Verjährungsbeginn für Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Rechtsentscheid


Datum

02. 12. 1996


Aktenzeichen

8 RE-Miet 3802/96


Leitsatz des Gerichts

Die Verjährung des Schadensersatzanspruchs des Wohnungsvermieters wegen Nichterfüllung der vertraglichen Leistungspflicht des Mieters zur Ausführung von Schönheitsreparaturen beginnt, wenn die Voraussetzungen des § 326 BGB erst nach dem Zeitpunkt eingetreten sind, in dem der Vermieter die Mietsache zurückerhalten hat, erst mit der Entstehung des Anspruchs.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl. nehmen mit der am 10. 3. 1995 bei Gericht eingegangenen Klage die Bekl. wegen unterlassener Schönheitsreparaturen und Veränderungen der Mietsache aufgrund eines unter dem 18. 6. 1994 mit den Voreigentümern abgeschlossenen Wohnungsmietvertrags, in den die Kl. nach Erwerb des Eigentums gem. § 571 BGB eingetreten sind, auf Schadensersatz in Anspruch. Unter § 4 Nr. 9 des Mietvertrags vom 18. 6. 1994 heißt es: „Schönheitsreparaturen trägt der Mieter (vgl. § 13).„ Das Mietverhältnis ist von den Parteien im gegenseitigen Einvernehmen zum 31. 8. 1994 beendet worden. Bereits am 29. 8. 1994 hatte die Kl. zu 1 die Schlüssel der Wohnung von der Bekl. erhalten. Nachdem die Kl. zu 1 bei einer Besichtigung der bereits leeren Wohnung am 22. 8. 1994 lediglich die Entfernung von Styroporplatten an der Decke des Balkonzimmers und einer Holzverkleidung in der Küche verlangt hatte, ließ sie durch Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 7. 10. 1994 die Bekl. auffordern, bis zum 26. 10. 1994 die genannten Einrichtungen zu entfernen sowie im einzelnen bezeichnete Schönheitsreparaturen durchzuführen; gleichzeitig wurde der Bekl. in dem Schreiben eine Nachfrist bis zum 9. 11. 1994 mit der Androhung gesetzt, daß nach Fristablauf die Ausführung der Schönheitsreparaturen durch die Bekl. abgelehnt werde und die Bekl. insoweit auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Anspruch genommen werden würde. Die Bekl. hat die Einrede der Verjährung erhoben und behauptet, daß die Styropordecke und die Holzverkleidung bereits bei Beginn des Mietverhältnisses vorhanden gewesen seien. Darüber hinaus hat die Bekl. geltend gemacht, daß die Kl. im Hinblick auf das Unterlassen der Forderung von Schönheitsreparaturen bei Begehung der Wohnung am 22. 8. 1994 auf einen diesbezüglichen Anspruch verzichtet hätten. Außerdem ist die Bekl. der Schilderung des Zustands der Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses im Hinblick auf die Renovierungsbedürftigkeit teilweise entgegengetreten.

Das AG hat die Klage im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen von einem negativen Schuldanerkenntnis der Kl. auszugehen sei und im übrigen die Kl. nicht substantiiert behauptet hätten, daß die Bekl. die Styroporplatten und die Holzverkleidung während des Mietverhältnisses angebracht habe. Die Kl. verfolgen mit der von ihnen eingelegten Berufung ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter. Das mit der Berufung befaßte LG hat unter dem 11. 4. 1996 beschlossen, einen Rechtsentscheid des KG einzuholen „zur Frage des Beginns der Verjährung von Ersatzansprüchen des Wohnraumvermieters wegen Verschlechterung der Mietsache, die bei Rückgabe der Mietsache noch nicht fällig waren“. Das KG hat wie aus dem Entscheidungssatz ersichtlich geantwortet.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

II. Die Vorlage ist als sog. Divergenzvorlage gem. § 541 I 1 ZPO zulässig. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob, worauf das LG in seinem Vorlagebeschluß abstellt, seine Ansicht von der in dem Urteil des BGH vom 12. 4. 1989 (BGHZ 107, 179 = NJW 1989, 1854 = LM § 581 BGB Nr. 53) vertretenen Rechtsmeinung abweicht; denn diese Entscheidung betrifft das Pachtrecht und in dem dort entschiedenen Rechtsstreit war die Frage des Verjährungsbeginns lediglich Vorfrage. Die Rechtsansicht des LG weicht aber von Entscheidungen des OLG München, des OLG Frankfurt a.M. und des OLG Düsseldorf ab (vgl. OLG München, NJW-RR 1995, 461 = ZMR 1995, 20; OLG Frankfurt a.M., DWW 1992, 326; OLG Düsseldorf, ZMR 1995, 468).

