Anfechtung eines Unterhaltsabfindungsvergleichs wegen Verschweigens einer Geldzuwendung
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
19. 05. 1999
Aktenzeichen
XII ZR 210/97
Wer einen Unterhaltsanspruch geltend macht, hat die der Begründung des Anspruchs dienenden tatsächlichen Umstände wahrheitsgemäß anzugeben und darf nichts verschweigen,was seine Unterhaltsbedürftigkeit in Frage stellen könnte. Das gilt mit Rücksicht auf die nach § 138 I ZPO bestehende prozessuale Wahrheitspflicht erst recht während eines laufenden Rechtsstreits.
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien, die miteinander verheiratet waren,streiten über die Wirksamkeit eines Scheidungsfolgenvergleichs, den sie über den nachehelichen Unterhalt geschlossen haben. In dem zwischen ihnen rechtshängigen Scheidungsverbundverfahren machte die Ag. einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in Höhe von insgesamt 2636 DM monatlich geltend, davon 636 DM als Altersvorsorgeunterhalt und 2000 DM als Elementarunterhalt. Zur Begründung ihrer Unterhaltsbedürftigkeit trug sie vor, sie sei erwerbsunfähig und beziehe lediglich eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 603,12 DM. DerAst. wandte u.a. ein, die Ag. lebe mit einem neuen Partner eheähnlich zusammen und müsse sich eine Vergütung für die diesem gegenüber erbrachten haushälterischen Versorgungsleistungen anrechnen lassen;außerdem wohne sie mietfrei in einem Haus in G., das sie zusammen mit ihrem neuen Partner - jeder als Miteigentümer zu ½ - erworben habe. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. 11. 1990 wurde über die zur Ehescheidung gestellten Anträge sowie über die Folgesachen Versorgungsausgleich und nachehelicher Unterhalt verhandelt. Hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts schlossen die Parteienden folgenden Vergleich:
I. Der Ehemann verpflichtet sich, an die Ehefrau zur Abgeltung des nachehelichen Unterhalts einen Betrag in Höhe von 30000 DM, fällig und zahlbar bis zum 1. 1. 1991, zu zahlen.
II. Beide Parteien verzichten wechselseitig auf nachehelichen Unterhalt auch für den Fall des Notbedarfs, und zwar nach Zahlung der30000 DM, und nehmen diesen Verzicht wechselseitig an.
Vor Abschluß des Vergleichs hatte die Ag. vorgetragen, daß sie vor kurzem auch den Miteigentumsanteil ihres Partners an dem Hausgrundstück erworben habe, so daß sie inzwischen Alleineigentümerin sei; das Grundstück hafte noch für eine restliche Darlehensschuld beider S-Versicherung in Höhe von 70000 DM, für die 7,5% Zinsen, monatlich also 437,50 DM, zu zahlen seien. Die Ag. erwähnte vor dem Abschluß des Vergleichs nicht, daß sie am 23. 8. 1990250000 DM erhalten hatte, die ihr von ihrer Mutter im Hinblick auf ihr künftiges Erb- und Pflichtteilsrecht zugewendet worden waren. Den Geldbetrag hatte die Ag. in der Zeit von August bis Anfang November 1990 ausgegeben. Unter anderem hatte sie im August 1990auf eine Bankbürgschaft, die sie für ihren Partner übernommen hatte, 50000 DM gezahlt. Im September 1990 hatte sie ihrer Tochter 19000 DM zur Hochzeit geschenkt und Anwaltskosten in Höhe voninsgesamt 16000 DM entrichtet. Im Oktober 1990 hatte die Ast. an die S-Versicherung 100000 DM zur Teilablösung eines Darlehens über 170000 DM überwiesen, das zur Finanzierung des Restkaufpreises für das Hausgrundstück aufgenommen worden war, da sie diebestehenden Belastungen als Gegenleistung für die Übertragung des weiteren Miteigentumsanteils übernommen hatte. Für sich selbst hatte die Ag. insgesamt 16500 DM entnommen sowie für 35000 DM einen neuen Pkw erworben. Nach Abschluß des Vergleichs wurde die Ehe der Parteien geschieden und der Versorgungsausgleich zugunstender Ag. durchgeführt.
