Forderungsberechtigung bei von Eltern zugunsten ihrer Kinder angelegtem Sparbuch

Gericht

Saarländisches OLG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

18. 08. 1999


Aktenzeichen

1 U 104/99-95


Leitsatz des Gerichts

Läuft ein von den Eltern errichtetes Sparkonto auf den Namen des Kindes und werden Geldgeschenke von Dritten darauf angelegt, so können die Eltern das Guthaben nach Auflösung des Kontos nicht einfordern.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Beklagte (Bekl.) richtete als sorgeberechtigte Mutter bei der Sparkasse (S) für beide Klägerinnen (Kl.) auf deren Namen Sparkonten ein.

Am 18. 8. 1997 belief sich das Guthaben der Kl. zu 1 auf insgesamt 7486,33 DM und das Guthaben der Kl. zu 2 auf 7328,13 DM. Auf den Sparkonten wurden insbesondere Geldgeschenke des mütterlichen Großvaters der Kl. angelegt. Mit Wirkung vom 18. 8. 1997 löste die Bekl. die Sparkonten auf und ließ die Guthaben auf ihr eigenes Konto überweisen.

Das LG hat der Klage auf Zahlung von 7486,33 DM an die Kl. zu 1 und auf Zahlung von 7328,13 DM an die Kl. zu 2 stattgegeben. Mit der Berufung verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Berufung der Bekl. ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Zahlungsanspruch der Kl. findet seine Grundlage in § 816 Abs. 2 , § 808 BGB.

1. Nach zutreffender Auffassung ist der Sparvertrag seiner Rechtsnatur nach als Darlehensvertrag zu verstehen (Hüffer, in: MüKo-BGB, 3. Aufl., § 808 Rn. 22). Bei dem über ein Sparguthaben ausgestellten Sparbuch handelt es sich um ein qualifiziertes Legitimationspapier. Denn die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit gemäß § 808 Abs. 1 BGB den Schuldner von seiner Verbindlichkeit. Folglich erfüllt eine Bank ihre Leistungspflicht durch Auszahlung des Sparguthabens an den Inhaber der Sparurkunde.

2. Die Sparkasse wurde nach § 808 Abs. 1 BGB durch Zahlung an die über die Sparbücher verfügende Bekl. frei. Die Bekl. ist jedoch als nichtberechtigte Inhaberin der Legitimationspapiere den Kl. gemäß § 816 Abs. 2 BGB zur Herausgabe der von ihr eingezogenen Beträge verpflichtet.

Die Kl. waren Inhaber der Sparguthaben. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kommt es bei der Anlegung eines Kontos auf den Namen eines Dritten für die Frage, wer der Bank gegenüber berechtigter Kontoinhaber geworden ist, nicht entscheidend darauf an, wer in der Kontobezeichnung aufgeführt ist oder aus wessen Mittel die eingezahlten Gelder stammen. Maßgebend hierfür ist vielmehr, wer bei der Kontoerrichtung der Bank oder Sparkasse gegenüber als Forderungsberechtigter oder Darlehensgeber aufgetreten ist. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles ist somit zu prüfen, wer nach dem erkennbaren Willen des die Einzahlung Bewirkenden Gläubiger der Bank werden sollte (OLG Zweibrücken, NJW 1989, 2546). Behält der Anleger das auf einen fremden Namen, insbesondere den seiner Kinder oder Enkelkinder, errichtete Sparbuch ein, so ist davon auszugehen, dass er selbst Inhaber der Forderung bleiben will (Soergel/Hadding, BGB, 12. Aufl., § 328 Rn. 76). Anders verhält es sich aber, wenn Eltern ein Sparbuch für ihre minderjährigen Kinder begründen, auf das von Dritten stammende Beträge eingezahlt werden sollen. Hier kann nicht angenommen werden, dass der Elternteil Inhaber des der Anlage von Drittgeldern dienenden Sparguthabens wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass in derartigen Konstellationen das durch den Elternteil vertretene Kind unmittelbar die Forderung erwirbt (OLG Zweibrücken, NJW 1989, 2546). Hier wurden auf den fraglichen Sparkonten für die Kl. bestimmte Zahlungen ihres Großvaters verwahrt. Mithin sind die Kl. und nicht ihre Mutter, die Bekl., Inhaber der Sparforderungen geworden.