Für die Zulässigkeit der Vorlage ist weiterhin erforderlich, daß es sich um eine Rechtsfrage handelt, die sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum ergibt und die für die konkrete Sachentscheidung erheblich ist. Auch diese Voraussetzung ist erfüllt; denn die Rechtsfrage zielt auf das Verhältnis zwischen dem in § 198 BGB allgemein geregelten Verjährungsbeginn und dem in § 558 II Alt. 2 BGB geregelten Sonderfall des Beginns der Verjährung ab. Für die Zulässigkeit der Vorlage ist nicht erforderlich, daß es sich bei der Rechtsfrage um eine solche des materiellen Wohnraummietrechts handelt (vgl. BayObLG, NJW-RR 1989, 1293; NJW-RR 1987, 1303; OLG Karlsruhe, ZMR 1989, 90; NJW 1985, 142). Allerdings wird ein innerer Sachzusammenhang zu dem materiellen Wohnungsraummietrecht gefordert. Auch diese Voraussetzung ist gegeben: Es ist allgemein üblich, daß bei Mietverträgen über Wohnraum die Schönheitsreparaturen dem Mieter auferlegt werden. Hieraus folgen häufig Schadensersatzansprüche nach Beendigung des Mietverhältnisses, wenn der Wohnraummieter der Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht nachgekommen ist. Wenn und soweit sich der Wohnungsmieter insoweit auf Verjährung beruft, kommt es häufig darauf an, ob der Beginn der Verjährung bereits mit Rückgabe der Mietsache an den Vermieter einsetzte oder ob dies erst mit dem Entstehen des Schadensersatzanspruchs geschehen ist.

Die Vorlagefrage ist auch entscheidungserheblich. Insoweit kommt es zur Entscheidung des Berufungsrechtsstreits darauf an, ob der von dem AG in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung zu folgen ist, daß die Kl. im Hinblick auf die Forderung der Kl. zu 1 bei der Wohnungsübergabe am 22. 8. 1994 auf Entfernung der Styroporplatten und der Holzverkleidung auf weitere Ansprüche, insbesondere solche auf Durchführung von Schönheitsreparaturen verzichtet haben. Das LG will dieser Auffassung offensichtlich nicht folgen, ohne dies allerdings näher zu begründen. Der Senat hält diese Rechtsauffassung für vertretbar. Das AG leitet den angeblichen Verzicht der Kl. auf weitere Ansprüche lediglich daraus her, daß die Kl. bei Besichtigung der Wohnung nur auf die Entfernung der Styroporplatten und der Holzverkleidung hingewiesen und sich Ansprüche auf Vornahme weiterer Arbeiten nicht vorbehalten hat. Es ist vertretbar, hieraus noch nicht einen Verzicht auf Ansprüche bezüglich der Durchführung von Schönheitsreparaturen zu entnehmen, da weitere Erklärungen der Kl. zu 1 hinsichtlich eines Verzichts fehlen und davon ausgegangen werden muß, daß i.d.R. der Vermieter sich sachverständiger Hilfe bedienen muß, um den genauen Umfang der erforderlichen Arbeiten festzustellen. Wenn aber hiernach noch Ansprüche der Kl. auf Durchführung von Schönheitsreparaturen nach der Besichtigung der Wohnung und Rückgabe der Mietsache bestanden, kommt es auf den Beginn der Verjährungsfrist an. Denn wenn der Beginn der Verjährungsfrist auch für die wegen unterlassener Schönheitsreparaturen aus § 326 BGB hergeleiteten Schadensersatzansprüche auf den Zeitpunkt der Rückgabe, d.h. den 29. 8. 1994 anzusetzen ist, wären diese bei Einreichung der Klage am 10. 3. 1995 gem. § 558 I Alt. 1 BGB bereits verjährt gewesen. Setzt dagegen der Beginn der Verjährung voraus, daß der Anspruch bei Beginn der Verjährung schon entstanden ist, wäre der Verjährungsbeginn erst der Zeitpunkt des Ablaufs der Nachfrist, d.h. der Ablauf des 9. 11. 1994, was zur Folge hätte, daß die sechsmonatige Verjährungsfrist bei Einreichung der Klage noch nicht abgelaufen gewesen wäre.

