Auslaufmodelle III

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Revisionsurteil


Datum

06. 10. 1999


Aktenzeichen

I ZR 92/97


Leitsatz des Gerichts

  1. Bei Elektrohaushaltsgroßgeräten (hier: Gefrierschränken, Gefriertruhen, Kühlschränken, Waschmaschinen, Wäschetrocknern, Wäscheschleudern, Geschirrspülern, Elektroherden und Bügelmaschinen) besteht grundsätzlich eine Hinweispflicht des Handels, wenn das fragliche Modell vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt oder von ihm selbst zum Auslaufmodell erklärt worden ist.

  2. Die Erklärung des Herstellers, daß es sich bei einem bestimmten Gerät um ein Auslaufmodell handelt, braucht nicht ausdrücklich zu erfolgen. Sie kann sich auch aus den Umständen ergeben - etwa daraus, daß das betreffende Gerät in dem aktuellen Katalog des Herstellers nicht mehr enthalten, sondern durch ein Nachfolgemodell ersetzt ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Wettbewerber im Einzelhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten (weißer Ware).

Die Bekl. warb am 1.6.1995 in der Tageszeitung "Fränkischer Tag" für eine Gefriertruhe Siemens GT 22 S 01.

Der Kl. hat diese Werbung beanstandet, weil das beworbene Gerät bereits zu diesem Zeitpunkt ein Auslaufmodell gewesen sei. Die Produktion des Gerätes sei eingestellt gewesen; in dem im Februar 1995 gedruckten und alsbald erschienenen Gesamtprospekt der Herstellerin sei es nicht mehr enthalten, sondern durch ein Nachfolgemodell GT 22 S 03 ersetzt worden; dieses Gerät sei nicht nur, wie das beworbene Modell, FCKW-frei, sondern darüber hinaus auch FKW-frei gewesen. Es habe damit unter Umweltschutzgesichtspunkten eine wesentliche Verbesserung dargestellt. Der Kl. hat die Bekl. auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Die Bekl. ist dem entgegengetreten. Sie hat sich darauf berufen, daß die Produktion des beworbenen Gerätes zum Zeitpunkt der Werbung noch nicht eingestellt gewesen sei. Das Gerät sei noch viele Monate nach Erscheinen der Anzeige von der Herstellerin ausgeliefert worden.

Das LG hat der Bekl. - einem Hilfsantrag des Kl. entsprechend - untersagt, elektrische Haushaltsgroßgeräte zu bewerben, soweit es sich hierbei um Auslaufmodelle handele und in der Werbung nicht auf die Eigenschaft der Geräte als Auslaufmodelle hingewiesen werde.

Das BerG hat die Berufung der Bekl. - weitgehend einem neu formulierten Antrag des Kl. entsprechend - mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß dieser untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Gefrierschränke, Gefriertruhen, Kühlschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Wäscheschleudern, Geschirrspüler, Elektroherde und Bügelmaschinen zu bewerben, die nicht mehr hergestellt werden, weil ihre Produktion entweder ganz eingestellt wird oder weil sie durch ein Nachfolgemodell mit wesentlichen Verbesserungen im technischen Bereich und / oder im Bereich des Umweltschutzes ersetzt werden (Auslaufmodelle), wenn in der Werbung nicht gleichzeitig auf diese Eigenschaft hingewiesen wird.

Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Bekl. die Abweisung der Klage weiter. Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I. Das BerG hat einen Wettbewerbsverstoß der Bekl. nach § 3 UWG bejaht. Es hat dazu ausgeführt:

Der von dem Kl. im Berufungsrechtszug gestellte Antrag enthalte keine Klageänderung, da der Begriff der elektrischen Haushaltsgroßgeräte lediglich konkretisiert und ferner umschrieben werde, was unter Auslaufmodellen zu verstehen sei, nämlich Geräte, die entweder nicht mehr hergestellt würden oder jedenfalls nur noch mit Veränderungen.

