Mietminderung wegen Bordell im Erdgeschoß und Taubennestern unterm Dach

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

21. 07. 1995


Aktenzeichen

64 S 84/95


Leitsatz des Gerichts

  1. Befindet sich im Erdgeschoss eines Mietshauses in einer Großstadt ein diskret geführtes Bordell, können die Mieter lediglich zehn Prozent Mietminderung verlangen, wenn eine persönliche Belästigung durch Freier nicht ausreichend dargelegt wird.

  2. Solange im Mietshaus Tauben nisten und Lärm, Schmutz und Ungeziefer verursachen, können die Bewohner eine Mietminderung um zehn Prozent geltend machen.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl., Mieterin in einem Mietswohnhaus der Bekl., hat ein Mietminderungsrecht wegen des Betriebs eines Bordells in einer Erdgeschoßwohnung und wegen Taubennestern am Haus geltend gemacht.

Das AG hat ihr wegen des Bordells eine Minderung von 30 % und wegen der Tauben von 10 % zugesprochen. Die Berufung der Bekl. führte zu einer Herabsetzung des Minderungssatzes wegen des Bordellbetriebs von 30 % auf 10 %.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... 3. Die Berufung ist teilweise erfolgreich, soweit sie sich gegen die Feststellung der Minderung der Miete um 30 % wegen des im Erdgeschoß des Hauses befindlichen Bordells richtet. Unstreitig befindet sich im Erdgeschoß des Hauses ein Bordell, das seinen Eingang im Hausflur des Hauses hat. Die Beweisaufnahme in erster Instanz hat auch ergeben, daß Hausbewohner von Freiern und sonstigen durch das Bordell angelockten Personen, die sich im Hausflur aufhalten, belästigt werden. Dies haben die in erster Instanz vernommenen Zeuginnen A, B, C, und D eindeutig ausgesagt. Die Aussagen der von der Bekl. benannten Zeugen E und F haben dies nicht widerlegt. Die Zeugin F hat sogar zugegeben, daß sich zeitweise im Flur durch das Bordell angezogene Männer aufhalten. Auch der Zeuge E hat nicht ausgeschlossen, daß sich dort Männer aufhalten. Bei diesem Ergebnis der Beweisaufnahme hält die Kammer grundsätzlich eine Minderung für gerechtfertigt.

Allein der Betrieb eines Bordells in demselben Haus rechtfertigt aber nach Ansicht der Kammer nicht die Minderung der Miete um 30 %. Denn die Kl. hat persönliche Belästigungen durch die Freier nicht dargelegt. Allein die Möglichkeit von Belästigungen sowie die Beeinträchtigung des sittlichen Empfindens rechtfertigt nach Ansicht der Kammer lediglich eine Minderung der monatlichen Miete um 10 %. Den vom AG angenommenen Minderungssatz von 30 % hält die Kammer für zu hoch. Die Kl. hat bei ihrer Anhörung vor der Kammer selbst erklärt, daß sie zunächst gar nicht gemerkt habe, daß die Pension „ X“ als Bordell betrieben werde, darauf sei sie vielmehr erst von Mitbewohnern aufmerksam gemacht worden. Die Freier hielten sich zudem lediglich im Flur auf. Auch hat die Kl. nicht vorgetragen, daß es zu andauernden Belästigungen durch wartende Männer kam. Vielmehr hat sie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß lediglich ab und zu Männer im Flur warten würden, von denen sie allenfalls gelegentlich geringfügig belästigt werde. Bei der Bemessung des Minderungssatzes fiel die Beeinträchtigung des sittlichen Empfindens nur geringfügig ins Gewicht, da in Großstädten mit dem Betreiben von Bordellen gerechnet werden muß. Anders mag das im ländlichen Bereich mit stark religiöser Bevölkerung sein. Angesichts der konkreten - aber geringfügigen - Belästigungen erschien daher ein Minderungssatz von 10 % angemessen. Der Anspruch ist nicht gem. § 539 BGB ausgeschlossen. Ein Ausschluß ist lediglich dann möglich, wenn der Mieter infolge grober Fahrlässigkeit den Mangel nicht erkannte. Die Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt, daß die Pension „ X“ vom Flur her nicht ohne weiteres als Bordell zu erkennen war. Bei ihren ersten Besuchen in dem Haus haben sie das Bordell auch zunächst nicht als solches erkannt. Selbst die von der Bekl. benannten Zeugen sagten aus, daß das Bordell diskret geführt werde. Danach kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Mangel offensichtlich war und von der Kl. hätte erkannt werden müssen. ...

5. Die Berufung war ferner zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die Feststellung der Erledigung der Hauptsache bezüglich der Mietminderung um 10 % für die Monate April bis Juni 1994 wegen der im Hause nistenden Tauben richtete. Die im Haus nistenden Tauben stellten einen Mangel der Mietsache dar. Angesichts der von den nistenden Tauben ausgehenden Geräuschbelästigungen, Verschmutzungen und Ungeziefergefahren erscheint der Kammer eine Minderung der Miete um 10 % angemessen.

Damit ist auch insoweit die durch das angefochtene Urteil getroffene Feststellung der Erledigung der Hauptsache gerechtfertigt. Erledigung ist unstreitig im Juni 1994 eingetreten, weil die Taubennester entfernt wurden.

Rechtsgebiete

Mietrecht

Normen

BGB §§ 537, 539