Wandelung eines Einbauküchenkaufs

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

02. 06. 1995


Aktenzeichen

22 U 215/94


Leitsatz des Gerichts

Eine nach Verkaufsberatung in der Wohnung des Kunden für eine Stellwand von 3,08 m gelieferte Küchenzeile von 2,70 m ist mangelhaft, wenn der Unternehmer den Kunden nicht ausreichend über die sich geradezu aufdrängende bestmögliche Nutzung des zur Verfügung stehenden Aufstellplatzes aufgrund des üblichen Rastermaßes für Einbauküchen von 0,60 x 5 = 3 m berät und entsprechend plant.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Der Kl., der bei der Bekl. eine Einbauküche gekauft hat und diese auch von der Bekl. montieren ließ, hat deren Rücknahme verlangt, weil von der möglichen Wandfläche von 3,08 m nur 2,7 m ausgenutzt worden seien.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Kl. kann von der Bekl. im Wege der Wandelung die Rückzahlung des Kaufpreises von 12747 DM verlangen, den er auf die gemäß seiner Bestellung vom 1. 2. 1993 gelieferte Kücheneinrichtung gezahlt hat (§§ 633 , 634 , 465ff . BGB). Die von der Bekl. gelieferte und eingebaute Kücheneinrichtung ist mangelhaft, weil sie die zur Verfügung stehende Wandbreite nicht annähernd ausfüllt und die an beiden Seiten verbliebenen, zusammen ca. 38 cm breiten Lücken, durch Blenden abgedeckt sind. Der Kl. muß sich jedoch dafür, daß er die Kücheneinrichtung seit ihrer Montage am 30. 6. 1993 über einen Zeitraum von 620 Tagen genutzt hat, eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 1445 DM auf den Rückzahlungsanspruch anrechnen lassen.

Daß der Kl. bei der Bekl. eine individuell auf die Breite der Stellwand ausgerichtete Maßeinbauküche bestellt hat, kann allerdings nicht festgestellt werden.

Die schriftliche Bestellung vom 1. 2. 1993 gibt keinen Aufschluß darüber, auf welcher Breite die bestellten Küchenmöbel die Stellwand ausfüllen sollten. In ihr sind zwar u.a. die Preisklasse der Möbel und die Beschaffenheit der Front, der Stollen, der Sichtflächen, der Arbeitsplatte usw. beschrieben. Sie enthält jedoch keine Angaben über die Abmessungen der Stellwand und/oder der Einbau-Möbel. Daß der Bestellung des Kl. Anlageblätter mit den Angaben des Kl. oder Absprachen bezüglich der Abmessungen der Einbauküche beigefügt waren und demgemäß Vertragsbestandteil geworden sind (vgl. dazu den einleitenden Satz im Kopf des Bestellformulars der Bekl.), trägt die Bekl. nicht vor.

Was die Parteien, die Bekl. vertreten durch ihren Außendienstmitarbeiter H, bei der Auftragserteilung mündlich abgesprochen haben, ist streitig.

Während der Kl. behauptet, H habe ausdrücklich erklärt, die Küche werde zugeschnitten auf ein Maß von 3 m individuell angefertigt, behauptet die Bekl., ihr Vertreter H habe in die (von ihm) am 3. 2. 1993 gefertigte Skizze alle Angaben des Kl. aufgenommen. Keine der Darstellungen ist erwiesen. (Wird ausgeführt.)

Die Frage, ob bei der Auftragserteilung vereinbart worden ist, die Küche solle nach Maß gefertigt werden (worunter der Kl. offenbar eine Gesamtbreite der Küchenzeile von 3 m mit beidseitigen Blenden von je 4 cm versteht), oder ob der Kl. diese Angabe (die, wie den Ausführungen der Bekl. zu entnehmen ist, maßgeblich sein sollten) gegenüber dem Vertreter der Bekl. gemacht hat, kann aber letztlich unentschieden bleiben. War vom Kl. ein Maß von 3 m gewünscht und/oder dies mit dem Vertreter der Bekl. bei Auftragserteilung abgesprochen, so ist die gelieferte Küche schon deshalb mangelhaft, weil sie nicht den Vereinbarungen entspricht. War ein Maß der Küchenzeile von 3 m dagegen nicht verbindlich festgelegt, so ist die gelieferte Küche gleichwohl mangelhaft, weil die Bekl. den Kl. bei der Auftragserteilung und den dieser vorausgegangenen Verhandlungen nicht ausreichend über die (sich nach Lage der Dinge geradezu aufdrängende) bestmögliche Nutzung des zur Verfügung stehenden Aufstellplatzes beraten und entsprechend geplant hat.