Die Werbung für Auslaufmodelle könne grundsätzlich unter § 3 UWG fallen, wenn auf diese Eigenschaft nicht hingewiesen werde. Bei elektrischen Haushaltsgroßgeräten erwarteten nicht zu vernachlässigende Teile der Verbraucher wegen des verhältnismäßig hohen Preises und der langen Lebensdauer dieser Geräte, daß ein redlicher Händler bereits in der Werbung darüber aufkläre, wenn er ein Auslaufmodell anbiete. Die Aufklärungspflicht bestehe für die beworbenen Haushaltsgroßgeräte zwar nicht in allen Auslaufphasen, jedenfalls aber unter den hier vorliegenden Umständen. Die angebotenen Geräte würden nicht mehr hergestellt, so daß sie im Handel in Kürze nicht mehr erhältlich seien. Dies gelte unabhängig davon, in welcher Anzahl sie bei Produkteinstellung entweder beim Erzeuger oder im Vertriebssystem noch vorhanden seien und ob und wie lange sie tatsächlich noch ausgeliefert würden. Denn der die Wertschätzung beeinträchtigende Umstand, daß die Geräte - aus welchen Gründen auch immer - nicht mehr hergestellt würden, sei bereits eingetreten. Entsprechendes gelte, wenn die Produktion nicht völlig eingestellt, sondern - unmittelbar oder in absehbarer Zukunft - mit Veränderungen fortgesetzt werde und diese Veränderungen zu einer Verbesserung im technischen Bereich oder in der Umweltverträglichkeit führten.

Danach habe für die Bekl. eine Aufklärungspflicht bestanden. Gegen diese habe sie verstoßen. Es sei bewiesen, daß die von der Bekl. beworbene Gefriertruhe im Zeitpunkt der Werbung so nicht mehr hergestellt worden sei. Das Gerät sei auch in dem bereits im Februar 1995 gedruckten Herstellerkatalog nicht mehr enthalten gewesen. Darauf, daß es noch bis November 1995 ausgeliefert worden sei, komme es nicht an. Der Umstand, daß die Herstellung zum Zeitpunkt der Werbung nicht völlig eingestellt worden, sondern bereits ein Nachfolgemodell in Produktion gegangen sei, ändere nichts daran, daß das beworbene Gerät schon damals ein Auslaufmodell gewesen sei. Denn die bessere Umweltverträglichkeit des Nachfolgemodells, die darauf beruhe, daß umweltschädliche Schaumstoffe nicht mehr verwendet würden (FKW-frei), sei für die Wertschätzung der Verbraucher von erheblicher Bedeutung.

Die erforderliche Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr sei auch für beide Antragsalternativen (völlige Produkteinstellung und Ersatz durch ein Nachfolgemodell) gegeben.

Es bestehe nicht nur die Gefahr, daß die Bekl. in Fällen, in denen ein Nachfolgemodell mit verbesserten Eigenschaften hergestellt werde, in der beanstandeten Weise werben werde, sondern dem Gesamtvorbringen der Bekl. sei darüber hinaus zu entnehmen, daß sie sich auch in Fällen völliger Produkteinstellung für berechtigt halte, ohne Hinweis auf die Eigenschaft "Auslaufmodell" zu werben.

II. Die Revision hat nur zum Teil Erfolg.

Die Bekl. hat dadurch gegen § 3 UWG verstoßen, daß sie für die Gefriertruhe Siemens GT 22 S 01 geworben hat, ohne darauf hinzuweisen, daß es sich um ein Auslaufmodell handelt. Dieser Verstoß rechtfertigt jedoch nicht das ohne Einschränkungen ausgesprochene Verbot.

1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings eine mangelnde Bestimmtheit des Antrags (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und des darauf beruhenden Urteilsausspruchs (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO), soweit darin der Bestandteil "mit wesentlichen Verbesserungen im technischen Bereich und / oder im Bereich des Umweltschutzes" enthalten ist.

