Kollision der Schönheitsreparaturklausel "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" mit Fristenplan

Gericht

OLG Celle


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

30. 01. 1996


Aktenzeichen

2 UH 1/96


Leitsatz des Gerichts

Werden laut Mietvertrag Schönheitsreparaturen "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" gefordert, so wird dadurch der Umfang der Verpflichtung, nicht aber wie bei den Formulierungen "bei Bedarf" oder "wenn erforderlich" der zeitliche Rahmen festgelegt. Somit gelten die gesetzlichen Fristen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. begehren als Eigentümer eines Mehrfamilienwohnhauses von der Bekl. als Mieterin Schadensersatz, insbesondere wegen der nicht ordnungsgemäßen Durchführung von Schönheitsreparaturen. Die Bekl. mietete mit schriftlichem Vertrag vom 24. 4. 1989 die im 7. Obergeschoß Mitte links des Mehrfamilienhauses gelegene Wohnung an und unterzeichnete am 28. 4. 1989 ein Wohnungsübergabeprotokoll, in dem sie u.a. bestätigte, die Wohnung "wie besichtigt" übernommen zu haben. Die Mietvertragsparteien verwendeten das Formular "Hamburger Mietvertrag für Wohnraum". Die formularmäßige Bestimmung des § 15 (Instandhaltung der Mieträume) lautet auszugsweise wie folgt:

(3) Der Mieter verpflichtet sich, während der Mietzeit die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung durchzuführen. Zu den Schönheitsreparaturen gehören: Das Tapezieren, Anstreichen der Wände und der Decken, das Pflegen der Fußböden, das Streichen der Innentüren, der Fenster und Außentüren von innen sowie das Streichen der Heizkörper und Versorgungsleitungen innerhalb der Wohnung.

Üblicherweise werden Schönheitsreparaturen in den Mieträumen in folgenden Zeitabständen erforderlich sein:

In Küchen, Bädern und Duschen: alle 3 Jahre,

in Wohn- und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten: alle 5 Jahre,

in anderen Nebenräumen: alle 7 Jahre.

(4) Bei Auszug sind die Mieträume in vertragsgemäßem Zustand zurückzugeben; vertragsgemäß ist der Zustand, der bestehen würde, wenn der Mieter die ihm nach Abs. 3 obliegenden Schönheitsreparaturen durchgeführt hätte ... Die Arbeiten sind handwerksgerecht auszuführen. Bei nicht vertragsgemäßem Zustand der Räume kann der Vermieter die Durchführung der Schönheitsreparaturen zum Ende des Mietverhältnisses fordern...

(7) Kommt der Mieter den von ihm vorstehend übernommenen Verpflichtungen trotz schriftlicher Mahnung und Fristsetzung nicht unverzüglich nach, kann der Vermieter, ohne daß es einer Ablehnungsandrohung bedarf, die erforderlichen Arbeiten auf Kosten des Mieters durchführen lassen oder Schadensersatz in Geld verlangen...

Bestandteil des Mietvertrags vom 24. 4. 1989 war die Anl. I, die unter Nr. 10 u.a. folgende Regelung enthält:

Fristenplan: Während der Mietzeit hat der Mieter Schönheitsreparaturen (§ 14 Nr. 3 MietV) jeweils spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen: • spätestens alle 2 Jahre: Wohnküche

  • spätestens alle 3 Jahre: Koch-/Eßküchen, Kochnischen, Bäder un Duschanlagen,

  • spätestens alle 5 Jahre: Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen un Toiletten,

  • spätestens alle 7 Jahre: Nebenräume

Abweichend vom Vorstehenden sind die Innenanstriche der Fenster sowie die Anstriche der Türen, Heizkörper, Versorgungsleitungen und Einbaumöbel in Wohn-/Koch-/Eßküchen, Bädern und Räumen mit Duschanlagen spätestens alle 4 Jahre durchzuführen.

Bei Aufgabe der Wohnung hat der Mieter nachzuweisen, wann zuletzt die beanstandeten Räume bzw. Einrichtungen renoviert wurden...

