Anerkennung von Bildungsabschlüssen der ehemaligen DDR

Gericht

BVerwG


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

19. 03. 1998


Aktenzeichen

2 C 2/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Art. 37 I 2 EinigungsV enthält die umfassende materiellrechtliche Grundnorm für die Anerkennung von Bildungsabschlüssen aus der ehemaligen DDR (wie BVerwG, LKV 1998, 451 (in diesem Heft) (zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung vorgesehen)).

  2. Der Begriff der Gleichwertigkeit in Art. 37 I 2 EinigungsV ist bei einer Anerkennung als Laufbahnbefähigung eines alten Landes unter Heranziehung der Übergangsregelungen auszulegen, die im Einigungsvertrag selbst zum Recht des öffentlichen Dienstes getroffen worden sind. Mit diesem Inhalt modifiziert und erleichtert die Regelung die Anerkennung einer in der ehemaligen DDR abgelegten Lehramtsprüfung für ein Lehramt in den alten Ländern der Bundesrepublik. Der strengere Maßstab für die Anerkennung einer bei einem anderen Dienstherrn im Geltungsbereich des Beamtenrechtsrahmengesetzes erworbenen Laufbahnbefähigung - also insbesondere im Verhältnis der alten Länder zueinander - ist nicht anzuwenden.

  3. Eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung mit anschließender langjähriger entsprechender Unterrichtstätigkeit ist mit einer landesrechtlich geregelten Laufbahnbefähigung eines alten Landes gleichwertig, wenn sie nach Struktur, Zielsetzung und Inhalt der zugrundeliegenden Vor- und Ausbildung unter Einschluß der sich anschließenden fachbezogenen Berufstätigkeit den Bewerber befähigt, sich auf einem Dienstposten dieser Laufbahn dauerhaft zu bewähren.

  4. Der Ersatz der Laufbahnbefähigung im Beitrittsgebiet durch Bewährung auf einem Dienstposten erfordert nach Maßgabe der Übergangsregelungen des Einigungsvertrages eine Bewährung in der öffentlichen Verwaltung, die von der jeweils obersten Dienstbehörde festgestellt werden muß.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die 1946 geborene Kl. studierte in der ehemaligen DDR nach bestandener Reifeprüfung und Ausbildung zur Molkereifacharbeiterin zunächst Berufspädagogik für Lebensmitteltechnologie. Nach erfolgreichem Abschluß des dann aufgenommenen Fachlehrerstudiums am Pädagogischen Institut A. mit der Hauptprüfung wurde ihr im Juli 1971 der akademische Grad eines Diplom-Lehrers mit der Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts in den Fächern Deutsch und Geschichte der polytechnischen Oberschule in der DDR verliehen. Bereits im Juli 1973 wurde festgestellt, daß sie den Vorbereitungsdienst entsprechend der Anordnung des Ministers für Volksbildung vom 10. 5. 1958 erfolgreich beendet hatte. 1981 bestand sie eine Sprachkundigenprüfung in Englisch; 1987 wurde sie Diplom-Lehrer für Englisch. Von 1971 bis August 1991 war sie als Fachlehrerin zunächst für die Fächer Deutsch und Geschichte, später auch Englisch, an einer allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule tätig. Zum 1. 8. 1991 wurde sie auf ihre Neubewerbung in den Schuldienst des Landes Sachsen-Anhalt für die Fächer Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Englisch an einer Realschule übernommen. Dort unterrichtete sie wegen ihres Umzugs nach Bonn nicht mehr. Ihren Antrag, die in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als Lehrbefähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe I in den Fächern Deutsch, Geschichte und Englisch anzuerkennen, lehnte die Bekl. ab. Der von der Kl. dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Nach Klageerhebung erkannte die Bekl. den 1971 erworbenen Hochschulabschluß als Erste Staatsprüfung für das Lehramt an der Sekundarstufe I in Erziehungswissenschaft und in den Fächern Deutsch und Geschichte an.

Das VG hat die auf Anerkennung der Lehrbefähigung in den Fächern Deutsch und Geschichte gerichtete Klage der Kl. abgewiesen. Ihre dagegen eingelegte Berufung wurde vom OVG zurückgewiesen. Auch die Revision blieb ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. ... Die angefochtene Entscheidung verletzt zwar Bundesrecht, weil das BerGer. unzutreffend Art. 37 I 2 EinigungsV nicht als Rechtsgrundlage für die von der Kl. begehrte Anerkennung ihrer in der ehemaligen DDR erworbenen Lehrbefähigung in Betracht gezogen hat. Es hat zudem nicht beachtet, daß die Kl. bei der allein streitigen Anerkennung der Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen in den Fächern Deutsch und Geschichte die Zuerkennung einer Laufbahnbefähigung begehrt, so daß beamtenrechtliche Vorschriften und Grundsätze, insbesondere die im Einigungsvertrag selbst zum Recht des öffentlichen Dienstes geregelten, zu beachten sind.