Ein Verbotsantrag darf zwar nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß sich der Bekl. nicht erschöpfend verteidigen kann und in der Zwangsvollstreckung, wenn dem gestellten Antrag im Erkenntnisverfahren Rechnung getragen würde, die Entscheidung darüber, was dem Bekl. verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen wäre. Das bedeutet nicht, daß die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe im Antrag und in der Urteilsformel grundsätzlich und generell unzulässig wäre. Auch der Gebrauch solcher Begriffe kann hinnehmbar oder im Interesse einer sachgerechten Verurteilung zweckmäßig oder sogar geboten sein, wenn über den Sinngehalt der verwendeten Begriffe oder Bezeichnungen kein Zweifel besteht, so daß die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht (st. Rspr.; BGH GRUR 1998, 489, 491 = WRP 1998, 42 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III; GRUR 1999, 1017 f. - WRP 1999, 1035 - Kontrollnummernbeseitigung). So liegt der Fall hier.

Die beanstandete Formulierung ist zwar nicht eindeutig. Ihr Gebrauch berührt aber die Bestimmtheit des Klageantrags nicht. Sie wird nämlich nicht verwandt, um den Inhalt des Verbots selbständig festzulegen, sondern hat lediglich die nähere Umschreibung von Fällen zum Inhalt, in denen vom Vorliegen eines Auslaufmodells ausgegangen werden kann. Insofern ist sie nur Teil der Begründung, wobei über das Verständnis der Begriffe zwischen den Parteien nicht einmal Streit bestanden hat. Im übrigen hat der Senat bei der Neufassung der Urteilsformel ohnehin davon absehen können, die angegriffene Umschreibung in die Urteilsformel aufzunehmen, sondern sich - wie auch schon in anderen Fällen (vgl. BGH GRUR 1999, 757 und 760 = WRP 1999, 839 und 842 - Auslaufmodelle I und II) - mit der Angabe "Auslaufmodell" begnügt.

2. Das BerG hat die Sachbefugnis des Kl. aus seiner Eigenschaft als Mitbewerber (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG) abgeleitet. Diese Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Nach den getroffenen Feststellungen ist der Kl. daneben unmittelbar aus der verletzten Norm (hier: § 3 UWG) berechtigt, gegen die Bekl. vorzugehen, so daß es auf die Frage nicht ankommt, ob der behauptete Verstoß geeignet wäre, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen (BGH GRUR 1998, 1039 = WRP 1998, 973 - Fotovergrößerungen).

3. Ohne Rechtsverstoß hat das BerG die beanstandete Werbung deshalb als irreführend beurteilt, weil die Bekl. nicht darauf hingewiesen hat, daß es sich bei der von ihr beworbenen Gefriertruhe um ein Auslaufmodell handelt.

a) Das BerG hat zu Recht angenommen, daß das beworbene Gerät ein Auslaufmodell ist.

Der Senat ist in der Entscheidung "Auslaufmodelle I" (BGH GRUR 1999, 757) aufgrund der dort getroffenen Feststellungen davon ausgegangen, daß ein Auslaufmodell ein Gerät ist, das vom Hersteller nicht mehr produziert und nicht mehr im Sortiment geführt oder von ihm selbst als Auslaufmodell bezeichnet wird. Legt man - da der vorliegende Sachverhalt keinen Anlaß zu einem abweichenden Verständnis bietet - diese Umschreibung auch hier zugrunde, so unterfällt das Angebot der Bekl. zwar nicht der ersten Modalität, weil es nach den nicht angegriffenen Feststellungen des BerG beim Erscheinen der Werbung am 1.6.1995 noch im Sortiment der Herstellerin geführt wurde. Wenn es auch nicht mehr hergestellt wurde, so lieferte die Herstellerin es aber noch über Monate hinaus (bis November 1995) aus.