Die Schenkungen vom Großvater an die Kinder wurden vollzogen und können nicht wegen groben Undanks widerrufen werden

3. Die Kl. sind nicht unter dem Gesichtspunkt eines Formmangels und fehlenden Vollzugs der Schenkung (§ 518 BGB) gemäß § 812 BGB zur Rückgabe der Sparguthaben verpflichtet. Auch scheidet ein Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks (§ 530 BGB) aus. Mangels Durchgreifen der rechtlichen Voraussetzungen kann dahinstehen, ob die Bekl. zur Geltendmachung dieser Ansprüche berechtigt ist.

a) Zahlt der Schenker Geld auf ein bereits bestehendes Konto des zu Beschenkenden, dann ist die Schenkung mit der Gutschrift der Bank sofort vollzogen, weil dem Beschenkten von diesem Augenblick an gegen sein Kreditinstitut eine entsprechende Guthabenforderung zusteht (Kollhosser, in: MüKo- BGB, § 518 Rn. 22). Die Gläubigerrechte an dem Guthaben stehen dem zur Zeit der Einzahlung tatsächlich berechtigten Inhaber des Buches zu (RGZ 73, 220, 222). Mit der Gutschrift ist also die Schenkung vollzogen (BGH, NJW 1994, 931). Folgerichtig wurde auch vorliegend die Schenkung des Großvaters durch die seitens der Bekl. bewirkte Einzahlung auf die Sparbücher der Kl. bewirkt.

b) Die Voraussetzungen eines Schenkungswiderrufs nach § 530 BGB liegen nicht vor. Den Kl. ist nicht ein grober Undank anzulasten, weil sie die Wohnung der Bekl. verlassen und zu ihrem Vater gezogen sind. Darin kommt nicht eine tadelnswerte, auf Undank deutende Gesinnung zum Ausdruck.

Während Eltern nicht selten aus steuerlichen Gründen um die Anerkennung von Geldschenkungen kämpfen müssen (s. BFH v. 30. 3. 1999, VIII R 19/98, ZEV 1999, 456 m. Anm. Schencking), lag der Fall des Saarländischen OLG anders:

Die Mutter zweier minderjähriger Töchter hatte für jede ihrer Töchter ein Sparkonto errichtet. Auf den Sparkonten wurden Geldgeschenke des Großvaters angelegt. Die Mutter behielt die Sparbücher in ihrem Besitz und ließ sich später die Guthaben von der Bank auszahlen. Die Klage der Töchter auf Rückzahlung gegen die Mutter war erfolgreich, da diese nach Ansicht des Saarländischen OLG Inhaberinnen der Sparkonten geworden waren, die Mutter somit nicht zur Abhebung berechtigt war.

Wer Inhaber eines Sparkontos ist, ist nach den Umständen des Einzelfalles durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist weder entscheidend, wer als Kontoinhaber genannt wurde, noch aus wessen Mitteln die eingezahlten Gelder stammen, sondern wer nach dem erkennbaren Willen der die Kontoeröffnung beantragenden Kunden Gläubiger der Bank werden soll (BGH v. 2. 2. 1994, IV ZR 51/93, NJW 1994, 931). Das OLG Koblenz stellte daneben auch auf den für das Geldinstitut erkennbaren Willen der die Einzahlung bewirkenden Person ab (OLG Koblenz v. 22. 9. 1988, 5 U 489/88, NJW 1989, 2545).