Mit Schreiben vom 8. 11. 1991 - gerichtet an den Prozeßbevollmächtigten der Ag. - teilte der Ast. mit, der Anwalt habe in dem Termin vom 19. 11. 1990 die Bedürftigkeit seiner Mandantin damit begründet, daß diese arm sei, weil sie das Haus in G. zu Alleineigentum erworben habe und monatliche Tilgungsraten von 500 DM aufbringen müsse. Dies stelle eine Vorspiegelung ihrer Bedürftigkeit dar, durch die das Gericht, er selbst sowie seine Anwälte getäuscht wordenseien. Richtig sei, daß die Ag. am 30. 8. 1990 250000 DM erhalten habe; außerdem beziehe sie seit 1. 4. 1991 eine Rente von ca. 1700 DM monatlich und habe am 13. 9. 1991 ihren langjährigenPartner geheiratet. Im Hinblick darauf vertrat der Ast. die Auffassung, der Vergleich sei nur durch die Vortäuschung ihrer Bedürftigkeit und die Verweigerung des Scheidungsausspruchs zustande gekommen,und forderte den „durch Betrug und Parteiverrat erschwindelten Betrag„ von 30000 DM zurück. Im Mai 1994 beantragte der Ast. die Fortsetzung des Verfahrens wegen Unwirksamkeit des gerichtlichen Vergleichs vom 19. 11. 1990. Er vertrat die Auffassung, daß er denVergleich rechtswirksam, insbesondere rechtzeitig, angefochten habe, da er erst Ende 1991 von der Zahlung der 250000 DM an die Ag. erfahren habe. Der Ast. beantragte festzustellen, daß der Scheidungsfolgenvergleich unwirksam sei. Die Ag. machte geltend, nicht zur Mitteilung über die Zuwendung verpflichtet gewesen zu sein, weil der Betrag von 250000 DM, der im Einvernehmen mit ihrer Mutter verwendetworden sei, ihr am 19. 11. 1990 nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, so daß eine ertragbringende Anlage nicht möglich gewesen sei.
Das AG - FamG - hat festgestellt, daß die Folgesache nachehelicher Unterhalt durch den Vergleich beendet sei. Das OLG hat die Berufungdes Ast. zurückgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Ast. führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Auszüge aus den Gründen:
1. Zutreffend ist das BerGer. allerdings von der Zulässigkeit der Anfechtung eines Vergleichs wegenarglistiger Täuschung gem. § 123 BGB ausgegangen. Dabei ist es für die Anfechtungsbefugnis ohne Belang, ob sich die Täuschung auf die Vergleichsgrundlage, also die streitigen und ungewissen Punkte, deren Beseitigung der Vergleich bezweckte, oder auf eine andere als feststehend angenommene, für denVergleich relevante Tatsache bezog. Jede arglistige Täuschung ist Anfechtungsgrund nach § 123 BGB, sofern sie den Getäuschten zu dem Vergleich bestimmt hat, den er ohne die Täuschung nicht geschlossen hätte (Senat, NJW-RR 1986,1258 = FamRZ 1986, 1082 [1084]; Staudinger/Marburger, BGB, 13. Bearb. [1997], § 779 Rdnr. 81; Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., § 779 Rdnr. 51).
2. Eine formell wirksame, rechtzeitige Anfechtungserklärung hat das BerGer. in dem Schreiben des Ast. vom 8. 11.1991 gesehen. Dies begegnet revisionsrechtlich keinen Bedenken.