Die verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des BerG begründen aber die Annahme, daß die Herstellerin des von der Bekl. beworbenen Modells bei Erscheinen der Werbung am 1.6.1995 dieses zwar nicht ausdrücklich, aber doch erkennbar zum Auslaufmodell erklärt hat. Dies ergibt sich aus den vom BerG festgestellten Umständen und den von ihm in Bezug genommenen Unterlagen. Diese lassen vorliegend den Schluß zu, daß das in Rede stehende Modell aus der Sicht der Herstellerin ein Auslaufmodell war. Denn Geräte der am 1.6.1995 von der Bekl. beworbenen Art wurden bereits seit Anfang März 1995 nicht mehr hergestellt. Demzufolge waren sie auch in dem im Februar 1995 gedruckten und alsbald ausgelieferten Katalog 1995 der Herstellerin nicht mehr enthalten, vielmehr war an der entsprechenden Stelle nunmehr das Modell GT 22 S 03 aufgeführt. Das BerG hat auch zu Recht dem Umstand, daß Gefriertruhen der beworbenen Art noch bis November 1995 ausgeliefert wurden, in diesem Zusammenhang keine Bedeutung beigemessen. Denn die bloße Auslieferung schon produzierter und noch vorhandener Geräte zu einer Zeit, in der bereits ein anderes Modell an dessen Stelle produziert und auch in der Werbung angeboten wird, besagt - anders als die Revision meint - eindeutig, daß die Herstellerin ihr Marketing auf das neue Modell eingestellt hat und das bisherige Produkt lediglich "auslaufen" läßt.

b) Das BerG hat ohne Rechtsverstoß angenommen, daß die Bekl. verpflichtet war, in ihrer Werbung für die Gefriertruhe auf die bestehende Auslaufeigenschaft des Gerätes hinzuweisen.

Es ist dabei in rechtlicher Hinsicht zutreffend davon ausgegangen, daß das Verschweigen einer Tatsache - wie derjenigen, daß es sich um ein Auslaufmodell handelt - nur dann als eine irreführende Angabe im Sinne von § 3 UWG angesehen werden kann, wenn den Werbenden eine Aufklärungspflicht trifft. Eine solche Pflicht besteht, sofern sie nicht schon aus Gesetz, Vertrag oder vorangegangenem Tun begründet ist, im Wettbewerb nicht schlechthin. Denn der Verkehr erwartet nicht ohne weiteres die Offenlegung aller - auch der weniger vorteilhaften - Eigenschaften einer Ware oder Leistung. Die Pflicht zur Aufklärung besteht jedoch in den Fällen, in denen das Publikum bei Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluß zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht würde. Dabei deutet es im allgemeinen auf eine entsprechende Verkehrserwartung hin, wenn derartige Hinweise auf eine bestimmte negative Eigenschaft im Wettbewerb üblich sind. Allerdings müssen auch die Interessen des Werbenden beachtet werden: Seine wettbewerbsrechtliche Aufklärungspflicht bezieht sich nicht auf jede Einzelheit der geschäftlichen Verhältnisse. Vielmehr besteht aus dem Gesichtspunkt des § 3 UWG eine Verpflichtung, negative Eigenschaften des eigenen Angebots in der Werbung offenzulegen, nur insoweit, als dies zum Schutz des Verbrauchers auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen des Werbenden unerläßlich ist (BGH GRUR 1999, 757 - Auslaufmodelle I; GRUR 1999, 760 - Auslaufmodelle II, jeweils mit weiteren Nachw.).

Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Feststellung des BerG, der Verkehr erwarte zumindest bei Geräten der hier beworbenen Art grundsätzlich, daß es sich um Modelle aus der laufenden Produktion und nicht um nicht mehr hergestellte Geräte handelt. Dabei hat das BerG zutreffend berücksichtigt, daß die Frage, ob bei dem Angebot einer bestimmten Ware auf die Eigenschaft als Auslaufmodell hingewiesen werden muß, nicht generell, sondern allenfalls nach Warengruppen beantwortet werden kann. Für Waren der Art wie das beworbene Gerät hat das BerG in Übereinstimmung mit der allgemeinen Lebenserfahrung darauf abgestellt, daß der Verkehr bei derartigen Geräten, die einen verhältnismäßig hohen Preis und eine längere Lebensdauer haben, Wert darauf legt, daß sie nicht schon nach kurzer Zeit "veraltet" sind. Es handelt sich mithin für den jeweiligen privaten Endabnehmer um eine Kaufentscheidung, die der Deckung eines nicht alltäglichen, sondern auf Dauer angelegten Bedarfs dient und die er in der Regel nicht spontan, sondern nach einiger Überlegung trifft, nachdem er sich über das zu erwerbende Produkt informiert hat. Die nicht zu beanstandende Erwägung des BerG, daß der Verkehr wegen der Langlebigkeit der Geräte Wert auf Möglichkeiten der Ersatzteilbeschaffung legt und von daher daran interessiert ist, zu erfahren, ob es sich um ein Auslaufmodell handelt, steht auch der Überlegung der Revision entgegen, die Verbraucher erwarteten wegen der Auslieferung der noch vorhandenen und nicht mehr produzierten Geräte durch die Herstellerin keinen Hinweis auf Auslaufmodelle. Das BerG hat in diesem Zusammenhang auch zu Recht die bessere Umweltverträglichkeit des neuen Modells hervorgehoben und angeführt, daß dieser Gesichtspunkt in den letzten Jahren zunehmend ins Bewußtsein der Verbraucher gerückt und für ihre Kaufentscheidung von wesentlicher Bedeutung ist.