Die Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 144 IV VwGO). Das Begehren der Kl. findet weder eine Rechtsgrundlage in den gem. Art. 45 II EinigungsV als Bundesrecht geltenden Bestimmungen des Einigungsvertrages - Art. 37 I und II i.V. mit Art. 20 EinigungsV und Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 2 lit. a sowie Nr. 3 lit. b und c EinigungsV - noch in Normen der Europäischen Gemeinschaften oder in § 19 IV des Gesetzes über die Ausbildung von Lehrämtern an öffentlichen Schulen i.d.F. vom 23. 6. 1989 (NWGVBl S. 421), geändert durch das Gesetz vom 3. 5. 1994 NWGVBl S. 220) - Lehrerausbildungsgesetz - NWLABG -.

Gem. Art. 37 I 2 EinigungsV stehen in dem in Art. 3 EinigungsV genannten Gebiet oder in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) abgelegte Prüfungen oder erworbene Befähigungsnachweise einander gleich und verleihen die gleichen Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind. Nach Satz 4 dieser Vorschrift haben rechtliche Regelungen des Bundes und der Europäischen Gemeinschaften über die Gleichstellung von Prüfungen oder Befähigungsnachweisen sowie besondere Regelungen im Einigungsvertrag Vorrang. Nach Absatz 2 gilt für Lehramtsprüfungen das übliche Anerkennungsverfahren der Kultusministerkonferenz, die entsprechende Übergangsregelung treffen wird. Art. 37 I 2 EinigungsV enthält die den Anwendungsbereich von Art. 37 EinigungsV insgesamt umfassende materiellrechtliche Grundnorm für die Anerkennung von Bildungsabschlüssen (vgl. BVerwG, LKV 1998, 447 (in diesem Heft) (zur Veröff. in der Entscheidungssammlung vorgesehen)). Nach dem Wortlaut und der Systematik dieser Vorschrift ist Art. 37 II EinigungsV - entgegen der Auffassung des BerGer. - keine Absatz 1 Satz 1 und 2 verdrängende Sonderregelung. Absatz 2 verweist lediglich darauf, daß die Länder insoweit beim Abschluß von Vereinbarungen - auch für Übergangsregelungen - das bisher übliche Verfahren einer Einigung im Rahmen der Kultusministerkonferenz anwenden sollen, ohne diesen selbst Rechtsnormqualität zu verleihen. Entsprechend beinhalten die in solchen Beschlüssen abgegebenen Wertungen keine normativen Regelungen. Allerdings macht diese Vorschrift bereits deutlich, daß für die Anerkennung von in der ehemaligen DDR abgelegten Lehramtsprüfungen Besonderheiten gelten.

Zutreffend hat das BerGer. angenommen, daß die Kl. ihren Anspruch nicht auf rechtliche Vorschriften der Europäischen Gemeinschaften stützen kann, die nach Art. 37 I 4 EinigungsV Vorrang gegenüber den Vorschriften des Einigungsvertrages haben. Insbesondere ist die Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. 12. 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen - Richtlinie 89/48/EWG - (ABlEG Nr. L 19 v. 24. 1. 1989, S. 16ff.), nicht anwendbar. Sie regelt den Abbau von Hindernissen für den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten. Nach ihrem Art. 2 gilt sie für Angehörige eines Mitgliedstaats, die einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen. Dieses grenzüberschreitende Element fehlt hier. Die Kl. strebt die Berufsausübung gerade in dem Mitgliedstaat an, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt. Daß die Regelungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts nach dem Willen der Vertragschließenden des Einigungsvertrages im Wege einer Bezugnahme über ihren Anwendungsbereich hinaus gelten sollen, läßt sich weder dem Wortlaut des Art. 37 I 4 EinigungsV noch seiner Begründung (vgl. Denkschrift zum Einigungsvertrag, BT-Dr 11/7760, S. 355ff.) entnehmen.

