Mietvertragsklausel über Schönheits- und Kleinreparaturen

Gericht

BayObLG


Art der Entscheidung

Rechtsentscheid


Datum

12. 05. 1997


Aktenzeichen

RE-Miet 1/96


Leitsatz des Gerichts

Verpflichtet sich der Mieter einer frisch renovierten Wohnung in einem Formularmietvertrag, „während der Dauer des Mietverhältnisses auf seine Kosten notwendig werdende Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Klosettspüler, Abflüsse, Öfen, Herde, Heizungs- und Kochgeräte, Boiler und dergleichen in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen“, so ist der Teil der Klausel, durch den sich der Mieter verpflichtet, während der Dauer des Mietverhältnisses auf seine Kosten notwendig werdende Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen, wirksam, auch wenn der andere Teil der Klausel gemäß den Bestimmungen des AGB-Gesetzes unwirksam ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. vermieteten mit Vertrag vom 29. 3. 1985 eine Wohnung ihres Mehrfamilienhauses an die Bekl. Nach § 11 II des unter Verwendung eines Formulars abgefaßten Mietvertrages ist der Mieter verpflichtet, während der Dauer des Mietverhältnisses auf seine Kosten notwendig werdende Schönheitsreparaturen auszuführen, verschiedene Anlagen und Geräte in der Wohnung in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen. In einer Zusatzvereinbarung ist ergänzend festgelegt, daß die Mieterin bei Beendigung des Mietverhältnisses, gleich zu welchem Zeitpunkt und aus welchem Grund, die Mietsache in vollständig renoviertem Zustand zurückzugeben, insbesondere sämtliche Wände, Decken, Türen und Fenster innen neu zu streichen und die Parkettböden neu zu versiegeln habe. Nach zwei Kündigungen der Kl. in den Jahren 1990 und 1991 kam es zu einem Rechtsstreit zwischen den Parteien, in dem ein Vergleich geschlossen wurde. Darin verpflichtete sich die Bekl., die Wohnung zum 31. 12. 1991 zu räumen und in vertragsgemäßem Zustand an die Kl. herauszugeben. Sie räumte die Wohnung Anfang Februar 1992, ohne Schönheitsreparaturen ausgeführt zu haben. Die Kl. haben diese Reparaturen auf eigene Kosten durchführen lassen, nachdem eine von ihnen gesetzte Frist verstrichen war und die Bekl. die Renovierung der Wohnung abgelehnt hatte. Mit der Klage verlangen sie u.a. Ersatz der hierfür aufgewendeten Kosten.

Das AG hat die Klage hinsichtlich der Kosten für Schönheitsreparaturen abgewiesen. Nach seiner Auffassung ist § 11 II Mietvertrag wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam, da die Überbürdung der Kosten für Kleinreparaturen den Mieter unangemessen benachteilige. Diese Regelung stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter, so daß die Klausel insgesamt unwirksam sei. Auch die Zusatzvereinbarung sei eine Formularvereinbarung und daher unwirksam. Gegen dieses Urteil haben die Kl. Berufung eingelegt. Das LG hat beschlossen, wegen grundsätzlicher Bedeutung einen Rechtsentscheid zu folgender Frage einzuholen: „Sind die laufenden Schönheitsreparaturen durch die Klausel in einem Mietvertrag 'Der Mieter ist verpflichtet, während der Dauer des Mietverhältnisses auf seine Kosten notwendig werdende Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Klosettspüler, Abflüsse, Öfen, Herde, Heizungs- und Kochgeräte, Boiler und dergl. in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten und zerbrochene Glasscheiben zu ersetzen' wirksam auf den Mieter übertragen worden oder ist diese Klausel insgesamt gem. § 9 AGBG unwirksam?" Es hält den Teil der Klausel, der die Schönheitsreparaturen betrifft, für wirksam. In § 11 II Mietvertrag seien zwei unterschiedliche Sachverhalte, die ohne weiteres zu trennen seien, nur formell zusammengefaßt. Der Senat hat wie aus dem Entscheidungssatz ersichtlich geantwortet.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Die Vorlage, über die das BayObLG entscheidet (vgl. BayObLGZ 1991, 348 (350) = NJW-RR 1992, 455), ist statthaft (§ 541 I 1 ZPO, vgl. BayObLGZ 1989, 319 (321) = NJW-RR 1989, 1291). . Auch die übrigen Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Rechtsentscheids sind gegeben.

a) Die vorgelegte Rechtsfrage ergibt sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum.