3. Das OLG hat den Ast. indessen nicht für anfechtungsberechtigt gehalten, weil er nicht durch eine arglistige Täuschung der Ag. zum Abschluß des Vergleichs bestimmt worden sei. Hierzu hat es im wesentlichen ausgeführt:
Eine vorliegend allein in Betracht kommende Täuschung durch Unterlassen setze voraus, daß die Ag. dem Ast. gegenüber zur Auskunftüber den Erhalt der 250000 DM verpflichtet gewesen sei. Das sei nicht der Fall. Eine Auskunftsverpflichtung ergebe sich nicht aus den §§ 1580 , 1605 BGB, weil nach diesen Bestimmungen Auskunft nurauf Verlangen zu erteilen sei. Auch die nach der Rechtsprechung des BGH in besonderen Fällen bestehende Verpflichtung zur ungefragten Information des anderen Partners eines Unterhaltsrechtsverhältnissesbestehe nicht. Denn insoweit sei zu fordern, daß das Schweigen über eine günstige, für den Unterhaltsanspruch ersichtlich grundlegende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse evident unredlich erscheine (Hinw. auf Senat, NJW 1986, 1751 = LM § 826 [Fa] BGB Nr. 27 =FamRZ 1986, 450 [453]; NJW 1986, 2047 = LM § 826 [Fa] BGB Nr. 28 = FamRZ 1986, 794 [796]). Diese Voraussetzungen seien ebensowenig erfüllt. Insoweit sei von Bedeutung, daß die Ag. der redlichen Überzeugung gewesen sei, ihren Vermögenserwerb nicht offenbarenzu müssen, weil es das erklärte Ziel ihrer Mutter gewesen sei, daß der Ast. durch die Zuwendung nicht von seiner Unterhaltspflicht gegenüber der Ag. entlastet werde. Im Hinblick darauf sei die Zuwendung als solche unterhaltsrechtlich nicht anrechenbar.
Zwar seien die aus einem geschenkten größeren Kapitalbetrag erzielten Zinsen als unterhaltsrelevantes Einkommen anzusehen. Daß die Ag. den gesamten Kapitalbetrag bis November 1990 ausgegeben habe, stelle sich jedoch wegen der von ihrer Mutter mit der Zuwendung verfolgten Zielsetzung nichtals evident unredliches Verhalten dar. Der überwiegende Teil des Geldes sei von der Ag. nämlich zu Zwecken ausgegeben worden, die entweder dem Ast. bekannt gewesen seien oderdie gegenüber der grundsätzlich bestehenden Obliegenheit, Vermögen so ertragreich wie möglich anzulegen, vorrangig gewesen seien. Der verbleibende Betrag von 77500 DM, in dessen Umfang Ausgaben nach unterhaltsrechtlichen Kriterien möglicherweise nicht erforderlich gewesen seien (Anschaffungeines Pkw, Entnahmen für sonstige eigene Zwecke, Hochzeitsgeschenk, Zahlungen an die Firma L und an einen Architekten, wobei hinsichtlich der beiden letzten Positionen eine Notwendigkeit nicht näher erläutert worden sei), sei nicht so bedeutsam, daß deswegen der Vorwurf evident unredlichen Verhaltens berechtigt sei.
4. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Das BerGer. hat die Voraussetzungen der dieAg. treffenden Informationspflicht verkannt.
a) Die von dem OLG herangezogene Rechtsprechung des Senats betrifft Informationspflichten, die den Unterhaltsberechtigten über die Tatbestände der §§ 1580 , 1605 BGB hinaus treffen, nachdem ihm Unterhalt durch ein Urteil zuerkannt worden ist. In der Folgezeit kann sich unter den von dem BerGer. zutreffend angeführten Voraussetzungen eine Verpflichtung zur ungefragten Offenbarung veränderter Verhältnisse ergeben. Die Pflicht zur Rücksichtnahme der einen Partei auf die Belange deranderen erhöht sich, wenn es um die Durchführung einer Unterhaltsvereinbarung geht. In einem solchen Fall ist der Unterhaltsberechtigte im Hinblick auf seine vertragliche Treuepflicht gehalten, jederzeit und unaufgefordert dem anderen Teil Umstände zu offenbaren, die ersichtlich dessen Verpflichtungen aus dem Vertrag berühren (Senat, NJW 1997, 1439 = LM H. 6/1997 § 242 [D] BGB Nr. 141 = FamRZ 1997, 483).