Gegen die in Art. 37 I i.V. mit II EinigungsV getroffene Anerkennungsregelung für Lehramtsprüfungen bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar fällt das Bildungswesen in die Kulturhoheit der Länder. Ebenso gehört das Dienstrecht der Landesbeamten einschließlich der Regelung der Beamtenlaufbahnen mit ihren jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen und der Frage der Anerkennungsfähigkeit von außerhalb des betreffenden Landes abgelegten Laufbahnprüfungen vorbehaltlich der Rahmenkompetenz des Bundes (Art. 75 I Nr. 1 GG) zu ihrer ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz. Für die Anerkennung von Lehramtsprüfungen als Laufbahnprüfungen bei verschiedenen Dienstherren besitzt der Bund die Rahmenkompetenz (vgl. BVerwGE 64, 142 (146f.); 68, 109 (111f.) = NJW 1984, 1248). Zudem mußte der Bundesgesetzgeber nach Art. 23 II GG a.F. die Voraussetzungen für den Beitritt der ehemaligen DDR mit der Folge schaffen (vgl. BVerfGE 82, 316 (320f.) = DtZ 1990, 276), daß er für die damit zwangsläufig verbundenen unaufschiebbaren gesetzgeberischen Aufgaben zugleich eine entsprechende aus der Natur der Sache folgende Gesetzgebungskompetenz hatte (vgl. BVerwG, LKV 1998, 447 (in diesem Heft); BVerfGE 84, 133 (148) = NJW 1991, 1667).

Der von der Kl. in der ehemaligen DDR erworbene Abschluß ist - auch unter Berücksichtigung ihrer langjährigen Unterrichtstätigkeit - nicht gem. Art. 37 I 2 EinigungsV mit der landesbeamtenrechtlich geregelten Lehrbefähigung für die Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen gleichwertig. Der Begriff der Gleichwertigkeit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollständigen gerichtlichen Nachprüfung ohne normative Bindung an die Beschlüsse der Kulturministerkonferenz (vgl. BVerwG, LKV 1998, 447 (in diesem Heft) sowie BVerwG, LKV 1998, 20 = NJ 1997, 551). Eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung mit - wie hier - anschließender langjähriger entsprechender Unterrichtstätigkeit ist mit einer in den alten Ländern geregelten Laufbahnbefähigung i.S. des Art. 37 I 2 EinigungsV gleichwertig, wenn sie nach Struktur, Zielsetzung und Inhalt der zugrundeliegenden Vor- und Ausbildung unter Einschluß der sich anschließenden fachbezogenen Berufstätigkeit den Bewerber befähigt, sich auf einem Dienstposten dieser Laufbahn dauerhaft zu bewähren. Der Begriff der Gleichwertigkeit ist unter Heranziehung der (Übergangs-)Regelungen auszulegen, die im Einigungsvertrag selbst zum Recht des öffentlichen Dienstes getroffen wurden (Art. 20 EinigungsV in Verbindung mit Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III). Insoweit genügt hier die Feststellung einer "Niveaugleichheit" des fraglichen Abschlusses, wie z.B. bei Fachschulabschlüssen der ehemaligen DDR, nicht, die in erster Linie die formelle und funktionelle Gleichheit der Ausbildung und inhaltlich eine fachliche Annäherung voraussetzt (vgl. BVerwG, LKV 1998, 447 (in diesem Heft)).

Mit diesem Inhalt modifiziert und erleichtert Art. 37 I 2 EinigungsV die Anerkennung einer in der ehemaligen DDR abgelegten Lehramtsprüfung als Lehrbefähigung für ein Lehramt in den alten Ländern. Grundsätzlich gilt nämlich für die Anerkennung von Lehramtsprüfungen als Laufbahnbefähigung durch einen anderen Dienstherrn - also insbesondere im Verhältnis der alten Länder zueinander - der strengere Maßstab des § 122 II BRRG, der im Interesse der Mobilität des öffentlichen Dienstes im Beamtenverhältnis ein Mindestmaß an bund- und länderübergreifender Einheitlichkeit des Beamtenrechts schaffen soll (vgl. BVerwGE 68, 109 (112) = NJW 1984, 1248). Danach besitzt, wer unter den Voraussetzungen der §§ 13 , 14 , 14a und 14b BRRG die Befähigung für eine Laufbahn erworben hat, die Befähigung für entsprechende Laufbahnen bei allen Dienstherren im Geltungsbereich dieses Gesetzes. Einander entsprechende Laufbahnen sind nach ständiger Rechtsprechung solche, die sich im wesentlichen nur dadurch unterscheiden, daß sie bei verschiedenen Dienstherren bestehen, derselben Laufbahngruppe und derselben Fachrichtung angehören und inhaltlich eine im wesentlichen gleiche Vorbildung, Ausbildung und Prüfung erfordern (vgl. BVerwGE 68, 109 (114) = NJW 1984, 1248; BVerwG, Buchholz 230 § 122 Nr. 11 m.w. Nachw.). Eine Anerkennung des Abschlusses der Kl. auf dieser Grundlage müßte schon deshalb ausscheiden, weil er nicht entsprechend der Voraussetzungen der §§ 13 bis 14b BRRG erworben wurde.

