Markenbenutzung durch Metatag

Gericht

LG Frankfurt/M.


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

03. 12. 1999


Aktenzeichen

3/11 O 98/99


Leitsatz des Gerichts

Ein Hersteller von Zubehör darf in die Metatags seiner Internetseite den Markennamen des Produkts, für das die Zusatzausrüstung bestimmt ist, rechtmäßig einbauen. Sobald der Markeninhaber allerdings verlangt, diese Art der Kennzeichnung zu unterlassen, muss der Betreiber der Internetseite dafür sorgen, dass der Markenname innerhalb seiner Seiten gelöscht wird und somit auch von Suchmaschinen nicht mehr gefunden werden kann.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Verfügungskl. nimmt den Verfügungsbekl. im Wege einstweiliger Verfügung auf Unterlassung wettbewerbswidrigen Verhaltens in Anspruch. Der Verfügungskl. ist seit 1997 Inhaber der beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke „DiaProg“. Die Marke schützt ein vom Kl. vertriebenes Programmiergerät, das dazu dient, Tachometer von Kraftfahrzeugen in Stand zu setzen und nach dem Auswechseln eines Tachometers den aktuellen Kilometerstand einzustellen. Der Verfügungskl. hat im Internet eine Homepage eingerichtet, die von Internetsuchmaschinen bei der Eingabe der Marke als Suchbegriff gefunden werden kann.

In der 35. Kalenderwoche stellte der Verfügungskl. fest, dass bei der entsprechenden Eingabe über die Yahoo!-Suchmaschine auch zwei Hinweise auf den Verfügungsbekl. mitgeteilt wurden, die zu dessen Homepage führten. Dort befanden sich Angebote von Programmiergeräten für Tachometer, die nach dem Vortrag des Verfügungskl. mit seinen Produkten in Aussehen und in ihren Funktionen beinahe identisch waren. Mit Schreiben v. 1.9.1999 forderte der Verfügungskl. den Verfügungsbekl. zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf, die dieser am 2.9.1999 abgab.

Da in der Folgezeit - wie der Verfügungskl. behauptet - die beanstandete Datenverknüpfung im Internet gleichwohl noch vorhanden war, hat das Gericht dem Verfügungsbekl. antragsgemäß durch den Beschluss v. 15.9.1999 untersagt, im Geschäftsverkehr, insb. im Internet die Bezeichnung „DiaProg“ insb. dazu zu verwenden, Verbraucher bzw. Kaufinteressenten auf seine eigenen Produkte aufmerksam zu machen bzw. durch die entsprechende Schaltung von „Links“ im Internet auf seine eigene Homepage zu verweisen. Dagegen wendet sich der Verfügungsbekl. mit seinem Widerspruch.

Der Verfügungskl. behauptet, der Verfügungsbekl. habe im Internet Geräte aus seiner, des Verfügungskl., Produktpalette zu erheblich niedrigeren Preisen angeboten. Darauf sei er dadurch aufmerksam geworden, dass sein Umsatz zurückgegangen sei. Der Umstand, dass der Benutzer des Internet bei der gezielten Eingabe des Begriffs „DiaProg“ auf die Homepage des Verfügungsbekl. verwiesen werde (was am 23.11.1999 auch über die Suchmaschinen Nettz und Altavista der Fall gewesen sei), könne zum einen nur darauf beruhen, dass der Verfügungsbekl. dem Provider einen entsprechenden Auftrag erteilt habe; ein zufälliges Auffinden der Homepage des Verfügungsbekl. sei technisch auszuschließen. Sollte der Verfügungsbekl. aber insb. durch die Gestaltung seiner Homepage ein „Keyword-Advertising“ betrieben haben (mit Hilfe von „Metatag“ oder „weiß auf weiß“), so wäre die damit verbundene Ausbeutung seiner Marke ebenfalls unzulässig.

Der Verfügungsbekl. behauptet, er habe bei der Gründung seines Geschäftsbetriebs ein Gerät des Verfügungskl. zum Zwecke der Weiterveräußerung erworben und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit im Internet angeboten. Nach der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung habe jedoch keine Wiederholungsgefahr bestanden. Der Schriftwechsel mit dem Internetprovider belege, dass er alles in seinen Kräften Stehende getan habe, um dem gerichtlichen Unterlassungsgebot nachzukommen. Danach sei er nicht verpflichtet, ständig das gesamte Internet darauf durchzusehen, ob aus Gründen, die er nicht zu verantworten habe, bei Eingabe des Begriffs „DiaProg“ eine Verweisung auf seine Homepage erscheine. Auf Grund technischer Defekte könne es sein, dass Suchmaschinen Internetseiten auflisten würden, obwohl der gesuchte Begriff an keiner Stelle auf den Seiten, auf die verwiesen werde, erscheine und auch nie benutzt worden sei. Möglicherweise sei ein Dritter oder sogar der Verfügungskl. für die Suchergebnisse verantwortlich in dem Bestreben, seinen erfolgreichen Geschäftsbetrieb auf diese Weise vom Markt zu verdrängen. Die im ersten Halbjahr 1998 angestrebte Zusammenarbeit mit dem Unternehmen des Verfügungskl. sei daran gescheitert, dass dieser ihm vorgeschlagen habe, DiaProg-Geräte ohne Rechnungstellung zu vertreiben. Obendrein hätten jene Geräte nicht die Qualität wie die von ihm vertriebenen Produkte.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die einstweilige Verfügung war aufrechtzuerhalten.

I. Durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung ist ... die für den Erlass und die Rechtfertigung der einstweiligen Verfügung erforderliche Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Neue - auch unverschuldete - Verletzungshandlungen, wie sie hier im Streit sind, begründen wiederum eine Wiederholungsgefahr, die den Betr. zum erneuten Vorgehen gegen den Verletzer berechtigt (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 8 Rdnr. 46) . Nach h.M. ist dabei statt oder neben der Forderung der Vertragsstrafe auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verletzer zulässig (Nw. bei Teplitzky, a.a.O., Rdnr. 53 bei Fußn. 100). So liegt der Fall hier (wie unter II.5. ausgeführt).

II. Der Verfügungskl. hat glaubhaft gemacht, dass ihm ein Anspruch auf vorläufige Erfüllung des auf § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gestützten Unterlassungsanspruchs zusteht.

1. Der Verfügungskl. ist unstreitig Inhaber der Marke „DiaProg“. Er hat glaubhaft gemacht, dass der Verfügungsbekl. die Marke für Waren oder Dienstleistungen benutzt hat, für die sie Schutz genießt.

a) Die Benutzung wird belegt durch die eidesstattliche Versicherung vom 15.9.1999 ... Daraus ergibt sich, dass die gezielte Eingabe des markenrechtlich geschützten Begriffs in die Yahoo!-Suchmaschine bis zum 13.9.1999 zwei Verweisungen auf die Homepage des Verfügungsbekl. ergeben hat.

b) Gleiches ist durch die Ausdrucke der Suchergebnisse v. 23.11.1999 der Suchmaschinen Nettz ... und Altavista ... glaubhaft gemacht. ...

2. I.R.d. einstweiligen Verfügungsverfahrens ist davon auszugehen, dass es der Verfügungsbekl. war, auf dessen Veranlassung die zu beanstandende Verknüpfung hergestellt worden ist. Dafür sprechen folgende Gründe:

a) Die Parteien des Verfahrens sind Konkurrenten in derselben Branche. Auch wenn der Verfügungskl. das fragliche Gerät herstellt und vertreibt und der Verfügungsbekl. dieses oder vergleichbare Geräte lediglich vertreibt, wenden sich beide Parteien an denselben Kundenkreis.

b) Der Verfügungsbekl. hat die Möglichkeit eingeräumt, dass er im Zuge des streitigen Weiterverkaufs eines DiaProg-Geräts die Bezeichnung „DiaProg“ ins Internet eingegeben hat ...

3. Demgegenüber ist die vom Verfügungsbekl. vorgetragene Möglichkeit, dass Suchmaschinen auf Grund technischer Defekte bei der Eingabe des Begriffs „DiaProg“ einen Hinweis auf seine Homepage geben würden, eher unwahrscheinlich und kann - da es sich um eine durch Sachverständigengutachten zu klärende Frage handelt - nicht durch die eidesstattliche Versicherung des Verfügungsbekl. glaubhaft gemacht werden.

4. Ebenso wenig kann im vorliegenden Verfahren davon ausgegangen werden, dass etwa ein Dritter oder gar der Verfügungskl. selbst auf eine augenblicklich nicht nachvollziehbare Weise das beanstandete Suchergebnis mit Schädigungsabsicht zu Lasten des Verfügungsbekl. bewirkt hat. Anhaltspunkte für die vom Verfügungsbekl. vorgebrachte Denkmöglichkeit hat er nicht glaubhaft gemacht. Die behaupteten Gründe für das Scheitern der angestrebten Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen reichen dafür nicht aus.

5. Selbst wenn der Einwand des Verfügungsbekl. berechtigt wäre, dass er selbst den „Link“ nicht gesetzt habe, hat er nach der Abmahnung und der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht in zumutbarer Weise dafür Sorge getragen, dass Suchmaschinen bei der Eingabe des Begriffs „DiaProg“ keinen Hinweis auf seine Homepage mehr liefern.