b) Um derartige Fallgestaltungen geht es indessen nicht. Imvorliegenden Fall kommt es vielmehr maßgebend darauf an, ob die Ag. während des seit August 1988 laufenden Unterhaltsrechtsstreits, insbesondere in dem Termin, in dem die Anträge gestellt wurden, gehalten war, die im August 1990 erfolgte Zuwendung ihrer Mutter zu offenbaren. Wenn eine Partei einen Unterhaltsanspruch geltend macht, hat sie die der Begründung des Anspruchs dienenden tatsächlichen Umstände wahrheitsgemäß anzugeben und darf nichts verschweigen,was etwa ihre Unterhaltsbedürftigkeit in Frage stellen könnte. Das gilt mit Rücksicht auf die nach § 138 I ZPO bestehende prozessuale Wahrheitspflicht erst recht während eines laufenden Rechtsstreits. Ändern sich die maßgeblichen Verhältnissewährend des Rechtsstreits, so sind Umstände, die sich auf den geltend gemachten Anspruch auswirken können, auch ungefragt anzuzeigen (Johannsen/Henrich/Büttner, EheR, 3. Aufl., § 1580 Rdnr. 20; OLG Hamburg, FamRZ 1987, 1044).
c) Hieraus folgt, daß die Ag. verpflichtet war, die während deslaufenden Unterhaltsrechtsstreits erfolgte Zuwendung ihrer Mutter in Höhe von 250000 DM zu offenbaren. Sie hatte, als sie die Folgesache nachehelicher Unterhalt anhängig machte,den behaupteten Unterhaltsanspruch darauf gestützt, daß sie erwerbsunfähig sei und lediglich eine ihren eheangemessenen Bedarf nicht deckende Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe. DemVorbringen des Ast., sie lebe mit einem neuen Partner zusammen und habe gemeinsam mit diesem ein Hausgrundstück erworben, so daß sie sich eine Vergütung für die von ihr erbrachten haushälterischen Versorgungsleistungen sowie den Vorteil mietfreien Wohnens anrechnen lassen müsse, war sie nicht entgegengetreten (§ 138 III ZPO). Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19. 11. 1990 gab die Ag. sodann an, inzwischen auch den Miteigentumsanteil ihres Partners an dem Hausgrundstück erworben zu haben. Über die Zuwendungen ihrerMutter erklärte sie sich dagegen nicht. Dieser Umstand war indessen grundsätzlich geeignet, ihre Unterhaltsbedürftigkeit anders als bisher dargestellt erscheinen zu lassen. Denn der geschiedene Ehegatte kann Unterhalt nach den §§ 1570 ff. BGB nicht verlangen, solange und soweit er sich aus seinen Einkünften und seinem Vermögen selbst unterhalten kann (§ 1577 I BGB). Den Stamm des Vermögens braucht er dabei nicht zu verwerten, soweit die Verwertung unwirtschaftlich oder unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisseunbillig wäre (§ 1577 III BGB).