Bei Anwendung dieser Anforderungen für die laufbahnrechtliche Anerkennung von in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlüssen liefe die Anerkennungsregelung in Art. 37 I und II EinigungsV weitgehend leer. Aufgrund der historischen Entwicklung finden sich die in § 122 BRRG zugrunde gelegten, in der beamtenrechtlichen Rahmengesetzgebung nach Art. 75 I Nr. 1 GG begründeten gemeinsamen Grundstrukturen des Laufbahnrechts bei den Abschlüssen der ehemaligen DDR naturgemäß allenfalls in sehr beschränktem Maße. Die Vertragschließenden des Einigungsvertrages bezweckten jedoch - und ihrem Willen kommt vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte ein besonderes Gewicht zu (vgl. BVerwG, LKV 1998, 447 (in diesem Heft)) - mit der in Art. 37 EinigungsV getroffenen Regelung zur gegenseitigen Anerkennung und Gleichstellung von Abschlüssen und Befähigungsnachweisen, Freizügigkeit und Durchlässigkeit zwischen Bildungssystemen und Bildungsgängen zu ermöglichen, Mobilität in jeder Richtung zu fördern und die Gleichheit der Lebensverhältnisse auf längere Sicht zu garantieren (vgl. Denkschrift zum EinigungsV, BT-Dr 11/7760, S. 374). Eine äußere Grenze ist gleichwohl dort zu ziehen, wo in einem auch durch das Wiedervereinigungsgebot und seine Umsetzung im Einigungsvertrag nicht mehr gerechtfertigten Maße von den durch Art. 33 V GG gebotenen beamtenrechtlichen Strukturen des Laufbahnrechts abgewichen würde.

In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das BerGer. festgestellt, daß der von der Kl. erworbene Bildungsabschluß mit der landesrechtlich geregelten Lehrbefähigung für die Sekundarstufe I in Nordrhein-Westfalen unabhängig von weiteren inhaltlichen Unterschieden nach der Ausbildungsstruktur und Art des Abschlusses im engeren Sinne nicht gleichwertig i.S. des Art. 37 I 2 EinigungsV ist, und zwar sowohl hinsichtlich des Vorbereitungsdienstes als auch in bezug auf die für den Erwerb der Lehrbefähigung für die Sekundarstufe I abzulegende Zweite Staatsprüfung. Es hat den Regelungen der Anordnung über die Durchführung der Probezeit für die Absolventen der Ausbildungseinrichtungen für Lehrer und Erzieher vom 10. 5. 1958 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Volksbildung und des staatlichen Amtes für Berufsbildung - VuM - Nr. 11/58, S. 79) in der Neufassung der Anweisung zur Durchführung des Gesetzbuches der Arbeit vom 19. 10. 1961 (VuM Nr. 22/61, S. 289) - Anordnung - in nicht zu beanstandender Weise entnommen, daß es sich bei der Vorbereitungszeit der Fachlehrer in der ehemaligen DDR nicht um einen Vorbereitungsdienst im Sinne des Lehrerausbildungsgesetzes, sondern um eine Bewährungszeit gehandelt hat. Die Absolventen sollten in dieser Zeit zeigen, daß sie aufgrund ihres Studiums über die für ihre Tätigkeit erforderliche Qualifikation verfügen. Sie habe aber nicht der Vermittlung der Fähigkeit zur selbständigen Lehrertätigkeit gedient. Nach seinen das RevGer. bindenden tatsächlichen Feststellungen (vgl. § 137 II VwGO) sind die Absolventen sofort mit der vollen Stundenzahl, die Kl. mit 24 Wochenstunden, in eigenständigem Unterricht eingesetzt worden. Aufgabe des Vorbereitungsdienstes in Nordrhein-Westfalen ist demgegenüber die wissenschaftlich fundierte Ausbildung für die berufspraktische Tätigkeit (vgl. § 3 II NWLABG). Dabei werden den Studienseminaren für die einzelnen Lehrämter Gegenstände der Unterrichtspraxis unter fachdidaktischen, solche der Erziehungswissenschaften und allgemeinen Didaktik unter schulpraktischen Gesichtspunkten behandelt, daneben Recht und Verwaltung der Schule (vgl. § 3 I NWLABG; § 8 II der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen i.d.F. der Bekanntmachung v. 8. 7. 1994, NWGVBl S. 626 - NWOVP -). Die schulpraktische Ausbildung an den ihnen zugeordneten Schulen umfaßt Hospitationen und Ausbildungsunterricht, selbständigen Unterricht aber nur im Umfang von vier bis sechs Wochenstunden (vgl. § 3 I NWLABG; § 9 IV , 10 NWOVP).

