Betriebsbedingte Änderungskündigung

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

24. 04. 1997


Aktenzeichen

2 AZR 352/96


Leitsatz des Gerichts

  1. Ein Änderungsangebot zur Lage der Arbeitszeit einer teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmerin, das im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten gegen § 2 BeschFG verstößt, führt zur Sozialwidrigkeit der entsprechenden Änderungskündigung.

  2. Zur sogenannten freien Unternehmerentscheidung bei der Arbeitszeitgestaltung.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. war seit dem 1.7. 1971 zunächst als Vollzeitkraft und ab 1986 als Teilzeitkraft bei der Bekl., die in Witten ein Einzelhandelskaufhaus betreibt, beschäftigt, zuletzt gegen eine Vergütung von etwa 2000DM brutto monatlich. Sie war in der Abteilungsgruppe Modeschmuck/Propaganden, Echtschmuck, Uhren, Konsum-Körperpflege, Kosmetik, Parfürmerie-Accessoires und Strümpfe tätig. In dem zuletzt gültigen Arbeitsvertrag vom 15.10. 1993 ist ihre Arbeitszeit mit Wirkung vom 1.11. 1993 wie folgt festgelegt: Montags und mittwochs von 9.30 Uhr bis 18.30 Uhr und donnerstags von 10.00Uhr bis 18.30Uhr (mit Kaufabend von 12.00Uhr bis 20.30Uhr), was bei einer täglichen Pause von einer Stunde eine wöchentliche Arbeitszeit von 23,5 Stunden (= 62,47% der jeweiligen tariflichen Arbeitszeit) ausmacht; außerdem ist vereinbart, die Kl. habe an den vier langen Samstagen vor Weihnachten gegen zusätzliche Vergütung zu arbeiten. Nachdem in der Abteilung der Kl. per 30.9. 1994 die Mitarbeiterin Z aufgrund Sozialplans ausgeschieden war, strebte die Bekl. eine Neuregelung der Arbeitszeitstruktur in der Abteilung der Kl. an. Es galt dabei, die durch den Weggang der Frau Z entstandene Besetzungslücke auszugleichen; Frau Z hatte folgende Arbeitszeiten: dienstags, mittwochs und freitags von 12.00 Uhr bis 18.00 Uhr, donnerstags von 12.00 Uhr bis 18.30 Uhr (mit Kaufabend von 14.00 bis 20.30 Uhr) und samstags von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr, an langen Samstagen bis 16.00 Uhr bzw. 18.00 Uhr. In der Abteilung der Kl. sind außer der vollzeitbeschäftigten Substitutin Frau D noch die Volltagskräfte Frau A, Frau S und Frau K beschäftigt. Die Volltagskräfte arbeiten von 9.25Uhr bis 18.30Uhr, am Donnerstag mit Kaufabend von 11.00 Uhr bis 20.30 Uhr und samstags; für sie gilt aufgrund einer Betriebsvereinbarung ein System das vorwärtsrollierenden Freizeittages, d.h. jede Woche erhalten sie entsprechend dem Wochenturnus fortschreitend jeweils an einem anderen Tag - einschließlich samstags - einen freien Tag. Neben den Volltagskräften sind ferner die Teilzeitkräfte Frau F, Frau B und Frau E mit jeweils unterschiedlicher Teilzeit beschäftigt. Schließlich sind noch die Auffüllerinnen Frau H und Frau G tätig. Nach Anhörung des Betriebsrats laut Mitteilungsschreiben vom 23.9. 1994 - der Betriebsrat ließ die Wochenfrist verstreichen - kündigte die Bekl. mit Schreiben vom 20.10. 1994 der Kl. das Arbeitsverhältnis mit einem Angebot zur Arbeitszeitänderung fristgemäß zum 30.6. 