Benutzung eines Diensttelefons zur Wahlwerbung oder politischen Betätigung durch Beamten

Gericht

BVerwG


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

09. 12. 1998


Aktenzeichen

2 B 85/98


Leitsatz des Gerichts

Ein Beamter darf sein Diensttelefon weder zur Wahlwerbung als Kandidat für einen Bundestagswahlkreis noch zur politischen Betätigung für eine Partei benutzen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Beschwerde des Kl. gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluß des VGH wurde zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung. Die entscheidungserhebliche Frage, ob der Dienstherr einem Beamten untersagen darf, als Wahlkreiskandidat für die Wahl zum Deutschen Bundestag sowie als Mitglied einer Partei und Wahlkreisbetreuer auf seinenprivaten Briefbögen seine dienstliche Telefonnummer anzugeben, bedarf keiner Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren. Sie läßt sich ohne weiteres zuungunsten des Kl. beantworten.

Das verfassungsrechtliche Gebot der freien Wahl (Art. 38 I 1GG) erlegt allen staatlichen Organen eine strikte Neutralitätspflicht gegenüber politischen Parteien und Wahlbewerbern auf. Es verbietet namentlich jede amtliche Unterstützung der Wahlwerbung (vgl. u.a. BVerwGE 104, 323 [326f.] = NVwZ 1997, 1220 m.w. Nachw.). Das schließt es aus, einem Beamten zu gestatten,sein Diensttelefon zur Wahlwerbung als Kandidat für einen Bundestagswahlkreis sowie im Rahmen seiner politischen Betätigung für eine Partei zu benutzen. Der Beamte kann insbesondere nicht beanspruchen, in seiner Eigenschaft als Wahlbewerber währendder Dienstzeit private Telefonanrufe entgegennehmen zu dürfen. Macht der ein Bundestagsmandat anstrebende Beamte von der ihm gesetzlich gebotenen Möglichkeit der Beurlaubung zur Vorbereitung seiner Wahl (§ 89 II 2 BBG) keinen Gebrauch, bleibt erdienstrechtlich verpflichtet, dem Dienstherrn die volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und sich während des Dienstes und in dienstlicher Eigenschaft jeder politischen Betätigung zu enthalten.

Der Hinweis der Beschwerde auf die in Art. 38 I 1 GG gewährleistete gleiche Wahl und den verfassungsrechtlichen Schutz des passiven Wahlrechts eines Bundestagskandidaten führt zu keineranderen Beurteilung. Weder aus dem Grundsatz der Gleichheit der Wahl (Art. 38 I 1 GG) noch aus Art. 48 II GG läßt sich ein Anspruch des Beamten herleiten, sein Diensttelefon zur Wahlwerbung oder zur Unterstützung einer politischen Partei nutzen zudürfen. Zwar bezieht sich die Wahlgleichheit auch auf das passive Wahlrecht einschließlich des Wahlbewerbungsrechts. Auch darf nach Art. 48 II GG niemand gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben. Der verfassungsrechtliche Schutz des Wahlbewerbungsrechts befreit jedoch weder vonder beamtenrechtlichen Pflicht zur Dienstleistung ohne politische Betätigung während des Dienstes, noch begründet er ein Recht des Beamten, während der Dienstzeit Einrichtungen des Dienstherrnzur Ausübung seines Wahlbewerbungsrechts in Anspruch zu nehmen.

Darin liegt keine nach Art. 38 I 1IGG, Art. 48 II GG unzulässige Behinderung der Bewerbung um ein Abgeordnetenmandat. Das Behinderungsverbot erstreckt sich nicht auf lediglich mittelbare Auswirkungen von Regelungen, die eine völlig andere Zielsetzung haben und die Freiheit, sich um ein Mandat zu bemühen, nur unvermeidlich tatsächlich beeinträchtigen (vgl. u.a. BVerfGE 42, 312 [329] = NJW 1976, 2123; BVerwGE 86, 211[216] = NJW 1990, 372 m.w. Nachw.).

Rechtsgebiete

Verwaltungsrecht

Normen

GG Art. 38 I 1, 48 II; BBG § 89 II 2