In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das BerGer. weiter entschieden, daß diese Bewährungszeit nicht mit einer der Zweiten Staatsprüfung mit schriftlicher Hausarbeit, Unterrichtsproben und mündlicher Prüfung (vgl. §§ 11 , 17 bis 19 NWOVP) gleichwertigen Prüfung abgeschlossen hat. Die nach ihrem Ende einzusetzende Kommission habe nach § 3 II der Anordnung unter Beachtung der Hospitationsberichte und Beurteilungen mit dem Absolventen eine Aussprache über seine Arbeit und den Stand seiner Weiterbildung zu führen sowie seine politische Haltung zu beurteilen gehabt. Nicht zu beanstanden ist auch die Entscheidung des BerGer., daß diese Unterschiede durch die schulpraktischen Ausbildungsteile des Studiums von höchstens zwei Semestern nicht ausgeglichen werden können.

Die Kl. verfügt auch unter Einbeziehung ihrer langjährigen Berufstätigkeit als Lehrerin nicht über einen der begehrten Lehrbefähigung im Land Nordrhein-Westfalen i.w.S. des Art. 37 I i.V. mit Art. 20 EinigungsV gleichwertigen Abschluß. Nach den bei der Auslegung des Begriffs der Gleichwertigkeit von Laufbahnbefähigungen zu beachtenden Übergangsregelungen des Art. 20 EinigungsV in Verbindung mit Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 3 lit. b EinigungsV können Beschäftigte, die in der öffentlichen Verwaltung in dem Beitrittsgebiet tätig sind, nach Maßgabe des § 4 BBG zu Beamten auf Probe ernannt werden. Die Laufbahnbefähigung kann durch eine Bewährung auf einem Dienstposten, der nach Schwierigkeit mindestens den zu übertragenden Funktionen entsprochen hat, ersetzt werden. Die Bewährung wird von der jeweils zuständigen obersten Dienstbehörde festgestellt. Bei den erforderlichen Bewährungszeiten können auch Zeiten der Bewährung in geeigneten Tätigkeiten vor der Wiedervereinigung zugunsten der Bewerber berücksichtigt werden. Gem. § 2 I der aufgrund des lit. e dieser Maßgabe erlassenen Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus der öffentlichen Verwaltung im Beitrittsgebiet in das Bundesbeamtenverhältnis vom 9. 1. 1991 (BGBl I, 123) sollen mindestens sechs Monate der Bewährungszeit nach dem 3. 10. 1990 in der öffentlichen Verwaltung zurückgelegt werden.

