Soziale Auswahl - Vergleichbarkeit bei arbeitsvertraglicher Konkretisierung der Aufgabenstellung

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

17. 09. 1998


Aktenzeichen

2 AZR 725/97


Leitsatz des Gerichts

Wurde einem Arbeitnehmer unter Abänderung seines Arbeitsvertrags die Leitung eines konkreten Arbeitsbereichs übertragen und kündigt der Arbeitgeber später betriebsbedingt, weil dieser Arbeitsbereich wegfällt, so sind die ehemals vergleichbaren, ohne Leitungsfunktion in anderen Arbeitsbereichen beschäftigten Arbeitnehmer in der Regel nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die am 24. 8. 1948 geborene Kl. war bei der Rechtsvorgängerin der Bekl. bereits vom 15. 5. 1981 bis 17. 2. 1984 und vom 16. 5. 1984 bis 14. 1. 1985 als Küchenhilfe beschäftigt. Seit 2. 5. 1985 wurde sie von der Bekl. - einem Sanatorium, das über 200 Arbeitnehmer beschäftigt - zunächst in derselben Funktion eingesetzt, ab 20. 6. 1986 hingegen als Serviererin in dem von der Bekl. betriebenen Gastronomiebereich „Stübl“, wo Getränke und Speisenangeboten wurden. Daneben unterhielt die Bekl. ein Restaurant und ein Café, ebenfalls mit Bedienung. In einem Vertrag vom 1. 6. 1990 wurden die Arbeitsbedingungen schriftlich niedergelegt; es wurde eine wöchentliche Arbeitszeit von 33,5 Stunden vereinbart, währendsich die tägliche Arbeitszeit nach den Dienstplänen der Rehabilitationsklinik richten sollte. Die Vergütung setzte sich seitdem aus dem Grundentgelt zuzüglich einer Zulage für allgemeine Arbeitszeitverkürzung und einer Umsatzbeteiligung von 3% zusammen. Seit 1. 12. 1991 wurde die Kl. unter Beibehaltung der Arbeitszeit mit der Leitung des „Stübl“ betraut, was durch Nebenabrede vom 2. 12. 1991 schriftlich festgehalten wurde. Nunmehr erhielt sie neben dem Fixum von zuletzt 2601 DM brutto 5% sogenannte Umsatzprovision, später noch weitere 2% Gesamtumsatzbeteiligung für die ausgeübte Leitungsfunktion. Die Leitungsaufgabe bestand darin, die notwendigen Abrechnungen und Warenbestellungen über das Restaurant vorzunehmen. Die Kl. arbeitete regelmäßig von 18 bis 23 Uhr bzw. an Freitagen, Samstagen und Feiertagen bis 24 Uhr. Nachdem die Bekl. beschlossen hatte, das „Stübl“ mit Ablauf des 30. 4. 1996 zu schließen, hörte sie den bei ihr gebildeten Betriebsrat unter dem 12. 3. 1996 zu der beabsichtigten Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Kl. schriftlich an. Ferner erläuterte sie dem Betriebsrat am selben Tag mündlich den Kündigungsgrund. Der Betriebsrat stimmte der geplanten Entlassung unter dem 14. 3. 1996 nicht zu. Mit Schreiben vom 26. 3. 1996, das von der Verwaltungsleiterin der Bekl. T unterzeichnet wurde, kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis zum 31. 8. 1996. Mit dem 30. 4. 1996 wurde das „Stübl“ geschlossen. Die Bekl. betreibt seither in dessen Räumen eine Lehrküche für Diabetiker, wo Diätköche und -assistenten tätig sind. Restaurant und Café werden weiter unterhalten, in letzterem herrscht allerdings seit seinem Umbau zum 1. 5. 1996 Selbstbedienung. Auch im Café bzw. der späteren Cafeteria wurde das Personal von 14 Mitarbeitern auf acht verringert. Die wöchentliche Arbeitszeit dieser Arbeitnehmer beträgt 38,5 Stunden in Wechselschicht von 6 bis 15 Uhr, 10 bis 19 Uhr und 11.30 bis 20.30 Uhr; sie erhalten ein Festentgelt. Als Serviererin sind dort unter anderem tätig die seit 1990 beschäftigte, 28jährige, unverheiratete und kinderlose Frau B -, Frau P - eingestellt ungefähr 1990, ledig - und die seit 1983 im Arbeitsverhältnis stehende, etwa 32 Jahre alte, unverheiratete und kinderlose Frau D. Die Kl. hat in ihrer am 9. 4. 1996 beim ArbG eingegangenen Klage die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozialwidrig. Bereits die Entscheidung der Bekl., das „Stübl“ zu schließen, sei nicht nachzuvollziehen, da nicht dargetan sei, daß insoweit Verluste erwirtschaftet worden seien. Jedenfalls habe sie - die Kl. - auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden müssen. Sie hat behauptet, sie sei immer bereit gewesen, auch zu anderen Zeiten und abweichenden Bedingungen, insbesondere in Wechselschicht und mit einer auf 38,5 Wochenstunden erhöhten Arbeitszeit zu arbeiten. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft getroffen worden, sei sie - die Kl. - doch jedenfalls mit allen im gastronomischen Bereich - Restaurant und Café bzw. Cafeteria - tätigen Servicekräften vergleichbar. Gegenüber den Arbeitnehmerinnen B, P und D zumindest genieße sie höheren Schutz.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen, das LAG dagegen hat nach dem Klageantrag erkannt. Mit der vom BerGer. zugelassenen Revision erstrebt die Bekl. die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Revision hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die streitige Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt (§ 1 KSchG).

