Domain-Name einer Familie

Gericht

LG Paderborn


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

01. 09. 1999


Aktenzeichen

4 O 228/99


Leitsatz des Gerichts

Stimmt der Name eines nicht bundesweit etablierten Unternehmens mit dem Familiennamen einer Privatperson überein, so kann die Firma infolge des Prioritätsprinzips nicht die Herausgabe der von der Privatperson unter diesem Namen reservierten Domain verlangen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. begehrt mit der vorliegenden Klage die Freigabe einer Internet-Domain. Der Bekl. verwaltet die Internet-Domain „A.de“. Als Inhaberin dieser Domain ist die Familie A ausgewiesen. Die Kl. ist ein in der Region Ostwestfalen-Lippe bekanntes Autohaus und benutzt den Nachnamen A als Logo u.a. auf Briefköpfen, Kundendienstfahrzeugen und Werbemitteln. Nunmehr will die Kl. ihre geschäftlichen Aktivitäten unter diesem Namen auch auf das Internet ausdehnen. Die Einrichtung einer Internet-Domain unter diesem Namen wurde der Kl. von der hierfür zuständigen Vergabestelle verweigert, da diese Domain bereits für eine Familie A eingerichtet war.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Kl. hat gegen den Bekl. keinen Anspruch auf Freigabe der Internet-Domain aus § 12 BGB.

Die Klage ist zulässig. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus § 32 ZPO. Begehungsort der unerlaubten Handlung ist bei Rechtsverletzungen, die durch Veröffentlichungen im Internet begangen werden nämlich jeder Ort in Deutschland, da die betreffende Veröffentlichung von jedem Ort aus abgerufen werden kann. Da somit der Ort der unerlaubten Handlung auch Paderborn ist, ist die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts gegeben.

Hingegen liegt keine Zuständigkeit des gem. § 140 MarkenG i.V.m. § 1 Nr. 5 der Ausführungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen v. 12.8.1996, GV NW S. 346 für kennzeichenrechtliche Streitigkeiten zuständigen LG Bielefeld vor, da es sich vorliegend nicht um einen Kennzeichenstreit gem. § 140 MarkenG handelt. Dies würde nämlich voraussetzen, dass ein Anspruch aus § 15 MarkenG geltend gemacht wird. Entgegen den Anforderungen des § 15 MarkenG behauptet die Kl. aber nicht, dass der Bekl. mit der streitgegenständlichen Internet-Domain im geschäftlichen Verkehr auftritt und macht daher einen solchen Anspruch auch nicht geltend.

Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Kl. hat gegen den Bekl. keinen Anspruch auf Freigabe der Internet-Domain „A.de“ aus § 12 BGB, da beide Parteien ein legitimes Interesse an der Nutzung dieser Domain haben und das Interesse der Kl. insoweit nicht als ein überwiegendes Interesse zu bewerten ist. Ein Anspruch auf Freigabe einer Internet-Domain folgt nur dann aus § 12 BGB, wenn zum einen die Kl. ein legitimes Interesse daran hat, die Internet-Domain „A.de“ zu nutzen und diesem Interesse der Kl. kein legitimes Interesse an der Nutzung auf Seiten des Bekl. gegenübersteht.

Zwar hat die Kl. vorliegend ein ihr aus § 12 BGB zustehendes legitimes Interesse daran, die Internet-Domain „A.de“ zu nutzen, da sie unter diesem Logo „A“ im Geschäftsverkehr auftritt und bekannt ist. Diesem legitimen Interesse an der Nutzung der streitgegenständlichen Internet-Domain steht aber auf Beklagtenseite ein sich ebenso aus § 12 BGB ergebendes legitimes Interesse an der Nutzung gegenüber. Das legitime Interesse der Familie A an der Nutzung der Internet-Domain „A.de“ ergibt sich entsprechend § 12 BGB bereits daraus, dass es sich bei der Bezeichnung der Internet-Domain um den Familiennamen der Familie A handelt. Auch kann sich die Familie A auf den Schutz des § 12 BGB berufen, da es sich bei einer Familie lediglich um eine Ansammlung von natürlichen Personen mit dem gleichen Familiennamen handelt, die wiederum jeder für sich Inhaber des Namensrechts aus § 12 BGB sind. Da somit auf beiden Seiten ein legitimes Interesse an der Nutzung der Internet-Domain „A.de“ besteht, gilt grundsätzlich das Prioritätsprinzip. Die Familie A ist als Erstanmelder grundsätzlich nicht zur Freigabe der Domain verpflichtet.

Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn es sich bei der Kl. um ein Unternehmen mit überragender Verkehrsgeltung handeln würde. Dann nämlich, wenn sich ein Unternehmen bundesweit mit seinem Firmennamen etabliert hat, kann dem Unternehmen ein Anspruch auf Freigabe zustehen. Dies ist bei der Kl. aber nicht der Fall. Sie trägt insoweit selbst vor, dass es sich nur um ein in der Region bekanntes Autohaus handelt. Dies ist jedoch für die Begründung eines gegenüber der Familie A überwiegenden Interesses nicht ausreichend. Da die Vergabe der Domain bundesweit erfolgt, kann eine solch überragende Verkehrsgeltung, die ein überwiegendes Interesse an der Nutzung der Internet-Domain begründen würde, auch nur dann bejaht werden, wenn sich das Unternehmen bundesweit etabliert hat. Da somit der Anspruch der Kl. bereits gegenüber der Familie A als Inhaberin der Domain nicht besteht, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob der Bekl. befugt wäre, im Namen der Familie A die Freigabe zu erklären. ...

Rechtsgebiete

Internetrecht

Normen

BGB § 12