1995 auf, wonach die neue Arbeitszeit montags, dienstags und mittwochs von 12.00Uhr bis 18.00Uhr, donnerstag von 12.00Uhr bis 18.30Uhr (mit Kaufabend von 14.00Uhr bis 20.30Uhr) und samstags von 10.00Uhr bis 14.00Uhr (an langen Samstagen von 10.00Uhr bis 16.00Uhr bzw. 18.00Uhr) - bei 30 Minuten Pause - betragen sollte. Hieraus ergibt sich eine geringfügig angehobene wöchentliche Teilzeitarbeit von etwa 26,5 Stunden, was 68,22% der jeweiligen tariflichen Arbeitszeit ausmacht. Zusätzlich sollte - wie bisher - an den vier langen Samstagen vor Weihnachten gearbeitet werden. Die Kl. hat das Änderungangebot nicht unter Vorbehalt angenommen, sondern geltend gemacht, ein betriebliches Erfordernis für die Abänderung der einzelvertraglich festgelegten Arbeitszeit bestehe nicht. Es sei nicht einzusehen, daß sie an jedem Samstag ihre Arbeitsleistung erbringen müsse; dies gelte nicht einmal für die Vollzeitkräfte. Falls überhaupt ein Bedürfnis für die Änderung der Arbeitszeiten bestehe, habe die Bekl. die übrigen Teilzeit- und auch Vollzeitkräfte anders einsetzen können. Wenn die Stelle der Frau Z nicht mehr benötigt wurde, also ein Überhang bestand, habe keine Besetzungslücke auftreten können. Es sei auch widersprüchlich, wenn die Bekl. noch ein Jahr vor dem Ausscheiden der Frau Z mit ihr, der Kl., die Arbeitszeiten vormittags ab 8.30Uhr festgelegt habe, jetzt aber geltend mache, die Kundenfrequenz sei in den Vormittagsstunden nicht so stark wie nachmittags. Jedenfalls für die Tage Montag und Mittwoch werde bestritten, daß es vormittags zu einem geringeren Umsatz komme. Schließlich sei nicht ersichtlich, daß ihre Arbeitskraft während der vereinbarten Zeiten nicht mehr erforderlich sei. Die Änderungskündigung entbehre jeder Proportionalität; sie, die Kl., habe jedenfalls - wie die Vertragsgestaltung zeige - nicht jeden Wochentag mit Ausnahme des Freitags arbeiten wollen. Die Kl. hat beantragt festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die von der Bekl. mit Schreiben vom 20.10. 1994 ausgesprochene Kündigung nicht beendet wird und die Bekl. zu verurteilen, sie, die Kl., weiterhin zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen als Verkäuferin zu beschäftigen. Die Bekl. hat zu ihrem Klageabweisungsantrag vorgetragen, wegen der seit 1993 anhaltend schlechten Ertragslage habe sie Personal reduzieren müssen, so daß es aufgrund des Sozialplans auch zu dem betriebsbedingten Ausscheiden der Frau Z per 30.9. 1994 gekommen sei. Die hierdurch entstandene Besetzungslücke habe mit Hilfe einer neuen Arbeitszeitstruktur ausgeglichen werden müssen; insofern bestehe ein dringendes betriebliches Interesse an einer Festlegung von Nachmittags- und Samstagsarbeit, weil es sich hierbei um die umsatzstärksten Zeiten handele. Insofern sei es eine freie Unternehmerentscheidung, die Arbeitszeiten in der Abteilung zu ändern, wobei nur eine Mißbrauchs- und Willkürkontrolle möglich sei. Es sei aber nicht willkürlich, wenn die Kl. insgesamt wöchentlich nur ca. 2Stunden habe mehr arbeiten sollen und statt um 9.30Uhr um 12.00Uhr anfangen müsse. Ein anderer freier Arbeitsplatz, der den Arbeitszeitvorstellungen der Kl. genüge, sei nicht vorhanden. Jedenfalls müßten die rein privaten Gründe der Kl. an der Beibehaltung ihrer Arbeitszeit hinter den betrieblichen Interessen zurückstehen.