a) Das LG Mannheim hat entschieden (CR 1998, 306 [= MMR 1998, 217] - ARWIS), dass der Markeninhaber den Konkurrenten auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann, selbst wenn der Konkurrent den „Link“ nicht selbst gesetzt hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Störer nicht nur derjenige sei, der eine Markenverletzung oder einen Wettbewerbsverstoß selbst veranlasst, sondern auch derjenige, der ein markenrechtswidriges oder wettbewerbswidriges Verhalten eines Dritten für sich ausnutzt, sofern er die Möglichkeit besitzt, dieses Verhalten zu verhindern. Diese Grundsätze stehen im Einklang mit der Rspr. d. BGH zum weiten Störerbegriff im allgemeinen Wettbewerbsrecht (BGH GRUR 1976, 256, 258 unter V re. Sp. Mitte) und sind im Fachschrifttum zustimmend aufgenommen worden (Hackbarth, CR 1998, 307; Frank A. Koch, NJW-CoR 1998, 45, 47 bei Fußn. 32). Sie gelten auch im vorliegenden Fall.

b) Soweit der Verfügungsbekl. vorgetragen hat, im Zuge des erlaubten Vertriebs von Geräten des Verfügungskl. müsse er zur Bewerbung gerade dieser Produkte unter Beachtung des bestehenden Schutzrechts die Bezeichnung „DiaProg“ verwenden dürfen, ist das zutreffend. So wird es z.B. für legitim und wirtschaftlich sinnvoll erachtet, wenn ein Hersteller von Zubehör in einen Metatag den Markennamen des Produkts einfügt, für das die Zusatzausrüstung bestimmt ist (Kochinke/Tröndle, CR 1999, 190, 192 unter c). Dabei hat diese Benutzung der Marke ungeachtet ihrer nur mittelbaren Wahrnehmbarkeit markenrechtliche Relevanz i.S.v. § 14 Abs. 2 MarkenG (Ernst, K&R 1998, 536, 541 unter 2). Unzulässig und möglicherweise haftungsauslösend wird die Benutzung jedenfalls dann, wenn der Markeninhaber - wie im vorliegenden Fall - vom Benutzer Unterlassung verlangt (vgl. Hackbarth, a.a.O., S. 308 unter 3).

c) Es kann offen bleiben, ob hier die Benutzung der Marke durch den Verfügungsbekl. ursprünglich rechtmäßig war. Nach der Abmahnung und nach der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung war der Verfügungsbekl. jedoch gehalten, die ihm zumutbaren Schritte zu unternehmen, um die nunmehr unrechtmäßige Benutzung der Marke, und zwar auch durch Dritte, zu unterbinden. Nur dann konnte er sich von dem Vorwurf der Ausnutzung fremden Verhaltens i.S.d. genannten Rspr. entlasten. Denn der Anspruch auf Unterlassung umfasst auch das an den Verpflichteten gerichtete Gebot, durch geeignete Maßnahmen zu verhindern, dass Suchmaschinen - etwa über einen Metatag - eine Verbindung zur Homepage herstellen (s. allgemein Teplitzky, a.a.O., Kap. 1 Rdnr. 8-11). Dabei wurde hier von dem Verfügungsbekl. nichts Unmögliches verlangt.

aa) Der Verfügungsbekl. hat durch seine eidesstattliche Versicherung ... und durch die Vorlage des im September 1999 geführten Schriftwechsels zwischen seinem Internetprovider und dem Unternehmen Yahoo! glaubhaft gemacht, dass er dem Unterlassungsanspruch Rechnung zu tragen suchte und dass diese Bemühungen Erfolg hatten. Auch wenn von ihm die Durchsicht des gesamten Internet nicht verlangt werden kann, war die Kontaktaufnahme nur zu einem Suchmaschinenbetreiber allerdings nicht ausreichend. Die Unterlassungserklärung war nicht auf die Suchmaschine Yahoo! beschränkt.

bb) Es kann offen bleiben, ob das vom Verfügungskl. vorgeschlagene Abschalten und Neuinstallieren der Homepage die einfachste und wirkungsvollste Lösung ist und ob sie aus Kostengründen zumutbar wäre. Abgesehen davon ist es grundsätzlich nicht Sache des Verletzten zu sagen, was der Verletzer tun darf, damit kein Verstoß vorliegt (Teplitzky, a.a.O., Kap. 1 Rdnr. 9).

cc) Da nach dem eigenen Vortrag des Verfügungsbekl. Suchmaschinen ihren Informationsbestand gegenseitig ergänzen und nur nach und nach aktualisieren, hätte der Verfügungsbekl. dafür sorgen müssen, dass alte - möglicherweise rechtmäßige - Einträge von „DiaProg“, die der Verfügungskl. im Verlauf dieses Verfahrens zu Recht beanstandet (Suchergebnisse über Nettz und AltaVista), entfernt werden, und zwar nicht nur aus dem Bestand einer Suchmaschine (hier: Yahoo!), sondern auch aus dem Bestand sämtlicher anderen Suchmaschinen. Das hat er nicht getan, so dass der Verfügungsanspruch nach wie vor gegeben ist. ...

Rechtsgebiete

Markenrecht

Normen

MarkenG § 14 Abs. 2