I. Das LAG hat seine gegenteilige Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Zwar sei die Prokuristin der Bekl. gem. § 49 I HGB zum Ausspruch der Kündigung berechtigt und der Betriebsrat nach § 102 I BetrVG ordnungsgemäß angehört worden. Auch bilde die Einstellung des „Stübl“ ein dringendes betriebliches Erfordernis gem. § 1 II 1 KSchG. Ferner habe die Beweisaufnahme ergeben, daß ein freier Arbeitsplatz i.S. von § 1 II 2 Nr. 1 lit. b KSchG als Serviererin für die Kl. nicht vorhanden gewesen sei; vielmehr seien im gastronomischen Bereich sogar Stellen abgebaut worden. Der sozialen Rechtfertigung der Kündigung stehe aber eine unzutreffende soziale Auswahl nach § 1 III 1 KSchG entgegen, weil die rund fünf Jahre kürzer beschäftigte und ca. 20 Jahre jüngere Arbeitnehmerin B statt der Kl. hätte entlassen werden müssen. Jene sei mit dieser vergleichbar und sozial weniger schutzbedürftig. Die Sozialauswahl sei abteilungsübergreifend vorzunehmen. Die gegenüber den anderen Servierkräften geringere wöchentliche Arbeitszeit der Kl. stehe einer Austauschbarkeit nichtentgegen, weil die Kl. während des Rechtsstreits ausdrücklich erklärt habe, sie sei vor Kündigungsausspruch bereit gewesen und jetzt noch willens, einen Vollzeitarbeitsplatz zu übernehmen.

II. Dem folgt der Senat nicht. Das angegriffene Urteil verletzt, wie die Revision mit Recht geltend macht, § 1 III KSchG und §§ 133 , 157 BGB.

1. Nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des LAG , die Wirksamkeit der Kündigung scheitere weder an einer fehlenden Vollmacht der mit Prokura versehenen Verwaltungsleiterin (§ 49 I HGB) noch an einer fehlerhaften Betriebsratsanhörung (§ 102 I BetrVG). Auch ist das LAG zutreffend davon ausgegangen, die Schließung des „Stübl“ sei ein dringendes betriebliches Erfordernis i.S. von § 1 II KSchG, das mangels der Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung der Kl. auf einem freien Arbeitsplatz die Kündigung bedinge. Die Ausführungen des LAG hierzu lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Kl. hat insoweit keine Rügen erhoben.

