Reiserücktritt wegen fehlerhaften Rückflugeintrags auf Flugschein

Gericht

LG Nürnberg-Fürth


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

24. 09. 1997


Aktenzeichen

11 S 5792/97


Leitsatz des Gerichts

Sieht der Reisende kurz vor Antritt einer 14-tägigen Pauschalreise, dass der Rückreisetermin auf dem Flugschein drei Tage früher als gebucht vermerkt ist, kann er von dem Reisevertrag zurücktreten, wenn sich die Angelegenheit nicht auf Anhieb am Flugschalter klären lässt.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl. hatten bei der Kl., einer Reiseveranstalterin, eine zweiwöchige Flugreise gebucht. Als sie vor dem Abflug am Schalter der Air L die Flugscheine in Empfang nahmen, stellten sie fest, daß die Rückreise drei Tage früher als verabredet eingetragen war. Es ließ sich am Schalter nicht klären, worauf dieser Eintrag zurückzuführen war. Die Bekl. nahmen deshalb von der Reise Abstand. Die Kl. hat mit der Behauptung, es habe sich lediglich um eine Fehleintragung auf den Flugscheinen gehandelt, die Entschädigungssumme wegen Rücktritts von dem Reisevertrag eingeklagt.

Das AG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. führte zur Klagabweisung.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Bekl. waren zum Rücktritt von dem Reisevertrag berechtigt gewesen. Entgegen der vertraglichen Vereinbarung sollte nach den Reiseunterlagen, die den Bekl. am Schalter der Air L am Tag des Abflugs übergeben wurden, die Rückreise nicht am 7.-8. 1. 1997 stattfinden, sondern schon am 4.-5. 1. 1997. Diese Verkürzung der zweiwöchigen Reise um drei Tage stellt eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung dar, die die Bekl. gem. § 651a IV 2 BGB berechtigte, vom Vertrag zurückzutreten. Es kann hier dahinstehen, ob der verfrühte Rückreisetermin auf einen Fehleintrag in den Flugtickets beruhte und die Flüge tatsächlich richtig gebucht waren. Der Fehleintrag wurde entweder durch das Reisebüro oder durch einen anderen Erfüllungsgehilfen der Kl. verursacht und ist daher von der Kl. zu vertreten (§ 278 BGB). Die Kl. hat es auch zu vertreten, daß wegen der knappen Zeit keine Kontrolle der Tickets möglich war.

Die Bekl. sind durch den Nichtantritt der Reise schlüssig vom Vertrag zurückgetreten (§ 651i BGB). Der Rücktritt bedurfte keiner Form und kann daher konkludent erfolgen (s. auch Palandt-Heinrichs, BGB, 54. Aufl., § 349 Rdnr. 1).

Die Bekl. waren auch nicht verpflichtet, der Kl. als Reiseveranstalterin eine Frist zur Abhilfe zu setzen. Abgesehen davon, daß hier die Vorschrift des § 651c II BGB nicht eingreift, war es den Bekl. auch tatsächlich gar nicht möglich, hier gegenüber der Kl. Abhilfe zu verlangen. Die Kl. hatte lediglich die Schalterangestellte der Firma Air L als Boten damit beauftragt, die Flugscheine an die Bekl. auszuhändigen. Diese weigerte sich, die falsch ausgestellten Flugscheine wieder entgegenzunehmen. Die Bekl. konnten nicht ahnen, daß es sich bei dem Eintrag des falschen Rückreisetages lediglich um einen Fehleintrag in den Flugtickets handelte und die Flüge tatsächlich richtig gebucht worden waren. Eine Aufklärung konnte nicht rechtzeitig vor Antritt der Reise erfolgen, da ein Vertreter der Kl. in dieser Zeit nicht erreichbar war. Die Bekl. konnten und mußten daher davon ausgehen, daß die Rückreise tatsächlich drei Tage früher stattfinden sollte.

Da die Bekl. vom Vertrag zurückgetreten waren, verlor die Kl. den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis (§ 651i II BGB). Sie kann auch keine angemessene Entschädigung verlangen, weil sie den Rücktritt in einer den Vertrag gefährdenden Weise herbeigeführt hat (s. auch Palandt-Thomas, § 651i Rdnr. 3). Wie oben ausgeführt, wurde der Rücktritt der Bekl. durch einen falschen Eintrag in den Flugtickets veranlaßt, den die Kl. zu vertreten hat. Ein Reiseantritt war für die Bekl. auch nicht zumutbar, da sie aufgrund der falschen Tickets davon ausgehen mußten, daß die Reise tatsächlich um drei Tage kürzer ausfallen würde. Die Kl. hat zudem nicht vorgetragen, wie eine Klärung und Korrektur des vorverlegten Rückflugtermins vor Antritt der Reise möglich gewesen wäre, nachdem der sich in der Nähe des Schalters aufhaltende Herr A nur für die Übergabe der Reiseunterlagen verantwortlich war. Den Bekl. war daher eine Absage der Reise vor Reiseantritt gar nicht möglich. Ein Antritt der Reise war ihnen nicht zumutbar, da sie von der Gültigkeit des verfrühten Rückflugtermins ausgehen mußten. Durch die Übergabe der Flugtickets mit einem um drei Tage verfrühten Rückflugtermin wurde somit der Vertragszweck durch die Kl. gröblich gefährdet, denn hierdurch wurde ohne Zweifel eine wesentliche Reiseleistung (die Reisedauer) erheblich geändert. Eine Form für die Rücktrittserklärung der Bekl. ist nicht vorgeschrieben (s. Palandt-Thomas, § 651a Rdnr. 16). Durch den Nichtantritt des Fluges haben die Bekl. konkludent kundgetan, daß sie von der Reise zurücktraten (§ 349 BGB).

Die Bekl. sind auch nicht nach §§ 346 S. 2, 347 S. 2 BGB zum Ersatz der von der Kl. aufgewendeten Leistungen verpflichtet. Die Kl. kann die Bekl. nicht auf Rückgewähr bzw. Wertersatz von geleisteten Diensten (Ersatz der Hotelkosten) in Anspruch nehmen, weil die Bekl. diese Dienste gar nicht erhalten haben. Auch ein Anspruch der Kl. gem. §§ 347 , 994 II BGB auf Ersatz der Hotelkosten ist nicht gegeben. Da die Bekl. die Reiseunterlagen für das Hotel nicht abholten und den Flug nicht antraten, mußte die Kl. davon ausgehen, daß auch hinsichtlich des Aufenthaltes ein Rücktritt erfolgte. Die Kl. hatte diesen Rücktritt zu vertreten. Die Erstattung der Hotelkosten entsprach nicht dem wirklichen und mutmaßlichen Willen der Bekl. (§ 670 BGB). Im übrigen ist ein Ersatzanspruch der Kl. aus c.i.c. gegen die Bekl. nicht ersichtlich.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB §§ 651a IV, 346f