c) Die Erwartung des Verkehrs, bei einem Angebot von Auslaufmodellen über diese Eigenschaft unterrichtet zu werden, ist auch hinsichtlich der im Antrag und dem ausgesprochenen Verbot weiter aufgeführten Geräte begründet. Auch bei diesen recht teuren Geräten ist, wie der Senat bereits im Urt. v. 3.12.1998 (I ZR 61 / 97, NJWE-WettbR 1999, 145) für einen Abluftwäschetrockner angenommen hat, die Erwartung der Verbraucher begründet, eine technische Fortentwicklung sei insbesondere hinsichtlich der Leistung, der wirtschaftlichen Arbeitsweise, der Geräuschentwicklung und der Umweltverträglichkeit möglich, so daß sie bei - regelmäßig nicht spontan stattfindenden - Einkäufen eine Aufklärung darüber erwarten, ob ein Auslaufmodell angeboten wird. Es bestehen unter diesen Umständen keine Bedenken dagegen, daß das BerG die Erwartungen, die der Verkehr an Gefriertruhen gestellt hat, auf Gefrierschränke, Kühlschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockner, Wäscheschleudern, Geschirrspüler, Elektroherde und Bügelmaschinen übertragen hat.

d) Ohne dies näher zu begründen, ist das BerG auch zu Recht davon ausgegangen, daß die Frage, ob es sich um ein Auslaufmodell handelt, für die Kaufentscheidung der Verbraucher von wesentlicher Bedeutung ist. Wie der Senat bereits in den vorgenannten Entscheidungen "Auslaufmodelle I" und "Auslaufmodelle II" - dort handelte es sich allerdings um Geräte der Unterhaltungselektronik - im einzelnen ausgeführt hat, sehen nach allgemeiner Lebenserfahrung viele Verbraucher einen preisbildenden Faktor in dem Umstand, daß es sich bei einem angebotenen Gerät um ein Auslaufmodell handelt. Bei einem solchen Gerät wird der Verkehr im allgemeinen einen günstigeren Preis erwarten als bei einem Gerät aus der laufenden Produktion, und zwar unabhängig davon, ob im Einzelfall mit dem neuen Modell ein technischer Fortschritt verbunden ist und ob gegebenenfalls ein Interesse an der technischen Verbesserung besteht oder nicht. Allein daraus, daß es sich um einen preisbildenden Faktor handelt, ergibt sich die für die Anwendung des § 3 UWG erforderliche wettbewerbliche Relevanz.

4. Gleichwohl kann das Verbot in dem zugesprochenen Umfang keinen Bestand haben. Es geht über den dem Kl. zustehenden Anspruch hinaus.

a) Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, für eine Verurteilung zur Unterlassung von Werbung für Geräte, deren Produktion ohne Nachfolgemodell völlig eingestellt worden sei, fehle es an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr, weil nach den Feststellungen des BerG bereits ein Nachfolgemodell angeboten worden sei. Darauf kommt es schon deshalb nicht an, weil die völlige Produkteinstellung ohne Nachfolgemodell nicht zum Begriff des Auslaufmodells gehört (vgl. oben unter II 3 a) und der vom Senat neu formulierte Verbotsausspruch dies auch nicht einbezieht.