Das Mietverhältnis wurde aufgrund einer Kündigung der Bekl. zum 31. 12. 1994 beendet. Am 30. 12. 1994 und 16. 1. 1995 fanden Wohnungsbesichtigungen statt. Die Bekl. hatte in Eigenarbeit Schönheitsreparaturen durchgeführt, mit denen die Kl. nicht einverstanden waren. Mit Schreiben vom 24. 1. 1995 wurde beanstandet, daß die von der Bekl. durchgeführten Arbeiten nicht fachgerecht ausgeführt worden seien. Zugleich enthält das Schreiben die Aufforderung an die Bekl., eine ordnungsgemäße komplette Renovierung der Wohnung bis zum 31. 1. 1995 vorzunehmen. Nach fruchtlosem Fristablauf beauftragten die Kl. einen Malermeister mit der Vornahme der Schönheitsreparaturen, der am 15. 3. 1995 für Arbeiten am Balkon, den Lackanstrich der Türen, Heizkörper und Fensterinnenseiten sowie für das Tapezieren und Streichen der Wände und Decken 4280,29 DM in Rechnung stellte. Die Kl. verlangten von der Bekl. den Ersatz des vorbezeichneten Rechnungsbetrags, einen Mietausfallschaden für Januar 1995 in Höhe der Miete für Garage und Wohnung in Höhe von 597,90 DM und 300 DM Schadensersatz wegen eines verschmutzten Herdes.

Nachdem das AG die Bekl. nach Durchführung einer Beweisaufnahme über den Anfangs- und Endzustand der Wohnung unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 4151,14 DM (3553,29 DM Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und 597,90 DM Mietausfallschaden) nebst Zinsen verurteilt hat, hat das LG auf die Berufung der Bekl. die Sache dem Senat zur Beantwortung der folgenden Rechtsfrage vorgelegt:

Ist die vorformulierte Mietvertragsbestimmung, nach der der Mieter sich verpflichtet, die Schönheitsreparaturen je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung durchzuführen, wobei die Schönheitsreparaturen üblicherweise als erforderlich anzusehen sind, wenn die in einem Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind, wirksam, wenn die gemietete Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses unrenoviert und der Vermieter zu einer Renovierung auch nicht verpflichtet war?

Der Senat hat den Erlaß eines Rechtsentscheids abgelehnt.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Das LG hält die in der Vorlagefrage zitierte Formularklausel für wirksam, sieht sich aber an einer entsprechenden Entscheidung durch den Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989 (NJW-RR 1989, 520) gehindert.