Die Rechtsauffassung des LG, der Vermieter habe auch nach Beendigung des Mietverhältnisses und Rückgabe der Mietsache hinsichtlich der während des Mietverhältnisses vertraglich geschuldeten, aber nicht ausgeführten Schönheitsreparaturen noch Erfüllungsansprüche und die Verjährung dieser Erfüllungsansprüche richte sich wie die der Ersatzansprüche des Vermieters nach § 558 BGB, hat der Senat seiner Entscheidung ebenso zugrundezulegen, wie die weitere Rechtsauffassung, die Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen sei - auch noch im Stadium der Vertragsabwicklung - eine Hauptleistungspflicht i.S. von § 326 BGB. Diese rechtlichen Beurteilungen des LG sind im Hinblick auf die einschlägige obergerichtliche Rechtsprechung vertretbar.

Die Vorlagefrage ist wie aus dem Beschlußtenor ersichtlich zu beantworten. Der Wortlaut der Regelung des § 558 II Alt. 1 BGB spricht eher gegen als für die vom LG in dem Vorlagebeschluß vertretene Rechtsauffassung. Denn die Vorschrift regelt die Verjährung von „Ersatzansprüchen“ und setzt damit deren Entstehung voraus (vgl. insoweit auch Schach, GE 1995, 1166 (1169)). Einer Schlußfolgerung aus dem Wortlaut könnte allerdings entgegenstehen, daß das BGB im Werkvertragsrecht die Verjährung bestimmter Ansprüche - auch solcher auf Schadensersatz - mit der Abnahme des Werks beginnen läßt, wobei sich aus der Natur dieser Ansprüche zum Teil ergibt, daß diese bei Abnahme noch gar nicht entstanden sein können (vgl. § 638 I 2 BGB). Die Materialien zum BGB ergeben nichts, was die vorgelegte Rechtsfrage beantworten könnte, weil die Schönheitsreparaturen nach § 536 BGB vom Vermieter zu leisten sind und nur aufgrund Richterrechts die Erfüllungsansprüche des Vermieters auf Ausführung der vom Mieter vertraglich übernommenen Pflicht zur Ausführung von Schönheitsreparaturen unter § 558 BGB fallen, obwohl dort nur die Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen geregelt sind.

Bei der Beantwortung der Vorlagefrage muß daher ausschließlich auf den Sinn der gesetzlichen Regelung abgestellt werden, soweit dieser aus dem Zusammenhang des Gesetzes erkennbar ist. In dem durch den BGH durch Urteil vom 12. 4. 1989 (BGHZ107, 179 = NJW 1989, 1854 = LM § 581 BGB Nr. 53) entschiedenen Fall war die Frage, ob § 198 BGB neben § 558 II BGB weiterhin Gültigkeit hat, nur Vorfrage und ist in dem Sinne beantwortet worden, daß die Regelung des Verjährungsbeginns nach § 558 II BGB nur Anwendung findet, sofern der Anspruch zu diesem Zeitpunkt bereits fällig gewesen ist; für den Fall der später eintretenden Fälligkeit soll die Verjährung erst mit diesem Zeitpunkt beginnen und insoweit § 198 BGB weiterhin anwendbar sein. Eine nähere Begründung zu dieser Ansicht findet sich in der Entscheidung nicht. Es wird lediglich auf ein früheres Urteil des BGH vom 26. 10. 1983 (NJW 1984, 289 = LM § 558 BGB Nr. 29 = WM 1983, 1362) hingewiesen. Dort heißt es, die Verjährungsfrist des § 558 BGB beginne erst mit der Fälligkeit des Anspruchs, sofern dieser erst nach Rückgabe der Mietsache entstehe; die Vorschrift des § 558 BGB setze als selbstverständlich voraus, daß die Ansprüche in dem in § 558 II BGB genannten Zeitpunkt bereits entstanden, also fällig geworden seien. Diese Meinung vertritt auch Treier (in: Festschr. f. Bärmann und Weitnauer, 1990, S. 680). Eine nähere Begründung für diese Auffassung wird allerdings nicht gegeben.