Das LAG hat die Klage im Gegensatz zum ArbG abgewiesen. Die zugelassene Revision hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Das ArbG hat im Ergebnis zutreffend entschieden. Die der Kl. ausgesprochene Kündigung vom 20.10. 1994 ist sozial nicht gerechtfertigt, §§ 2 , 1II KSchG.

I. Das LAG hat seine - entgegenstehende - Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt, weil die Änderung der Arbeitszeiten nur Teilzeitkräfte betroffen habe und aufgrund des Ausscheidens der Mitarbeiterin Z die dadurch entstandene Besetzungslücke habe ausgeglichen werden müssen. Für eine Arbeitszeitänderung sei nur die Kl. in Frage gekommen, da sie nur montags und mittwochs sowie im Wechsel donnerstags tätig gewesen sei und zu Zeiten gearbeitet habe, an denen kein großer Bedarf bestanden habe. Es liege damit eine Unternehmerentscheidung vor, bei der die Bekl. eine personelle Konzeption vorgegeben habe, nämlich den Arbeitsplatz der ausgeschiedenen Mitarbeiterin Z nicht neu zu besetzen, sondern die durch den Wegfall dieses Arbeitsplatzes entstehende Besetzungslücke dergestalt auszugleichen, daß für die Nachmittagsarbeit auf Teilzeitkräfte zurückgegriffen werde. Da die Kundenfrequenz vormittags sehr niedrig sei, bestehe im übrigen kein Interesse der Bekl., die Kl. schon morgens vor 12.00 Uhr einzusetzen; außerdem habe wegen Wegfalls der Samstagsarbeit der Frau Z die Kl. an Samstagen eingesetzt werden müssen. Demgegenüber komme es nicht darauf an, ob das Bedürfnis nach der Weiterbeschäftigung der Kl. zu den alten Bedingungen - wie das ArbG meine - entfallen sei. Schließlich sei auch die soziale Auswahl nicht zu beanstanden und die Kündigung sei gerechtfertigt, da dem billigenswerte Interessen der Kl. nicht entgegenstünden.

II. Den Ausführungen des BerGer. folgt der Senat nicht. Das angefochtene Urteil hält hinsichtlich der Beurteilung der Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision rügt zutreffend, das BerGer. habe Inhalt und Reichweite einer bindenden Unternehmerentscheidung im Rahmen der §§ 2 , 1II KSchG verkannt.

1. Für die Änderungskündigung nach § 2 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen nach § 1 II1 bis 3 KSchG vorliegen. Hierbei ist zunächst die soziale Rechtfertigung der angebotenen Vertragsänderung zu überprüfen, wovon auch das BerGer. ausgegangen ist. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gem. § 1 II KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlaß zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß (st. Rspr., BAG, NZA 1992, 120 = AP Nr.28 zu § 2 KSchG 1969 [zu BI] m.w. Nachw.).

Dringende betriebliche Gründe für eine Kündigung i.S. des § 1 II KSchG können dann vorliegen, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer überhaupt oder unter Zugrundelegung des Vertragsinhalts für den bisherigen Einsatz entfällt (BAGE 28, 131 [133] = AP Nr.2 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung [zu II]). Liegt eine unternehmerische Entscheidung vor, so ist diese selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unvernünftig oder willkürlich ist (BAGE 31, 157 [162] = AP Nr.6 zu § 1 KSchG 1969 [zu II1 b]; BAGE 32, 150 [155f.] = AP Nr.8 zu § 1 KSchG 1969 [zu II2]; BAGE 55, 262 [269f.] = AP Nr.42 zu § 1 KSchG 1969 [zu III2]).

