Amtshaftung für Pkw-Aufbruchschäden durch polizeilich beauftragten Abschleppunternehmer

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

30. 11. 1995


Aktenzeichen

18 U 58/95


Leitsatz des Gerichts

Versucht ein Abschleppunternehmer, der im Auftrag der Polizei handelt, die Türen des Fahrzeugs mit ungeeignetem Werkzeug zu öffnen, haftet die Körperschaft für weiteres nicht fachgerechtes Vorgehen des Unternehmers aus Amtspflichtverletzung.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Luxus-Pkw der Kl. war im absoluten Halteverbot geparkt und versperrte zur normalen Verkehrszeit eine Fahrbahn einer belebten Innenstadtstraße. Bei der Ausführung des polizeilich angeordneten Abschleppens wurde der Pkw erheblich beschädigt, weil der Abschleppunternehmer zur (wiederholt) versuchten Wagentüröffnung u.a. grobe Schraubenzieher einsetzte.

LG und OLG haben das bekl. Land für schadensersatzpflichtig gehalten.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

c) Allerdings sind bei der Ausführung der Abschleppanordnung durch den Zeugen K dem bekl. Land obliegende Amtspflichten verletzt worden.

Bei der polizeilichen Vollstreckungsmaßnahme im Wege der Ersatzvornahme bestand die Amtspflicht, den erforderlichen hoheitlichen Eingriff in die Rechte des Fahrzeugeigentümers und Halters so schonend wie möglich zu gestalten und dabei insbesondere das Eigentum nicht mehr als im Rahmen der gebotenen Gefahrenabwehr unvermeidbar zu beeinträchtigen, d.h. insbesondere es nicht zu schädigen. Gegen diese Amtspflicht wurde durch den Zeugen K verstoßen, indem er mit immer größerem Werkzeug die Türen des Fahrzeugs zu öffnen suchte und es dabei beschädigte, obwohl er die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen spätestens nach dem ersten vergeblichen Öffnungsversuch hätte erkennen und auf eine andere, weniger schadenträchtige Form des Abschleppens, etwa mit Hilfsrädern, hätte ausweichen müssen. Insoweit schließt sich der Senat der auch nach seiner Auffassung zutreffenden, eingehenden und überzeugenden Beweiswürdigung des LG an. (Wird ausgeführt.)

d) Soweit die Berufung versucht, die tatsächlich eingetretenen und vorhandenen Schäden als bei jedem Abschleppversuch unvermeidlich darzustellen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nachdem der Zeuge K mit seinem ersten Aufbruchversuch mit dem von ihm zunächst gewählten Werkzeug keinen Erfolg hatte, durfte er, wenn er überhaupt noch weitere Versuche des Eindringens in das Fahrzeuginnere berechtigterweise unternahm, dabei jedenfalls nur solches Werkzeug verwenden, das Schäden am hochwertigen Fahrzeug nicht erwarten ließ. Wenn das Land sich zur Ausführung des Abschleppens eines Fachunternehmers bedient, so kann und muß erwartet werden, daß dieses Fachunternehmen über geeignetes Werkzeug und fachkundige Mitarbeiter verfügt, so daß entweder ein im wesentlichen spurenloses und damit schadenfreies Aufbrechen der Türen durchführbar ist oder jedenfalls von gröberem, zu Schäden führendem Vorgehen abgesehen und stattdessen eine andere schadensfreie Form des Abschleppens vorgenommen wird.

f) Zu Unrecht meint die Berufung auch, die Eigentümerin müsse für den eingetretenen Schaden teilweise selbst einstehen, weil der Fahrzeugführer das Fahrzeug verbotswidrig geparkt und so das Einschreiten der Polizei veranlaßt habe. Wer verbotswidrig parkt, kann und muß zunächst einmal nur damit rechnen, daß ihm deswegen der Vorwurf einer Verkehrsordnungswidrigkeit gemacht und er mit einem Verwarngeld oder einem Bußgeld belegt wird. Je nach Fallgestaltung wird der Falschparker u.U. auch in Betracht ziehen können und müssen, daß sein Fahrzeug abgeschleppt wird, daß mithin die einschreitende Ordnungsbehörde selbst oder ein von dieser hinzugezogenes Fachunternehmen versuchen wird, in das Fahrzeuginnere zu gelangen, um so das Abschleppen zu ermöglichen/zu erleichtern. Er kann und muß jedoch nicht damit rechnen, daß der Abschleppunternehmer unfachmännisch vorgeht, nach einem vergeblichen Versuch zunehmend groberes Werkzeug einsetzt und dabei durch eine andere Form des Abschleppens ohne weiteres vermeidbare Schäden herbeiführt.

Rechtsgebiete

Schadensersatzrecht

Normen

BGB § 839; GG Art. 34