Mit diesen Regelungen sollten laufbahnrechtliche Anpassungsregelungen geschaffen werden, "die den grundlegenden Qualifikationsanforderungen des Berufsbeamtentums unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten in der bisherigen Deutschen Demokratischen Republik Rechnung tragen" (vgl. Denkschrift zum Einigungsvertrag B. Besonderer Teil, zu Art. 20 A., BT-Dr 11/7760, S. 365). Sie galten gem. Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 2 lit. a EinigungsV bis zum Inkrafttreten des jeweiligen Landesbeamtengesetzes auch in den neuen Ländern. Das Land Sachsen-Anhalt, wo die Kl. nach der Wiedervereinigung bis August 1991 tätig war, hat sie in § 15 SachsAnhBG v. 14. 5. 1991 (SachsAnhGVBl S. 61) in Verbindung mit der Verordnung über die Bewährungsanforderungen für die Einstellung von Bewerbern aus der öffentlichen Verwaltung i.S. der Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 2 lit. c EinigungsV in ein Beamtenverhältnis im Land Sachsen-Anhalt vom 31. 7. 1991 (SachsAnhGVBl S. 226) übernommen. Die danach erforderliche Bewährungsfeststellung der zuständigen Landesbehörde liegt für die Kl. nicht vor. Sie kann nicht durch das Gericht ersetzt werden. Die Bewährungsfeststellung ist ein Akt wertender Erkenntnis des Dienstherrn. Ihm ist hierfür eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilungsermächtigung eingeräumt. Mithin kann dahinstehen, ob die Kl., die auf ihre Neubewerbung zum 1. 8. 1991 ohne Unterbrechung als Angestellte in den Schuldienst des Landes Sachsen-Anhalt für die Fächer Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Englisch an einer Realschule übernommen worden war, dort noch eine Bewährungsfeststellung für die Übernahme in das Beamtenverhältnis erlangen könnte oder nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz vom 5. 10. 1990 über "Vorläufige Grundsätze zur Anerkennung von auf dem Gebiet der ehemaligen DDR erworbenen Lehramtsbefähigungen" und vom 7. 5. 1993 über die "Anerkennung und Zuordnung der Lehrerausbildungsgänge der ehemaligen DDR zu herkömmlichen Laufbahnen". Nach Nr. 1 des Beschlusses vom 5. 10. 1990 werden die Lehramtsbefähigungen von Lehrerinnen und Lehrern, die - wie die Kl. - ein Lehramtsstudium an einer Hochschule auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in zwei bzw. drei Fächern absolviert haben, in den alten Bundesländern sowie Berlin-West lediglich einer Ersten Staatsprüfung gleichgestellt, wobei sich einzelne Länder - darunter auch Nordrhein-Westfalen - vorbehalten, für die Anerkennung als Erste Staatsprüfung zusätzlich eine Überprüfung der sachlichen Kenntnisse zu verlangen. Nach Nr. 2 dieser Vereinbarung können Lehrerinnen und Lehrer mit der Lehrbefähigung als Diplom-Lehrer für die polytechnische Oberschule in der Regel in den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt des Sekundarbereichs, z.B. Lehramt für die Sekundarstufe I, aufgenommen werden.

Darauf aufbauend und in Anlehnung an die aufgrund Art. 20 EinigungsV erlassenen beamtenrechtlichen Übergangsregelungen sieht der Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 7. 5. 1993 unter Nr. 2 vor, daß der Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für die Lehrkräfte mit einer in der ehemaligen DDR erworbenen Lehrbefähigung für das Gebiet der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch die Bewährung in der Tätigkeit als Lehrerin bzw. Lehrer ersetzt werden. Nach Nr. 3 des Beschlusses kann die Übernahme in den Dienst eines anderen Landes der Bundesrepublik von dem Nachweis von Ausgleichsmaßnahmen nach Maßgabe des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 9. 10. 1990 abhängig gemacht werden; dabei werde von einem Vorbereitungsdienst und einer Zweiten Staatsprüfung abgesehen. Hier fehlt es bereits an einer Bewährungsfeststellung eines neuen Landes.

Schließlich hat das BerGer. im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die Kl. ihren Anerkennungsanspruch nicht auf § 19 IV NWLABG stützen kann. Danach kann der Kultusminister, hier an seiner Stelle die bekl. Bezirksregierung, eine außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen erworbene Lehrbefähigung als Befähigung zu einem entsprechenden Lehramt im Sinne dieses Gesetzes anerkennen. Zu Recht hat das BerGer. aus der Entstehungsgeschichte der Norm (vgl. Gesetzesbegr. in LT-Dr 7/3492, S. 19 zur Vorgängervorschrift des § 16) hergeleitet, daß dafür die außerhalb Nordrhein-Westfalens erworbene Lehrbefähigung den nach dem Lehrerausbildungsgesetz zu stellenden Anforderungen inhaltlich und nicht nur formal im wesentlichen entsprechen muß. Dies steht im Einklang mit der bundesrechtlichen Rahmenregelung in § 122 BRRG, die ebenso wie § 19 IV NWLABG einen strengeren Anerkennungsmaßstab enthält als Art. 37 I 2 und II EinigungsV in bezug auf in der ehemaligen DDR erworbene Laufbahnbefähigungen. Daß dieser Anerkennungsmaßstab hier nicht erfüllt ist, ergibt sich bereits aus dem Fehlen einer Gleichwertigkeit i.S. von Art. 37 I 2 EinigungsV.

Rechtsgebiete

Verwaltungsrecht

Normen

GG a.F. Art. 23; EinigungsV Art. 20, 37, Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nrn. 2, 3; NWLABG § 19 IV; Richtlinie des Rates 89/48/EWG Art. 2