aa) Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht nur dann gegeben, wenn es sich um eine Frage handelt, die sich auf eine nur für das Wohnraummietrecht geltende Rechtsvorschrift bezieht. Vielmehr sind auch solche Rechtsfragen einem Rechtsentscheid zugänglich, die zwar (auch) anhand der Vorschriften des allgemeinen Mietrechts, des Allgemeinen Teils des BGB oder des allgemeinen Schuldrechts zu beantworten sind, jedoch einen engen sachlichen Bezug zum Wohnraummietrecht aufweisen (BayObLGZ 1987, 260 (262) = NJW-RR 1987, 1302). . Das ist der Fall, wenn die Vorlagefrage in einem engen inneren Sachzusammenhang mit Fragen steht, deren Beantwortung sich aus dem materiellen Wohnraummietrecht ergibt (BayObLGZ 1988, 109 (112) = NJW 1988, 1796; vgl. auch KG, NJW-RR 1997, 392 = WuM 1997, 32). Ein solcher Zusammenhang ist in der Regel gegeben, wenn es um die Vereinbarkeit typischer Formularklauseln in Wohnraummietverträgen mit den Bestimmungen des AGB-Gesetzes geht (vgl. BGHZ 101, 244 = NJW 1987, 2372 = LM 3. MietRÄndG Nr. 6; BayObLGZ 1993, 212 (214) = NJW-RR 1993, 1097; ; OLG Hamm, NJW-RR 1993, 710 = RES IX § 551 BGB Nr. 1). Denn diese Prüfung ist häufig mit der Beachtung der Wertungen verbunden, die in den speziell für die Wohnraummiete geltenden Vorschriften zum Ausdruck kommen.

bb) Hier geht es um die Wirksamkeit einer wohnraummietvertraglichen Klausel, die in einem weit verbreiteten Formular eines Verbandes der Wohnungseigentümer enthalten ist. Für die Beantwortung der Vorlagefrage sind zwar auch die Grundsätze von wesentlicher Bedeutung, die allgemein im Rahmen des AGB-Gesetzes für die Teilwirksamkeit von Formularklauseln entwickelt worden sind (vgl. dazu 2caa) und daher nicht spezifisch wohnraummietrechtlicher Natur sind. Gleichwohl zielt die Frage im Kern darauf ab, ob durch die Klausel die laufenden Schönheitsreparaturen wirksam auf den Mieter übertragen worden sind, d.h. darauf, ob und in welchem Umfang eine typischerweise in Wohnraummietverträgen verwendete Formularbestimmung als wirksam zu erachten ist. Für die Beantwortung dieser Frage kommt es ganz wesentlich auf die Wertungen an, die der Gesetzgeber dem Leitbild des Wohnraummietvertrages zugrunde gelegt hat. Die Wirksamkeit vergleichbarer Klauseln war daher bereits häufig Gegenstand von Rechtsentscheiden (vgl. die Zusammenstellung in RES X unter § 536 BGB). Der gem. § 541 I 1 ZPO erforderliche Zusammenhang mit dem Wohnraummietrecht ist daher gegeben.

b) Die Vorlagefrage ist entscheidungserheblich. Das LG hat dies zwar in seinem Vorlagebeschluß nicht näher dargelegt. Jedoch ist die insoweit maßgebende Rechtsauffassung des LG den Akten zu entnehmen (vgl. zu dieser Möglichkeit BayObLGZ 1987, 36 (39) = NJW 1987, 1950). Nach ganz h.M. stellt die durch Vertrag übernommene Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen eine Hauptleistungspflicht dar. Erfüllt sie der Mieter bei seinem Auszug nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht, so ist er unter den Voraussetzungen des § 326 BGB zum Schadensersatz verpflichtet (BGH, NJW 1977, 36 = LM § 326 (A) BGB Nr. 20; Staudinger/Emmerich, BGB, 13. Bearb., §§ 535, 536 Rdnr. 229 m.w.Nachw.). Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen durfte das LG ausgehen, da die Kl. die Bekl. schriftlich unter Setzung einer Frist zur Durchführung der Schönheitsreparaturen aufgefordert hatten und die Bekl. deren Durchführung durch Schreiben ihres Anwalts endgültig abgelehnt hatte (vgl. zur Frage der endgültigen Erfüllungsverhinderung Sternel, MietR aktuell, 3. . Aufl., Rdnr. 876 m.w.Nachw.).