2. Entgegen der Ansicht des LAG war jedoch die Durchführung einer sozialen Auswahl (§ 1 III KSchG) vor Ausspruch der streitigen Kündigung entbehrlich. Die Bekl. mußte nicht die Arbeitnehmerin B anstelle der sozial schutzbedürftigeren Kl. entlassen.

a) Wenngleich die soziale Auswahl grundsätzlich betriebsbezogen, d.h. gegebenenfalls auch abteilungsübergreifenddurchzuführen ist (st. Rspr. des Senats, z.B. NJW 1994, 3370 = NZA 1994, 1023 = AP Nr. 23 zu § 1 KSchG1969 Soziale Auswahl [zu II 3a] m.w. Nachw.), war die Beschäftigung der Kl. auf den Einsatz als Leiterin des „Stübl“ beschränkt. An der Vergleichbarkeit i.S. des § 1 III KSchG fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht einseitig auf einen anderen Arbeitsplatz um- oder versetzen kann (vgl. BAGE 62, 116 [122] = NZA 1990, 351 = AP Nr. 18 zu § 1 KSchG1969 Soziale Auswahl [zu B IId]; BAGE 65, 61 [76] = NJW 1991, 587 = NZA 1991, 181 = AP Nr. 50 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung [zu B III 2b]; vgl. ferner Berkowsky, NZA 1996, 290 [292f.]; Etzel, in: KR, 4. Aufl., § 1 KSchG Rdnr. 573; Gaul, NZA 1992, 673; Hueck-v. Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 1 Rdnr. 449; Meisel, DB 1991, 92 [94]; Oetker, in: Festschr. f. Wiese, 1998, S. 333 [346ff.]; Rühle, DB 1994, 834f.). Dem steht nicht entgegen, daß grundsätzlich Arbeitnehmer vergleichbar sind, die austauschbar sind, was sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen bestimmt, d.h. nach der ausgeübten Tätigkeit; Austauschbarkeit ist nicht nur bei völliger Identität der Arbeitsplätze, sondern auch dann zu bejahen, wenn der Beschäftigte aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb und angesichts seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit eines Kollegen zu verrichten. Wenn die Kl. auch unbedenklich imstande ist, die bloße, nicht mit Leitungsaufgaben verseheneServiertätigkeit der in den beiden anderen Restaurationen nach wie vor Beschäftigten auszuführen, wurde die von ihr geschuldete Arbeitsleistung aber einerseits durch § 1 des Arbeitsvertrags vom 1. 6. 1990 auf eine Tätigkeit im „Stübl“ eingeengt, andererseits mit Nebenabrede vom 2. 12. 1991 auf eine solche als dessen Leiterin, die notwendige Abrechnungen und Warenbestellungen über das Restaurant vorzunehmen hatte. Um die Kl. in Cafeteria oder Restaurant einzusetzen, hätte es einer Vertragsänderung durch Änderungsvereinbarung oder -kündigung bedurft.

b) Weder § 1 des Arbeitsvertrags noch die Nebenabrede vom 2. 12. 1991 sind einer ergänzenden Auslegung nach §§ 133 , 157 BGB zugänglich; eine Lücke der rechtsgeschäftlichen Regelung besteht entgegen der Ansicht des LAG nicht. Die insoweit allein in Betracht kommende und seitens des BerGer. angenommene Konstellation, daß die Parteien an einen bestimmten regelungsbedürftigen Punkt nicht dachten, liegt nicht vor. Dies kann der Senat selbst beurteilen. Zwar ist die Auslegung von nichttypischen Verträgen und Willenserklärungen Sache der Tatsachengerichte und in der Revision grundsätzlich nicht nachprüfbar. Der Überprüfung durch das RevGer. unterliegt aber, ob bei der Auslegung dieser Verträge und Willenserklärungen die Rechtsvorschriften über die Auslegung (§§ 133 , 157 BGB) richtig angewandt worden sind, ob dabei gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen und der Tatsachenstoff nicht vollständig verwertet wurde oder ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG, NZA 1998, 997, und BAGE 82, 139 = NZA 1996, 819 = AP Nr. 17 zu § 1 KSchG1969 Personenbedingte Kündigung; Germelmann-Matthes-Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 73 Rdnr. 16 m.w. Nachw.). Gleiches gilt für die Frage, ob die Voraussetzungen für eine vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung vorgelegen haben, denn insoweit geht es darum, ob i.S. von § 73 ArbGG Rechtsnormen verletzt worden sind (BAG, NJW 1973, 822 = AP Nr. 3 zu § 157 BGB; Germelmann-Matthes-Prütting, § 73 Rdnr. 16).

