Kündigung einer Ferienwohnung bei Lawinengefahr

Gericht

AG Herne-Wanne


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

08. 07. 1999


Aktenzeichen

2 C 175/99


Leitsatz des Gerichts

Ein Mietvertrag über eine Mietwohnung, die in einem Gebiet mit vorübergehenden extremen Witterungsverhältnissen - wie hier Lawinenwarnstufe fünf - liegt, kann aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. waren die Vermieter, der Bekl. der Mieter von zwei Ferienwohnungen im Kleinwalsertal. Der Bekl. hatte dort für den Zeitraum von 27. 2. bis zum 6. 3. 1999 Ferienwohnungen gemietet, den Mietvertrag jedoch mit Schreiben von 25. 2. 1999 aus wichtigem Grund gekündigt, da im Kleinwalsertal zu diesem Zeitpunkt höchste, nämlich Lawinenwarnstufe fünf herrschte. Diese Auskunft hatte u.a. das zuständige Tourismusbüro erteilt. Der Bekl. hatte in Erfahrung gebracht, daß mit weiteren Lawinen zu rechnen sei und daß die Zufahrtsstraße zu seinem Urlaubsort jederzeit gesperrt werden könnte.

Die Kl. hielten die fristlose Kündigung der Ferienwohnung für unwirksam und verlangten im vorliegenden Verfahren die Zahlung des Mietzinses, dies aber ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Kl. haben gegen den Bekl. keinen Anspruch auf Entrichtung des Mietzinses für die in der Zeit vom 27. 2. bis 6. 3. 1999 angemieteten Ferienwohnungen. Der Bekl. hat das Mietverhältnis wirksam aus wichtigem Grund gekündigt. Die Kl. haben damit den Anspruch auf den vereinbarten Mietzins verloren. Ein wichtiger Grund für die Kündigung lag aufgrund der extremen Witterungsbedingungen vor. Unstreitig war es zur Ausrufung der Lawinenwarnstufe 5 gekommen. Selbst in dem von den Kl. in Bezug genommenen Schreiben des Tourismusbüros Kleinwalsertal vom 25. 2. 1999 ist die Rede von extremen Witterungsverhältnissen. Die Situation im Kleinwalsertal war also in diesem Winter und gerade in dem Zeitraum vor der geplanten Anreise des Bekl. und seiner Begleiter als außergewöhnlich zu bezeichnen. Die Angst der Reisegruppe des Bekl. vor einer Gesundheitsgefährdung durch Lawinen war daher mehr als verständlich.

Wenn auch die Normen des Reisevertragsrechts im vorliegenden Fall keine unmittelbare Anwendung finden, so hält das Gericht doch eine Einbeziehung des Rechtsgedankens des § 651j I BGB in die Abwägung, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung des Mietverhältnisses über die Ferienwohnung im konkreten Fall vorgelegen hat, für sachgerecht. Gem. § 651j I BGB kann ein Reisevertrag gekündigt werden, wenn die Reise infolge bei Vertragsschluß nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird. Eine erhebliche Erschwerung, Gefährdung oder Beeinträchtigung der Reise ist gegeben, wenn der vertraglich vorgesehene Nutzen der Reise als Ganzes in Frage gestellt ist. Dabei ist Unmöglichkeit nicht erforderlich.

Die im vorliegenden Fall gegebene Gefahr für Leib und Leben der Reisegruppe des Bekl. stellte den vertraglich vorgesehenen Nutzen der Reise als Ganzes in Frage, auch wenn es tatsächlich im nachhinein dann im Kleinwalsertal zu keiner Lawinenkatastrophe gekommen ist, die Gefahr sich also nicht realisiert hat.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB § 651j I