Das LG hat sich allerdings nicht ausdrücklich mit der im Urteil des AG bejahten Frage auseinandergesetzt, ob § 11 II Mietvertrag, soweit er die Übernahme von Schönheitsreparaturen regelt, bereits deshalb unwirksam ist, weil diese Regelung im Zusammenwirken mit der Übernahme der Endrenovierung in der Zusatzvereinbarung als unangemessen anzusehen ist. Offensichtlich will es der Ansicht des AG nicht folgen. Dies ist vertretbar (vgl. zu diesem Maßstab BayObLGZ 1987, 36 (38) = NJW 1987, 1950). Denn die Zusatzvereinbarung kann als abtrennbare Klausel angesehen werden, deren Unwirksamkeit nicht zwingend auch die Unwirksamkeit der allgemeinen mietvertraglichen Regelung zur Überbürdung der Schönheitsreparaturen zur Folge hat (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall LG Stuttgart, WuM 1994, 462).

Auch mit der Frage der Wirksamkeit der genannten Zusatzvereinbarung hat sich das LG nicht näher befaßt, obwohl es bei Gültigkeit dieser Vereinbarung auf die allgemeine Regelung der Schönheitsreparaturen in § 11 II Mietvertrag nicht mehr ankäme. Offenbar will das LG die Vereinbarung entweder wie das AG als Formularvereinbarung ansehen und wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG für unwirksam erachten (vgl. Staudinger/Emmerich, §§ 535, 536 Rdnr. 208 m.w.Nachw.) oder es ist der Ansicht, daß die Klausel nur nach (erneuter) Beweisaufnahme als Individualvereinbarung eingestuft werden kann (zur Entscheidungserheblichkeit in diesem Fall vgl. BayObLGZ 1984, 279 (281) = NJW 1985, 980 (L) und 1991, 66 (69) = NJW-RR 1981, 1036). . Beide Auffassungen sind jedenfalls vertretbar. Dies genügt, um die Beweiserheblichkeit zu bejahen (vgl. BayObLGZ 1987, 36 (38) = NJW 1987, 1950).

c) Die vorgelegte Rechtsfrage ist von grundsätzlicher Bedeutung. Denn es ist zu erwarten, daß sie auch künftig wiederholt auftreten und unterschiedlich beantwortet werden wird (vgl. BayObLGZ 1995, 131 (134) = NJW-RR 1995, 1034). . Die Klausel, deren Wirksamkeit überprüft werden soll, ist in einem Formularvertrag enthalten, der von einem großen Verband der Vermieter herausgegeben wird und deshalb weit verbreitet ist. Die Frage der teilweisen Wirksamkeit wird, wie sich aus den Akten ergibt, von den mit Wohnraummietsachen befaßten Kammern des LG München I unterschiedlich beurteilt. Sie ist auch bisher durch Rechtsentscheid nicht entschieden, insbesondere ergibt sich ihre Beantwortung nicht aus den zahlreichen Rechtsentscheiden und obergerichtlichen Entscheidungen, die bisher zur Frage der Überbürdung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter ergangen sind.

2. Der Senat faßt die Frage zur Klarstellung, aber ohne Veränderung ihres rechtlichen Kerns, neu (vgl. BayObLGZ 1989, 406 (409) = NJW-RR 1990, 17) und beantwortet sie so, wie der Entscheidungssatz lautet.

a) In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH hält der Senat, wie auch das LG, die in § 11 II Mietvertrag getroffene Regelung zur Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter für sich genommen jedenfalls dann für wirksam, wenn dem Mieter wie hier eine frisch renovierte Wohnung übergeben worden ist. Die Klausel ist hinreichend bestimmt und benachteiligt den Mieter nicht unangemessen.

aa) Die Klausel enthält keine konkrete Regelung für die Fristen, innerhalb derer Schönheitsreparaturen vorzunehmen sind. Sie verlangt vom Mieter lediglich, die „notwendig werdenden Schönheitsreparaturen“ auszuführen. Dies ist nach der im Rahmen der Auslegung von Formularklauseln gebotenen objektiven Auslegung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 5 AGBG Rdnr. 7; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 7. Aufl., § 5 Rdnrn. 13f.) dahin zu verstehen, daß der Mieter die Schönheitsreparaturen in den Zeitabständen vorzunehmen hat, innerhalb derer nach allgemeiner Erfahrung die vermieteten Räume durch vertragsmäßigen Gebrauch renovierungsbedürftig werden; insoweit kann auf die in dem unter Mitwirkung des Bundesministeriums der Justiz erarbeiteten Mustermietvertrag 1976 (Beil. z. BAnz. Nr. 22/1976) festgelegten Fristen zurückgegriffen werden (Wolf, WM 1990, 1769 (1770); Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 6. Aufl., Rdnr. B 254; Sternel, MietR aktuell, Rdnr. 841). Sie ist damit weder mehrdeutig (§ 5 AGBG, vgl. auch Ulmer/Brandner/Hensen, § 5 Rdnrn. 30 ff.) noch verstößt sie gegen das durch Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. BGHZ 106, 42 (49) = NJW 1989, 222 = LM § 8 AGBG Nr. 13 und Ulmer/Brandner/Hensen, § 9 Rdnrn. 87ff.) entwickelte Transparenzgebot.