2. Von dieser Rechtsprechung ausgehend, hat zwar das LAG im Ansatz zutreffend erwogen, ob hierbei eine bindende Unternehmerentscheidung der Bekl. vorliegt. Diese hat es zunächst zutreffend darin gesehen - und dies entspricht auch der Darstellung der Bekl. -, es liege eine personelle Konzeption vor, wonach eine durch das Ausscheiden der Mitarbeiterin Z entstandene Besetzungslücke durch Neuordnung der Arbeitszeitstruktur in der Abteilung der Kl. auszugleichen sei. Der Senat hat in diesem Zusammenhang entschieden (NZA 1986, 823 = AP Nr.11 zu § 1 KSchG 1969 [zu BII 2b]), das unternehmerische Ermessen sei ein normativer Begriff, der keinen für alle Fälle feststehenden Inhalt habe, sondern stets im Hinblick auf den Zusammenhang, in dem er jeweils stehe, zu bestimmen sei; es gehe insoweit um die „Bestimmung der der Geschäftsführung zugrundeliegenden Unternehmenspolitik“. Dementsprechend könnten die Gerichte für Arbeitssachen diese Entscheidung des Unternehmers über die Leitung des Unternehmens nicht auf ihre Zweckmäßigkeit, sondern nur auf Willkürlichkeit und offenbare Unrichtigkeit überprüfen. Außerdem darf die unternehmerische Maßnahme nicht allein in der Kündigung als solcher bestehen (NZA 1986, 823 = AP Nr.11 zu § 1 KSchG 1969).

a) Richtig ist, daß vorliegend von einer unternehmerischen Entscheidung auszugehen ist, wonach die Bekl. mit dem noch vorhandenen Personal die vorhandene Arbeitsmenge bewältigen wollte. Dabei unterstellt der Senat zugunsten der Bekl., daß das Konzept nicht nur in der Änderung der Arbeitszeit der Kl. bestand. Es gehört zur Organisation und Gestaltung des Betriebes, neben der Anschaffung von Maschinen, Gerätschaften sowie Vorrichtungen und der Gestaltung der Arbeitsabläufe, die Stärke der Belegschaft, mit der das Betriebsziel erreicht werden soll, festzulegen. Dazu gehört auch die Entscheidung über die Kapazität an Arbeitskräften und an Arbeitszeit und wie diese Kapazität - vorliegend auf die Ladenöffnungszeiten - verteilt werden soll. Dabei kann die Unternehmerentscheidung auch darin liegen, künftig auf Dauer mit weniger Personal zu arbeiten (ebenso Hillebrecht, ZfA 1991, 107 [110]; Tenczer/Stahlhacke, in: Anm. zu LAGE § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr.16; v. Hoyningen-Huene, NZA 1994, 1009 [1011]). Soweit dadurch eine Leistungsverdichtung eintritt, wird sie als Konzept gewollt und dadurch notwendig werdende Änderungen sind in Kauf genommen; der rationelle Einsatz des Personals ist Sache der Unternehmerentscheidung. So hat auch der Senat bereits entschieden (BAGE 73, 151 [161f.] = NZA 1993, 1075 = AP Nr.31 zu § 2 KSchG 1969 [zu II2 e bb]), es liege in der unternehmerischen Entscheidung, mit welcher Anzahl von Arbeitskräften der Arbeitgeber nach Durchführung des innerbetrieblichen Organisationsaktes die verbleibende Arbeitsmenge durchführen lasse; so gehöre die Bestimmung zum Bereich der Unternehmenspolitik, ob ein umfangmäßig konkretisierter Dienstleistungsbedarf z.B. nur mit Volltags- oder teilweise auch mit Halbtagsbeschäftigungen abgedeckt werden solle.

b) Der Senat geht nach den Feststellungen des LAG davon aus, daß die Bekl. die Abteilungsgruppe Modeschmuck usw. mit den Vollzeitarbeitnehmerinnen D, A, S und K sowie mit den Teilzeitkräften F, B, E und der Kl. sowie den Auffüllerinnen H und G nach einem bestimmten, den Ladenöffnungszeiten angepaßten, „Stundenplan“ betreiben wollte. Dieses Konzept ist eine Unternehmerentscheidung, die nach den dargelegten Grundsätzen von den Gerichten nur beschränkt überprüfbar ist.