Die Entscheidung des Rechtsstreits hänge von der Beantwortung der Vorlagefrage ab. Der Anspruch auf Ersatz der Schönheitsreparaturen richte sich nach § 326 BGB i.V. mit § 15 Nrn. 3 u. 4 MietV. Die Bekl. habe sich bei Beendigung des Mietvertrags ohne eine Mahnung mit der Erfüllung der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in Verzug befunden. Da die Bekl. durch ihr Verhalten deutlich gemacht habe, daß sie jede weitere Nachbesserung ablehne, komme es nicht darauf an, ob das Schreiben der Kl. vom 24. 1. 1995 eine ausreichende Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung enthalte. Im Hinblick auf die Schadenshöhe sei eine Beweisaufnahme dazu erforderlich, ob auch die Erneuerung der Tapeten erforderlich gewesen sei. Die Notwendigkeit dieser Beweisaufnahme hänge jedoch davon ab, ob die Überwälzung der Schönheitsreparaturen gem. § 15 MietV als wirksam anzusehen sei. Auf der Grundlage des o.a. Rechtsentscheids des OLG Stuttgart sei die formularmäßige Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter nach Maßgabe des Fristenplans unwirksam, wenn die Klausel eine Bedarfsregelung enthalte, die gemietete Wohnung bei Beginn des Mietverhältnisses jedoch unrenoviert und der Vermieter zur Renovierung nicht verpflichtet gewesen sei. § 15 Nr. 3 MietV stelle eine derartige Bedarfsregelung auch ohne die ausdrückliche Formulierung dar, daß die Schönheitsreparaturen nach "Bedarf" durchzuführen seien. Es sei nämlich bestimmt, daß die Pflicht zu Schönheitsreparaturen "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" bestehe. Damit können Schönheitsreparaturen noch vor Ablauf der festgelegten Fristen bei einem entsprechenden Bedarf durchzuführen sein. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme habe zur Überzeugung der Kammer auch ergeben, daß die Wohnung beim Einzug der Bekl. unrenoviert gewesen sei. Das OLG Stuttgart vertrete die Auffassung, daß die Wirksamkeit von Überwälzungsklauseln davon abhängig sei, daß die Renovierungspflicht des Mieters erst nach Ablauf der üblichen Renovierungsfristen während der Mietzeit einsetze. Sogenannte Bedarfsklauseln seien unwirksam, weil die Formulierung "Bedarf" nur so aufgefaßt werden könne, daß bereits bei der Übergabe der renovierten, aber renovierungsbedürftigen Wohnung eine Anfangsrenovierung vom Mieter geschuldet wäre. Darin läge jedoch eine unangemessene Benachteiligung des Mieters i.S. von § 9 AGBG, weil von dem Mieter eine zusätzliche Gegenleistung verlangt werde, der eine Leistung des Vermieters nicht gegenüberstehe. Demgemäß sei das LG der Ansicht, daß sog. Bedarfsklauseln auch bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung im Einklang ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung stünden. In Übereinstimmung mit den Beschlüssen des OLG Frankfurt a.M. vom 30. 6. 1992 (WuM 1992, 419) und des OLG Hamburg vom 13. 9. 1991 (NJW-RR 1992, 10 = WuM 1991, 523 (525)) lege die Kammer § 15 Nr. 3 MietV bzw. die Formulierung "je nach Grad der Abnutzung und Beschädigung" dahin aus, daß allein für den Fall einer übermäßigen Abnutzung der Wohnung durch den Mieter vorgesorgt werden solle, daß jedoch grundsätzlich der Fristenplan gelte, und zwar erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses. Bei der Auslegung des § 15 sei nämlich zu berücksichtigen, daß die Klausel auch einen Fristenplan und die Formulierung "während der Mietzeit" enthalte, so daß ein durchschnittlicher Empfänger nicht davon ausgehe, daß auch ein vorvertraglicher Abnutzungszeitraum mit einbezogen sei. Wenn ein Vermieter auch den durch den Vormieter verursachten Renovierungsbedarf auf den Mieter abwälzen wolle, bedürfe dies einer ausdrücklichen und unmißverständlichen Regelung ...

III. Ein Rechtsentscheid ergeht nicht, weil die Zulässigkeitsvoraussetzungen gem. § 541 ZPO nicht vorliegen.

I. Zwar ist Gegenstand des Vorlagebeschlusses eine Rechtsfrage, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergibt. Dem steht der Umstand nicht entgegen, daß es bei der Vorlagefrage um die Auslegung einer Formularklausel geht. Als Rechtsfrage i.S. von § 541 ZPO ist nämlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BGHZ 84, 345 = NJW 1982, 2186) auch die Auslegung typischer, häufig wiederkehrender Formularklauseln anzusehen, weil die auf die Rechtsvereinheitlichung gerichtete Zweckbestimmung des Rechtsentscheidsverfahrens es erfordert, für die Auslegung typischer Mietvertragsbestimmungen verbindliche Auslegungsregeln zu entwickeln.

2. Die vorgelegte Rechtsfrage ist auch im Ergebnis nach der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Streitstoffs durch das LG, die nachvollziehbar dargelegt und deshalb für den Senat bindend ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits erheblich. Ist die in der Vorlagefrage näher bezeichnete vorformulierte Mietvertragsbestimmung unwirksam, wäre die auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen gerichtete Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils ohne weiteres abzuweisen. Hält die Klausel dagegen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz stand, wäre eine Beweisaufnahme zur Schadenshöhe erforderlich. Die Bekl. ist mit der Erfüllung der Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen im Hinblick auf § 15 Nr. 7 MietV zwar nicht ohne Mahnung in Verzug geraten. Indessen erfüllt das Schreiben der Kl. vom 24. 1. 1995 die Anforderungen an eine Mahnung.