bb) Nach ganz h.M. stellt die von § 536 BGB abweichende formularvertragliche Abwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung des Mieters i.S. von § 9 I AGBG dar (BGHZ 92, 363 (367) = NJW 1985, 480 = LM § 157 (D ) BGB Nr. 44; BGHZ 101, 253 (261) = NJW 1987, 2575 = LM § 535 BGB Nr. 109 und BGHZ 105, 71 (76) = NJW 1988, 2790 = LM § 535 BGB Nr. 117; vgl. auch BayObLGZ 1987, 243 = NJW-RR 1987, 1298). . Dabei kann es für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Klausel von Bedeutung sein, ob dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses eine renovierte Wohnung oder eine nicht renovierte Wohnung übergeben worden ist, auch wenn die Klausel nach ihrem Wortlaut insoweit nicht unterscheidet (BGHZ 101, 253 (264) = NJW 1987, 2575 = LM § 535 BGB Nr. 109). Handelt es sich wie hier um eine renovierte Wohnung, so bestehen gegen eine Überbürdung der innerhalb der üblichen Fristen (o. aa) anfallenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter keine Bedenken, daß diesem dadurch nur solche Maßnahmen auferlegt werden, die durch seinen eigenen Gebrauch der Wohnung verursacht sind. Darauf, ob die Klausel auch dann als wirksam anzusehen wäre, wenn dem Mieter eine nicht renovierte Wohnung übergeben worden wäre (vgl. dazu für eine Klausel mit vertragsmäßig festgelegten Fristen BGHZ 101, 253 = NJW 1987, 2575 = LM § 535 BGB Nr. 109; für eine sog. Bedarfsklausel OLG Stuttgart, NJW-RR 1989, 520 = RES VII § 536 BGB Nr. 18; ferner Kraemer, WuM 1991, 237 (240)), kommt es hier nicht an.

b) Dagegen stellt eine formularmäßige Regelung, die den Mieter verpflichtet, Licht- und Klingelanlagen, Schlösser, Wasserhähne, Klosettspüler, Abflüsse, Öfen, Herde, Heizungs- und Kochgeräte, Boiler und dergleichen in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten und zerbrochene Glasschäden zu ersetzen, eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar und ist gem. § 9 I , II Nr. 1 AGBG unwirksam.

aa) Die Klausel kann dahin verstanden werden, daß der Mieter verpflichtet ist, die an den genannten Gegenständen auftretenden Mängel selbst zu beseitigen und die hierfür anfallenden Reparaturkosten zu tragen (sog. Vornahmeklausel, vgl. BGHZ 118, 194 (197f.) = NJW 1992, 1759 = LM H. 9/1992 § 9 (Bb) AGBG Nr. 34), und zwar ohne Begrenzung auf einen bestimmten Betrag. Von dieser (mieterfeindlichsten) Auslegung ist für die Überprüfung der Wirksamkeit der Klausel am Maßstab des § 9 AGBG auch im Rahmen eines Individualprozesses, wie er hier geführt wird, auszugehen (vgl. BGH, NJW 1992, 1097 (1099) = LM H. 7/1992 § 362 BGB Nr. 19; Ulmer/Brandner/Hensen, § 5 Rdnr. 4, Rdnrn. 30ff. m.w.Nachw. zum Streitstand). Eine derart weitgehende Überbürdung der Pflicht des Vermieters, die Mietsache in einem zum vertragsmäßigen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten (§ 536 BGB), auf den Wohnungsmieter verstößt schon deshalb gegen § 9 AGBG, weil sie nicht auf kleinere Reparaturen beschränkt ist und insbesondere keine Höchstgrenze für den Aufwand enthält, den der Mieter zu tragen hat, und zwar weder für die einzelne Reparatur noch für einen bestimmten Zeitraum (vgl. BGHZ 108, 1 (8) = NJW 1989, 2247 = LM § 9 (Bb) AGBG Nr. 24; BGH, NJW 1991, 1750 (1752) = LM § 9 (Ca ) AGBG Nr. 4). Indem die Klausel dem Mieter die Verpflichtung auferlegt, selbst für die Reparatur zu sorgen, beeinträchtigt sie darüber hinaus dessen Gewährleistungsansprüche in einer nach dem AGB-Gesetz erheblichen Weise und belastet ihn in einem Maß, das mit dem gesetzlichen Leitbild des § 536 BGB nicht mehr zu vereinbaren ist (vgl. BGHZ 118, 194 (197ff.) = NJW 1992, 1759 = LM H. 9/1992 § 9 (Bb) AGBG Nr. 34).