aa) Die Umsetzung des Konzeptes braucht die Kl. jedoch, was die für sie bestimmte Arbeitszeitgestaltung angeht, nicht billigerweise hinzunehmen, §§ 2 , 1II KSchG (vgl. BAG, NZA 1992, 120 = AP Nr.28 zu § 2 KSchG 1969 [zu BI] m.w. Nachw.). Dies ergibt sich schon daraus, daß die Kl. im Unterschied zu den Volltagskräften - insbesondere im Vergleich zu der mit ihr in der Parfümerie arbeitenden Frau A - durchgehend die umsatzstärksten Zeiten und vor allem die Samstagsarbeit abdecken soll. Während nach dem rollierenden Freizeitsystem jedenfalls die Volltagsangestellten in jeder sechsten Woche samstags frei haben, sieht das neue Arbeitszeitkonzept der Bekl. dies für die Kl. nicht vor. Darin liegt ein Verstoß gegen § 2 BeschFG, wonach der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln darf, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einen sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung im Vergleich u.a. zu Frau A hat die Bekl. nicht angeführt, obwohl die Kl. in beiden Tatsacheninstanzen deutlich darauf hingewiesen hat, nicht einmal die Vollzeitkräfte, u.a. Frau D und Frau A, arbeiteten jeden Samstag, so daß nicht einzusehen sei, warum sie durchgehend samstags arbeiten solle. Die Bekl. darf die Kl. schon, was die Samstagsarbeit angeht, nicht ohne sachlichen Grund schlechter stellen als die Volltagsarbeitskräfte, wenn dies nicht - wie teilweise bei den anderen beschäftigten Teilzeitkräften - in deren Einverständnis geschieht. Während die Volltagskräfte nach dem rollierenden Freizeitsystem jeweils in der 6.Woche samstags/sonntags und sonntags/montags an zwei zusammenhängenden Tagen frei haben, soll die Kl. bei unveränderter Arbeitszeit an 5 fest bestimmten Werktagen mit Ausnahme des Freitags arbeiten und kommt deshalb nie in den Genuß einer zusammenhängenden Freizeit von zwei Tagen. Das braucht sie nicht hinzunehmen.

aa) Der unterschiedliche Arbeitsumfang rechtfertigt keine arbeitsrechtliche Sonderbehandlung der Teilzeitarbeitnehmer, wenn hierfür keine sachlichen Gründe gegeben sind. Das hat das BAG in der Vergangenheit u.a. zu Entgeltfragen (vgl. zuletzt BAG, NJW 1996, 2810 = NZA 1996, 816 = AP Nr.46 zu § 2 BeschFG 1985, und BAG, NJW 1996, 2812 = NZA 1996, 813 = AP Nr.45 zu § 2 BeschFG 1985), zur Anerkennung von Bewährungszeiten im BAT (BAGE 76, 90 = NZA 1994, 1042 = AP Nr.31 zu § 23a BAT) und der Beihilfefähigkeit (BAGE 73, 262 = NZA 1994, 764 = AP Nr.32 zu § 2 BeschFG), zum generellen Ausschluß vom Bewährungsaufstieg (BAG, AP Nr.14 zu § 2 BeschFG 1985), aber auch zur anteiligen Arbeitszeitverkürzung (BAG, AP Nr.18 zu § 2 BeschFG 1985) entschieden, bisher allerdings zur Lage der Arbeitszeit offengelassen (BAGE 78, 396 = AP Nr.41 zu § 2 BeschFG 1985). Das gesetzliche Benachteiligungsverbot erfaßt jedenfalls alle Arbeitsbedingungen (ebenso Lipke, in: GK-TzA, Art.1 § 2 BeschFG 1985 Rdnr.85). Das gilt auch für die Möglichkeit der Freizeitgestaltung an Wochenenden, weil die zusammenhängende Freizeit an den Wochentagen Samstag/Sonntag ganz allgemein als erstrebenswert und vorteilhaft angesehen wird. Sachliche Gründe, die Kl. als Teilzeitkraft davon generell auszuschließen, sind nicht ersichtlich. Das hierauf zielende Vertragsänderungsangebot verstieße, wenn die Kl. es unter Vorbehalt angenommen hätte, gegen § 2 BeschFG und führt damit zur Sozialwidrigkeit der Änderungskündigung.

