuge eine wichtige oder eine unwichtige oder eine nicht unwichtige Rolle spielt eine Wertung, so dass ein Unterlassungsanspruch insoweit schon deswegen nicht besteht.

d. Dass der Kläger vorträgt, die von der Beklagten zur Untermauerung angeführten Anknüpfungstatsachen seien falsch, ist für die Entscheidung nicht erheblich. Der Kläger trägt vor, er habe weder schützend seine Hand über die Firma "Mystery Drinks GmbH" gehalten noch eine Bürgschaft für alle Verbindlichkeiten gegenüber Sony übernommen, noch sei eine unfreundliche Übernahme beabsichtigt gewesen.

Wie unter Ziffer 2. a. erläutert kann nach der Auffassung der Kammer alleine die Tatsache, dass der Kläger als Zeuge geladen wurde und ausgesagt hat, die nicht unwichtige Rolle des Klägers in dem Strafverfahren begründen. Bei der Frage, ob der Kläger eine nicht unwichtige Rolle gespielt hat, kommt es mithin nicht darauf an, ob er schützend seine Hand über die Firma "Mystery Drinks GmbH" gehalten hat etc. nicht an.

Schließlich sind diese Behauptungen auch nicht selbständig Gegenstand des Klageantrags. Der Wahrheitsgehalt dieser Behauptungen kann daher hier dahinstehen.

3. Schließlich durfte in dem streitgegenständlichen Artikel auch über die Untersuchungshaft des Klägers im Jahre 1997 berichtet werden.

a. Nach einer strafrechtlichen Verurteilung kann davon ausgegangen werden, dass eine Straftat vorliegt und der Verurteilte sich schuldig gemacht hat. Der Verurteilte hat seine namentliche Nennung daher grundsätzlich hinzunehmen. Wer den Rechtsfrieden bricht und durch seine Tat Mitmenschen oder Rechtsgüter anderer oder der Gemeinschaft angreift oder verletzt, muss es neben den strafrechtlichen Sanktionen dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit befriedigt wird.

Gleichwohl sind mit Rücksicht auf das Resozialisierungserfordernis Ausnahmen hiervon zu machen.

Absolute zeitliche Grenzen für die Zulässigkeit einer identifizierenden nachprozessualen Berichterstattung lassen sich nicht ziehen. Es kommt vielmehr auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an, wobei die Haftentlassung eine besondere Grenze darstellt, weil das Interesse an Resozialisierung ab diesem Zeitpunkt in erhöhtem Maße Bedeutung gewinnt.

Ob eine den Täter identifizierende Berichterstattung zulässig ist, hängt daher vom Sachbezug und vom Informationsinteresse der Öffentlichkeit ab. Dabei müssen wiederum um so gewichtigere Gründe für die Berichterstattung sprechen, je länger die Tat und die Verurteilung zurückliegen.

b. Nimmt man vorliegend eine Abwägung zwischen Informationsinteresse der Öffentlichkeit und Rehabilitationsinteresse des Klägers andererseits vor und berücksichtigt dabei den zeitlichen Abstand der Berichterstattung zur Verurteilung einerseits sowie den Inhalt der Berichterstattung andererseits, so kommt man zu dem Ergebnis, dass die Berichterstattung zulässig war.

Zwar ist sicherlich zunächst zu berücksichtigen, dass die Verurteilung bereits über sechs Jahre zurückliegt, die Untersuchungshaft sogar noch länger. Entscheidend aber ist hier nach Auffassung der Kammer zum einen, dass die Berichterstattung im sachlichen Zusammenhang erfolgt und zum anderen auch nur in dem für die Herstellung des Zusammenhangs erforderlichen Umfang. Eine solche Berichterstattung kann der Beklagten auch mit Rücksicht auf das Rehabilitationsinteresse des Klägers nicht verwehrt sein.

Die Berichterstattung bezog sich auf ein aktuelles Ereignis, in das der Kläger involviert war. Der Artikel schildert die Geschehnisse um die im Mittelpunkt des Strafverfahrens in Dieburg stehende Firma "Mystery Drinks GmbH" im Jahre 1997. In diesem Zusammenhang wird berichtet, dass "Avrams Leute" den Auftritt der Firma im Umfeld der Jackson-Konzerte verhindert hätten. Darüber, dass der Konzertveranstalter selbst Schritte gegen den unrechtmäßigen Direktvertrieb des "Mystery"-Drinks auf den Konzerten unternommen hätte, ist nicht die Rede. Diese Lücke an Information wird durch die Bezugnahme darauf geschlossen, dass sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt in Untersuchungshaft befand und deswegen keine Aktivitäten entfalten konnte.

Auch ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte weder von der Verurteilung noch von der Strafhaft des Klägers berichtet. Die Beklagte hat sich damit auf die Berichterstattung beschränkt, die notwendig war, um dem Leser den Inhalt des Artikels verständlich zu machen. Sie hat lediglich die "Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung" angesprochen, weil sich nur so der eingeschränkte Aktionsradius des Klägers zum damaligen Zeitpunkt erklären ließ. Ohne diese Information wäre der Bericht für den Leser nicht nachvollziehbar gewesen.

Dem Resozialisierungsinteresse des Klägers ist daher durch die zurückhaltende Art und Weise der Berichterstattung Rechnung getragen worden.


II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S.1 ZPO.


Dr. Steiner
Vorsitzender Richter
am Landgericht

Mai
Richter
am Landgericht,
der wegen Urlaubs an der Unterschrift verhindert ist.

Hammer
Richterin

Rechtsgebiete

Presserecht