Sonderurlaub bei Niederkunft der nichtehelichen Lebensgefährtin
Gericht
BVerfG (1. Kammer des Zweiten Senats)
Art der Entscheidung
Beschluss über Verfassungsbeschwerde
Datum
01. 04. 1998
Aktenzeichen
2 BvR 1478/97
Anders als ein verheirateter hat ein unverheirateter Beamter keinen Anspruch auf Sonderurlaub für die Niederkunft seiner Lebensgefährtin.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Bf. ist Beamter. Für die Niederkunft seiner nichtehelichen Partnerin beantragte er einen Tag Sonderurlaub. Den Antrag lehnte der Dienstherr ab. Sonderurlaub nach § 12 II der Sonderurlaubsverordnung i. d. F. der Bekanntmachung vom 29. 4. 1992 (BGBl I, 977) - SUrlVO a. F. - i. V. mit der bei der Ermessensausübung für entsprechend anwendbar erklärten Regelung des § 25 II 1 lit. e BAT komme nur bei der Niederkunft der Ehefrau eines Beamten in Betracht. Die hiergegen erhobene Klage des Bf. blieb vor dem VG und dem BVerwG (vgl. NJW 1997, 3184) ohne Erfolg.
Mit seiner erfolglosen Verfassungsbeschwerde rügte der Bf. eine Verletzung von Art. 3 I und 6 I GG. Es bestehe für die hier zu beurteilende Frage kein wesentlicher Unterschied zwischen einer Ehe und einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.
Auszüge aus den Gründen:
III. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93 a II BVerfGG nicht vorliegen (vgl. BVerfGE 90, 22 [24 ff.] = NJW 1994, 993).
1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu.
a) Dies gilt zum einen, soweit sich der Bf. mittelbar gegen § 12 II SUrlVO a. F. wendet. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um auslaufendes Recht. Eine Ungleichbehandlung der Fallgruppen der Niederkunft der Ehefrau und der Niederkunft der nichtehelichen Lebenspartnerin war in der Kann-Bestimmung des § 12 II SUrlVO a. F. zudem nicht angelegt. Sie ermöglichte allgemein die Gewährung von Sonderurlaub aus wichtigen persönlichen Gründen.
b) Auch der Verfassungsbeschwerde gegen die gerichtlichen Entscheidungen kommt eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu.
In der Rechtsprechung des BVerfG ist geklärt, daß der Staat aufgrund von Art. 6 I GG nicht gehalten ist, jegliche die Familie treffende Belastung auszugleichen (vgl. BVerfGE 82, 60 [81] = NJW 1990, 2869 m. w. Nachw.). Ebensowenig folgt aus Art. 6 I GG, daß der Staat die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern hätte (vgl. BVerfGE 87, 1 [35] = NJW 1992, 2213). Das BVerfG kann gerichtliche Entscheidungen dabei nur daraufhin überprüfen, ob sie auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts aus Art. 6 I GG beruhen (vgl. BVerfGE 61, 18 [25] = NVwZ 1983, 149 m. w. Nachw.).
Danach ist eine Verletzung des Grundrechts des Bf. aus Art. 6 I GG nicht festzustellen. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen nicht auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von Art. 6 I GG. Der Staat ist aufgrund dieses Grundrechts nicht verpflichtet, den hier begehrten Sonderurlaub (unter Fortzahlung der Bezüge) zu gewähren. Der Beamte hat grundsätzlich die Möglichkeit, bei der Niederkunft seiner (ehelichen oder nichtehelichen) Lebenspartnerin gegenwärtig zu sein. Er kann entweder Erholungsurlaub oder Urlaub unter Wegfall der Besoldung (§ 13 I SUrlVO) in Anspruch nehmen. Damit hat der Staat seiner ihm obliegenden Schutzpflicht, die vorliegend nicht losgelöst von dem Grundsatz der vollen Dienstleistungspflicht des Beamten gesehen werden kann, hinreichend Genüge getan.
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt. Die Nachteile sind für den Bf. nicht von existentieller Bedeutung. Es geht im Ergebnis nur um den Abzug von einem Tag Erholungsurlaub im Jahre 1993. Insoweit hat der Bf. nicht einmal mitgeteilt, daß er den Erholungsurlaub im Jahr 1993 voll ausgeschöpft hat.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93 d I 3 BVerfGG).
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