Die Erheblichkeit der Vorlagefrage für die Entscheidung des Rechtsstreits wird im Ergebnis auch nicht davon berührt, daß sie die vertraglichen Abreden der Parteien zur Fälligkeit der Schönheitsreparaturen nicht vollständig wiedergibt. Abweichend von der formularmäßigen Bestimmung in § 15 Nr. 3 S. 3 MietV, derzufolge Schönheitsreparaturen in den Mieträumen üblicherweise in bestimmten Zeitabständen erforderlich sind, haben die Parteien nämlich in Nr. 10 der Anl. I zum Mietvertrag nicht nur einen teilweise abweichenden Fristenplan festgelegt, sondern vereinbart, daß der Mieter während der Mietzeit Schönheitsreparaturen jeweils spätestens nach Ablauf näher bezeichneter Zeiträume auszuführen habe. Der Vorlagebeschluß enthält zwar weder Erwägungen zu dem Verhältnis der beiden vorgenannten Regelungen, noch Feststellungen dazu, ob es sich bei den Vertragsbestimmungen der Anl. I zum Mietvertrag um Individualabreden oder, wofür das Erscheinungsbild und der Umfang der Einzelregelungen sprechen, um AGB handelt. Es erscheint jedoch vertretbar, daß das LG sich mit diesen Fragen nicht auseinandergesetzt hat. Die Kammer hat nämlich in dem Vorlagebeschluß allein die vorformulierte Vertragsbestimmung in § 15 Nr. 3 S. 1 MietV ausgelegt, nach der der Mieter sich verpflichtet, während der Mietzeit die Schönheitsreparaturen innerhalb der Wohnung "je nach Grad der Abnutzung und der Beschädigung" durchzuführen. In diesem Zusammenhang hat das LG zwar die Vereinbarung eines Fristenplans für die Auslegung mit herangezogen, jedoch nicht auf die gegenüber der Regelung in Anl. I Nr. 10 für den Mieter günstigere Formulierung in § 15 Nr. 3 S. 3 MietV abgestellt.

3. Der Erlaß eines Rechtsentscheids ist gleichwohl unzulässig, weil das LG mit der von ihm beabsichtigten Entscheidung nicht von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989 (NJW-RR 1989, 520) abweicht. Die Auslegung, welche das LG im Anschluß an einen Rechtsentscheid des OLG Hamburg (NJW-RR 1991, 10 = WuM 1991, 523) der streitbefangenen Klausel gibt, steht nicht im Widerspruch zu den Gründen des Rechtsentscheids des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989. Eine Divergenz fehlt zwar nicht schon deshalb, weil die Vorlagefrage nicht wörtlich mit der Beschlußformel des OLG Stuttgart übereinstimmt (vgl. BGH, NJW 1996, 515). Auch ist eine Divergenz schon dann gegeben, wenn von den tragenden Gründen eines Rechtsentscheids abgewichen werden soll (BGHZ 129, 214 = NJW 1995, 1838 = WuM 1995, 428). Der Vorlagebeschluß des LG ist jedoch deshalb unzulässig, weil die geltend gemachte Divergenz nicht dieselbe Rechtsfrage i.S. von § 541 I 1 ZPO betrifft. Diese Voraussetzung ist nur dann gegeben, wenn die Rechtsfrage mit der bereits entschiedenen im wesentlichen deckungsgleich ist (vgl. BGH, WuM 1984, 4).