b) Das vom BerG ausgesprochene Verbot kann nicht aufrechterhalten bleiben, soweit es auch Fälle erfaßt, in denen die Bekl. lediglich die vor der Modellumstellung eingekaufte Ware in einer Übergangszeit abverkauft, in der sich noch kein Nachfolgemodell im Handel befindet. Ein derart weitreichender Unterlassungsanspruch steht dem Kl. nicht zu. Das Verbot war deshalb dahin einzuschränken, daß der Bekl. untersagt ist, die im einzelnen genannten Elektrohaushaltsgroßgeräte zu bewerben, bei denen es sich um Auslaufmodelle handelt, wenn in der Werbung nicht gleichzeitig auf diese Eigenschaft hingewiesen wird, es sei denn, daß es um den Absatz von Geräten geht, die die Bekl. noch aus der laufenden Produktion erworben hat und die entweder vor Erscheinen eines Nachfolgemodells im Handel oder - wenn es kein Nachfolgemodell gibt - im regelmäßigen Geschäftsverkehr der Bekl. abgesetzt werden. Der Verkehr erwartet nämlich, wie der Senat im einzelnen ausgeführt hat (BGH GRUR 1999, 757, 759 - Auslaufmodelle I), vernünftigerweise nicht, daß mit dem Tag, an dem der Hersteller seine Produktion ändert oder einstellt, alle noch im Handel befindlichen Geräte der früheren Bauweise als Auslaufmodelle bezeichnet werden. Zudem stünden einer derart weitgehenden Hinweispflicht die berechtigten Interessen des Werbenden entgegen, die zu berücksichtigen sind, wenn aus § 3 UWG eine Aufklärungspflicht hergeleitet werden soll. Denn der Händler hat ein berechtigtes Interesse daran, die aus dem aktuellen Sortiment erworbene Ware im üblichen Warenumschlag absetzen zu können, ohne bereits auf den - die Absatzchancen schmälernden - Umstand hinweisen zu müssen, daß alsbald ein neues Modell im Handel sein wird. Ebensowenig wie der Händler im allgemeinen verpflichtet ist, auf bevorstehende Modelländerungen oder -einstellungen, von denen er bereits Kenntnis hat, hinzuweisen, kann ihm die Pflicht auferlegt werden, einen im Handel noch nicht vollzogenen Modellwechsel zu offenbaren.

Die vom BerG angenommene uneingeschränkte Hinweispflicht ginge danach zu weit, da sie auch Produkte erfaßt, die der Händler noch vor dem Modellwechsel als aktuelle Geräte bestellt hat und die er noch vor Erscheinen des Nachfolgemodells im Handel anbietet oder, falls es ein Nachfolgemodell nicht gibt, im Rahmen des üblichen Warenumschlags absetzt. Es waren danach durch die Einschränkungen des ausgesprochenen Verbots die Fälle auszunehmen, in denen die Bekl. in der Publikumswerbung Geräte nicht als Auslaufmodelle bezeichnen muß, obwohl sie nicht mehr hergestellt werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Bekl. als Händlerin die Geräte während einer noch laufenden Produktion erworben hat, sei es, daß sie diese bestellt oder schon ausgeliefert erhalten hat, und sie diese noch anbietet, bevor ein Nachfolgemodell im Handel ist. Ebenso besteht keine Hinweispflicht, wenn sie aus einer laufenden Produktion erworbene Geräte weiter in dem bei ihr für den regelmäßigen Geschäftsverkehr üblichen Warenumschlag noch absetzt, auch wenn die Produktion zwischenzeitlich eingestellt worden ist und kein Nachfolgemodell angeboten wird.

III. Danach war auf die Revision der Bekl. das Urteil des BerG aufzuheben, soweit es die vorbezeichnete Einschränkung nicht enthielt, und auf die Berufung der Bekl. das Urteil des LG entsprechend abzuändern. Hinsichtlich des weitergehenden Antrags waren die Klage abzuweisen und die Rechtsmittel der Bekl. zurückzuweisen.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht

Normen

UWG § 3