Der Senat hält die vom LG im Vorlagebeschluß für die dort vertretene Rechtsauffassung gegebene Begründung nicht überzeugend: Das LG begründet seine Auffassung zunächst damit, daß § 558 II BGB im Verhältnis zu § 198 BGB lex specialis sei. Dieses Argument hilft nicht weiter, weil damit noch nichts darüber ausgesagt ist, inwieweit die besondere Regelung gegenüber der allgemeinen Regelung gilt. Denn § 558 II BGB ist auch noch dann lex specialis gegenüber § 198 BGB, wenn davon ausgegangen wird, daß der Anspruch bei Beginn der Verjährungsfrist bereits entstanden sein muß. Die Verjährung beginnt in diesem Falle entgegen § 198 BGB sodann nicht schon mit dem Entstehen des Anspruchs, sondern - folgt diese zeitlich nach - erst mit der Rückgabe der Mietsache.

Weiter setzt sich das LG mit dem Argument auseinander, daß es jedenfalls widersinnig sei, die Verjährungsfrist für einen noch nicht entstandenen Anspruch bereits laufen zu lassen. Insoweit verweist das LG für seine gegenteilige Ansicht auf die Sonderregelung des § 638 I 2 BGB. Dabei ist richtig, daß der Beginn der kurzen Verjährungsfrist der in § 638 I BGB genannten Ansprüche nicht von deren Entstehung abhängt, wie sich aus § 640 II BGB ergibt. Im Unterschied zur Regelung des § 558 II BGB werden jedoch die einzelnen Ansprüche, die der kurzen Verjährungsfrist im Werkvertragsrecht unterliegen, in § 638 I 1 BGB im einzelnen aufgeführt. Dies ist bezüglich der Ansprüche des Vermieters in § 558 II BGB nicht der Fall. Dort ist nur allgemein von „Ersatzansprüchen des Vermieters“ die Rede, wobei an den Abs. 1 angeknüpft wird, der sich über Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermieteten Sache verhält. Aus diesem Grunde bleibt im Wortlaut des § 558 BGB die Frage offen, ob für den Beginn der kurzen Verjährungsfrist auch die Entstehung der Ersatzansprüche Voraussetzung ist, sofern nicht, wie bereits ausgeführt, unter „Ersatzansprüchen“, wenn keine Einschränkung erfolgt, nur solche verstanden werden können, die auch entstanden sind. Eine Analogie zur Regelung in § 638 I 2 BGB verbietet sich jedenfalls schon deshalb, weil die Ersatzansprüche des Vermieters, die in § 558 II BGB angesprochen werden, nicht im einzelnen bezeichnet werden, sondern sich allgemein aus dem Mietvertragsrecht und dem allgemeinen Schuldrecht ergeben.

Das LG begründet außerdem die Richtigkeit der von ihm vertretenen Rechtsansicht damit, § 558 II BGB verfolge den Zweck, Mietverhältnisse möglichst rasch abzuwickeln, da sich erfahrungsgemäß sichere Feststellungen hinsichtlich des Zustands der Mietsache bei Rückgabe später nur schwer treffen ließen; dementsprechend mute der Gesetzgeber dem Vermieter zu, sich bereits vor Ablauf der Verjährungsfrist um seine Schadensersatzansprüche zu kümmern. Daran ist sicherlich richtig, daß der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 558 II BGB eine schnelle Abwicklung des Mietverhältnisses nach dessen Beendigung habe sicherstellen wollen. Allein daraus folgt aber nicht, in welchem Maße diese „rasche Abwicklung" vor sich zu gehen hat. Es versteht sich von selbst, daß der Vermieter sich vor Ablauf der Verjährungsfrist um seine der Verjährung unterliegenden Ersatzansprüche kümmern muß. Darin besteht der Zweck der Verjährung, und die Festlegung einer verhältnismäßig kurzen Verjährungsfrist zwingt den Vermieter, dies alsbald zu tun. Allein daraus folgt aber noch nicht, daß der Gesetzgeber dem Vermieter hat zumuten wollen, sich bereits vor Entstehen des diesbezüglichen Anspruchs um den künftigen Schadensersatzanspruch zu kümmern. Den Vorwurf, daß die gegenteilige Ansicht „praxisfern“ sei, weil der Mieter sich auf seine eigene Erfüllungsverweigerung berufen werde, um einen möglichst frühen Beginn der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus § 326 BGB darzulegen (vgl. auch Peters, JZ 1989, 747 (750)), hält das Gericht selbst nicht für durchgreifend, indem es darauf hinweist, daß derartige Einlassungen des Schuldners das „Schicksal des Instanzrichters“ seien. Richtig ist allerdings der Hinweis, daß Schadensersatzansprüche aus positiver Forderungsverletzung und Schadensersatzansprüche wegen unterlassener Schönheitsreparaturen gem. § 326 BGB zu unterschiedlichen Zeitpunkten verjähren, wenn man der vom Senat vertretenen Rechtsauffassung folgt. Dies ist aber nichts besonderes, weil außerhalb von Mietverhältnissen sich dieselbe Rechtslage ergibt:

