Inventarwertbestimmung bei Ablösevereinbarung

Gericht

OLG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

07. 03. 1997


Aktenzeichen

14 U 117/96


Leitsatz des Gerichts

Übersteigt der vereinbarte Preis für die Ablöse von Inventarstücken in einer Mietwohnung den eigentlichen Gebrauchswert um 50%, so liegt ein auffälliges Mißverhältnis und damit eine unwirksame Vereinbarung vor.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Bekl. haben am 25. 9. 1995 anläßlich der Anmietung ihrer Wohnung mit den Kl., ihren Vormietern, eine Vereinbarung geschlossen, gemäß der sie für die Übernahme eines Kamins und anderer Gegenstände an diese 15000 DM zahlen. Der Kamin ist 1986/87 gebaut worden und die Kosten haben der Vermieter als Grundstückseigentümer und der seinerzeitige Mieter, Dr. Q, getragen. Die Kl. haben ihrerseits bei der Anmietung der Wohnung Dr. Q gemäß einer Vereinbarung vom 19. 1. 1991 den Kamin „hälftig„ ersetzt.

Das LG hat der Klage auf 15000 DM stattgegeben. Die Berufung der Bekl. führte zu einer Herabsetzung der Urteilssumme auf 11225 DM.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Aufgrund der Vereinbarung vom 25. 9. 1995 sind die Bekl. gem. § 421 BGB als Gesamtschuldner verpflichtet, an die Kl. 11225 DM zu zahlen.

Hinsichtlich des Kamins, der in der Mietzeit des Vormieters Dr. Q in den Jahren 1986 und 1987 mit einem Aufwand von 4800 DM angelegt worden ist und an dessen Kosten sich der Vermieter und Eigentümer Dr. N zur Hälfte beteiligt hat, ist die Vereinbarung der Parteien gem. den §§ 133 und 157 BGB entgegen dem Wortlaut nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte nicht als Kauf, sondern dahingehend auszulegen, daß die Bekl. für den Umstand, eine Wohnung mit Kamin gemietet zu haben, den Kl. den Aufwand ersetzen müssen, den diese dafür hatten, daß sie dieselbe Möglichkeit hatten. Da sich der Vermieter maßgeblich an den Erstellungskosten beteiligt hat, ist nämlich davon auszugehen, daß der Vermieter gem. § 93 BGB, zumindest aber gem. § 94 II BGB auch Eigentümer des Kamins als eines wesentlichen Bestandteils des Hauses geworden ist. Die Kl. konnten daher den Kamin nicht veräußern und die Bekl. ihn auch nicht erwerben. Danach lag auch keine Einrichtung i.S. des § 547a I BGB vor, die die Kl. hätten wegnehmen können; sie konnten dieses Wegnahmerecht also auch nicht an die Bekl. übertragen.

Wie dem Urteil des LG Düsseldorf vom 17. 12. 1992 zu entnehmen ist, haben die Kl. ihren Vormietern die Hälfte des Aufwands - „offener Kamin (hälftig)„ - ersetzen müssen. Dasselbe gilt für die Bekl. Da weder in der Vereinbarung der Kl. mit ihren Vormietern vom 19. 1. 1991 noch in der der Parteien Einzelbeträge aufgeführt worden sind, bleibt als Berechnungsgrundlage nur der höchste feststellbare Wert des Kamins, den der Sachverständige H in seinem Gutachten vom 15. 12. 1995 mit 2200 DM angegeben hat. Die Hälfte dieses Werts, also 1100 DM müssen die Bekl. den Kl. ersetzen.

Wegen der anderen Sachen, die die Bekl. gekauft und erworben haben, und zwar danach zu einem Preise von 13900 DM (15000 abzgl. 1100 DM für den Kamin), ist die Vereinbarung der Parteien gem. § 4a II WoVermittG hinsichtlich der Höhe des vereinbarten Entgelts teilweise unwirksam, soweit der Preis nämlich in einem auffälligen Mißverhältnis zum Wert der übernommenen Einrichtung steht.

Wegen der Interessenlage des ausziehenden Mieters, der die auf die bisherige Wohnung abgestimmte Einrichtung in der Regel in seiner neuen Wohnung nicht weiterverwenden und sie nach der Trennung aus der Wohnung wegen des damit verbundenen Wertverlusts anderweitig kaum verwerten kann, und wegen der Interessenlage des einziehenden Mieters, der die Einrichtung gerade in gleicher Weise weiterbenutzen und insoweit daher Aufwendungen für eine neue Einrichtung zumindest vorübergehend vermeiden kann, ist von dem Wert auszugehen, den die Einrichtung gerade in der Wohnung hat, auf die sie abgestimmt ist. Das kann man als Gebrauchswert bezeichnen; maßgebend ist jedenfalls nicht der niedrigere Verkehrswert, der durch einen Verkauf nach der Trennung der Einrichtung zu erzielen wäre. Diesen Bewertungskriterien entspricht das Gutachten des Sachverständigen H vom 20. 11. 1995. Dieser Sachverständige leitet die Bewertung mit den Worten ein, folgende Gebrauchswerte seien unter Berücksichtigung der Tatsache vorhanden, daß die Einrichtungsgegenstände an Ort und Stelle verbleiben. Daß der Sachverständige H dies ebenso berücksichtigt habe, ist seinem Gutachten nicht ausdrücklich zu entnehmen; dagegen spricht eher, daß er sich abschließend auf anerkannte Bewertungsrichtlinien beruft, was mehr auf den allgemeinen Verkehrswert hinweist. Damit könnte sich auch die niedrigere Bewertung erklären. Da die Bekl. das auffällige Mißverhältnis zu beweisen haben, ist jedenfalls nicht feststellbar, daß die Einrichtung einen Gebrauchswert von weniger als 6750 DM (Summe der Werte des Sachverständigen H von 7850 DM abzüglich des bereits berücksichtigten Wertes von 1100 DM für den Kamin) hat.

Wegen des höheren Gebrauchwertes, von dem somit auszugehen ist, liegt ein auffälliges Mißverhältnis jedoch nicht erst dann vor, wenn der Preis um etwa 100% überhöht ist, wie dies im Rahmen der Beurteilung des Verkehrswerts nach § 138 II BGB im Bereich niedrigerer Preise - wie vorliegend - gewöhnlich angenommen wird (vgl. die Bsp. bei Palandt/Heinrichs, BGB, § 138 Rdnr. 68). Vielmehr liegt ein auffälliges Mißverhältnis i.S. von § 4a II WoVermittG nach Ansicht auch des Senats (vgl. auch Sternel, MietR aktuell, 3. Aufl. [1996], S. 48; Blank, WuM 1993, 514) bereits vor, soweit das vereinbarte Entgelt den so berechneten Gebrauchswert um 50% überschreitet.

Das als vereinbart anzusetzende Entgelt von 13900 DM (15000 DM - 1100 DM) wird also gem. § 4a II 2 WoVermittG nicht geschuldet, soweit es den Gebrauchswert von 6750 DM (7850 DM -1100 DM) um mehr als 50% überschreitet, also den Betrag von 10125 DM. Die Bekl. schulden den Kl. also 11225 DM (10125 DM zuzügl. 1100 DM für den Kamin). In Höhe von 3775 DM ist die Klage somit unbegründet.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

WoVermittG § 4a II