Handelt es sich, wie im vorliegenden Fall, bei der im Vorlagebeschluß aufgeworfenen Rechtsfrage um die Auslegung einer Formularklausel, kommt eine Abweichung der Rechtsansicht des vorlegenden Gerichts von einem bereits erlassenen Rechtsentscheid nur dann in Betracht, wenn der Rechtsentscheid über die Auslegung gerade derjenigen Klausel entscheidet, deren Anwendbarkeit in dem Verfahren vor dem vorlegenden Gericht entscheidungserheblich ist. Diese Voraussetzung mag auch noch erfüllt sein, wenn der Vorlagebeschluß eine vorformulierte Vertragsbestimmung betrifft, in der abweichend von der im Rechtsentscheid erörterten Klausel einzelne Wörter durch solche mit eindeutig gleicher Wortbedeutung ersetzt worden sind. Die innere Rechtfertigung für die Überprüfung verbreiteter Formularklauseln im Rechtsentscheidverfahren liegt nämlich in ihrer einer Rechtsnorm ähnlichen Qualität. Im Bereich von Rechtsnormen ist aber von derselben Rechtsnorm i.S. von § 541 ZPO auch nur dann auszugehen, wenn das vorlegende Gericht und der Rechtsentscheid auf die gleiche Rechtsnorm oder zumindest auf im wesentliche gleiche Tatbestandsvoraussetzungen abstellen (vgl. für das Verhältnis von § 556 III u. I BGB: BGH, NJW 1996, 515).

Die von dem LG zu beurteilende Klausel in § 15 Nr. 3 MietV weicht jedoch hinsichtlich der vom LG für maßgeblich gehaltenen Formulierung, daß Schönheitsreparaturen "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" durchzuführen seien, von der formularmäßigen Bestimmung ab, deren Wirksamkeit in dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989 (NJW-RR 1989, 520) verneint worden ist. Der Rechtsentscheid betrifft eine Klausel, in der sich der Mieter verpflichtete, während der Dauer der Mietzeit "bei Bedarf" die Schönheitsreparaturen ausführen zu lassen, und in der zugleich ein Bedarf mindestens dann als gegeben angesehen wurde, wenn die Fristen nach dem Fristenplan verstrichen waren. Die in den beiden Klauseln verwendeten Formulierungen unterscheiden sich wesentlich. Die Worte "bei Bedarf" und "je nach Grad der Abnutzung oder Beschädigung" können nicht synonym verwendet werden. Die Formulierung "bei Bedarf" enthält gerade auch eine zeitliche Komponente, die der Festlegung des Zeitpunkts der Vornahme der Schönheitsreparaturen während der Mietzeit dient. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, daß nach der Klausel ein Bedarf zumindest dann als gegeben gilt, wenn die in einem Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind. Eine derartige unmittelbare Verknüpfung der Regelungen über den Fristenplan mit der Formulierung "je nach Grad der Benutzung oder Beschädigung" ist in der vorformulierten Klausel gem. § 15 Nr. 3 MietV nicht enthalten. Die vorbezeichnete Formulierung knüpft hinsichtlich der Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen an eine Zustandsveränderung der Mietsache an und legt damit den Umfang der Verpflichtung fest. Sie ist anders als die Formulierung "bei Bedarf" oder die dem Vorlagebeschluß des OLG Frankfurt a.M. vom 30. 6. 1992 (WuM 1992, 419) zugrundeliegende Formulierung "wenn erforderlich" nicht eindeutig im Sinne einer zeitlichen Festlegung zu verstehen. Dafür spricht auch, daß im folgenden Satz der Klausel die im Rahmen der Schönheitsreparaturen in Betracht kommenden Arbeiten aufgeführt sind und daß der Fristenplan eigenständig geregelt worden ist.

Das LG versteht die Klausel ebenfalls in dem vorbezeichneten Sinne. Denn es hat angenommen, daß für die Verpflichtung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen nach Maßgabe des § 15 Nr. 3 MietV grundsätzlich der Fristenplan gelten solle, und zwar erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses. Die Formulierung "je nach Grad der Abnutzung und Beschädigung" habe lediglich der Vorsorge für den Fall einer übermäßigen Abnutzung der Wohnung durch den Mieter gedient. Allein die von dem LGtheoretisch für möglich gehaltene anderweitige Auslegung der Klausel dahin, daß Schönheitsreparaturen noch vor Ablauf der festgelegten Fristen bei einem entsprechenden Bedarf durchzuführen seien, rechtfertigt nicht die Feststellung einer Abweichung von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart.

