Kein Anspruch auf Lohn bei Mitarbeit in einem Familienbetrieb

Gericht

LAG Köln 10. Kammer


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

17. 06. 1999


Aktenzeichen

10 Sa 69/99


Leitsatz des Gerichts

Dienstleistungen, die ein Partner in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft für den anderen erbringt, rechtfertigen keinen Anspruch auf Nachzahlung von nach der Trennung geltend gemachten Lohn, wenn die Mitarbeit in einem kleinen Familienbetrieb erfolgt und sich ein übereinstimmender Wille für einen späteren Vergütungsausgleich nicht feststellen läßt.

Eine einseitige Vergütungserwartung genügt nicht.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten um die Zahlung von Lohn.

Die Parteien lebten in nichtehelicher Gemeinschaft in einer Wohnung des Bekl. mit den Kindern der Kl. zusammen. Am 1. 7. 1994 gründete der Bekl. einen Heizungs- und Sanitärbetrieb. Die Kl. übernahm für diesen Betrieb Büroarbeiten. In welchem Umfang sie neben Arbeiten in der Küche und der Pflege der Großmutter des Bekl. für den Betrieb tätig war, ist zwischen den Parteien streitig. Ende 1996 zog die Kl. aus der gemeinsamen Wohnung aus. Pfingsten 1997 gingen die Parteien endgültig auseinander. Versuche der Kl. in der Folgezeit die Beziehung wiederherzustellen, scheiterten.

Seit 1997 werden die kaufmännischen Belange von der Schwester des Bekl. und von dem Bekl. selbst wahrgenommen. Im Betrieb des Bekl. wurden erstmals Anfang Februar 1996 ein - gewerblicher - Mitarbeiter und im Sommer 1997 ein Auszubildender zum Ausbildungsberuf des Gas- und Wasserinstallateurs eingestellt.

Am 3. 12. 1997 hat die Kl. Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von Gehalt für den Zeitraum vom 1. 1. 1995 bis 31. 12. 1996 in Höhe von 64800,00 DM beansprucht. Sie hat behauptet, zwischen den Parteien sei zunächst ein Aushilfslohn von 580 DM, ab 1. 12. 1994 für eine Halbtagsbeschäftigung ein Gehalt von 1.800 DM brutto und ab 1. 12. 1995 für eine Vollzeittätigkeit ein Gehalt von 3.600 DM vereinbart worden. Sie habe ihre Gehaltsforderung zunächst zurückgestellt, weil beabsichtigt gewesen sei, gemeinsam einen Heizungs- und Sanitärbetrieb aufzubauen, an dem sie später zur Hälfte habe beteiligt werden sollen.

Die Kl. hat beantragt, den Bekl. zu verurteilen, an sie 64800 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Der Bekl. hat beantragt. die Klage abzuweisen.

Er bestreitet eine Vergütungsabrede und behauptet, die Kl. habe im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nur in geringfügigem Umfang Büroarbeiten für seinen Kleinbetrieb erledigt. Für ihre gelegentlichen Arbeiten habe sie zum Ausgleich unentgeltlich gewohnt und seinen Pkw genutzt. Eine gemeinsame Gesellschaftsgründung sei nie beabsichtigt gewesen. Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Kl. ihr Klageziel weiter. Sie behauptet weiterhin, es sei eine Vergütung vereinbart worden, auf die sie in der Aufbauphase des Betriebs zunächst verzichtet habe in Erwartung der künftigen Gründung einer gemeinsamen Gesellschaft mit hälftiger Beteiligung. Der Bekl. sei beweispflichtig für die von ihr behauptete Vergütungsabrede, da er ihr über die Tätigkeit ein Zeugnis ausgestellt habe. Die Beweislastverteilung habe das ArbG verkannt. Im übrigen handele es sich nur um die übliche Vergütung, die sie geltend mache.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Berufung blieb ohne Erfolg. Die Klage ist unbegründet.

1. Die Kl. kann den Anspruch nicht mit Erfolg auf die von ihr behauptete Vergütungsabrede (§ 611 Abs. 1 BGB) stützen, denn sie ist weder nach Zeit, Ort, beteiligten Personen und Begleitumständen substantiiert noch unter Beweis gestellt worden: An der Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen ändert der Umstand nichts, dass der Bekl. der Kl. für die Zeit vom 1. 6. 1994 bis 1. 1. 1997 ein Zeugnis über ihre Tätigkeit im Büro ausgestellt hat. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Zeugnis nach dem Vortrag des Bekl. nur deshalb erstellt wurde, um der Kl., die anderweitig Arbeit suchte, eine geeignete Bewerbungsgrundlage zu verschaffen. Angaben über eine Vergütung enthält das Zeugnis nicht.