Danach beginnt die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs wegen positiver Forderungsverletzung sogleich nach Entstehen des Anspruchs aufgrund der Pflichtverletzung und des Schadenseintritts, während der Schadensersatzanspruch nach § 326 BGB regelmäßig erst mit dem fruchtlosen Ablauf der gesetzten Nachfrist entsteht und von diesem Zeitpunkt an verjährt. Entgegen der Auffassung des LG müßte einem Wohnungsmieter auch einleuchten, daß Ansprüche aus Schäden, die er vertragswidrig der Mietsache zugefügt hat, etwas anderes sind und ein anderes Schicksal haben als Ansprüche, die daraus resultieren, daß er vertraglich übernommene Verpflichtungen nicht erfüllt hat. Jedenfalls kann es kein durchschlagendes Argument für die Auffassung des LG sein, daß es für die Instanzgerichte einfacher wäre, beide Ersatzansprüche einem gleichen Verjährungsbeginn zu unterwerfen.

Ohne Bedeutung ist schließlich das Argument des LG, daß das Problem angeblich erst nach Jahrzehnten erkannt worden sei und die Berliner Instanzgerichte einhellig bis in die neunziger Jahre hinein alle Schadensersatzansprüche des Vermieters wegen Verschlechterung der Mietsache sechs Monate nach Rückgabe als verjährt angesehen haben, sofern die Verjährungsfrist nicht gehemmt war oder vorher unterbrochen worden ist. Für einen Vertrauensschutz der Mieter ist nichts ersichtlich. Das LG kann sich zwar für seine Auffassung über den Verjährungsbeginn auf die Meinungen von Peters (JZ 1989, 747 (749)), Sternel (MietR aktuell, Rdnr. 1385) und Schach (GE 1995, 1166) berufen.

Jedoch begründet Sternel seine Meinung ausschließlich mit dem bereits behandelten Argument, die Auslegung sei durch den Gesetzeszweck, alsbald Klarheit in den Rechtsbeziehungen der Mietparteien zu schaffen, geboten. Schach und Peters dagegen stellen weniger auf das Verhältnis der Vorschriften des § 198 BGB und des § 558 BGB ab, sondern auf die allgemeine Frage, ob Erfüllungsansprüche und daraus hergeleitete Schadensersatzansprüche nicht nur derselben Dauer der Verjährungsfrist unterliegen, sondern auch der Verjährungsbeginn für beide Ansprüche gleich ist. Dabei befürchten die Autoren, daß anderenfalls eine „Verdoppelung“ der Verjährungsfrist eintrete; Peters will zur Vermeidung von Härten für den Anspruchsinhaber eine zwischen den Ansprüchen bestehende „wechselseitige Hemmungs- und Unterbrechungswirkung“ annehmen.

Auch diese Argumentation ist nicht überzeugend. Die Befürchtung, daß es ansonsten zu einer „Verdoppelung“ der Verjährungsfrist komme, ist schon deshalb nicht haltbar, weil es sich bei Erfüllungsanspruch und Schadensersatzanspruch um zwei Ansprüche mit verschiedenen Inhalten handelt. Der Schuldner wird durch den späteren Verjährungsbeginn für den aus § 326 BGB hergeleiteten Schadensersatzanspruch nicht benachteiligt, denn er hat es selbst in der Hand, den Erfüllungsanspruch durch Erfüllung zu tilgen. Schließlich führt gerade erst das vertragswidrige Verhalten des Schuldners dazu, daß der Gläubiger gezwungen ist, vom Erfüllungsanspruch auf den Schadensersatzanspruch überzugehen. Zur Durchsetzung des letzteren braucht der Gläubiger zwangsläufig mehr Zeit, zumal es aus seiner Sicht auch geboten sein kann, zunächst die Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs zu versuchen. Soweit dies außergerichtlich geschieht, tritt eine Unterbrechung bezüglich des Erfüllungsanspruchs nicht ein und es fehlte, folgte man der Auffassung des LG, auch an einer wechselseitigen Unterbrechungswirkung für den Schadensersatzanspruch. Ob und inwieweit eine Hemmung durch Verhandlungen mit dem Schuldner über dessen Leistungspflicht eintritt, kann im Einzelfall zweifelhaft sein.