Das OLG Stuttgart hat mit dem Rechtsentscheid vom 17. 2. 1989 seine Rechtsauffassung bekräftigt, daß die formularvertragliche Abwälzung der Pflicht, Schönheitsreparaturen vorzunehmen oder deren Kosten zu tragen, den Mieter einer nicht renovierten Wohnung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt, wenn sie einen über die Mietzeit hinausgehenden Abnutzungszeitraum abdecken soll, und daß entsprechende Bestimmungen deshalb nach § 9 AGBG unwirksam sind. Damit hat es zu einer Rechtsfrage Stellung genommen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung offen geblieben ist (vgl.BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = WuM 1987, 306 (309); BGHZ 107, 71 = NJW 1988, 2790). Das LG hat in seinem Vorlagebeschluß gerade nicht geltend gemacht, daß es abweichend von den tragenden Gründen des Rechtsentscheids des OLG Stuttgartder Auffassung sei, daß auch Formularklauseln wirksam seien, die hinsichtlich der Pflicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen einen über die Mietzeit hinausgehenden Abnutzungszeitraum abdecken sollen. Zwar hat das LG ausgeführt, daß entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart "sog. Bedarfsklauseln" auch bei Vermietung einer unrenovierten Wohnung im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH stünden, also keine unangemessene Benachteiligung i.S. des § 9 AGBG darstellten. Das LG hat jedoch die streitbefangene Klausel in § 15 Nr. 3 MietV gerade dahin ausgelegt, daß für die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen ein vorvertraglicher Abnutzungszeitraum nicht einzubeziehen sei. Daraus wird aber deutlich, daß das LGin Übereinstimmung mit dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgartdavon ausgeht, daß die Renovierungspflicht nicht Zeiträume abdecken soll, in denen dem Mieter die Nutzung der Wohnung nicht zusteht.

Im übrigen berücksichtigt der Vorlagebeschluß nicht hinreichend, daß das OLG Stuttgart in seinem Rechtsentscheid nicht allgemein "sog. Bedarfsklauseln" für unwirksam erklärt hat. Vielmehr wird in dem Rechtsentscheid für den Fall einer bei Beginn des Mietverhältnisses nicht renovierten Wohnung und dem gleichzeitigen Fehlen einer Renovierungsverpflichtung des Vermieters eine Formularklausel als unwirksam angesehen, derzufolge der Mieter sich verpflichtet, bei Bedarf die Schönheitsreparaturen auf eigene Kosten durch Fachhandwerker ausführen zu lassen, wobei ein Bedarf mindestens dann als gegeben gilt, wenn die in einem Fristenplan festgelegten Zeiträume verstrichen sind. Den tragenden Gründen des Rechtsentscheids ist ebenfalls nicht zu entnehmen, daß das OLG Stuttgartseiner Entscheidung über die im Beschlußtenor konkret genannte Klausel hinaus grundsätzliche Bedeutung beimessen wollte. Vielmehr hat das OLG Stuttgart ausdrücklich geltend gemacht, daß die seiner Entscheidung zugrundeliegende Klausel eine "verschärfte Bedarfsregelung" darstelle. Bei Bedarf sei nach dieser Klausel immer zu renovieren und bei Ablauf der Fristen werde der Bedarf unabhängig vom tatsächlichen Zustand fingiert. Eine solche Bestimmung soll nach der Ansicht des OLG Stuttgartnicht dahin verstanden werden können, daß eigentlich nur eine ab Mietbeginn laufende Fristenregelung gewollt sei. Danach könne der Mieter möglicherweise schon bei Beginn des Mietverhältnisses zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet sein, weil nach dieser Klausel die Fristen auch dann mit Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen zu laufen begännen, wenn diese vor Beginn des laufenden Mietverhältnisses durchgeführt worden seien.

