Aufklärungspflicht-Belehrung ohne drucktechnische Hervorhebung

Gericht

OLG Oldenburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

28. 10. 1998


Aktenzeichen

2 U 175/98


Leitsatz des Gerichts

Die für den Eintritt von Leistungsfreiheit bei einer folgenlos gebliebenen vorsätzlichen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit erforderliche Belehrung des Versicherungsnehmers muss nicht unbedingt drucktechnisch hervorgehoben am Ende eines vom Versicherer entworfenen Fragebogens erfolgen. Dem Erfordernis einer klaren und unmissverständlichen bzw. deutlichen Belehrung (BGH, NJW 1978, 826 [L] = LM § 6 VVG Nr. 51 = VersR 1978, 121 [122]) ist auch Genüge getan, wenn ein - inhaltlich ausreichender - Belehrungstext am Anfang des Fragebogens in einem eigenständigen Absatz unmittelbar nach dem Eingangssatz mit der Bitte um gewissenhafte und vollständige Ausfüllung abgedruckt ist (Abgrenzung zu OLG Nürnberg, NJW-RR 1996, 544; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 476 und OLG Oldenburg [erkennender Senat], NJW-RR 1998, 30).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl., die von dem Kl. auf Grund einer Fahrzeugteilversicherung auf die Versicherungsleistung nach einem Kfz-Diebstahl in Anspruch genommen wird, hat sich auf Leistungsfreiheit wegen fehlerhafter Angaben des Kl. über die beim Kauf erhaltenen Schlüssel berufen. Der Kl. hat eingewandt, die Belehrung über die Folgen unzutreffender Angaben in dem „Zusatzfragebogen Kfz-Diebstahl“ sei drucktechnisch nicht richtig hervorgehoben gewesen.

Er hatte mit seinem Vorbringen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Leistungsfreiheit der Bekl. tritt nach den Umständen ein, die die Rechtsprechung für derartige Fälle nachträglich-folgenloser Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers entwickelt hat (BGH, NJW 1973, 365 = LM § 6 VVG Nr. 44; LM § 7 AVB f. KraftfVers. Nr. 31 = VersR 1975, 752 = VVGE § 7 AKB Nr. 3). Danach kommt Leistungsfreiheit nur in Betracht, wenn die Verletzung der Obliegenheit generell geeignet gewesen ist, die Interessen des Versicherers ernstlich zu gefährden, wenn den Versicherungsnehmer ein schweres Verschulden trifft und wenn eine hinreichende Belehrung erfolgt ist. Alle diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Anzahl der beim Kauf ausgehändigten Schlüssel kann für die Entschädigungspflicht eines Fahrzeugversicherers von erheblicher Bedeutung sein, sodass die Verletzung der Obliegenheit generell geeignet war, die Interessen der Bekl. ernsthaft zu gefährden. Fehlt ein Schlüssel, so kann der Versicherer berechtigterweise den Verdacht hegen, mit diesem sei das Fahrzeug entfernt worden oder dieser habe als Vorlage für die Herstellung von Nachschlüsseln gedient. Den Kl. trifft zudem ein erhebliches - nicht widerlegtes - Verschulden; es handelt sich hier nicht um ein Fehlverhalten, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (vgl. BGH, VersR 1984, 228 [229]).

Der Belehrungspflicht ist in dem „Zusatzfragebogen Kfz-Diebstahl“ sowohl vom Inhalt als auch von der Form her Genüge getan. Bezüglich des Inhalts wird das auch vom Kl. nicht angezweifelt; er meint aber, es fehle an einer erforderlichen drucktechnischen Hervorhebung der Belehrung. Dem folgt der Senat jedenfalls für die vorliegende Gestaltung des Fragebogens nicht. Der BGH hat bisher - soweit ersichtlich - eine drucktechnische Hervorhebung der Belehrung nicht verlangt. In einer Entscheidung vom 8. 5. 1967 (BGHZ 48, 7 = NJW 1967, 1756 = LM § 6 VVG Nr. 18) spricht er von einem „äußerlich auffallenden und allgemein verständlichen Hinweis“; in der Entscheidung vom 20. 12. 1968 (NJW 1969, 607 [608] = LM § 34 VVG Nr. 4) ist von einer „klar und unmissverständlichen“ Belehrung die Rede sowie von „einer nicht zu übersehenden Weise“; ähnlich heißt es in der Entscheidung vom 30. 11. 1977 (NJW 1978, 826 [L] = LM § 6 VVG Nr. 51 = VersR 1978, 121 [122]), die Belehrung müsse „klar und unmissverständlich“ oder „deutlich“ sein. - Das OLG Nürnberg (NJW-RR 1996, 544) und das OLG Hamm (NJW-RR 1997, 476) haben daraus abgeleitet, der Hinweis müsse drucktechnisch hervorgehoben sein und der Senat (OLG Oldenburg, NJW-RR 1998, 30) ist dem für einen Fall gefolgt, wo sich die Belehrung - wie üblich - am Schluss der Schadenanzeige unmittelbar vor dem vorgesehenen Raum für die Unterschrift befand. Hier liegt der Fall indessen anders: Die entsprechende Belehrung ist am Anfang des Zusatzfragebogens abgedruckt. Unmittelbar nach dem Eingangssatz, der Bitte, den Fragebogen „gewissenhaft und vollständig“ auszufüllen erfolgt die - inhaltlich zutreffende - Belehrung in einem eigenständigen Absatz. Denn der Senat hält dies im Sinne der zitierten BGH-Rechtsprechung für eine hinreichend klar und unmissverständlich, in nicht zu übersehender Weise ausgedrückte Belehrung. Denn durch die Stellung der Belehrung am Anfang des Fragebogens wird der Versicherungsnehmer sogleich deutlich, noch vor dem Ausfüllen der einzelnen Fragen, auf die Notwendigkeit zutreffender Beantwortung hingewiesen und kann sich von vornherein entsprechend einstellen. Zumindest für eine derartige Fallgestaltung hält der Senat eine drucktechnische Hervorhebung für entbehrlich.

Rechtsgebiete

Versicherungsrecht

Normen

AKB § 7 I Nr. 25.3; VVG § 6 III