Vorliegend verengten die Parteien mit der schriftlichen Fixierung des Arbeitsvertrags unter dem 1. 6. 1990 und dem Änderungsvertrag vom 2. 12. 1991 das der Kl. übertragene Aufgabengebiet stufenweise bezüglich des Arbeitsbereichs „Stübl“ und dessen Leitung. Das zeigt sich daran, daß die Kl. bei der Rechtsvorgängerin der Bekl. seit 1981 und bei letzterer selbst ab Mai 1985 als Küchenhilfe eingesetzt worden war, während das „Stübl“ erst am 20. 6. 1986 eröffnet wurde. Die Eingrenzung auf den Arbeitsbereich „Stübl“ und die Leitungsfunktion geschah mithin zielgerichtet und ging jeweils mit der Übertragung höherwertiger Tätigkeiten sowie höherer Vergütung (Provisionsvereinbarung) einher. Die mit den Verträgen vom 1. 6. 1990 und 2. 12. 1991 bezweckte Einengung des Aufgabengebietes sollte nach dem Willen der Vertragspartner abschließend sein. Die damit verbundene Begrenzung des auswahlrelevanten Personenkreises bzw. das gänzliche Entfallen des Erfordernisses der sozialen Auswahl waren weder regelungsbedürftig, nochwurden sie außer acht gelassen. Vielmehr bildet der partielle Verlust des allgemeinen Kündigungsschutzes lediglich die rechtliche Konsequenz der Vertragsgestaltung (bloße Anwendung von § 1 III KSchG).

Die genannte zielgerichtete Eingrenzung des Arbeitsvertrags auf die Leitung des „Stübl“ hat das LAG bei der von ihm vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung nicht zutreffend berücksichtigt. Da das „Stübl“ geschlossen wurde und überdies bei der Bekl. keine mit einer ähnlichen Leitungsaufgabe verbundene Stelle vorhanden ist, fehlt es an der Kl. vergleichbaren Arbeitnehmern. Die gegebene Fallgestaltung der Schließung einer Abteilung sowie des Wegfalls eines Arbeitsplatzes, auf dem eine Arbeitnehmerin mit stark verengter Arbeitspflicht beschäftigt wird, ist von derjenigen der Teilstillegung bei Beschäftigung von Arbeitnehmern ohne präzise beschriebenes Aufgabengebiet sowie von der bloßen Verringerung des Beschäftigungsvolumens mehrerer objektiv vergleichbarer Arbeitnehmer zu unterscheiden, die beide eine abteilungsübergreifende Sozialauswahl gebieten. Eine Beschäftigung der Kl. in der Cafeteria oder im Restaurant hätte dagegen eine Veränderung und Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen zur Folge gehabt.

c) Die abweichende Auffassung, wonach es sich verbiete, die soziale Auswahl davon abhängig zu machen, ob der Arbeitgeber die nach objektiven Kriterien vergleichbaren Arbeitnehmer entsprechend ihrem jeweiligen Arbeitsvertrag um- oder versetzen könne, weil der Grundsatz der Sozialauswahl das Ziel verfolge, im Verhältnis der Arbeitnehmer zueinander Gerechtigkeit bei dem gravierenden Eingriff des Arbeitsplatzverlustes zu schaffen (Löwisch, KSchG, 7. Aufl., § 1 Rdnr. 316), bietet kein überzeugenderes Differenzierungskriterium. Wenn die Frage der Austauschbarkeit an die erklärte Bereitschaft des Arbeitnehmers geknüpft wird, die mit dem Einsatz auf dem anderweitig besetzten Arbeitsplatz bewirkte Vertragsänderung hinzunehmen, berücksichtigt das nicht im hinreichenden Maße, daß dem Arbeitnehmer durch die Eingrenzung seiner Arbeitspflicht ein Vorteil erwächst und durch eine erneute Vertragsänderung, die erst im Zusammenhang mit der Kündigung vorgenommen wird, Rechte Dritter berührt werden.