Hingegen ist der Begründung des Rechtsentscheids des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989 nicht zu entnehmen, daß eine Klausel mit dem im vorliegenden Fall in Rede stehenden Inhalt ebenfalls als eine unzulässige, lediglich an den Renovierungsbedarf anknüpfende Regelung anzusehen sein soll. Dieses Verständnis der Bindungswirkung des Rechtsentscheids des OLG Stuttgart liegt offensichtlich auch dem Rechtsentscheid des OLG Hamburg(NJW-RR 1992, 10 = WuM 1991, 523) zugrunde. Das OLG Hamburg hatte dabei über die Wirksamkeit zweier im selben Mietvertrag enthaltener, jedoch inhaltlich als voneinander unabhängig beurteilter Renovierungsklauseln zu entscheiden. Die Regelung über die Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Renovierungsarbeiten innerhalb von drei Monaten nach Vertragsbeginn hat es u.a. mit dem Hinweis auf den Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989 für unwirksam angesehen, weil mit dieser Renovierungspflicht ein über die Mietzeit hinausgehender Abnutzungszeitraum abgedeckt wird. Hinsichtlich der in dem Vertrag weiter enthaltenen Regelung, derzufolge Schönheitsreparaturen in den üblichen Zeitabständen je nach dem Grad der Abnutzung oder Beschädigung durchzuführen sind, ist das OLG Hamburg indes von der Wirksamkeit der entsprechenden Regelung ausgegangen, ohne insoweit eine Abweichung von der Rechtsauffassung des OLG Stuttgart geltend zu machen. Zur Begründung hat es darauf hingewiesen, daß mit der vorbezeichneten Klausel keine Bedarfsregelung gemeint sei. Mit der Formulierung werde auf einen Bedarf nur in der Weise abgestellt, daß die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in üblichen Zeitabständen ihrem Umfang nach dahingehend bestimmt werde, daß die nach dem Fristablauf notwendige Renovierung nach dem Grad der Abnutzung und Beschädigung zu erfolgen habe. Damit stehe nicht eine Renovierungspflicht nach Bedarf im Vordergrund, sondern eine solche nach Fristablauf, wobei die an sich nach dem Ablauf der üblichen Frist fällige Renovierung nur dann erforderlich sei, wenn der Grad der Abnutzung oder Beschädigung dies erfordere.

Das LG macht ausdrücklich geltend, daß seine Auslegung der Klausel in § 15 Nr. 3 MietV mit der in dem Beschluß des OLG Hamburg vom 13. 9. 1991 vertretenen Ansicht übereinstimme.

Nach alledem weicht die von dem LG beabsichtigte Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen nicht von dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart vom 17. 2. 1989 ab, weil das LG über die dem Rechtsentscheid zugrundeliegende Formularklausel nicht zu befinden hatte und weil die Auslegung der streitbefangenen Klausel durch das LG zu einem Ergebnis geführt hat, das auch unter Zugrundelegung der tragenden Erwägungen in dem Rechtsentscheid des OLG Stuttgart nicht zur Unwirksamkeit der vorformulierten Vertragsbestimmung führt.

4. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob eine Umdeutung der Divergenzvorlage in eine Vorlage wegen grundsätzlicher Bedeutung möglich ist. Im vorliegenden Fall fehlt es nämlich an einer grundsätzlichen Bedeutung der Vorlagefrage. Zwar genügt es im allgemeinen, daß zu der Frage unterschiedliche Meinungen zu erwarten sind, so daß es ausreicht, wenn das vorlegende LG von einer einhelligen Literaturmeinung abweichen will und obergerichtliche Rechtsprechung fehlt. Ist die Rechtsfrage jedoch bereits durch den Rechtsentscheid eines OLG beantwortet, fehlt es an der grundsätzlichen Bedeutung. So liegen die Dinge im vorliegenden Fall. Das OLG Hamburg hat in seinem Rechtsentscheid vom 13. 9. 1991 (NJW-RR 1992, 10 = WuM 1991, 523) über die Auslegung der o.a. im wesentlichen deckungsgleichen Klausel entschieden, in der auch die Formulierung "je nach Grad der Abnutzung und Beschädigung" enthalten ist und auf die das vorlegende LG ausdrücklich Bezug nimmt...

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB § 326; AGBG § 9; ZPO § 541