Hiernach erscheint es dem Senat unter Abwägung der Interessen der Mietvertragsparteien gerechter, der eingangs zitierten Rechtsprechung der OLG München, Frankfurt a.M. und Düsseldorf zu folgen, wonach der Beginn der Verjährungsfrist für die Schadensersatzforderung aus § 326 BGB wegen unterlassener Schönheitsreparaturen des Mieters in keiner Abhängigkeit von dem für den Erfüllungsanspruch maßgeblichen Zeitpunkt des Verjährungsbeginns steht, so daß eine Anrechnung der für den Erfüllungsanspruch verstrichenen Verjährungsfrist auf die Verjährungsfrist für den Schadensersatzanspruch nicht stattfindet. Unberührt davon bleibt die Frage, ob für den Erfüllungsanspruch und den Schadensersatzanspruch dieselbe Dauer der Verjährungsfrist gilt; diese Frage ist nicht Gegenstand der Vorlage.

Der Einwand, dem Vermieter dürfe es nicht überlassen bleiben, den Beginn der Verjährungsfrist bezüglich des Schadensersatzanspruchs „hinauszuschieben“ und fast eine Verdoppelung der Verjährungsfrist von sechs Monaten zu erreichen, unterstellt, daß der Vermieter absichtlich so verfahren könnte; dabei bleibt aber offen, welches Interesse der Vermieter daran haben sollte. Im übrigen hat der Gesetzgeber dieses Problem bei der Regelung des allgemeinen Verjährungsbeginns gem. §§ 198ff . BGB gesehen, wie an den §§ 199 , 200 BGB zu sehen ist. Dabei ist in den Fällen, in denen die Entstehung des Anspruchs von bestimmten Willenserklärungen des Gläubigers abhängt, der Beginn der Verjährungsfrist bereits vor Entstehen des Anspruchs angesetzt worden; diese Fälle sind jedoch enumerativ aufgezählt (Kündigung bzw. Anfechtung) und lassen im Gegenschluß die Auffassung zu, daß in anderen Fällen, bei denen das Entstehen des Anspruchs von einer Willenserklärung des Gläubigers abhängt, es bei der Regelung des § 198 BGB verbleiben soll.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß der Sinn der Regelung in § 558 II BGB nicht allein in der Herbeiführung einer schnellen Abwicklung des Mietverhältnisses nach dessen Beendigung besteht, sondern darüber hinaus diese Regelung als Korrektiv zugunsten des Vermieters wegen der Einführung der kurzen Verjährungsfrist gem. § 558 I BGB geschaffen worden ist, was sodann bestimmungsgemäß dazu führt, daß andere Ansprüche des Vermieters, etwa aus positiver Forderungsverletzung, die bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses und vor Rückgabe der Mietsache entstanden sind, nicht bereits zu verjähren beginnen, ohne daß der Vermieter von dem Sachverhalt Kenntnis hat. Denn häufig ist es dem Vermieter, der nicht im Besitz der Mietsache ist, tatsächlich nicht möglich, das Entstehen von Schäden, die der Mieter schuldhaft verursacht hat, überhaupt wahrzunehmen. Gerade für diese typische Sachlage will die Regelung des § 558 II BGB zugunsten des Vermieters ein Korrektiv schaffen, um Härten, die sich aus der kurzen Verjährungsfrist gem. Abs. 1 für den Vermieter ergeben könnten, zu beseitigen. Hierzu bedarf es aber keines Abgehens von der Regel, daß Voraussetzung für den Lauf der Verjährungsfrist in jedem Falle das Entstehen des Anspruchs gem. § 198 BGB ist.

Rechtsgebiete

Mietrecht; Schadensersatzrecht

Normen

BGB §§ 326, 558, 198