Im Unterhaltsrecht gilt allerdings auch der allgemeine Grundsatz, daß ohne Rechtsanspruch gewährte freiwillige Zuwendungen Dritter nur dem Zuwendungsempfänger alleinzugute kommen, sich aber auf ein Unterhaltsrechtsverhältnis nicht auswirken sollen, es sei denn, dem Willen des Zuwendenden läßt sich anderes entnehmen. Dabei treten zwei Fallgestaltungen auf: Leistungen eines Dritten an den Unterhaltsberechtigten, die an sich geeignet wären, dessen Unterhaltsbedarf zu decken, führen im Verhältnis zu dem Unterhaltsverpflichteten nur dann zu einer Minderung seiner Bedürftigkeit, wenn der Dritte damit zugleich bezweckt, den Unterhaltsverpflichteten zu entlasten. Geht sein Wille dagegen dahin, nurden Zuwendungsempfänger selbst zu begünstigen, berührt dies dessen Bedürftigkeit im Verhältnis zum Unterhaltsverpflichteten im allgemeinen nicht (Senat, NJW 1995, 1486 = LM H. 7/1995 § 1353 BGB Nr. 34 = FamRZ 1995, 537[538f.] m. Nachw. aus der Rspr. des Senats). In Mangelfällen wird indessen auch für den zuletzt genannten Fall eine - jedenfalls teilweise - Anrechnung der Zuwendung auf den Unterhaltsbedarf im Hinblick auf § 1581 BGB aus Billigkeitserwägungen in Betracht gezogen (vgl. Senat, NJW 1999, 2365).
Für die Frage der Offenbarungspflicht der Ag. kommt es jedoch nicht darauf an, ob sie der Ansicht war, die Zuwendung beeinflusse wegen der Willensrichtung der Mutter, den Ast.nicht zu entlasten, den Unterhaltsanspruch nicht. Die Ag. wäre ungeachtet dessen verpflichtet gewesen, die Zuwendung wahrheitsgemäß anzugeben. Sie hätte dies mit der Darlegung der Ansicht verbinden können, daß und aus welchen Gründendie Zuwendung unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen sei. Die Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls inwieweit ihre Rechtsauffassung berechtigt ist, insbesondere ob die behauptete, verabredete Verwendung, nämlich die Behebungder wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihres Partners, zu einem Verbrauch des Gesamtbetrages der 250000 DM führte oder ob ein Teilbetrag verblieb, der möglicherweise nach § 1577 III BGB hätte eingesetzt oder der zumindest mit der Folge ertragbringend hätte angelegt werden müssen, daß erzielte Zinseinkünfte als Einkommen anzurechnen wären (vgl. hierzu Johannsen/Henrich/Büttner, § 1577 Rdnr. 15; Wendl/Haußleiter, Das UnterhaltsR in der familienrichterlichen Praxis, 4. Aufl., § 1 Rdnr. 368; OLG Köln, FamRZ 1993, 711), hätte sie dem Gericht überlassen müssen (vgl. hierzu Senat, NJW1984, 306 = LM § 66 EheG Nr. 9 = FamRZ 1984, 32 [33f.], für den Fall der Mitteilung von Erwerbseinkünften bei behaupteter Unzumutbarkeit der Arbeitsaufnahme; OLG Zweibrücken, NJW-RR 1996, 1219 [1220]).
d) Durch das Stellen des zum nachehelichen Unterhalt angekündigten Antrags in dem Termin vom 19. 11. 1990 und das anschließende Verhandeln hierüber ist der bis dahin angefallene Akteninhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlunggemacht worden (BGH, NJW 1994, 3295 [3296] = LM H. 12/1994 § 675 BGB Nr. 205). Soweit die Ag. in dem Termin keine Angaben über die Zuwendung ihrer Mutter gemacht hat, liegt deshalb eine Täuschung durch positives Tun vor, nämlich durch Entstellen des zur Beurteilung der Unterhaltsbedürftigkeit maßgebenden Gesamtsachverhalts (Kramer, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 123 Rdnr. 11; Soergel/Hefermehl, BGB, 12. Aufl., § 123 Rdnr. 5; Palandt/Heinrichs,BGB, 58. Aufl., § 123 Rdnr. 3).