2. Der Anspruch lässt sich auch nicht aus § 612 BGB herleiten.

a) Im Streitfall geht es darum, ob die Kl. für in der Vergangenheit geleistete Dienste, hinsichtlich derer sie nach ihrem Vortrag auf eine Vergütung zunächst „verzichtet“ hat, die Nachzahlung der Vergütung verlangen kann. Ein solcher nachträglicher Vergütungsanspruch setzt, sofern eine Entlohnung der geleisteten Dienste überhaupt gewollt war, voraus, dass der Dienstleistende aufgrund bestimmter, erst in der Zukunft zu realisierender Zusagen keinen oder einen nur deutlich unterwertigen Ausgleich für die Dienste erhalten und gefordert hat. Gerade das in diesen Zusagen sich offenbarende Verhalten des Dienstempfängers ist der Grund, der es rechtfertigen kann, eine Stundung der Nachzahlung anzunehmen, solange noch die Verwirklichung der Zusage zu erwarten ist. Einseitige Erwartungen oder Hoffnungen des Dienstleistenden auf einen späteren angemessenen Ausgleich für die geleisteten Dienste sind rechtlich ohne Bedeutung (BAG, Urteil vom 19. 2. 1970 - 5 AZR 241/69 - AP Nr. 26 zu § 612 BGB).

b) Der Vortrag der insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kl. rechtfertigt nicht den Schluss auf den behaupteten Anspruch.

aa) Eine ausdrückliche Vereinbarung mit dem Bekl. über die grundsätzliche Entgeltlichkeit der Dienste hat die Kl. weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

bb) Nach den Gesamtumständen kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Dienste aufgrund arbeitsvertraglicher Beziehungen geleistet wurden und Arbeitsentgelt geschuldet sein sollte (§ 612 Abs. 1 BGB), dessen Höhe sich sodann nach § 612 Abs. 2 BGB bestimmen würde.

Die Parteien lebten in einer eheähnlichen Beziehung. Die Kl. zog mit ihren Kindern in die Wohnung des Bekl., verkaufte ihr Auto und nutzte das des Bekl. als gemeinsames Fahrzeug, sie kümmerte sich um den gemeinsamen Haushalt und um die im Haus wohnende Großmutter des Bekl. Daneben erledigte sie für den bis Februar 1996 nur aus dem Bekl. bestehenden Kleinbetrieb in der Wohnung Büroarbeiten. Abgesehen davon, dass der von der Kl. behauptete Umfang der Tätigkeiten für den Betrieb - wie bereits das ArbG zu Recht ausgeführt hat - substantiiert nicht dargetan ist, genügen tatsächlich erbrachte Arbeitsleistungen bei einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft allein nicht für die Annahme einer Tätigkeit auf (stillschweigender) arbeitsvertraglicher Grundlage. Dienste können auch im Rahmen von sogenannten Gefälligkeitsschuldverhältnissen, also unentgeltlich, geleistet werden ( Schaub,Arbeitsrechtshandbuch 8. Aufl. § 36 VII 2).

Dienstleistungen, die ein Partner einer nichtehelichen Gemeinschaft für den anderen erbringt, sind im allgemeinen nicht den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten. Dies gilt vor allem dann, wenn die Mitarbeit in einem Betrieb mit kleinem Zuschnitt erfolgt und in einem solchem „Familienbetrieb“ jeder das seine zum Gelingen beiträgt (LAG Köln, Urteil vom 20. 4. 1990 - 4 Sa 120/90 - LAGE BGB § 612, 4). So sind die Verhältnisse im Streitfall zu bewerten. Die Mitarbeit der Kl. hat offenbar auch keine sonst einzustellende fremde Arbeitskraft ersetzt. Nach ihrem „Ausscheiden“ aus dem Betrieb wurden die kaufmännischen Belange von der Schwester des Bekl. und von dem Bekl. selbst wahrgenommen. Hinzu kommt, dass bei Entgeltlichkeit der Dienste das Entgelt in der Regel tatsächlich alsbald gefordert und gezahlt wird. Wer sich wie die Kl. darauf beruft, dass im Interesse einer späteren Abgeltung kein alsbaldiger Vergütungsausgleich für die geleisteten Dienste erfolgt sei, hat dies substantiiert darzulegen und im Falle des Bestreitens nachzuweisen.

cc) Die Kl. beruft sich ohne Erfolg auf eine von ihr behauptete geplante gemeinsame Gründung einer GmbH, an der sie habe beteiligt werden sollen. Für eine dahingehende Absprache fehlt es am Sachvortrag. Es mag sein, dass die Kl. Kontakte zu einer Gemeinde im Hinblick auf den Erwerb eines Gewerbegrundstücks aufgenommen hat. Nach eigenem Vortrag wollte sie das Grundstück im eigenen Namen kaufen, um es an den Bekl. oder eine GmbH zu verpachten. Abgesehen davon, dass die Kl. in der Berufung selbst einschränkt, dass es insoweit noch zu keinen Abstimmungen zwischen den Parteien gekommen sei, ergibt sich aus ihren Aktivitäten noch keine Zusage des Bekl. auf eine Beteiligung der Kl. an einer GmbH. Zu Recht hat das ArbG dem von der Kl. angebotenen Beweisantritt durch Vernehmung des Steuerberaters des Bekl. wegen unzulässiger Ausforschung nicht entsprochen. Ein nicht zulässiger Ausfor schungsbeweis liegt dann vor, wenn erst mit Hilfe einer Zeugenbefragung Tatsachen beigebracht werden sollen, deren Darlegung der beweisbelasteten Partei oblegen hätte. Beweisangebote können den erforderlichen substantiierten Sachvortrag nicht ersetzen.

Da ein übereinstimmender Parteiwillen für eine Gesellschaftsbeteiligung der Kl. als Vergütungsausgleich nicht festgestellt und allenfalls von einer einseitigen für den Bekl. nicht verbindlichen Vergütungserwartung auszugehen ist, mussten Klage und Berufung erfolglos bleiben.

Vorinstanzen

ArbG Bonn

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht; Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Normen

BGB § 612