Die Bekl., die als Gründungsmitglied des Arbeitskreises „Gut beraten - zu Hause gekauft e.V." mit den Vorzügen einer Verkaufsberatung in der Wohnung des Bestellers wirbt, hätte den Kl. - sofern dieser nicht von vornherein schon entsprechende Vorstellungen äußerte - von sich aus darauf hinweisen müssen, daß die vorgesehene Aufstellwand bei einer unstreitigen Abmessung von 3,08 m durch den Einbau einer 3 m breiten Küchenzeile optimal genutzt würde, und einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten müssen. Daß die einzelnen Schränke und sonstigen Einbauteile, wie die Bekl. geltend macht, in Rastermaßen gefertigt werden, stand entgegen ihrer Darstellung in der Klageerwiderung einer solchen Planung und Beratung nicht entgegen. Das Rastermaß für Einbauküchen beträgt - wie dem Gericht aus anderen Verfahren, die Streitigkeiten über Einbauküchen zum Gegenstand hatten, bekannt ist (§ 291 ZPO) - üblicherweise 60 cm. Das gilt auch für Spülschränke und dergleichen, die allerdings, wie die Skizze der Bekl. zeigt, von dieser auch in einer Breite von 45 cm gefertigt werden. Hätte die Bekl. auch bei den Spülschränken (Spüle + Abtropffläche) das Rastermaß von 60 cm beibehalten, hätte sich zwanglos eine Gesamtbreite von 3 m (5 x 0,60 m) ergeben. Daß dies aus irgendwelchen Gründen (z.B. wegen der vorhandenen Anschlüsse für die Versorgung mit und Entsorgung von Wasser) nicht möglich gewesen ist, trägt der Kl. nicht vor. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn der Kl. eine 2,70 m breite Küchenzeile ausdrücklich bestellt hätte. Das kann aber - wie oben ausgeführt ist - nicht festgestellt werden.

Wegen dieses Mangels der Beratung und Planung, der sich in dem geschuldeten Erfolg, nämlich dem Einpassen einer aufgrund der örtlichen Gegebenheiten geeigneten Einbauküche in den vorgesehenen Raum, niedergeschlagen hat und deshalb dem werkvertraglichen Teil des Auftrages vom 1. 2. 1993 zuzurechnen ist, kann der Kl. gem. den §§ 633 , 634 BGB die Wandelung des Vertrages verlangen. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob auch die übrigen zum Teil unstreitigen Mängel den Kl. zur Wandelung des Vertrages berechtigen.

Das Wandelungsrecht des Kl. ist nicht durch die Vertragsbedingungen der Bekl. ausgeschlossen. Zweifel bestehen bereits, ob der hier in Rede stehende Fall der Verweigerung der Mängelbeseitigung überhaupt von der unter den Nrn. 2.3 und 2.6 der Vertragsbedingungen der Bekl. getroffene Regelung, durch die die Gewährleistung auf Nachbesserung beschränkt wird, erfaßt wird. Umfaßt sie auch den Fall der unberechtigten Verweigerung der Mängelbeseitigung, so ist der Kl. - die Wirksamkeit der Klausel zu Nr. 2.6 unterstellt - bereits nach Nr. 2.6 der Vertragsbedingungen der Bekl. zur Wandelung berechtigt, weil die Bekl., die sich wiederholt zur Beseitigung anderer, von ihr eingeräumter Mängel bereit erklärt hat, einen in der Nichtausnutzung der zur Verfügung stehenden Raumbreite liegenden (Planungs-)Mangel von vornherein ganz entschieden bestritten und insoweit die Mangelbeseitigung rundweg abgelehnt hat. Umfaßt die genannte Klausel den Fall der unberechtigten Verweigerung der Mängelbeseitigung nicht oder ist sie wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 10b AGBG nichtig, so gelten die gesetzlichen Regeln: Der Kl. ist gem. § 634 BGB zur Wandelung berechtigt und zwar im Hinblick auf die Erfüllungsverweigerung der Bekl. auch ohne vorherige Fristsetzung nach § 634 I BGB ...

Der Kl. muß sich jedoch auf seinen Rückzahlungsanspruch in Höhe von 12747 DM die Gebrauchsvorteile anrechnen lassen, die darin bestehen, daß er die Kücheneinrichtung in der Zeit vom 30. 6. 1993 bis zur Berufungsverhandlung benutzt hat. Ausgehend von einer voraussichtlichen Gesamtnutzungszeit der Kücheneinrichtung von etwa 15 Jahren schätzt der Senat den Wert der Gebrauchsvorteile der Berechnung der Bekl. in ihrem Schriftsatz vom 24. 4. 1995 folgend als den Anteil der für die Lieferung und Montage der Küche gezahlten Vergütung, der dem Verhältnis der tatsächlichen Nutzungsdauer zu der Gesamtnutzungszeit entspricht, nämlich 1445 DM (§ 287 ZPO). Der Rückzahlungsanspruch des Kl. ermäßigt sich demgemäß auf 11302 DM (12747 DM - 1445 DM).

Rechtsgebiete

Werkvertragsrecht

Normen

BGB §§ 633, 634, 465