Zur Begründung im einzelnen wird auf die genannten Entscheidungen des BGH Bezug genommen, die in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Zustimmung gefunden haben (vgl. Staudinger/Emmerich, §§ 535, 536 Rdnr. 260; Kraemer, in: Bub/Treier, Hdb. d. Geschäfts- und Wohnraummiete, 2. Aufl., III Rdnr. 1081; Sternel, MietR aktuell, Rdnrn. 135ff., jew. m.w.Nachw.). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

c) Für die Beantwortung der Vorlagefrage kommt es somit, wie das LG zutreffend erkannt hat, darauf an, ob die Unwirksamkeit der Regelung zur Instandhaltung der verschiedenen Anlagen und Geräte zur Unwirksamkeit der vertraglichen Bestimmung des § 11 II Mietvertrag in ihrer Gesamtheit führt und damit auch die an sich zulässige Überbürdung der Schönheitsreparaturen ergreift. Der Senat verneint diese Frage.

aa) Gem. § 6 I AGBG bleibt, wenn AGB teilweise unwirksam sind, der Vertrag im übrigen wirksam. Das gilt nach ganz h.M. auch dann, wenn eine einzelne Klausel nur in Teilbereichen unwirksam ist. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Restklausel ist allerdings, daß es sich trotz der äußeren sprachlichen Zusammenfassung und des Bezugs auf denselben Sachkomplex um inhaltlich voneinander trennbare, einzeln aus sich heraus verständliche Regelungen handelt. Außerdem darf der beanstandete Klauselteil nicht von so entscheidender Bedeutung sein, daß bei seiner Unwirksamkeit von einer gänzlich neuen, von der bisherigen völlig abweichenden Vertragsgestaltung gesprochen werden muß (BGH, NJW 1984, 2816 (2817) = LM § 7 AGBG Nr. 1; BGHZ 107, 185 (190f.) = NJW 1989, 3215 = LM § 9 (A) AGBG Nr. 3; vgl. auch BGHZ 108, 1 (12) = NJW 1989, 2247 = LM § 9 (Bb) AGBG Nr. 24 sowie Ulmer/Brandner/Hensen, § 6 Rdnrn. 12f.; Kötz, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 6 Rdnr. 10; Palandt/Heinrichs, Vorb. § 8 AGBG Rdnr. 11). Diese Voraussetzungen sind vor allem dann gegeben, wenn mehrere materiell selbständige Regelungen lediglich sprachlich zu einer Bestimmung zusammengefaßt worden sind (vgl. Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 2. Aufl., § 6 Rdnrn. 34f.). Eine geltungserhaltende Reduktion einer Regelung ist jedoch ausgeschlossen (Ulmer/Brandner/Hensen, § 6 Rdnrn. 14ff.; Palandt/Heinrichs, Vorb. § 8 AGBG Rdnr. 9).

bb) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich hier bei der Überbürdung der Schönheitsreparaturen und der Überbürdung der Reparaturen an Geräten und Anlagen um trennbare Teile der Klausel. Sie sind sprachlich trennbar, weil der unwirksame Teil (Reparatur der Geräte und Anlagen) ohne weiteres gestrichen werden kann, ohne daß der Sinn des anderen Teils darunter leidet (sog. blue-pencil-Test, vgl. Palandt/Heinrichs, Vorb. § 8 AGBG Rdnr. 11). Denn eine Regelung „der Mieter ist verpflichtet, während der Dauer des Mietverhältnisses auf seine Kosten notwendig werdende Schönheitsreparaturen ordnungsgemäß auszuführen“ ist ohne weiteres verständlich. Die Regelungen sind auch inhaltlich trennbar.

Denn die Frage der Schönheitsreparaturen und die Frage der Reparaturen an vom Vermieter zur Verfügung gestellten Geräten und Anlagen werden in zahlreichen Formularverträgen selbständig behandelt (vgl. nur §§ 7, 8 Mustermietvertrag 1976). Die Unwirksamkeit der Regelung zur Frage der Reparaturen an Geräten und Anlagen beeinflußt den Inhalt des Gesamtvertrages nur unwesentlich, die Regelung der Schönheitsreparaturen bleibt hiervon völlig unberührt. Daß beide Regelungen denselben Sachkomplex (Erhaltung der Mietsache) betreffen, hindert die Trennbarkeit nicht.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB § 536; AGBG §§ 6, 9