bb) Die Unangemessenheit des Änderungsangebots wird außerdem dadurch belegt, daß die Kl. statt früher an drei Tagen nach dem neuen Konzept nur noch an einem Tag (freitags) pro Woche frei haben soll, während z.B. die teilzeitbeschäftigte Frau F nach wie vor zwei freie Tage (montags und freitags) hat. Schließlich soll die Kl. anders als die anderen Teilzeitkräfte durchgehend von montags bis donnerstags in der Zeit ab 12.00Uhr und in den umsatzstärksten Zeiten eingesetzt werden (einschließlich samstags), während andere Teilzeitbeschäftigte - so Frau F und Frau E - auch vormittags ab 9.30Uhr wie früher auch die Kl. eingesetzt werden.

cc) Bei alledem geht es nicht um einen Vorgriff auf die im Falle der Betriebsbedingtheit weiter zu prüfende Frage einer ausreichenden sozialen Auswahl, die auch bei der Änderungskündigung vorzunehmen ist (vgl. dazu Senat, NZA 1993, 1075 = AP Nr.31 zu § 2 KSchG 1969 [zu II3 d]), sondern um die Frage, ob die von der Bekl. herausgestellte „neue Arbeitszeitstruktur in der Abteilungsgruppe“ von der Kl. billigerweise hinzunehmen ist. Das läßt sich u.a. im Vergleich mit der für die anderen Mitarbeiter geltenden Arbeitszeit überprüfen und ist hier zu verneinen.

3. Die Bekl. ist allerdings nicht etwa allein schon aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (ultima-ratio-Prinzip) verpflichtet, die anstehende Neuverteilung der Arbeit als milderes Mittel durch eine weniger die Interessen der Kl. beeinträchtigende Arbeitszeitgestaltung (z.B. nur Arbeit montags bis freitags oder nur donnerstags bis samstags) oder statt einer so gravierenden Änderungskündigung durch drei weniger einschneidende Änderungskündigungen gegenüber mehreren Arbeitnehmerinnen (vgl. dazu BAG, NZA 1993, 1075 = AP Nr.31 zu § 2 KSchG 1969) zu vermeiden. Denn damit würde in die aufgrund der Unternehmerfreiheit bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten eingegriffen und dem Arbeitgeber vom Gericht ein bestimmtes anderes Konzept vorgeschrieben, was nach der eingangs zu II1 wiedergegebenen Rechtsprechung zu beurteilen - bis zur Grenze der Willkürlichkeit - gerade nicht Sache der Arbeitsgerichte ist. Deshalb bleibt es der Bekl. überlassen, wie sie ihre freie Unternehmerentscheidung zur Arbeitszeitstruktur in anderer Weise durchsetzen will.

4. Ist die (Änderungs-)Kündigung als unwirksam anzusehen, braucht nicht auf die Frage der Sozialauswahl und die formelle Rüge der Kl. eingegangen zu werden, das LAG gehe entgegen ihrem erstinstanzlichen Bestreiten unzutreffend davon aus, die Kundenfrequenz sei jedenfalls an ihren bisherigen Arbeitstagen montags und mittwochs vormittags erheblich niedriger als nachmittags, was das LAG entgegen seinem eigenen Tatbestand in den streitigen Behauptungen in den Entscheidungsgründen als unstreitig angesehen und prozeßentscheidend zu ihren Lasten bewertet hat.

5. Mit der rechtskräftigen Entscheidung des Senats über den Feststellungsantrag hat sich auch der auf vorläufige Weiterbeschäftigung gerichtete Antrag der Kl. erledigt.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

KSchG §§ 1II, 2