Den Vertragspartnern bleibt es unbenommen, dem Arbeitgeber durch eine weit gefaßte Beschreibung der zu leistendenArbeit einen flexiblen Personaleinsatz zu gestatten und ihm hierfür im Gegenzug eine ausgedehnte Sozialauswahl aufzuerlegen. Umgekehrt steht einer einschränkenden Regelung der geschuldeten Arbeit - aus Sicht des Arbeitnehmers - der Nachteil einer nur begrenzten Austauschbarkeit im Rahmen des § 1 III KSchG gegenüber. Verengt sich die Leistungspflicht des Arbeitnehmers auf einen einzigen Arbeitsplatz, kann er ohne soziale Auswahl entlassen werden, wenn diese Position entfällt (Berkowsky, NZA 1996, 290). Die Annahme einer Vergleichbarkeit der Kl. mit den in den anderen beiden Restaurationen eingesetzten Arbeitnehmern widerspräche Wortlaut und Zweck des § 1 III KSchG, indem sie bedeutete, die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit auf die Beziehung der Arbeitnehmer zueinander zu übertragen, während dies nach der Systematik der betriebsbedingten Kündigung nur im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geschehen soll. Die erste Stufe der sozialen Rechtfertigung einer auf betriebsbedingte Gründe gestützten Entlassung, d.h. die Prüfung des dringenden betrieblichen Erfordernisses einschließlich des Fehlens einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz des Unternehmens, betrifft alleinUmstände in der Sphäre des Arbeitgebers.

Im Rahmen der zweiten Stufe läßt eine fehlerhafte Sozialauswahl das dringende betriebliche Erfordernis nicht entfallen, vielmehr hat die Sozialauswahl funktional die Aufgabe einer personellen Konkretisierung des dringenden betrieblichen Erfordernisses. Einzig zu prüfen ist, welchem Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeber das ihm aus betrieblichen Gründenzustehende Kündigungsrecht ausüben darf. Müßte zunächst das Einverständnis des von der Entlassung bedrohten Arbeitnehmers zur Um- oder Versetzung eingeholt werden, bliebe der auswahlrelevante Personenkreis entgegen der gesetzlichenKonzeption nicht auf den von dem betrieblichen Erfordernis unmittelbar betroffenen betrieblichen Bereich beschränkt, sondern würde durch eine subjektive Entscheidung des Arbeitnehmers auf andere Bereiche ausgedehnt, für den verdrängtenBeschäftigten würde erst durch diese Entschließung und nicht durch den betrieblichen Umstand ein Kündigungsgrund geschaffen (BAGE 65, 61 [78f.] = NJW 1991, 587 = NZA 1991, 181 = AP Nr. 50 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung [zu B III 3b bb]; Jobs, DB 1986, 538f.). Die Vereinbarung der entsprechenden Vertragsänderung wäre letztlich ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter (vgl. Gaul, NZA 1992, 673 [675]; Oetker, in: Festschr. f. Wiese, S. 333 [347]; a.A. Kittner-Trittin, KSchR, 3. Aufl., § 1 KSchG Rdnr. 451). Dazu käme, daß mit einer Erweiterung des auswahlrelevanten Personenkreises auf die Mitarbeiter von Cafeteria und Restaurant durch die erklärte Bereitschaft der Kl. zu einer solchen Beschäftigung die Bekl. sich im Zeitpunkt ihrer unternehmerischen Entscheidung dem unkalkulierbaren Risiko einer Vielzahl von Kündigungsschutzprozessen gegenübersehen würde. Die dortigen Arbeitnehmer könnten ihrerseits durch ein entsprechendes Einverständnis über die Grenzen des eigenen Arbeitsvertrags hinaus partiell vergleichbare Beschäftigte auf gegebenenfalls geringerwertigen Arbeitsplätzen verdrängen. Das widerspricht, wie schon dargelegt, der zweistufigen Konzeption von § 1 II , III KSchG (BAGE 65, 61 = NJW 1991, 587 = NZA 1991, 181 = AP Nr. 50 zu § 1 KSchG1969 Betriebsbedingte Kündigung [zu B III 3 b cc]).

d) Ob die vorstehenden Gründe auch schon dann durchschlagen, wenn sich die Arbeitsverträge der ansonsten vergleichbaren Arbeitnehmer lediglich hinsichtlich des vereinbarten Volumens der Arbeitszeit unterscheiden, brauchte der Senat nach alledem nicht zu entscheiden.

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

KSchG § 1; BGB §§ 133, 157