Nach dieser Rechtsprechung kommt es also grundlegend auf die Erkennbarkeit der Kontoinhaberschaft für die Bank an. Auf die Frage, ob und wodurch für die Bank im Urteilsfall die Kontoinhaberschaft der Töchter erkennbar war, geht das Saarländische OLG jedoch nicht ein. Sollte es sich bei den laut Tatbestand auf dem Konto angelegten Geldschenkungen des Großvaters nicht um direkte Einzahlungen durch den Großvater auf das Konto, sondern z. B. um Einzahlungen der Geldgeschenke durch die Mutter gehandelt haben, dann war für die Bank die Einzahlung durch Dritte gar nicht erkennbar. Die Einzahlung durch Dritte, d. h. weder die Person, die das Konto eröffnet hat, noch die Person, auf deren Namen das Konto geführt wird, ist aber für das Saarländische OLG der entscheidende Gesichtspunkt für die Feststellung, wer Kontoinhaber geworden war. Die Entscheidungen des BGH (a. a. O.) des OLG Koblenz (a. a. O.) und des OLG Zweibrücken vom 9. 1. 1989, 4 U 157/88 (NJW 1989, 2546) stellen dagegen zwar nicht ausschließlich, aber doch entscheidend auf die Konto-Eröffnungsunterlagen und den dabei erklärten und für die Bank erkennbaren Willen ab.

Irreführend ist auch der Hinweis des Saarländischen OLG, dass bei einem Einbehalt eines auf einen fremden Namen, insbesondere den Namen seiner Kinder oder Enkelkinder lautenden Sparbuchs durch den Anleger, davon auszugehen sei, dass er selbst Inhaber der Forderung bleiben will. Grundsätzlich ist zwar richtig, dass die Zurückbehaltung oder Übergabe des Sparbuchs ein Indiz für die Kontoinhaberschaft ist (vgl. Kollhosser, in: MüKo-BGB, § 518 Rn. 24), aber eben gerade dann nicht, wenn Eltern als vertretungsberechtigte Personen das Sparbuch der Kinder in ihrem Besitz behalten. Nach dem OLG Zweibrücken (a. a. O.) ergibt sich in einem solchen Fall nichts für die Annahme einer eigenen Rechtsinhaberschaft des gesetzlichen Vertreters.

Das Urteil wirft die Frage auf, ob es mehrere Kontoinhaber geben kann, wenn wie im Urteilsfall entscheidendes Indiz für die Kontoinhaberschaft die Einzahlung durch Dritte sein kann. Was gilt dann, wenn teils die Eltern, teils Dritte (z. B. Großeltern) und vielleicht auch noch das Kind etwas von seinem Taschengeld auf das Konto einzahlt? Da es hier um Auslegung geht, nämlich um die Frage, ob z. B. eine Schenkung zugunsten Dritter auf den Todesfall (§ 331 BGB) vorliegt, kann ein Indiz - wie die Teileinzahlung durch Dritte - nur die Frage nach der Kontoinhaberschaft beantworten helfen, aber nicht zu gesplitteten Kontoinhaberschaften führen.

Wenn Dritte auf das Sparbuch einzahlen, dann ist das ein Indiz dafür, dass das gesamte Konto, also auch von den Eltern stammenden Geldbeträge, dem Kind endgültig und vorbehaltslos geschenkt sein sollen. So sieht dies offenbar auch das Saarländische OLG, denn im Urteilsfall wurden auf den Sparbüchern „insbesondere“, also wohl nicht ausschließlich, Geldgeschenke des Großvaters angelegt. Dies führt zu der Empfehlung, bei Schenkungen zwischen Eltern und Kindern, wenn diese wirklich endgültig und sicher vollzogen sein sollen, auch für Einzahlungen Dritter auf dem Sparkonto zu sorgen, um ein weiteres Indiz für den Vollzug der Schenkung durch die Eltern zu schaffen.

Im Fall des BFH (a. a. O.), in dem Schenkungen der Eltern nicht anerkannt wurden, weil die Eltern einmal Geld vom Sparbuch des einen Kindes für das andere Kind verwandt hatten, wäre bei Einzahlung von Geldgeschenken Dritter auf das Sparkonto die Folge möglicherweise „nur“ ein Bereicherungsanspruch eines Kindes gegen die Eltern gewesen, nicht aber die folgenschwere steuerliche Nichtanerkennung der gesamten Schenkungen.

Rechtsgebiete

Bank-, Finanz- und Kapitalanlagerecht

Normen

BGB §§ 808, 816 Abs. 2