Urlaubsabgeltung nach Erziehungsurlaub

Gericht

BAG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

21. 10. 1997


Aktenzeichen

9 AZR 267/96


Leitsatz des Gerichts

Ist der Urlaubsanspruch vor dem Beginn des Erziehungsurlaubs nicht vollständig erfüllt worden, so hat der Arbeitgeber nach § 17 II BErzGG den Resturlaub nach dem Ende des Erziehungsurlaubs im laufenden oder spätestens im folgenden Urlaubsjahr zu gewähren. Der so übertragene Urlaub verfällt auch dann mit Ablauf des nächsten Urlaubsjahres, wenn der Urlaub wegen der Inanspruchnahme eines zweiten Erziehungsurlaubs nicht genommen werden konnte.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien streiten darüber, ob der Bekl. verpflichtet ist, der Kl. Urlaub aus 1990 abzugelten. Die Kl. war von Oktober 1989 bis Ende Juli 1995 als Arzthelferin beschäftigt. Nach Ablauf der Mutterschutzfrist nahm sie vom 1. 10. 1990 bis zum 5. 2. 1992 für ihr im August 1990 geborenes Kind Erziehungsurlaub in Anspruch. Während des Erziehungsurlaubs übernahm der Bekl. die Arztpraxis, in der die Kl. beschäftigt wurde. Nach Ende des Erziehungsurlaubs gewährte er ihr am 6. und 7. 2. 1992 Erholungsurlaub. Zu diesem Zeitpunkt war die Kl. erneut schwanger. Bis zum Beginn der gesetzlichen Mutterschutzfrist war sie durchgehend arbeitsunfähig krank. Für ihr am 7. 5. 1992 geborenes Kind nahm sie in der Zeit vom 3. 7. 1992 bis 6. 5. 1995 wiederum Erziehungsurlaub in Anspruch. Nach Beendigung des zweiten Erziehungsurlaubs lehnte der Bekl. es ab, der Kl. Resturlaub aus dem Jahr 1990 nachzugewähren. Mit der am 28. 8. 1995 erhobenen Klage hat die Kl. die Abgeltung von neun Tagen Resturlaub gerichtlich geltend gemacht.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Bekl. ist zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Bekl. die Abweisung der Klage. Die Revision hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Der Bekl. ist nicht verpflichtet, den Resturlaub aus dem Urlaubsjahr 1990 abzugelten.

1. Das LAG hat den von ihm zuerkannten Abgeltungsanspruch damit begründet, der Resturlaub aus 1990 sei nach § 17 II BErzGG bei Beendigung des ersten Erziehungsurlaubs übertragen worden. Die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub für das später geborene Kind habe den Eintritt des Verfalls am Ende dieses Übertragungszeitraums verhindert. Der Urlaub sei weiter auf das bei Beendigung des zweiten Erziehungsurlaubs laufende Urlaubsjahr 1995 übertragen worden.

2. Das ist mit der Rechtsprechung des Senats nicht vereinbar. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1995 ist kein Abgeltungsanspruch entstanden. Der vermeintlich abzugeltende Urlaubsanspruch ist bereits mit Ablauf des Jahres 1993 untergegangen.

a) Die Kl. hat nach § 4 BUrlG für das Urlaubsjahr 1990 den vollen Urlaubsanspruch erworben. Unstreitig hat der frühere Inhaber der Arztpraxis diesen Anspruch nicht vollständig erfüllt. Der restliche Erfüllungsanspruch ist nicht mit Ende des Urlaubsjahres 1990 untergegangen. Nach § 17 II BErzGG hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach dem Erziehungsurlaub in dem laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren. Der wegen des Erziehungsurlaubs 1990 nicht in Anspruch genommene Urlaub ist deshalb auf das bei der Beendigung dieses Erziehungsurlaubes laufende Jahr 1992 und das folgende Jahr 1993 übertragen worden. Schuldner dieses Anspruchs war der Bekl., weil er durch den Erwerb der Arztpraxis nach § 613a I 1 BGB in diese Verpflichtung eingetreten ist.

b) Die Verpflichtung des Bekl., der Kl. Resturlaub aus dem Jahr 1990 zu gewähren, ist mit dem Ablauf des Jahres 1993 untergegangen. § 17 II BErzGG begünstigt Arbeitnehmer, die nach § 16 BErzGG Erziehungsurlaub in Anspruch nehmen. Diese werden durch § 17 II BErzGG davor geschützt, daß wegen der Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubs der Resturlaub verfällt. Das geschieht dadurch, daß der ansonsten geltende dreimonatige Übertragungszeitraum des § 7 III 3 BUrlG bis zum Ablauf des nächsten auf die Beendigung dieses Erziehungsurlaubs folgenden Jahres ausgedehnt wird. Ein daran anschließender zweiter Erziehungsurlaub verhindert nicht den Verfall; denn eine weitere Verlängerung für den Fall, daß vor Ablauf des Übertragungszeitraums ein zweiter Erziehungsurlaub in Anspruch genommen wird, ist nicht vorgesehen (vgl. BAG, NZA 1997, 44 = NJW 1996, 3293 = AP Nr. 6 zu § 17 BErzGG). Diese Rechtsprechung hat - soweit ersichtlich - im Schrifttum keine Kritik gefunden (Grüner/Dalichau, BErzGG, § 17 Rdnr. 15; Glatzel, AR-Blattei, ES 680 Nr. 20; Oetker, AuA 1997, 139; Reinecke, in: Küttner, Personalbuch 1997, Erziehungsurlaub Rdnr. 36). An ihr ist festzuhalten. Für sie spricht, daß durch eine kettenartige mehrmalige Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub die Übertragung so ausgeweitet werden könnte, daß der Bezug zum Urlaubsjahr verloren ginge. Die Kl. verkennt demgegenüber, daß aus der Zulässigkeit der mehrfachen Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub noch nicht auf die mehrfache Übertragung von Urlaubsansprüchen geschlossen werden kann.

c) Ist mit Ablauf des 31. 12. 1993 der aus dem Urlaubsjahr 1990 übertragene Resturlaub verfallen, so bestand bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. 7. 1995 weder nach § 17 III BErzGG noch nach § 7 IV BUrlG eine Grundlage für die Abgeltung.

Vorinstanzen

LAG Düsseldorf, 16 Sa 1588/95, 05.03.1996

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht

Normen

BErzGG § 17 II, III; BUrlG § 7 III, IV