Allerdings war dem Ast. - wie seine Ausführungen im Rahmen der Folgesache Ehegatten zeigen - bereits bekannt, daß der Kaufpreis für das Grundstück ca. 260000 DM betrug, die Ag. für den Erwerb des halben Anteils also ca. 130000 DMaufgewendet haben mußte. Er wußte auch, daß sie hiervon nur einen Teilbetrag von 95000 DM aus vorhandenem Vermögen gezahlt hatte, den Restbetrag von ca. 35000 DM also finanziert haben mußte. Wenn nach der Übernahme des Miteigentumsanteils ihres Partners noch eine Darlehensschuld von ca.70000 DM bestand, wie die Ag. im Termin vom 19. 11. 1990 angegeben hat, dann mußte sie bare Mittel von mindestens weiteren 95000 DM (130000 DM + 35000 DM =165000 DM abzüglich 70000 DM) für den Erwerb aufgebracht haben. Das deckt sich im wesentlichen mit den Feststellungen des BerGer., nach denen zur Teilablösung des Versicherungsdarlehens ein Betrag von 100000 DM gezahlt worden ist. Im übrigen hat die Ag. dagegen den Zufluß des Geldbetrages nicht offenbart und deshalb insoweit sowohl das Gericht als auch den Ast. getäuscht.
5. Das für die Anfechtungsberechtigung nach § 123 I BGB erforderliche arglistige Handeln setzt voraus, daß der Täuschende durch sein Verhalten beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregen bzw. aufrechterhalten möchte, d.h. der Täuschende muß die Unrichtigkeit der falschen Angaben gekanntund gleichzeitig das Bewußtsein und den Willen gehabt haben, durch die irreführenden Angaben bzw. das Unterlassen der Aufklärung über die wahre Sachlage einen Irrtum zu erregenbzw. aufrechtzuerhalten und den Getäuschten damit zu einer Willenserklärung zu bewegen, die er sonst nicht oder mit anderem Inhalt abgegeben hätte. Dabei genügt bedingter Vorsatz (Kramer, in: MünchKomm, § 123 Rdnr. 5; Soergel/Hefermehl, § 123 Rdnr. 25; Palandt/Heinrichs, § 123 Rdnr. 11).
Hierzu hat das BerGer. - aus seiner Sicht folgerichtig - keineFeststellungen getroffen. Mit der von ihm angestellten Erwägung, für die innere Einstellung der Ag. sei es von Bedeutung, daß sie der redlichen Überzeugung gewesen sei, den Vermögenserwerb nicht offenbaren zu müssen, weil es das erklärte Ziel der Mutter gewesen sei, den Ast. durch die Zuwendungnicht von seiner Unterhaltspflicht zu entlasten, läßt sich ein vorsätzliches Handeln jedenfalls nicht insgesamt verneinen. Soweit der mit der Mutter vereinbarte Verwendungszweckden Geldbetrag nicht erschöpfte, was nach der Auffassung des BerGer. jedenfalls hinsichtlich eines Betrages von 77500 DM in Frage steht (siehe oben unter 3. a.E.), kommt zumindest eine Obliegenheit zu einer ertragbringenden Anlage in Betracht,die zur Folge hätte, daß die erzielbaren Zinsen als Einkommen anzurechnen wären. Die Ag. hätte sich damit selbst so verhalten müssen, wie sie es von dem Ast. verlangt hat. Denn sie hat diesem angelastet, vorhandenes Festgeld, das er seinen Angaben zufolge für die Anschaffung eines Pkw und die Finanzierung eines Urlaubs ausgegeben hat, nicht zur Erhöhung seinerLeistungsfähigkeit eingesetzt zu haben und die Rechtsauffassung vertreten, er müsse sich jedenfalls fiktiv als in erhöhtem Umfang leistungsfähig behandeln lassen. Bei dieser Sachlage kann ein arglistiges Handeln der Ag. jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Da hierzu bisher keine tatrichterlichen Feststellungen getroffen worden sind, ist das angefochtene Urteilaufzuheben und die Sache an das BerGer. zurückzuverweisen.
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