Hinfälligkeit des Kfz-Kaufvertrags bei mißlungener Finanzierung

Gericht

OLG Braunschweig


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

12. 08. 1997


Aktenzeichen

4 U 13/97


Leitsatz des Gerichts

Ist in einem Kaufvertrag über ein Kfz eine "Bezahlung bar bei Erstzulassung bzw. Finanzierung (s. beigefügtes Angebot)" vereinbart, so steht dem Verkäufer kein Schadensersatzanspruch zu, wenn ihm schon vorher klar war, dass der Käufer in Folge des Nichtzustandekommens der Finanzierung den Preis nicht bar bezahlen konnte.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. schloß mit dem Bekl. am 28. 10. 1995 einen Kaufvertrag über einen neuen Lkw des Typs IVECO EuroStar LD 440 E 38 T-P zum Preis von 150 000 DM zzgl. 15% Mehrwertsteuer und unterbreitete ihm gleichzeitig ein Finanzierungsangebot. Sie ließ vereinbarungsgemäß den Lkw auf sich zu, übergab ihn an den Bekl. und forderte die sofortige Zahlung des Kaufpreises. Der Bekl. gab das Fahrzeug Anfang November 1995 an die Kl. zurück, weil er nicht zahlungsfähig war. Die Kl. verlangte daraufhin von ihm unter Hinweis auf ihre AGB eine Erklärung über die Zahlungsabsichten und kündigte Schadensersatzforderungen für den Fall der Nichtabnahme an, die sie nach seiner Zahlungsablehnung unter Bezugnahme auf ihre AGB in Höhe von 15% des Kaufpreises geltend gemacht hat.

Das LG hat den Bekl. antragsgemäß verurteilt. Seine Berufung hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Der Kl. steht der auf eine vertragliche Vereinbarung gestützte Schadensersatzanspruch nicht zu, weil der Kaufvertrag der Parteien unter einer auflösenden Bedingung stand, die eingetreten ist. Die Parteien haben in der „Bestellung“ vom 28. 10. 1995 vereinbart, daß der Kaufvertrag nur dann Bestand haben sollte, wenn die Finanzierung des Kaufpreises gelingt. Dies ergibt sich aus der Auslegung der vom Vertreter der Kl. gewählten Formulierung „Bezahlung bar bei Erstzulassung bzw. Finanzierung (s. beigefügtes Angebot)“. Diese Formulierung in Verbindung mit der Aussage des Zeugen D läßt nur den Schluß zu, daß das Zustandekommen einer Fremdfinanzierung durch ein Kreditinstitut die Voraussetzung sein sollte, unter der der Vertrag bestehen bleiben sollte. Da nicht geregelt worden ist, daß der Bekl. auch bei Mißlingen der Finanzierung den Kaufpreis zahlen sollte, ergibt die Erwähnung der Finanzierung im Zusammenhang mit der Zahlung nur dann einen Sinn, wenn sie besagen soll, daß der Vertrag bei mißlungener Finanzierung keinen Bestand haben sollte (vgl. KG, NJW 1971, 1139).

Da dem Vertreter der Kl. nach dessen Zeugenaussage vor dem LG klar war, daß der Bekl. den Kaufpreis finanzieren wollte und keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, daß der Bekl. u. U. den Kaufpreis aus eigenen Mitteln aufbringen wollte oder konnte, konnte auch aus Sicht der Kl. die Vereinbarung vernünftigerweise nicht so verstanden werden, daß der Bekl. im Falle des Scheiterns der Finanzierung zur Barzahlung verpflichtet sein sollte. Denn wer nur durch einen Kredit zahlen will oder kann, will auch nur dann zahlen, wenn die Kreditierung zustande kommt (vgl. OLG Celle, OLGZ 1969, 809; OLG München, WM 1989, 1335). Anders konnte auch die Kl. die vertraglichen Vereinbarungen über die Zahlungsmodalitäten nicht verstehen. Da dem Verkäufer nach den gesetzlichen Vorschriften ohnehin ein Anspruch auf Barzahlung des gesamten Kaufpreises zusteht, schließt die Erwähnung der beabsichtigten Finanzierung im Zusammenhang mit der Regelung der Zahlungsmodalitäten aus, Barzahlung aus eigenen Mitteln des Käufers als vereinbart anzusehen. Da aber noch ungewiß war, ob die Finanzierung des Restkaufpreises gelingen würde, ist der Kaufpreis unter der entsprechenden auflösenden Bedingung geschlossen worden (KG, NJW 1971, 1139). Da der Bekl. deutlich zum Ausdruck gebracht hat, daß er nur unter der Bedingung des Gelingens der Finanzierung kaufen will und die Kl. sich durch Aufnahme dieser Regelung in die „Bestellung“ darauf eingelassen hat, steht der Vertrag unter der für beide Seiten auflösenden Bedingung des Zustandekommens der vorgesehenen Finanzierung (vgl. OLG Celle, OLGZ 1969, 809).

Dieser Argumentation kann entgegen der Ansicht der Kl. auch nicht damit begegnet werden, daß auf diese Weise allein ihr das Risiko des Scheiterns der Finanzierung aufgebürdet würde. In der Regel hat der Verkäufer noch keine Aufwendungen gehabt, bevor die Finanzierung gesichert ist (OLG Celle, OLGZ 1969, 311). Es ist nicht ersichtlich, was die Kl. bei der hier gegebenen ungewissen Finanzierungssituation veranlaßt hat, sich auf eine sofortige Auslieferung des Fahrzeugs einzulassen. Wenn sie dies getan hat, so hat die Kl. damit das Risiko des Scheiterns der Finanzierung aufgrund ihres eigenen Verhaltens übernommen. Hätte sie nur die wenigen Tage bis zur Nachricht der Bank über das Scheitern der Finanzierung abgewartet, hätte das „Risiko“, das sich erst aus der sofortigen Auslieferung des Fahrzeugs ergeben hat, gar nicht entstehen können.

Der vorliegende Kaufvertrag ist danach infolge des Eintritts der auflösenden Bedingung durch Ablehnung der Finanzierung rückwirkend aufgehoben, so daß vertragliche Ansprüche nicht bestehen. Da auch nicht ersichtlich ist, daß die Finanzierung aufgrund Verschuldens des Bekl. gescheitert ist, läßt sich ein Schadensersatzanspruch auch nicht aus der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten herleiten.

Rechtsgebiete

Kaufrecht; Schadensersatzrecht

Normen

BGB §§ 433 II, 158 I