Fälligkeit von Schönheitsreparaturen erst bei Substanzgefährdung

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

14. 11. 1996


Aktenzeichen

61 S 309/95


Leitsatz des Gerichts

Im fortbestehenden Mietverhältnis werden für den Mieter einer Wohnung die auf ihn abgewälzten Schönheitsreparaturen erst fällig, wenn ohne deren Ausführung die Mietsache in ihrer Substanz gefährdet wäre (im Anschl. an BGHZ 111, 301 = NJW 1990, 2376 = LM § 535 BGB Nr. 129).

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl., Vermieter der Bekl., haben Verurteilung der Bekl. zur Zahlung eines Vorschusses zur Durchführung der Schönheitsreparaturen begehrt. Die Schönheitsreparaturen sind durch den Mietvertrag auf den Mieter abgewälzt. Die Kl. vertreten die Auffassung, sie seien nunmehr vorzunehmen.

Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Daß eine Substanzgefährdung durch die zwischenzeitliche Ausführung der Schönheitsreparaturen durch die Bekl. betreffend die Teile der Mietsache, für die die Kl. in der Hauptsache ihr Klagebegehren weiterverfolgen (Küche, Bad), nicht droht, steht nach dem Ermessen der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest. Nur bei einer solchen Folge der von der Bekl. durchgeführten Malerarbeiten stünde den Kl. aber ein Anspruch auf Durchführung von Schönheitsreparaturen und damit ein Vorschußanspruch zu.

Zwar soll dem Vermieter nach der Rechtsprechung des BGH im Falle des Verzugs des Mieters mit der Durchführung der von diesem zu tragenden Schönheitsreparaturen während des Mietverhältnisses anstelle des Anspruchs auf Vornahme (§§ 535 , 536 BGB) sogleich ein Anspruch auf Zahlung eines Vorschusses in Höhe der erforderlichen Renovierungskosten zustehen, weil der Vermieter wegen der in der Nichtdurchführung der Schönheitsreparaturen liegenden Verletzung der Instandhaltungspflicht so zu stellen ist, als sei ein Recht zur Ersatzvornahme für diesen Fall vertraglich vereinbart (vgl. BGHZ 111, 301 = NJW 1990, 2376 = LM § 535 BGB Nr. 129 = GE 1990, 1139 = JZ 1991, 566). Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, wann Malerarbeiten während des Laufs des Mietverhältnisses fällig werden. Dies ist unter Beachtung der Grundsätze der vorgenannten Rechtsprechung und des Inhalts der auf den Mieter abgewälzten Leistungspflichten zu bestimmen. Dabei ist zurückzugehen auf die gesetzliche Regelung des § 536 BGB, denn die sich daraus eigentlich für den Vermieter ergebende Pflicht zur Instandhaltung des vermieteten malermäßigen Zustands einer Wohnung ist lediglich auf die bekl. Mieterin abgewälzt. Es ist in der Rechtsprechung und der wesentlichen Literatur anerkannt, daß dadurch die in § 536 BGB normierte Hauptpflicht eine solche auch für den Mieter bleibt und diesen im übrigen der Pflichtenumfang aus § 536 BGB in bezug auf die Schönheitsreparaturen trifft, dem der Vermieter unterläge, hätte er die Abwälzung dieses Pflichtenkreises auf den Mieter mit diesem nicht vereinbart. Die Rechtsposition des Mieters wird durch die Abwälzung der eigentlich dem Vermieter obliegenden Pflichten mithin von dem gesetzlichen Leitbild der Regelung in §§ 536 , 546 , 548 BGB geprägt und der Mieter wird durch die Abwälzung in seiner Rechtsposition nicht in weiterem Umfange belastet, als sich aus der Übernahme der Instandhaltungspflicht ergibt. Verhält es sich aber so, dann darf nicht unbeachtet bleiben, daß der Mieter ohne die Abwälzung der Schönheitsreparaturen den Anspruch auf deren Ausführung durch den Vermieter nach seinem Belieben geltend machen könnte. Mit anderen Worten stünde es in seiner Wahl, mit welchem malermäßigen Schlechtzustand er sich im laufenden Mietverhältnis - noch - zufriedengeben würde. Dieses Wahlrecht verliert der Mieter nicht dadurch, daß der Vermieter die Pflicht zur Ausführung der Malerarbeiten auf ihn vertraglich übertragen hat.

Diese Sicht entspricht der Feststellung des BGH in der oben genannten Entscheidung, daß während des Laufs des Mietverhältnisses die Schönheitsreparaturen lediglich dem Mieter zugutekommen.

Freilich steht das nach der gesetzlichen Regelung sich ergebende Wahlrecht dem Mieter nicht uneingeschränkt zu. Denn aus § 541a BGB folgt, daß der Vermieter den Mieter zwingen kann, Instandsetzungsarbeiten an der Mietsache zu dulden. Wäre nämlich infolge der Nichtausführung von Schönheitsreparaturen deren Vornahme geboten, um die Instandhaltung der Mietsache sicherzustellen, hätte der Mieter die Malerarbeiten nach § 541a BGB hinzunehmen, wenn diese gem. § 536 BGB dem Vermieter oblägen. Die so bestimmte Eingrenzung des Rechts des Mieters, einen malermäßigen schlechten Zustand hinzunehmen, bemißt auf der anderen Seite das Recht des Vermieters, Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Diese Rechtsstellung des Vermieters wird nicht dadurch verbessert, daß er die laufenden Malerarbeiten auf den Mieter abgewälzt hat.

Das hat zur Folge, daß in diesem Fall der Mieter während des Mietverhältnisses erst dann zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet sein kann, wenn infolge der Unterlassung oder Schlechtausführung dieser Arbeiten eine substanzielle Gefährdung der Mietsache eingetreten ist und die Schönheitsreparaturen aus diesem Grunde zu deren Instandsetzung oder Instandhaltung erforderlich sind. Dementsprechend werden die Belange des Vermieters während des laufenden Mietverhältnisses erst dann berührt, wenn ihm ein Schaden durch eine Substanzverletzung der Mietsache droht (vgl. LG Berlin, GE 1992, 1155).

Daß sich die Mietsache vor den von der Bekl. durchgeführten Renovierungsmaßnahmen in einem solchen Zustand befunden hat, haben die Kl. nicht substantiiert dargetan.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 535 S. 1, 536, 326 I